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Erzählung von Heinrich Böll Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Brot der frühen Jahre ist eine Erzählung von Heinrich Böll, entstanden im Sommer 1955. Die Erzählung erschien erstmals 1955 in Köln und Berlin bei Kiepenheuer & Witsch. Das mit einem Original-Leineneinband versehene Buch hatte 141 Seiten.
Böll selbst fasste die Erzählung mit folgenden Worten zusammen: „Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der jetzt 24 ist, am Kriegsende 13 oder 14 war, in die Stadt kommt, zunächst hungert, dann aber ‚mitmischt‘, auf Karriere setzt, diese sogar macht – und dann durch die Liebe zu einem jungen Mädchen in eine andere Richtung gezogen wird.“[1]
Der Protagonist Walter Fendrich berichtet in der Retrospektive von seinem bisherigen Leben und dem Tag, an dem dieses eine entscheidende Wende nahm. Es war der Tag, an dem er der aus seiner Heimat stammenden Hedwig Muller begegnet, die zum Studium in die Stadt zieht. Walter, der den Hunger und die Ausbeutung der Nachkriegsjahre miterlebt hat und nunmehr die Menschen nur noch nach ihrer Großzügigkeit einordnet, findet in Hedwig zum ersten Mal einen Menschen, den er bedingungslos lieben kann.
Böll zeichnet in dieser Erzählung das Bild eines durch die Nöte des Krieges und die Armut der Nachkriegsjahre abgestumpften Mannes, der das Animalische in seinen Leidensgenossen erkennt, ohne es zu verurteilen; er selbst hat im Krieg dieses Animalische in sich gespürt. Der Hunger hat ihn zum Wolf gemacht, zu einem Wesen, dessen einziger Lebensdrang die Überwindung der stumpfen Leere seines knurrenden Magens war. Das Brot der frühen Jahre Deutschlands nach dem Krieg wird zur Maßeinheit im Leben eines jungen Mannes, der sich inmitten einer feindseligen und emotional kalten Atmosphäre mit allerlei nach kurzer Zeit stets verhassten Tätigkeiten durchschlägt, bis er schließlich mit der Reparatur von Waschmaschinen zu einer gefragten Person wird. Nichts ist wichtiger als genug Brot zu haben, am besten mehr als er selbst essen kann. Auch später noch, als es der Protagonist zu etwas Wohlstand gebracht hat und er sich längst teureres Essen leisten kann, lässt er es sich nicht nehmen, etwa im Café einfache Brötchen zu bestellen und aufzubrechen.
Die einzige sozialisierende Komponente in seinem Leben war das offensichtliche Leid der Mutter, die, obwohl selbst todkrank und ausgehungert, ihm noch den letzten Bissen Brot überlassen möchte. Sie ist es, die in all dem Wahnsinn des Alltags der frühen Jahre objektiv bleibt.
So hat Walter jedenfalls seine Mutter in Erinnerung; und sie scheint die Grundlage zu sein, die soziale Komponente, die in ihm das Auferstehen der Liebe ermöglicht. Das junge Mädchen, die Tochter eines ehemaligen Lehrers, bittet ihn, ein Zimmer für sie zu mieten.
Es passiert wenig in dieser Erzählung, die dabei jedoch einen Eindruck von der Stimmung im Deutschland der Nachkriegszeit vermittelt. Vielmehr bietet das Erscheinen der jungen Frau den Anlass, all die Dinge zu erkennen, denen er seit Jahren einsam gegenübersteht, die ihn trotz finanzieller Sicherung einsam gemacht haben. Dies möchte er nun ändern … (hier endet die Erzählung)
„Ich habe den Preis für alle Dinge erfahren müssen – weil ich ihn nie zahlen konnte –, als ich als sechzehnjähriger Lehrling allein in die Stadt kam: der Hunger lehrte mich die Preise; der Gedanke an frischgebackenes Brot machte mich ganz dumm im Kopf, und ich streifte oft abends stundenlang durch die Stadt und dachte nichts anderes als Brot. Meine Augen brannten, meine Knie waren schwach, und ich spürte, dass etwas Wölfisches in mir war. Brot. Ich war brotsüchtig, wie man morphiumsüchtig ist.“[2]
„Die Rechnungseinheit ist das Brot, das Brot dieser frühen Jahre, die in meiner Erinnerung wie unter einem tiefen Nebel liegen: die Suppe, die uns verabreicht wurde, kullerte flau in unserem Magen, heiß und sauer stieß sie uns auf, wenn wir abends in der Straßenbahn nach Hause schaukelten: es war das Rülpsen der Machtlosigkeit, und der einzige Spaß, den wir hatten, war der Hass.“[3]
Auf dem Klappentext des Buches heißt es:
„Walter, der Held der Erzählung, hat schwere, bittere Erfahrungen hinter sich. Hunger und Ausnutzung, ‚das Brot der frühen Jahre‘, haben ihn zum Nihilisten gemacht, zu einem der vielen, die nur noch auf sich selbst und auf ihren Geschäftsgeist setzen, die alle Dinge nur auf ihren Nutzen hin sehen. Die Begegnung mit Hedwig verändert ihn, verändert ihn innerlich und damit sein Verhalten in der Welt. Die Liebe zwischen Walter und Hedwig hat nicht den flüchtigen Reiz folgenloser Begegnungen, sondern steht von Anfang an im Zeichen der Dauer, der Ehe. Es geht Böll um das Heil dieser beiden Menschen, um ihren richtigen Weg.“
Die Erzählung wurde 1961 von Regisseur Herbert Vesely nach einem Drehbuch von Böll und Leo Ti verfilmt, mit Christian Doermer, Karen Blanguernon und Vera Tschechowa in den Hauptrollen. Der Film, der das Prädikat besonders wertvoll erhielt und in fünf Kategorien mit einem Filmband (Gold für die beste Nachwuchsregie, beste Kamera, beste Filmmusik, beste Darstellerin; Silber für einen abendfüllenden Spielfilm) ausgezeichnet wurde, war 1962 der deutsche Wettbewerbsbeitrag bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes.
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