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Comes Hispaniarum

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Comes Hispaniarum
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Der Comes Hispaniarum (comes im Sinne eines Militärbefehlshabers, comes rei militares) war ein hoher Offizier in der weströmischen Armee und im 5. Jahrhundert Kommandeur der römischen Streitkräfte auf der iberischen Halbinsel.

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Heerführer der Comitatenses und Limitanei im 5. Jahrhundert n. Chr.
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Notitia Dignitatum: die Kapitelseite des Vicarius Hispaniae stellt die Personifikationen von drei hispanischen Provinzen dar: Baetica, Lusitania und Gallaecia. Sie sind mit Mauerkronen auf dem Haupt abgebildet; durch die Körbe wird ihre Steuerpflicht symbolisiert. Dem Vicarius unterstand, ebenso wie dem Proconsul in Africa, die Gerichtsbarkeit, worauf die abgebildeten Schreibutensilien hinweisen.
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Die hispanischen und mauretanischen Provinzen im 5. Jahrhundert

Der spätantike römische Amtstitel Comes bezeichnete in der Regel die höchste Rangklasse (vir spectabilis) bzw. die engsten Ratsmitglieder am kaiserlichen Hof. Später wurde dieser Titel auch an die Kommandeure der mobilen Feldarmeen in den Provinzen oder an hohe Offiziere für zeitlich begrenzte und provinzübergreifende Sonderkommandos vergeben (Comes rei militaris). Der in Hispanien operierende Comes Asterius wurde im 5. Jahrhundert allerdings als vir illustris tituliert.[1]

Ein Comes rei militaris Hispaniarum scheint in der Notitia Dignitatum nicht mit einem eigenen Kapitel auf. Dort werden nur in den Abschnitten (Distributio) der beiden westlichen Heermeister jene Einheiten genannt, die in Hispanien eingesetzt waren und offensichtlich – wie z. B. auch beim Comes Illyrici – nur für einen begrenzten Zeitraum oder eine spezielle Aufgabe unter seinem Befehl standen. Dementsprechend finden sich in der westlichen Notitia auch keine Illustration seiner Insignien, Kastelle, Festungsstädte, oder die Liste seines Verwaltungsstabes. Bei letzteren griff der Comes wahrscheinlich auf die Kanzlei (officium) des Heermeisters (Magister militum) zurück. Es wäre aber auch möglich, dass die Kopisten im Mittelalter sein Kapitel aus heute unbekannten Gründen nicht berücksichtigt oder schlicht vergessen haben. Seine direkten Vorgesetzten waren zur Zeit der Endfassung der Notitia Dignitatum Occidentalis (nach 420) der Magister peditum, bzw. -equitum praesentalis (OB der Infanterie- und Kavallerieeinheiten).[2]

Sein Befehlsbereich (comitativa) umfasste alle fünf hispanischen Provinzen:

Namentlich bekannte Comites:

  • Asterius (um 420),
  • Censorius (um 443).
  • Mansuetus (um 453)
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Entwicklung

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Unter der Herrschaft Konstantins des Großen taucht erstmals das Amt eines Comes Hispaniarum auf. Diese waren jedoch noch „Zivilbeamte“ und sollten die Statthalter der Dioecesis Hispaniae beaufsichtigen. Von diesen war einer vorher als Comes per Africam eingesetzt. Da sie in Spanien häufiger vorkommen als in irgendeiner anderen Dioecese einzige Ausnahme der Orient, so könnte dies daran gelegen haben, dass seit langem kein Kaiser mehr persönlich Hispanien besucht hatte und das Eingreifen von Beamten mit außergewöhnlichen Vollmachten wegen gravierenden Missständen hier wohl besonders dringlich erschien. Der erste bekannte dieser von Konstantin eingesetzten Comites, Octavianus, übte diese Funktion zwischen 316 und 317 aus. Ihm folgte Tiberianus der dieses Amt 332 innehatte.[3]

