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brasilianische Kampfkunst bzw. ein Kampftanz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst bzw. ein Kampftanz, dessen Ursprung auf den afrikanischen NíGolo („Zebratanz“) zurückgeführt wird. Capoeira wurde während der Kolonialzeit in Brasilien von Sklaven aus Afrika praktiziert und weiterentwickelt.
Der Capoeira-Kreis wurde von der UNESCO 2014 in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.[1]
Es wird unterschieden zwischen Capoeira Angola und dem neueren Capoeira Regional. Die afrikanischen Elemente nahmen im Lauf der 1970er Jahre im Capoeira Regional Einflüsse anderer Kampfkünste auf, darunter Ringen, Jiu Jitsu und Wushu. Zu dieser Zeit entwickelten sich auch viele charakteristische Akrobatiken, wie hohe, gedrehte Sprünge oder Salti.
Inhaltlich ist Capoeira von drei Ebenen geprägt: dem Kampf, der Musik und der „Roda“ (portugiesisch „Kreis“) als gesellschaftlichem Rahmen, in dem der Kampf stattfindet. Die Kampftechniken selbst zeichnen sich durch extreme Flexibilität aus; es gibt viele Drehtritte, eingesprungene Tritte und Akrobatik. Traditionell wird zu den Kämpfen Musik gespielt, diese folgt einem Endlos-Rhythmus in verschiedenen Variationen; dazu werden passende, häufig noch aus der Zeit der Sklaverei stammende Lieder gesungen.
Die Kämpfe finden immer in einer Roda statt. Diese Roda besteht aus einem Kreis von Capoeiristas und den Musikern. Immer zwei Capoeiristas kämpfen in der Roda, wobei in der Capoeira für einen Kampf der Begriff „Spiel“ verwendet wird. Eine Roda ist besonders beeinflusst von der archaischen Wucht, die der Capoeira innewohnt.
Belegt ist die Existenz der Capoeira seit dem 18. Jahrhundert. Die Literatur geht davon aus, dass sie in Brasilien aus einer Vermischung verschiedenster afrikanischer Tänze und Kulte entstand. Auch in anderen Regionen, in welche afrikanische Sklaven verschleppt wurden, entstanden der Capoeira ähnliche Kampfkünste, wie dem Maní auf Kuba.
Vorläufer der Capoeira waren diverse Kampfspiele und Tänze der afrikanischen und indigenen Kultur. Zu nennen wären hierbei vor allem Batuque, Luta do Bode, Bassula, Kamangula, NíGolo und das indianische Quarupe.
Um die Kämpfe zwischen Sklaven und Sklavenhaltern in den Quilombos ranken sich Legenden – so wird von den Quilombos gesagt, dass sich dort die Capoeira stark weiterentwickelte und dass die Sklaven sie auch im Kampf gegen die mit Schusswaffen bewaffneten Sklavenjäger eingesetzt hätten.
Die nächste Entwicklungsphase der Capoeira ist dann auch die erste, bei der sich die Experten über Entstehung und Anwendung einig sind. Die damalige Capoeira ist allerdings nicht mit der heutigen vergleichbar, sondern vielmehr als eine Art Straßenkampftechnik zu begreifen. Capoeiristas taten sich in Banden zusammen, den Maltas, und beherrschten ganze Straßenviertel. Dabei kämpften sie gegen rivalisierende Maltas und die Obrigkeitskräfte. Diese Form der Capoeira war besonders in den Hafenstädten Rio de Janeiro, Recife und Salvador da Bahia verbreitet, die auch gemeinhin als die Brutstätten der Capoeira angesehen werden. Die Capoeira ist dementsprechend eine urbane Erscheinung.
In der Kaiserzeit war die Capoeira zwar nicht explizit verboten, die Capoeiristas wurden dennoch verfolgt und beispielsweise wegen Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet. Zwischen 1865 und 1870 wurden viele Capoeiristas für den Krieg gegen Paraguay zwangsrekrutiert. Einerseits sollten Banden aufgelöst werden, andererseits wurden entlaufene Sklaven vor die Wahl gestellt, entweder dem Vaterland zu dienen oder zu sterben. Sie gingen als die „Voluntários da Pátria“ in die Geschichte ein.
