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Textgattung: Buch, das Anleitung zum Briefeschreiben gibt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Briefsteller war ursprünglich die Bezeichnung für eine Person, die im Auftrag anderer Personen deren Briefe schrieb. Dann wurde das Wort als Titel für solche Bücher übernommen, die Anleitungen zum Briefeschreiben sowie Musterbriefe enthielten.[1] Diese Textgattung entstand bereits im 15. Jahrhundert und sie gewann vor allem im 17. und 18. Jahrhundert eine hohe Bedeutung.[2]
Stärker als im Französischen und im Englischen wurde im deutschen Sprachraum das Titulaturwesen gepflegt (Johann Leonhard Rosts Briefsteller von 1713 bietet eingehende Beobachtungen hierzu, sowie einen Überblick über den Markt). Personen mussten nach Stand korrekt adressiert und angesprochen werden. Diese Tradition ist heute fast nur noch im Wissenschaftsbetrieb und in der Kirche spürbar (mit Anreden wie Spectabilis für den Dekan einer Universität).
Jenseits der Titulatur galt es, die Briefe nach unterschiedlichen Aufgaben wie z. B. Bewerbungsschreiben, Vorstellungsschreiben, Suppliquen (Bittbriefe) usw. zu kategorisieren, die dann wiederum nach Anlass und Ansprechpartner unterschiedlich formuliert sein mussten. Schließlich war im Brief die korrekte Abfolge der Schritte zu beachten: Eröffnung, das Vorbringen des Anliegens in seinen jeweiligen Punkten und so fort.
Ende des 17. Jahrhunderts wurde mit dem Aufkommen der galanten Conduite die Produktion an Briefstellern zu einem Moden unterworfenen und ebenso Moden schaffenden Geschäft. Die führenden Romanautoren gaben nacheinander von August Bohse über Christian Friedrich Hunold zu Johann Leonhard Rost Briefsteller heraus, in denen sie als Meister des aktuellen Stils den Markt nutzten. August Bohse lebte in den 1680er und 1690er Jahren von Kursen, die er neben seinen Publikationen anbot. Den Vorrang errang jedoch Hunold alias Menantes mit Briefstellern, die in den ersten beiden Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts einige Modifikationen erfuhren und in den ersten Ausgaben die Kundschaft reizten, da der Autor unter den „vermischten Briefen“ auch solche einstreute, die er selbst geschrieben oder erhalten hatte, was Interessenten erste Einblicke in das Leben des skandalumwitterten Roman- und Opernautors bot. Rost alias Meletaon beschränkte sich in der Konkurrenz mit seinen beiden Titeln 1713 und 1716 auf die praktischere und grundlegendere Unterrichtung, hier sind rückblickend betrachtet vor allem die Einleitungen des Buches von 1713 interessant.
Das Genre geriet Mitte des 18. Jahrhunderts wieder aus der Mode. Anleitungen zu Briefen und den nötigen Formalien mussten und müssen dessen ungeachtet nach wie vor gegeben werden und finden sich noch immer in Etiketteratgebern wie in Büchern, die für spezifische Lebenssituationen Anleitungen geben – ein breiter Markt an Ratgeberbüchern gibt heute Muster perfekter Bewerbungsmappen und Anschreiben. Eigene Kurse bieten Unterricht auf dem Gebiet an. Das Wort Briefsteller wurde der Gattungsbegriff für die untergegangene Produktion, in der strenge Formalien galten, während in der heutigen Konkurrenzsituation vor allem der Eindruck der (Selbst-)Darstellung zählt.
Chronologische Reihenfolge:
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