A.H.M. Jones glaubte, dass das (kurzlebige) Amt eines Comes rei militaris für Hispanien erst kurz vor Abschluss der Notitia Dignitatum, gewissermaßen ad hoc, vergeben wurde. Bis ins 4. Jahrhundert war für die Sicherheit dieser Dioecese auch keine größere, dort fix stationierte Feldarmee notwendig. Dies änderte sich, als 408/409 Vandalen, Alanen, Sueben und Visigoten (spätere Westgoten) in Spanien eindrangen. Dabei wurden – wahrscheinlich – die wenigen dort stationierten römischen Einheiten aufgerieben bzw. zersprengt. In der Chronik des Bischofs Hydatius, wird ein Comes Hispaniarum Asterius für das Jahr 420 erwähnt. Asterius zog für seine Armee wohl Hoftruppen (Palatinae), in Nordafrika und Gallien stehende Einheiten und vor allem visigotische Foederatenverbände zusammen, anstatt eine neue Streitmacht zu rekrutieren. Mit ihr bekämpfte er von 419 bis 423 die Vandalen, drängte sie aus der Provinz Gallaecia in die Baetica ab und lieferte den Sohn des Usurpators Gerontius, Maximus, an Kaiser Honorius aus. Nach seiner Ernennung zum Heermeister des Westens 422 erschien Flavius Castinus in Hispanien, wo er eher erfolglos die Vandalen bekämpfte. Nach diesen Feldzügen war das Amt des Comes Hispaniarum entweder vakant oder seine Truppen wurden so stark reduziert, sodass er keinen größeren Feldzug mehr durchführen konnte. In diesem Fall wurde ein Magister utriusque militae ernannt, der mit Soldaten aus Italien oder anderen Provinzen nach Hispania geschickt wurde. Bei diesen Missionen wurden die römischen Truppen oft durch Foederati-Kontingente ergänzt.[4] Um 443 führte ein Comes Censorius einen – wenig erfolgreichen – Feldzug gegen die Sueben. Hydatius Chronik erwähnt für das Jahr 453 in weiterer Folge einen Comes, Mansuetus, der mit den Sueben Friedensverhandlungen führte. Über weitere Aktivitäten eines noch von der weströmischen Regierung in Ravenna eingesetzten Comes für Hispanien ist danach nichts mehr bekannt.

Duces in Hispanien

Im Laufe des 5. Jahrhunderts löste sich die römische Ordnung in Hispanien weitgehend auf. Die militärische Tätigkeit der regulären Armee beschränkte sich zur Zeit der Herrschaft des Majorian nur noch auf punktuelle Verteidigungszonen in der Provinz Tarraconensis, die von einem Dux Tarraconensis befehligt wurden. Die restlichen Gebiete wurden aufgegeben. Zwischen 460 und 470 setzten sich Westgoten und Sueben auf der iberischen Halbinsel zunehmend durch, die schließlich zur Gänze der Kontrolle des Kaiserhofes in Ravenna entglitt. Die Reste der Spanienarmee und ihr Offizierskorps traten wahrscheinlich in den Dienst der neuen Machthaber. Das Amt des Dux blieb unangetastet und wurde weiterhin mit Romanen besetzt. 464 ist in einem Brief des Bischofs Ascania von Tarragona an Papst Hilarius die Rede von einem Dux Hispaniarum namens Vincentius, der mit den Westgoten kollaborierte. Möglicherweise stand er vorher noch im Sold der regulären römischen Armee, doch kann dies nicht sicher bestimmt werden.[5] Er drang 473 im Auftrag des Westgotenkönig Eurich in die Tarraconensis ein, eroberte dort einige Städte und griff sogar Italien an, wo er aber schließlich in einer Schlacht den Tod fand. 475 musste Kaiser Julius Nepos offiziell die von ihnen besetzten Provinzen in Gallien und Hispanien endgültig an die Westgoten abtreten.[6]