In der Republik ab 1889 gab es schließlich einen Capoeira-Paragrafen, der die Ausübung der Capoeira mit Verbannung von sechs Monaten bis zwei Jahren bestrafte. Einer der Gründe für diese Behandlung liegt darin, dass die Capoeiristas als Monarchisten angesehen wurden, die sich aus Dankbarkeit für die Befreiung der Sklaven der Krone verpflichtet fühlten. Die Capoeira wurde in dieser Zeit stark in den Untergrund gedrängt und nur noch in Rio de Janeiro, Recife und Salvador da Bahia praktiziert.
Das Capoeira-Verbot wurde 1937 durch den nationalistischen Diktator Getúlio Vargas aufgehoben, der mit der Capoeira einen nationalen Sport etablieren wollte. Auf diese Idee kam er, nachdem er eine Vorführung von Mestre Bimba sah. Bimba wollte aus Elementen der Straßenkampftechnik Capoeira eine moderne Kampfkunst formen, welche er Luta Regional Baiana nannte. In dieser Form der Capoeira integrierte er Elemente des Batuque und asiatischer Kampfsportarten, um die Effizienz dieser Kampfsportart zu erhöhen. Er unterrichtete sie (noch während des Verbots) an seiner Akademie in der bahianischen Hauptstadt Salvador da Bahia – das Verbot war der Hauptgrund dafür, weshalb seine Schule nicht „Capoeira“ im Namen führte. Bimba ersann zum ersten Mal eine systematische Methode, Capoeira zu vermitteln; vorher wurden die Techniken durch Nachahmen erlernt.
Auch heute noch wird die Capoeira hauptsächlich in zwei Formen aufgeteilt: Capoeira Regional und Capoeira Angola. Aktuell ist allerdings ein Trend des sich gegenseitigen Annäherns zu spüren. Dieser Trend wird vor allem durch Mestre Camisa und Mestre João Grande getragen und gerne als Capoeira Contemporânea bezeichnet.
Der Film Only the Strong mit Hauptdarsteller Mark Dacascos gibt einen Einblick in die Capoeira. Hier wird hauptsächlich Capoeira Regional gezeigt, die sich durch spektakulärere Bewegungen auszeichnet. Mark Dacascos selbst betreibt seit seiner Kindheit Kung Fu (sein Vater Al Dacascos besitzt mehrere Kampfsport-Schulen) und hat sich Capoeira speziell für diesen Film mithilfe einiger brasilianischer Mestres antrainiert.
Inzwischen ist Capoeira weltweit verbreitet. Es gibt verschiedene Schulen, die sich stark in Trainingsmethoden, Schwerpunkt und Stil unterscheiden. Dabei unterscheidet man zwischen Angola- oder Regional-Schulen – Capoeira Regional wird nach den Methoden von Mestre Bimba vermittelt, z. B. bei Capoeira União. Capoeira Angola beruft sich vor allem auf Mestre Pastinha und stellt traditionellere Bewegungen in den Vordergrund. Während in Regional durchaus auch Angola vermittelt wird, ist dies umgekehrt meistens nicht der Fall. Daneben setzt sich auch eine Art dritter Weg durch, diese Richtung wird als Capoeira Contemporânea bezeichnet, dies ist eher ein Sammelbegriff für viele verschiedene Stile und Richtungen der zeitgenössischen Capoeira (wie zum Beispiel Miudinho von der Gruppe Cordão de Ouro). Eine weitere Entwicklung ist das Austragen von Wettkämpfen, wie in anderen Kampfkünsten. Im Gegensatz zu denen zählt dabei aber nicht das Werten von Treffern oder Knockouts, sondern das Umsetzen der weiter unten unter Roda angesprochenen Dialoge. Dies macht jedoch eine objektive Beurteilung schwierig.
Capoeira hat eine Kampftechnik, die sich von den meisten anderen Künsten deutlich unterscheidet. Dies mag auch als Grund dafür gelten, warum es in Europa nicht die gleiche Verbreitung findet wie zum Beispiel Karate oder Judo.
