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Bauverfahren im Tiefbau Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Bodenvereisung oder Baugrundvereisung ist ein Bauverfahren im Tiefbau, bei dem der Boden durch künstliches Gefrieren des Bodenwassers verfestigt und wasserundurchlässig gemacht wird. Der entstehende Frostkörper verleiht der Baugrube ein gewisses Maß an Stabilität und schützt sie vor Wasserzutritt, bis diese Funktionen vom Bauwerk selbst übernommen werden können.
Um den Boden zu gefrieren, werden Gefrierrohre in den Boden eingesetzt. Durch die Gefrierrohre strömt ein Kälteträger, der dem umgebenden Boden die Wärme entzieht. Dadurch entstehen um die Gefrierrohre zylinderförmige Frostkörper, die sich mit den Gefrierkörpern der benachbarten Gefrierrohre zu gefrorenen Kubaturen verbinden. Erforderlich sind genaue Vereisungsbohrungen und leistungsstarke Vereisungsaggregate. Voraussetzung für die Anwendung dieses Verfahrens ist ein ausreichend hoher Wassergehalt des Bodens und keine zu hohen Grundwassergeschwindigkeiten (bis etwa 4 Meter pro Tag bei Sole, bis etwa 11 Meter pro Tag bei Stickstoff).
Der gefrorene Bodenkörper weist in bindigen Böden (vgl. Baugrund) eine Druckfestigkeit zwischen 0,6 und 0,8 MN/m2, in nicht bindigen Böden zwischen 1,2 und 1,5 MN/m2 auf, wobei die Festigkeit mit fallenden Temperaturen des Frostkörpers zunimmt und dabei auch weit größere Festigkeiten aufweisen kann. Üblicherweise wird bei Vereisungen von einer durchschnittlichen Temperatur des Frostkörpers von −10 °C bis −20 °C ausgegangen. Beim Gefriervorgang kann es zu unerwünschten Hebungen kommen, bei Auftauen des Frostkörpers zu Setzungen.
Es können zwei unterschiedliche Vereisungsverfahren eingesetzt werden:
Mitunter werden auch beide Verfahrensarten miteinander kombiniert: Erst wird der Frostkörper mittels Stickstoffvereisung in relativ kurzer Zeit aufgebaut, die Aufrechterhaltung des Gefrierkörpers übernimmt anschließend die (kostengünstigere) Solevereisung.
Ein Beispiel für eine großflächige Baugrundvereisung war der U-Bahn-Bau unter dem Wiener Donaukanal nach dem Neuen Österreichischen Tunnelbauprinzip. Die Baugrundvereisung hatte folgende Zielsetzungen: Dichtung des Ausbruchsquerschnittes gegenüber dem Grundwasser, dem Donaukanal und gegen unbekannte Wegigkeiten des Wassers, hervorgerufen z. B. durch Sandlinsen, nicht verdämmte alte Aufschlüsse oder Wasserwege entlang der Holzpfähle der Schleuseninsel, der Sohlbefestigung der Kaiserbadschleuse und des linken Vorkais. Aufbau eines temporären Hilfsgewölbes in Längs- und Querrichtung, um den Ausbruchsquerschnitt sicher herstellen zu können.
Die Kälte wird in einem geschlossenen Kreisprozess erzeugt. Drei Kreisläufe lassen sich dabei unterscheiden:
Da dies ein geschlossenes System ist und daher weder Kälteträger noch Kältemittel verbraucht werden, bietet es sich vor allem für größere und länger andauernde Bauvorhaben an. Zu beachten sind die lange Vorlaufzeit (bis zu sechs Wochen und länger), die benötigt wird, bis der Frostkörper die erforderliche Größe erreicht hat, und die dauernd nötige Energiezufuhr. Beim Aufbau des Frostkörpers wird ständig Energie zur Aufrechterhaltung des Kältemittelkreislaufs benötigt. Wenn der Gefriervorgang beendet ist, funktioniert die Aufrechterhaltung des Frostkörpers über intermittierende Energieabfuhr. Dabei wird über zusätzlich zu den Gefrierrohren eingebrachte Temperaturfühler im Boden die Temperatur des Gefrierkörpers kontinuierlich gemessen und nur bei Bedarf automatisch Wärme entzogen.
Bei frostgefährdeten bindigen Böden besteht bei langsamen Gefriervorgängen die Gefahr der Eislinsenbildung (vgl. Eislinse) und den damit verbundenen unerwünschten Hebungen des Bodens. Bei solchen Böden empfiehlt sich die Anwendung von flüssigem Stickstoff, da hier der Gefriervorgang wesentlich schneller und bei sehr viel tieferen Temperaturen abläuft.
Bei diesem offenen Verfahren wird flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von −196 °C in Gefrierlanzen geleitet. In den Gefrierlanzen verdampft der Stickstoff und entzieht dem umgebenden Boden seine Wärme. Die tiefe Temperatur führt zu einem großen Temperaturgradienten und gefriert dabei das Bodenwasser sehr schnell. Der Stickstoff kann nicht erneut eingesetzt werden und entweicht in die Atmosphäre.
In einer seltenen Variante kann der flüssige Stickstoff auch mittels perforierten Lanzen in direkten Kontakt mit dem umgebenden Boden gebracht werden.
Da der Stickstoff hierbei ein Verbrauchsgut ist, wird er nach Bedarf in hochisolierten Tankwagen nachgeliefert und in ebenfalls hochisolierten doppelwandigen Tanks zwischengelagert. Das Verfahren ist aus wirtschaftlichen Gründen insbesondere für kurzfristige und schnelle Vereisungen (bis zu einer Aufrechterhaltungszeit von etwa 3 Monaten) geeignet. Die Vorlaufzeiten bis zum Erreichen des gewünschten Frostkörperumfangs sind um einiges geringer als bei der Solevereisung (Dauer: etwa eine Woche), und das Verfahren ist sowohl in frostempfindlichen Böden als auch bei höheren Grundwassergeschwindigkeiten (bis zu etwa 11 Meter pro Tag) anwendbar.
Flüssiger Stickstoff fällt als Koppelprodukt der Luftverflüssigung (ein Verfahren, das die Hauptquelle technischer Gase wie Argon oder Xenon darstellt) an. Stickstoff ist chemisch quasi inert, ungiftig und kann gefahrlos in die Umwelt abgegeben werden. Allerdings muss in geschlossenen Räumen, wie sie durchaus im Tunnelbau vorkommen können, Sorge getragen werden, dass der Stickstoff nicht den Sauerstoff verdrängt.
Die Durchführung einer Bodenvereisung bietet sich unter anderem in folgenden Fällen an:
Auch im Bergbau, beim Abteufen von Schächten, wird mit künstlicher Vereisung gearbeitet. Man spricht dann vom Gefrierschachtverfahren.
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