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Chinesischer Erdbeobachtungssatellit Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der China Seismo-Electromagnetic Satellite (chinesisch 中国电磁监测试验卫星, Pinyin Zhōngguó Diàncí Jiāncè Shìyàn Wèixīng) bzw. Zhangheng-1 (chinesisch 张衡一号, Pinyin Zhānghéng Yīhào), kurz „CSES“, ist ein Erdbeobachtungssatellit des Chinesischen Amts für Seismologie. Er wurde am 2. Februar 2018 um 07:51 Uhr UTC mit einer Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 2D vom Kosmodrom Jiuquan zusammen mit sechs Kleinsatelliten in eine sonnensynchrone Umlaufbahn von 500 km Höhe gebracht.[1][3]
China Seismo-Electromagnetic Satellite | |
---|---|
Typ: | Erdbeobachtungssatellit |
Land: | Volksrepublik China |
Betreiber: | Chinesisches Amt für Seismologie |
COSPAR-ID: | 2018-015C |
Missionsdaten[1] | |
Masse: | 730 kg |
Größe: | 1,4 × 1,4 × 1,4 m |
Start: | 2. Februar 2018 um 07:51 UTC |
Startplatz: | Kosmodrom Jiuquan, Startrampe 94 am Komplex 43 |
Trägerrakete: | Langer Marsch 2D Y-13 |
Status: | aktiv |
Bahndaten[2] | |
Umlaufzeit: | 94,7 Minuten |
Bahnneigung: | 97,5º |
Apogäumshöhe: | 518 km |
Perigäumshöhe: | 501 km |
Am: | 4. Februar 2023 |
In der Phase vor einem Erdbeben entstehen durch die Reibung und das Zerbrechen von Felsplatten elektromagnetische Wellen, die sich in die Atmosphäre ausbreiten. Gleichzeitig zerschneiden die Bewegungen der Erdkruste die Feldlinien des Erdmagnetfelds, was zu einer Verdrehung besagter Feldlinien führt. Diese Phänomene wurden von sowjetischen Wissenschaftlern in den 1960er Jahren bei der Auswertung von Satellitendaten entdeckt.[4] In China gab es neben der Platzierung von Sensoren in der Erdkruste und der Beobachtung von Heißluftballons aus – was aufgrund der Größe des Landes zwangsläufig lückenhaft war – während des 9. Fünfjahresplans (1996–2000) erste Versuche, über Satellitenbeobachtung zu einer Erdbebenvorhersage zu kommen.
Nach dem großen Erdbeben in Sichuan 2008 wurde schließlich der Bau eines speziellen „Experimentalsatelliten zur Überwachung des elektromagnetischen Feldes“ (电磁监测试验卫星) vorgeschlagen.[5] Die konkreten Vorplanungen begannen 2009. Da sowohl China als auch Italien Länder mit häufigen Erdbeben sind, arbeiteten sie bei diesem Projekt zusammen. Das Chinesische Amt für Seismologie unterzeichnete 2009 ein Kooperationsabkommen mit dem Istituto Nazionale di Fisica Nucleare,[6] die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas (CNSA) im November 2011 ein entsprechendes Abkommen mit der Agenzia Spaziale Italiana (ASI). Nach Genehmigung durch das Finanzministerium der Volksrepublik China und die Nationale Behörde für Wissenschaft, Technik und Industrie in der Landesverteidigung wurde das Projekt zum Bau des Experimentalsatelliten im August 2013 offiziell gestartet, und im September 2013 unterzeichneten CNSA und ASI ein diesbezügliches Memorandum.[7]
Im weiteren Verlauf schlossen sich auch das Ministerium für Bildung der Volksrepublik China, die Chinesische Akademie der Wissenschaften, die China Aerospace Science and Technology Corporation und die China Electronics Technology Group Corporation[8] sowie italienische Einrichtungen wie das Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, das Istituto Nazionale di Astrofisica und zahlreiche Universitäten dem Projekt an.[9] Mitte 2016 war ein Prototyp des Satelliten fertiggestellt und Ende Juni 2016 begann man mit dem Bau des für den Flug ins All bestimmten Exemplars. Damals – der Satellit hieß mittlerweile „Chinesischer Experimentalsatelliten zur Überwachung des elektromagnetischen Feldes“ (中国电磁监测试验卫星) bzw. China Seismo-Electromagnetic Satellite – war ein Start für Ende August 2017 vorgesehen,[10] was sich dann jedoch noch um einige Monate bis zum 2. Februar 2018 verzögerte. Am Tag des Starts verlieh die Nationale Behörde für Wissenschaft, Technik und Industrie in der Landesverteidigung dem Satelliten den Namen „Zhangheng-1“, um den Gelehrten Zhang Heng der Östlichen Han-Dynastie zu ehren,[11][12] der 132 das erste Seismoskop erfunden hatte.[13]