Das zentrale Element – die Seele der Capoeira – ist Malícia. Malícia kann als „Verschlagenheit, Bösartigkeit“ gedeutet werden, doch es ist im brasilianischen eine positiv belegte Eigenschaft und eher mit „Schläue“ oder „Kriegslist“ zu übersetzen.
In Liedern wird die Malícia anschaulich beschrieben: Bildlich lässt sie sich gut am Beispiel einer Schlange erklären, die in ihrem Loch auf Beute wartet. Die Schlange ist vorbereitet und sobald die Beute eintrifft, wird sie ohne Gegenwehr erlegt (zum Beispiel „bote de cobra coral“ aus der Ladainha Uma Vez von Mestre Toni Vargas). An anderer Stelle wäre die Schlange vielleicht unterlegen gewesen.
Oft geht es darum, im Kampf beim Gegner einen – falschen – Eindruck zu erwecken. So durften zu früheren Zeiten die Capoeira-Schüler nicht zeigen, wie kräftig sie wirklich sind, wenn andere (potenzielle Gegner) dabei zusahen. Sie sollten eher den Eindruck von Schwächlingen erwecken. Dies konnte in einem Kampf entscheidend sein.
Malícia zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben eines Capoeirista. Dabei wird sie niemals direkt gelehrt, sondern von den Schülern spielerisch ausprobiert. Durch die Malícia ist der Ausgang eines jeden Kampfes ungewiss. Somit sind nicht Technik und Kondition ausschlaggebend, sondern der taktische Überblick über das Spiel. Es gibt Meister, die nur sehr wenige Techniken anwenden, diese jedoch mit Hilfe von Malícia sehr effizient einsetzen.
In der heutigen Zeit tritt die Malícia in den modernen Formen der Capoeira Regional häufig in den Hintergrund, da Geschwindigkeit sowie Kürze der Spiele einen Aufbau der notwendigen Spannung und Dynamik nicht ermöglichen. In der Capoeira Angola dagegen ist sie nach wie vor das wichtigste Element.
Es gibt in der Capoeira eine Vielzahl an Bewegungen und Bewegungskombinationen. Eine Auswahl an Bewegungen ist in der Tabelle niedergelegt. Wichtig ist dabei, dass die Namen nicht immer allgemein gültig sind und von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich sein können.
Alle Bewegungen werden aus der Ginga (Grundbewegung der Capoeira) heraus ausgeführt.
Mortais (tödliche Schläge) | Traumatizantes (Betäubungsschläge) | Desequilibriantes (Würfe) | Esquivas (Ausweichbewegungen) | Fugas (Fluchtbewegungen) | Floreios (Ausschmückungen) |
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Meia-Lua de Compasso (Halbmondzirkel) | Meia-Lua | Rasteira (Fußfegen) | Aú (Rad) | Negativa (Vermeidung) | |
Rabo de Arraia (Rochenschwanz) | Martelo (Hammer) | Vingativa (Rache) | Resistencia (Widerstand) | Macaco (Äffchen) | Relógio (Uhr) |
Meia-Lua de Frente (Halbmondzirkel vorne) | Banda | Esquiva (ausweichen) | S-Dobrado (Doppel-S) | Pião de Mão (gedrehter einhändiger Handstand) | |
Chibata (kleine Peitsche) | Armada (Drehschlag) | Arrastão | Cocorinha (Hocke) | Aú de Cabeça (Radschlag auf dem Kopf) | Saca-rolha (Korkenzieher) |
Queixada (Kinnlade) | Tesoura (Beinschere) | Rolé (Rolle) | Aú sem Mão (Radschlag ohne Hände) | Mortal (Salto) | |
Ponteira (Punktierter Tritt) | Queda de Quatro (Auf alle viere fallen) | Parafuso (Schraube) | |||
Bênção (Segen) | Queda de Rins (Auf die Nieren fallen) | Folha Seca | |||
Cotovelhada (Ellbogenschlag) | |||||
Cabeçada (Kopfstoß) | |||||
Palma (Schlag mit der Handfläche) | |||||
Joelhada (Kniestoß) |
Armada ist ein Tritt. Die Bewegung wird vom Tretenden eingeleitet, indem er mit einem Bein einen kurzen Schritt nach vorne macht und den Fuß um 180° in Richtung des anderen Beins dreht. Danach hebt er das hintere Bein und dreht dieses in Brusthöhe um 360°, wobei er mit dem Außenrist den Gegner zu treffen versucht.
