Loading AI tools
Gefängnisse, die von den USA betrieben werden und offiziell nicht existieren. Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Begriff Black Sites (deutsch: „schwarze Anlagen“) bezeichnet geheime Gefängnisse, die von den USA betrieben werden, aber außerhalb deren Staatsgebiet liegen und offiziell nicht existieren. Der Begriff wurde von den US-Geheimdiensten und später nach dem öffentlichen Bekanntwerden dieser Einrichtungen auch in der Berichterstattung übernommen. Die USA betrieben auf Diego Garcia ein geheimes Gefängnis, bis dessen Existenz 2003 offenkundig wurde. Amnesty International warf den USA 2002 vor, neben bekannten, aber rechtlich bedenklichen Einrichtungen wie dem Gefangenenlager Guantanamo, ein weltweites Netz von geheimen Gefängnissen und Lagern zu betreiben, in denen Personen zum Teil rechtswidrig festgehalten und gefoltert werden.[1][2]
Internationale Organisationen wie die UN und mehrere nationale Regierungen haben die Schließung dieser Einrichtungen gefordert. Am 22. Januar 2009 ordnete Präsident Barack Obama mit sofortiger Wirkung die Schließung aller CIA-Geheimgefängnisse an[3][4] und erließ eine Durchführungsverordnung zur Sicherstellung rechtmäßiger Vernehmungen.[5] Die CIA bleibt aber weiterhin vom Präsidenten autorisiert, Terrorverdächtige im Geheimen zu entführen und sie in Gefängnisse von Ländern zu verfrachten, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten (Extraordinary rendition).[6]
Etwa ab dem 11. September 2001 änderte die CIA ihre Strategie, entführte Personen in die USA zu überführen, und ließ sie stattdessen außer Landes festhalten und verhören.
Nach einem Bericht der Washington Post[45][46] unterhält der US-Geheimdienst CIA mehrere Geheimgefängnisse für hochrangige Terrorverdächtige in Osteuropa und Asien. Zu den Standorten des verborgenen Gefängnissystems wurden neben Thailand und Afghanistan auch „mehrere Demokratien in Osteuropa“ genannt. Die Namen der osteuropäischen Länder hielt die Zeitung nach eigenen Angaben auf Bitten von US-Vertretern zurück. Diese fürchteten demnach, dass es nach einem Bekanntwerden der Gefängnisstandorte zu Anschlagsversuchen kommen könnte. Ein durch das Abhörsystem Onyx des Schweizer Auslandsgeheimdienstes abgefangenes Fax,[47] das an die Presse gelangte, gilt als weiterer Anhaltspunkt für Geheimgefängnisse in Europa. Nach dem Inhalt des von der ägyptischen Botschaft versendeten Papiers sind 23 Personen in einem Geheimgefängnis in Rumänien inhaftiert. Weitere Anlagen, die diesem Zweck dienen, befänden sich in der Ukraine, dem Kosovo, Bulgarien und Nordmazedonien. Auch Polen und Tschechien kamen als mögliche Standorte der geheimen Gefängnisse ins Gespräch.[48] Des Weiteren hat laut ZDF die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den rumänischen Flughafen Constanța als möglichen Standort eines Geheimgefängnisses genannt. Unterdessen will der Europarat mittels Satellitenbildern mögliche Geheimgefängnisse ausfindig machen. Im November 2005 wurde bekannt, dass die Rhein-Main Air Base ein Drehpunkt von Gefangenentransporten war. Mittlerweile wurde bekannt, dass in Deutschland insgesamt 437 Flüge[49] den Jets zuzuordnen sind, die die CIA zum Transport von Gefangenen verwendet hat. Diese wurden über die US Navy von zivilen Firmen gechartert und als Business-Flüge getarnt.[50] Während dieser fanden in den Maschinen vom Typ Hercules auch Verhöre statt.[51]
Am 19. November 2009 veröffentlichte die Washington Post einen Artikel über ein CIA-Lager beim Reithof Antaviliai, der etwa 25 Kilometer von Vilnius entfernt liegt und vermutlich in den Jahren 2004 bis Ende 2005 von der CIA als geheimes Gefängnis genutzt wurde.[52] Im März 2004 sei das Gelände von der US-Firma Elite LLC gekauft worden. Diese Firma war im US-Staat Delaware, in Panama und in Washington, D.C. registriert.[53] Alleiniger Aktionär dieser Firma sei die Star Finance Group and Holdings Inc. gewesen, die ihren Sitz in Panama hatte. Im Jahre 2007 wurde das Gelände wieder an die Regierung von Litauen verkauft.