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Truppen

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Da in der Notitia auch keine regulären Kavallerieeinheiten für Hispanien erwähnt werden, musste der Comes wohl mit visigotischer Foederatenkavallerie auskommen. Die Truppenliste für Hispanien enthält keine einzige Einheit der Pseudocomitatenses, wie man es von einer römischen Armee dieser Zeitperiode erwarten würde. Darüber hinaus führt sie auch keine Truppe, die nach einem der Imperatoren des 5. Jahrhunderts benannt ist. Es scheint daher, dass die in der Notitia angegebene, in Hispanien eingesetzte Armee tatsächlich erst im frühen 5. Jahrhundert hastig zusammengezogen wurde. Die in Hispanien stehenden Limitanei-Einheiten standen unter dem Oberbefehl des Magister peditum. Vor der Invasion von 409 könnte ein eigener Dux oder Comes das Kommando über sie gehabt zu haben. Von den hispanischen Limitanei waren fünf in der Provinz Gallaecia und eine in der Tarraconensis stationiert. Angesichts der Tatsache, dass nur wenige der hispanischen Comitatenses – und diese noch dazu in anderen Armeen – aufgelistet sind, was ihr Weiterbestehen impliziert, ist die Existenz der hispanischen Limitanei über das frühe 5. Jahrhundert hinaus aber äußerst unwahrscheinlich. Die naheliegendste Erklärung wäre, dass dieser Teil der Notitia zum Zeitpunkt ihrer Endfassung – wie so oft bei diesem Dokument – nicht mehr dem aktuellen Stand entsprach.[7]

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Distributio Numerorum

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Laut der ND Occ. standen dem Comes möglicherweise folgende Einheiten zur Verfügung:[8]

Gardeeinheiten (Infanterie)

Weitere Informationen Offiziere/Einheit/Kastelle, Bemerkung ...

Feldarmee

Weitere Informationen Offiziere/Einheit/Kastelle, Bemerkung ...

Grenzwächter

Weitere Informationen Offiziere/Einheit/Kastelle, Bemerkung ...
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Literatur

  • Theodor Mommsen: Das römische Militärwesen seit Diocletian. In: Hermes, Band 24 (1889), S. 195–279, ISSN 0018-0777 (online). Nachdruck in: Gesammelte Schriften. Teil 6, Band 3. 1910; 3. Auflage (Nachdruck) Olms, Hildesheim, 1994, ISBN 3-615-14646-8, S. 206–283 (S. 270).
  • Michael Kulikowski: The Career of the „Comes Hispaniarum“ Asterius. In: Phoenix 54, 2000, S. 123–141.
  • Michael Kulikowski: Late Roman Spain and Its Cities. The Johns Hopkins University Press, 2004, S. 195–196. ISBN 978-0-8018-9832-7.
  • Michael Kulikowski: Die Epistula Honorii. Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Nr. 122, 1998, S. 247–252.
  • Philip Rance: The Scouts of the Late Roman Army and a Disputed Etymology. In: Latomus 73, 2014, S. 474–501.
  • Henning Börm: Hydatius von Aquae Flaviae und die Einheit des Römischen Reiches im fünften Jahrhundert. In: Bruno Bleckmann, Timo Stickler (Hrsg.): Griechische Profanhistoriker des fünften nachchristlichen Jahrhunderts. (Historia-Einzelschriften Band 228). Stuttgart 2014, S. 195–214.
  • Jacek Wiewiorowski: Comes Hispaniarum Octavianus – the special envoy of Constantine the Great (some Remarks). Gerión Nr. 24, UAM Poznań, 2006.
  • Ralf Scharf: Der Dux Mogontiacensis und die Notitia Dignitatum: Eine Studie zur spätantiken Grenzverteidigung. Verlag Walter de Gruyter, 2008.
  • Gideon Maier: Amtsträger und Herrscher in der Romania Gothica: vergleichende Untersuchungen zu den Institutionen der ostgermanischen Völkerwanderungsreiche. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2005.
  • Dirk Henning: Periclitans res publica: Kaisertum und Eliten in der Krise des Weströmischen Reiches 454/5–493 n. Chr. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1999.
  • R. W. Burgess: The Chronicle of Hydatius and the Consularia Constantinopolitana: Two Contemporary Accounts of the Final Years of the Roman Empire. Oxford University Press, Oxford 1999, ISBN 978-0-19-814787-9
  • Arnold Hugh Martin Jones: The Later Roman Empire 284–602. A Social, Economic and Administrative Survey. 3 Bände, Blackwell, Oxford 1964.
  • Pablo Hinojo Fuentes: La Península Ibérica y el Mediterráneo en el tránsito del mundo antiguo al medieval (Tesis doctoral). Universidad Complutense de Madrid, 2002, ISBN 978-84-8466-046-0.
  • Michael Zerjadtke: Das Amt Dux in Spätantike und frühem Mittelalter: Der ducatus im Spannungsfeld zwischen römischem Einfluss und eigener Entwicklung. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2018.
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Einzelnachweise und Anmerkungen

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