Zhangheng-1 wurde von der Hangtian Dong Fang Hong GmbH, einer Tochterfirma der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, auf der Basis ihres Satellitenbusses CAST 2000 gebaut. Der dreiachsenstabilisierte Satellit besitzt ein würfelförmiges Gehäuse von 1,4 × 1,4 × 1,4 m, ein ausklappbarer Solarzellenflügel mit drei Modulen liefert eine Spitzenleistung von 900 W. Die Nutzlastdaten werden über das X-Band mit einer Datenübertragungsrate von 120 Mbit/s zur Erde gefunkt. Die ursprünglich erwartete Lebensdauer des Satelliten betrug 5 Jahre.[1] Am 2. Februar 2023, fünf Jahre nach dem Start, arbeitete er jedoch immer noch einwandfrei. Ein Ende der Mission war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen.[14]
Beobachtungen haben ergeben, dass die Kopplung von Lithosphäre, den niedrigen Schichten der Atmosphäre und der Ionosphäre bis hinauf in die Magnetosphäre und den Van-Allen-Gürtel reicht. Die Forscher um Chefwissenschaftler Shen Xuhui (申旭辉, * 1965)[3] vom Institut für Spannungen in der Erdkruste (地壳应力研究所) des Chinesischen Amts für Seismologie[15] interessieren sich besonders für die Übergangszone zwischen Ionosphäre und Magnetosphäre. Ereignisse wie der Teilchenniederschlag aus dem Van-Allen-Gürtel vor, während und nach mittleren und schweren Erdbeben müssen jedoch von den durch den wesentlich größeren Einfluss der Sonne hervorgerufenen Effekten unterschieden werden. Durch Langzeitbeobachtung will man einen Zusammenhang zwischen seismischen Ereignissen wie Erdbeben oder Vulkanausbrüchen einerseits und den Störungen in der oberen Ionosphäre sowie dem Niederschlag von Van-Allen-Teilchen andererseits herstellen.[1]
Der Satellit ist mit neun Geräten zur Suche nach Veränderungen im Magnetfeld der Erde, in der Partikelzusammensetzung der Ionosphäre und Veränderungen im elektrischen Feld der Erde und in der Plasmasphäre ausgerüstet, wobei sich ein Teil der Sensoren an sechs Auslegern in einer Entfernung von mindestens 4 m vom Gehäuse des Satelliten befinden:[13]
Mit seiner Bahnneigung von 97,5° deckt Zhangheng-1 fast die ganze Erde ab, alle 5 Tage überfliegt er wieder dieselbe Stelle. Beobachtungen finden jedoch nur zwischen 65° nördlicher und südlicher magnetischer Breite statt. Hierbei werden drei Regionen mit starker seismischer Aktivität besonders intensiv untersucht:
Auch die anderen Gebiete zwischen 65° Nord und 65° Süd werden überwacht, während jenseits dieses Gürtels die Sensoren abgeschaltet werden, sodass der Satellit Bahnkorrekturmanöver durchführen kann.[1]
Die Mission des Satelliten besteht nur in Datensammlung; die Auswertung der Daten erfolgt dann im Rückblick. So konnte zum Beispiel nach dem Lombok-Erdbeben vom 5. August 2018 in Indonesien festgestellt werden, dass sich fünf Stunden vor dem Beben Veränderungen in der Ionosphäre bemerkbar machten. Als Zhangheng-1 über das Epizentrum flog, registrierten der Detektor für elektrische Felder und das Suchspulen-Magnetometer elektromagnetische Wellen mit einer Frequenz von 180 Hz und eine sich ausbreitende Plasmawelle.[22] Beim Sulawesi-Erdbeben vom 28. September 2018 zeigte die Langmuir-Sonde bereits am 19. August 2018, also mehr als einen Monat vorher, eine erhöhte Elektronendichte über der Vorbereitungszone des Bebens.[23][24]