Ein früherer Angehöriger des litauischen Geheimdienstes, Domas Grigaliunas, gab nähere Angaben zur Nutzung des Geländes und bestätigte, dass im litauischen Geheimdienst bekannt gewesen sei, dass ein US-Geheimdienst der Auftraggeber für den Bau des Lagers gewesen sei. Im November hatte der US-Sender ABC berichtet, dass in dem Lager acht Gefangene festgehalten wurden. Die litauische Regierung setzte eine Untersuchungskommission ein, die die Umstände um das Lager bis zum 22. Dezember 2009 in einem Bericht klären soll.[54]
Der frühere Präsident Litauens, Rolandas Paksas, sagte vor dem Parlamentsausschuss aus, dass er vom litauischen Chef des Geheimdienstes die Information über eine Beteiligung Litauens an einem geheimen Programm nach dem Frühjahr 2004 zum Transport von Verdächtigen erhalten hatte. Nach den Aussagen der ehemaligen Präsidenten Valdas Adamkus, Ailgirdas Brazauskas und Rolandas Paksas gab es in Litauen zwei Gefängnisse mit den Namen Projekt Nr. 1 und Projekt Nr. 2. Das erste Projekt lag nach veröffentlichten Artikeln in Vilnius und wurde nie mit Gefangenen belegt. Das zweite Projekt sei der Reiterhof Antaviliai gewesen. Es seien zwar Flüge und Transporte der CIA nach Litauen nachweisbar, über den konkreten Transport von Gefangenen gebe es aber keine Nachweise, da die Transporte nicht von litauischen Behörden kontrolliert wurden.[55]
Am 27. Oktober 2011 reichte Abu Subeida beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage gegen Litauen in der Sache ein.[56]
Auf diese Medienberichte hin hat sich nun die EU-Kommission eingeschaltet. Man werde die Berichte prüfen, versicherte ein Sprecher von EU-Justizkommissar Franco Frattini in Brüssel. Dabei handle es sich um eine „heikle Angelegenheit“, denn die EU habe keine direkten Zuständigkeitskompetenzen in diesem Bereich. Der US-Senat hatte sich aufgrund dieser Berichte eingeschaltet und forderte Aufklärung über geheime Gefängnisse der CIA im Ausland.[57] Am 28. November 2005 teilte die US-Regierung mit, dass sie gegenüber Vertretern aus Europa Stellung zu Fragen bezüglich der vermuteten Praxis nehmen wolle. Dies geschah, nachdem der britische Außenminister Straw im Namen all seiner EU-Kollegen förmlich und offiziell in Washington anfragte.
Der BND, das BKA und das BfV sollen nach Medienberichten auf diversen Ebenen am System der Geheimgefängnisse beteiligt gewesen sein. Die Behörden sollen Namen mutmaßlicher Terroristen und weiteres durch Abhörmaßnahmen gewonnenes Material an die CIA weitergegeben haben. Des Weiteren habe das BKA nicht nur Kenntnis von Geheimgefängnissen, sondern habe in ihnen auch Befragungen durchgeführt; so geschehen unter anderem bei Murat Kurnaz in Guantánamo und bei Muhammad Haidar Zammar in Syrien.[64] Auch Khaled al-Masri unterstellt einem seiner Peiniger in Afghanistan, Mitarbeiter des BND zu sein. Zumindest legen Berichte nahe, dass die Fragen vom BND geliefert wurden.[65] Diese Umstände sind der deutschen Politik nicht nur bekannt, sondern die Verwendung von unter Folter gewonnenen Erkenntnissen wird z. B. von Wolfgang Schäuble (CDU) vehement verteidigt.[64] Dass durch deutsche Agenten ein Verhör auf Guantánamo durchgeführt wurde, ist auch öffentlich bestätigt worden.[66] Auch wurde eingeräumt, dass das KSK Black Sites schütze.[67]
Im Falle des Deutschen Reda Seyam hat das BKA jedoch durch eine Überführung der Person nach Deutschland eine Entführung durch die CIA verhindern können. Er war zuvor schon in indonesischem Gewahrsam von Amerikanern verhört worden.[68] Von Protesten gegen die Inhaftierung deutscher Bürger oder diplomatischer Bemühungen, diese zu befreien, ist jedoch nichts bekannt. Ebenfalls wurde auf das Einleiten rechtlicher Schritte verzichtet.