Banda ist ein Feger. Dieser Trick wird meistens eingesetzt, um einem Martelo auszuweichen und um ihn gleichzeitig auszukontern. Der Feger wird aus dem Stehen ausgeführt; um ihn perfekt zu können, muss man sich schon einige Jahre mit Capoeira befassen, denn diese Bewegung erfordert sehr schnelle Reaktion und eine äußerst gute Beweglichkeit.
Wenn ein Martelo des Gegners mit dem linken Bein (von rechts) kommt, dann dreht man das linke Bein aus der Parallelstellung, sodass die Ferse zum Gegner zeigt. Anschließend führt man das rechte Bein über den Boden an die Ferse (oder an den Knöchel) des gegnerischen Standbeins und setzt Druck darauf an, indem man den Oberkörper versucht, in unserem Fall über die linke Schulter, so weit wie möglich auszudrehen. Wünschenswert wäre es, wenn das ziehende Bein in der Esquiva landet. Dieser Wurf ist dem Rasteira sehr ähnlich.
Die Ginga bezeichnet den Grundschritt der Capoeira.
Der Meia-Lua (port. für „Halbmond“) ist einer der wichtigsten Fußschläge. Es ist eine weite drehende Beinbewegung, dem Armada sehr ähnlich. Der Unterschied ist, dass beim Meia-Lua der Körper weiter nach hinten gelehnt ist und dass mit der Ferse, statt mit dem Außenrist, getroffen wird.
Der Meia-Lua de Compasso (port. für „geschliffener Halbmond“) ist ein Fußschlag. Dieser Fußschlag ist dem Meia-Lua ähnlich. Der einzige Unterschied ist, dass beim Meia-Lua de Compasso die Hände (oder nur eine Hand) den Boden berühren muss. Somit kommt der Angreifer tiefer. Der Meia-Lua de Compasso kann auch als Einleitung zu verschiedenen Kombinationen verwendet werden.
Der Meia Lua de Frente (port. für „Halbmond von Vorne“) ist ein Fußschlag. Er ist das Gegenstück zum Queixada. Getroffen wird mit dem Innenrist. Normalerweise führt man den Schlag aus der Parallelstellung aus (die Beine stehen in etwa 1 Meter Abstand nebeneinander). Der Meia Lua de Frente ist kein besonders starker Schlag, er dient eher zur Ablenkung oder kommt oft schnell und überraschend.
Der Queixada ist ein Fußschlag. Der Tritt ist einer der Standards, die jeder Capoeirista beherrschen muss. Beim Queixada wird mit dem Außenrist getroffen. Man kann den Queixada aus der Parallel-Stellung oder auch aus der Esquiva ausführen. Dabei muss man zuvor jedoch das hintere Bein überkreuzt nach vorne stellen.
Der Ponteira ist ein Tritt. Im Gegensatz zum Benção trifft man den Gegner nur mit dem Fußballen ganz kurz und schnell mit einer Schnappbewegung. Es steckt zwar nicht so viel Schlagkraft wie beim Benção, aber dafür ist der Ponteira sehr schnell und effektiv. In anderen Kampfkünsten kennt man den Tritt unter dem Namen Frontkick.
Capoeira als Kampf-Tanz-Spiel basiert auf einem System ungeschriebener Regeln, das nur aufgrund der afrikanischen Tradition mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation weitergereicht worden ist. Wie die Grundzüge dieses Regelwerkes einmal ausgesehen haben können, ist ungewiss. Von Interesse ist, dass dem Anfänger normalerweise kein Textheft mit Regeln beigegeben wird, sondern diese Regeln im individuellen Kontext erfahren werden müssen. Insbesondere stellen sie vor dem Hintergrund der Malicia nur die groben Rahmenbedingungen sicher, die Regeln können in bestimmten Momenten im Spiel gebrochen werden, manchmal ist dies sogar notwendig, um besondere Subroutinen wie die Chamada beginnen zu können.