In den ersten fünf Betriebsjahren beobachtete Zhangheng-1 weltweit 519 Erdbeben der Magnitude 6 und 57 Erdbeben mit einer Magnitude von 7 oder höher. Näher untersucht wurden die Erdbeben ab Magnitude 6 in China sowie die Erdbeben ab Magnitude 7 in der ganzen Welt. Dabei zeigte sich, dass insbesondere vor starken Beben ab Magnitude 7 deutliche Anomalien bei elektromagnetischen Wellen und Plasma zu verzeichnen waren, die umso häufiger auftraten, je näher der Zeitpunkt des Bebens kam.[14] Die von Zhangheng-1 routinemäßig gesammelten Daten werden verwendet, um die für Navigationszwecke etc. verwendeten Magnetfeldmodelle zu verbessern. Am 31. Dezember 2019 fanden die in den ersten 19 Monaten ermittelten Daten Eingang in das alle fünf Jahre aktualisierte International Geomagnetic Reference Field (IGRF-13).[25]
Eine Reihe von auf dem Pazifischen Feuerring gelegenen Ländern ist auch Mitglied in der Asia-Pacific Space Cooperation Organization. Daher beschloss man dort, die Satellitenbeobachtungen durch Daten von Observatorien auf dem Boden zu ergänzen. Daraus entstand 2019 das APSCO Earthquake Research Project.[26] Das erste Magnetometer wurde nach baulichen Vorarbeiten am 7. März 2023 auf dem Sonmiani Flight Test Range der pakistanischen Space and Upper Atmosphere Research Commission an der Küste von Belutschistan installiert. Von dort werden die Daten des Magnetometers über eine sichere Leitung an das geomagnetische Observatorium in Karatschi geschickt, heute ein Teil des Pakistan Space Weather Centre,[27] wo sie analysiert und archiviert werden.[28]
Am 21. Mai 2023 um 08:00 Uhr UTC wurden die beiden Forschungssatelliten Macau Kexue 1A und Macau Kexue 1B mit einer Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 2C vom Kosmodrom Jiuquan in eine nur wenig zum Äquator geneigte Umlaufbahn gebracht.[29] Hierbei handelt es sich um ein von der Nationalen Raumfahrtbehörde Chinas gemeinsam mit der Regierung der Sonderverwaltungszone Macau durchgeführtes Projekt; die Leitung liegt beim Zentrum für Erdbeobachtung und Daten der Nationalen Raumfahrtbehörde. Die Gehäuse der beiden Satelliten wurden von der Hangtian Dong Fang Hong GmbH, einer Tochterfirma der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, gemeinsam mit der Polytechnischen Universität Nordwestchinas entwickelt und gebaut, die wissenschaftlichen Instrumente kamen von der Universität für Wissenschaft und Technik Macau (澳门科技大学).[30]
Die beiden Satelliten fliegen in einer Formation, angeführt von Macau Kexue 1A, dem Macau Kexue 1B in einem gewissen Abstand folgt.[29] Auf Macau Kexue 1A befinden sich ein hochauflösendes Vektor-Magnetometer und ein Skalar-Magnetometer, während Macau Kexue 1B hochenergetische Teilchen und die von der Sonne kommende Röntgenstrahlung misst. Durch ihre nur schwach zum Äquator geneigte Umlaufbahn ergänzen die beiden Satelliten die Messungen von CSES in seiner senkrecht zum Äquator stehenden Bahn, wobei die Forscher unter anderem an der Südatlantischen Anomalie des Erdmagnetfelds interessiert sind, die bei 40° westlicher Länge und 30° südlicher Breite vor der Küste Brasiliens liegt. Weitere Forschungsschwerpunkte sind das Magnetfeld der Lithosphäre, der Ursprung des Erdmagnetfelds sowie Weltraumwettervorhersage und geomagnetische Navigation. Die Daten der Satelliten werden bei der Polytechnischen Universität Nordwestchinas empfangen, bei der Universität für Wissenschaft und Technik Macau verarbeitet und dann dem Zentrum für Erdbeobachtung und Daten der Nationalen Raumfahrtbehörde zur Verfügung gestellt.[30] Nach einer halbjährigen Testphase nahmen die beiden Satelliten am 28. November 2023 den Regelbetrieb auf.[31]
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