Nach John Lowell Lewis’ Arbeiten gibt es eine tabellarische Übersicht der wichtigsten Regeln des Spiels. Diese ist in „normative“ und „pragmatische“ Regeln aufgegliedert. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Regeln in der Capoeira sehr schwammig und abhängig von den Mitspielern sind. Sie sind deswegen eher als eine Möglichkeit anzusehen, die variiert werden kann. In manchen Schulen wird als einzige Regel „es gibt keine Regel“ unterrichtet. Dennoch sind gewisse Gewohnheiten und Abläufe auch dort zu finden.
Diese Regeln beziehen sich auf feste Verhaltensweisen, die sich in Capoeira-Kreisen weltweit etabliert haben und nicht hinterfragt oder variiert werden. Sie gewährleisten einerseits die Sicherheit der Kämpfer und spiegeln andererseits einen Teil der philosophischen Ansätze der Capoeira zum Umgang miteinander wider.
Diese Regeln beschreiben die Art des Spiels, wie es idealerweise sein soll. Capoeira ist kein statischer Kampfsport wie andere Formen. Alles ergibt sich aus der Bewegung, und keine zwei Kämpfe sind identisch.
In den Regeln beschrieben sind allgemeine Verhaltensweisen, die jedoch nicht ausschließlich oder gar verpflichtend sind.
Wobei Capoeira auch als eine Art Kommunikation verstanden werden kann, die, bei Übung, die Geschicklichkeit, das Rhythmusgefühl und die Reaktion enorm verbessert. Die Qualität der Unterhaltung liegt somit bei den zwei zusammen Spielenden bzw. Tanzenden. Eine gelungene Capoeira-Unterhaltung setzt einiges an Intuition, Verstand, Empathie und Aufrichtigkeit voraus. Allerdings ist die vom Charakter her ursprünglich geheimnisvolle Capoeira mittlerweile großteils zu einem hektischen Sport geworden, teilweise sogar zu einem Konsum.
Mündlich überliefert sind die Regeln für Capoeiristas von Mestre Bimba. Auf den ersten Blick wirken sie ein wenig ungewöhnlich für Regeln einer Kampfkunst, doch sind sie für das Überleben in einer gefährlichen Umgebung geeignet und geben Anleitung für grundsätzliche, vorsichtige Verhaltensweisen:
Wie in jedem anderen Kampfsport gibt es auch im Capoeira einen „Kampfanzug“. Dieser ist abhängig von der Stilrichtung und besteht immer aus Hose und T-Shirt in unterschiedlichen Farbkombinationen.
Im Capoeira Angola sind es traditionell die Kombinationen schwarze Hose / gelbes T-Shirt oder Hemd mit Bezeichnung der Gruppe. Dies geht ursprünglich auf einen Fußballclub zurück, dessen Fan Mestre Pastinha gewesen sein soll. Alternativ sieht man in manchen Gruppen auch weiße Hose mit Ledergürtel und weißes T-Shirt mit Gruppenbezeichnung.
In der Stilrichtung Capoeira Regional gibt es traditionell nur die Kombination weiße Hose / weißes T-Shirt mit Bezeichnung der Gruppe. Zusätzlich wird eine Kordel zur Kenntlichmachung der Graduierung des Trägers als Gürtel für die Hose verwendet.
Heute gibt es – abgesehen von einigen exotischen Gruppen – nur in der Capoeira Regional verschiedene Gürtel, die den Grad des Trägers anzeigen. Um die nächste Stufe zu erreichen, muss der Capoeirista bestimmte Anforderungen erfüllen, wobei die Zeit, die seit seinem Erreichen der letzten Stufe vergangen ist, ebenfalls berücksichtigt wird.
Anforderungen können sein:
Üblicherweise gibt es gewisse zeitliche Abstände, die zwischen zwei Stufen eingehalten werden sollten. Wie lange dies ist, entscheidet der Meister der jeweiligen Schule. Allgemein sind die Wartezeiten zwischen höheren Gürtelstufen länger.
In der Capoeira gibt es unterschiedliche Gradsysteme. International besteht keine Vereinheitlichung, sodass in einigen Schulen auch Gürtelsysteme existieren, die von den meisten großen Gruppen nicht anerkannt werden. Generell lassen sich einige Strömungen ausmachen, was die Farbgebung betrifft:
Ursprünglich gab es im Capoeira keine Kordeln, da auch Mestre Bimba, der Begründer der Capoeira Regional, zunächst die Stilform Angola erlernte. Im Zuge seiner Arbeit für die Capoeira entwickelte sich jedoch zunächst ein einfaches Gradsystem, bestehend aus Seidenschals verschiedener Farben. Seide wurde deswegen verwendet, da sie den Träger gegen Schnittverletzungen mit Messern besser schützt als andere Stoffe.
Die ersten Kordeln werden normalerweise einmal jährlich im Rahmen einer feierlichen Zeremonie, der Batizado (sinngemäß: „Feuertaufe“) verliehen. Für bereits graduierte Schüler heißt es dann nur noch „Troca de Cordas“, da sie ihre Kordeln nur noch wechseln. Es steht vorher schon fest, wer welche Kordel bekommt, lediglich zur Demonstration der eigenen Fähigkeiten wird dies nochmals in unterschiedlich anspruchsvollen Spielen in der Roda überprüft.
Üblich ist es, dass jeder Schüler sich einen höher Graduierten als „Paten“ sucht, der eine bestimmte Rolle während der Zeremonie hat. Spielt der Schüler mit einem Meister in der Roda, so versucht der Meister, den Schüler auf den Boden zu werfen, und lässt dann – auf spielerische Weise – so lange nicht von ihm ab, bis der „Pate“ ihn rettet.
Traditionell läuft die Capoeira als Spielform in der so genannten „Roda“ (portugiesisch für „Kreis, Runde“) ab: Dabei stehen alle Teilnehmer in einem Kreis, wobei sich an einer Stelle dieses Kreises die Musiker versammeln.
Zentral sind dabei die Berimbau-Spieler, da der Berimbau den Rhythmus der Capoeira bestimmt. Von dort wird das Spiel begonnen. Dabei hocken sich zwei Capoeiristas (oder Capoeiras) vor die Instrumente, schauen sich kurz an, geben sich die Hand (clap) (manche berühren an dieser Stelle noch das Berimbau als Zeichen der Verehrung) und gehen in die Mitte der Roda, in der Regel mit einem Radschlag. Die Umstehenden klatschen den Rhythmus und singen den Refrain. Innerhalb des Kreises spielen die zwei Capoeiristas dann miteinander. Zwischen beiden wird kein Wettkampf ausgefochten, sondern sie führen eine Art von körperlichem Dialog aus, die Worte sind dabei die verschiedenen Offensiv- und Defensiv-Bewegungen. Auf jede Offensiv-Bewegung folgt eine Defensiv-Bewegung des anderen, aus einer Defensiv-Bewegung wird fließend eine Offensiv-Bewegung. Diese Sequenzen von wechselseitigen Bewegungen werden so zu Sätzen. Ob dabei eher die Kooperation oder die Konfrontation im Vordergrund steht, entscheiden die Spieler selbst. Dieses Gespräch kann je nach Können und Stimmung eher friedlicheren Charakter haben oder auch in einen Kampf münden. Am Ende steht kein Gewinner oder Verlierer fest, sondern die Capoeiristas entscheiden selbst, wann sie den Dialog beenden.
Jeder der Umstehenden kann sich auch vorher in das Spiel einkaufen (aus dem portugiesischen comprar für „kaufen“). Dabei markiert man zuerst wachsam (die vorherigen Spieler tauschen immer noch Schläge aus) und doch bestimmt seine Absicht, das Spiel zu übernehmen (indem man einen ausgestreckten Arm zwischen die Spielenden hält, die Handfläche ist demjenigen zugewandt, mit dem man von nun an „reden“ möchte), und setzt dann mit diesem Spieler den Dialog fort.
Die Capoeira ist äußerst vielseitig, da sie Akrobatik, Kampfsport, Rhythmik, Reaktionsfähigkeit, Improvisation und Kreativität vereinigt. Der Spieler befindet sich in ständiger Bewegung: Zum einen, da der Grundschritt bereits ein Wiegeschritt ist (die Ginga), zum anderen, weil es sehr viele tiefe Bewegungen in der Hocke bzw. Akrobatik kopfüber (Radschlag, Kopfstand etc.) gibt. Dadurch und durch die Philosophie, allen Schlägen auszuweichen und nur im Notfall zu blocken, stellt er dem anderen kein leicht zu treffendes Ziel dar.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist der Rhythmus, auch „Toque“ genannt, der mit den traditionellen Instrumenten Berimbau, Atabaque und Pandeiro erzeugt wird. Der Rhythmus bestimmt die Art des Capoeiraspiels. Viele Rhythmen werden in der Roda verwendet, die wichtigsten sind:
Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Toques, die aber nur zu bestimmten Anlässen gespielt werden.
Fundamental für die Capoeira sind neben den Instrumenten die Lieder. Jeder der drei oben genannten Toques verlangt nach einem Typ von Gesang:
Die Lieder werden auf Portugiesisch gesungen.
Das Hauptinstrument einer Capoeira Bateria ist das Berimbau. Das Berimbau wird aus dem sehr elastischen Biriba-Holz angefertigt, welches nur in Brasilien vorkommt. Es handelt sich dabei um einen Musikbogen, der aus einem Holzstab (Verga), einer Metallsaite (Arame) und einem Klangkörper (Cabaça) besteht. In der Hand hält der Musiker zusätzlich eine Caxixi (Holzrassel), ein Baqueta (Schlagstöckchen) und ein Dobrão (Münze, Stein). Trotz seiner einfachen Konstruktion ist das Berimbau schwierig zu spielen und verlangt neben gutem Rhythmusgefühl, einiges an Koordination und Fingerkraft.
Es gibt Berimbaus verschiedener Größen und Tonlagen:
Ein Pandeiro ist ein Schellentamburin. Es wirkt unterstützend zu den Berimbaurhythmen und bereichert die Klangfarben. Gleichzeitig sorgt es für eine Betonung des Grundrhythmus. Es gehört zur Familie der Rahmentrommeln.
Die klassische Atabaque ist eine Seiltrommel tiefer Stimmung. Sie unterstützt ähnlich dem Pandeiro den Grundrhythmus und sorgt für einen starken Groove.
Ein Reco-reco ist eine Ratsche, ähnlich der Güiro. Sie sorgt in der Roda für einen leicht undefinierten Oberton und bereichert die Klangfarbe.
Das Agogô ist ein Instrument aus der Sambamusik. Es handelt sich dabei um eine doppelte Metallglocke, die mit einem Holzstab angeschlagen wird. In der Capoeira wird traditionellerweise ein Agogô verwendet, welches aus zwei Paranussschalen besteht, die auf einem Holzstab festgeschraubt sind.
Inzwischen findet man Capoeira in immer mehr Filmen, Werbungen und Computerspielen.
Der bekannteste Film über und mit Capoeira ist Only the Strong aus dem Jahr 1993. Weitere Filme, in denen Capoeira vorkommt, sind:
In Christina Aguileras Video Dirrty, Sepulturas Video Roots Bloody Roots und im Video der Black Eyed Peas mit Sérgio Mendes kämpfen zwei Capoeirista. Ebenso findet man Capoeira in dem Musikvideo zu Maria Maria von Carlos Santana, Rich Girl von Gwen Stefani, Michael Frantis Say Hey, Mark Medlock You Can Get It und im Video von Safri Duo Sweet Freedom. Zudem sind in dem Musikvideo Taboo von Don Omar Capoeirista zu sehen, welche am Strand kämpfen.
Ferner verteidigt sich „L“ aus dem Manga Death Note mit Capoeira. Eine größere Rolle spielt Capoeira in der Videospiel-Serie Tekken und dessen Verfilmung.
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