Das Einrichten eines Untersuchungsausschusses, der die Beteiligung des BND näher beleuchten sollte, scheiterte vorerst daran, dass man im Bundestag nicht die erforderliche Anzahl von 25 % der Stimmen zusammenbekam.[69] Im zweiten Anlauf brachten die Oppositionsparteien (FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke) im Bundestag am 15. März 2006 die erforderliche Anzahl der Stimmen auf.
Am 12. August 2009 wurde über einen Bericht der New York Times bekannt, dass die Planung von Black Sites in Marokko, Rumänien und einer nicht näher genannten Stadt im ehemaligen Ostblock von einer CIA-Versorgungsbasis in Frankfurt am Main aus koordiniert wurde.[70] Der damalige für die Planung verantwortliche Leiter der Frankfurter CIA-Niederlassung, Kyle D. Foggo, wurde 2008 von einem US-amerikanischen Gericht der Korruption schuldig gesprochen. Für den Bau und die Ausstattung der Geheimgefängnisse verschaffte er einem Freund, Brent R. Wilkes, Aufträge der CIA. Im Gegenzug gab Wilkes Foggo unter anderem die Aussicht auf eine hoch bezahlte Position in einer seiner Firmen.[71]
Ein Großteil der Inhaftierten (interner Terminus: „ghost detainees“, deutsch „Geisterhäftlinge“) wurde während des Afghanistan-Krieges aufgegriffen, die ihnen nach den Genfer Konventionen zustehende Rechte wurden jedoch verwehrt. Viele wurden über das Kriegsende hinaus festgehalten. Nach Kriegsende kam es außerdem weltweit zu Verhaftungen von Personen, die als Verdächtige auf CIA-Fahndungslisten standen, unter ihnen auch viele Minderjährige. Teilweise beharrt die US-Regierung, trotz anders lautender vorliegender Geburtsurkunden, auf der Volljährigkeit der Inhaftierten, um sich der Kritik von Menschenrechtsorganisationen zu entziehen.
Nachforschungen der EU haben ergeben, dass alleine in Europa mindestens 100 Personen verschleppt wurden.[72] Oft wussten die jeweiligen europäischen Staaten von den Vorgängen oder haben die Entführungen sogar unterstützt. Wie viele der geschätzten 3000 zumindest nicht rechtgemäß festgehaltenen Personen durch Entführungen und nicht im Rahmen von Kampfhandlungen aufgegriffen wurden, ist unklar. Europäische Staaten, in denen Verschleppungen nachweislich stattgefunden haben, sind neben Italien auch Mazedonien und Schweden. In den USA ist auch die Entführung eines kanadischen Bürgers dokumentiert.
In Afghanistan „jagen“ Marines zusammen mit Milizen der lokalen Warlords mutmaßliche Anhänger der Taliban. In der Praxis setzen die Stammesfürsten die Kontrollen eher als Schikanen gegen Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen ein, die festgenommen und verschleppt werden. Die Gefangenen werden missbraucht und bezüglich aller Regeln des Islams entehrt. So müssen sie sich beispielsweise entkleiden und werden nackt photographiert, dabei werden mitunter Gegenstände in den Anus eingeführt und Geschlechtsteile berührt. Jedem Häftling wird eine Nummer mit Datenblatt zugewiesen, bei konkretem Verdacht kann ein Weitertransport nach Guantánamo erfolgen. Auch Entführten, die nach einigen Tagen von den Marines freigelassen werden, wird mit der Internierung in Geheimgefängnissen gedroht.
Bezüglich des Vorgehens der Marines wurden zwei bislang ergebnislose Ermittlungsverfahren eingeleitet. Weiterhin ist problematisch, dass die US-Regierung ein Kopfgeld für jeden mutmaßlichen Terroristen zahlte, so dass auch viele Unschuldige auf Verdacht verschleppt wurden.
(ursprünglich ca. 3.000 – inzwischen noch 1.000 (450 davon in Guantánamo))
Name | Staatsangehörigkeit | Verschleppt in | Haftort | Haftdauer, Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
Ramzi bin asch-Schaiba | Jemen | Pakistan | unbekannt | |
Ahmed Agiza | Ägypten | Schweden | 25 Jahre Haft | |
Hassan Mustafa Osama Nasr | Ägypten | Italien | Ägypten | |
Muhammad Haidar Zammar | Deutschland | Marokko | Syrien | freigelassen, im Zuge eines Gefangenenaustauschs |
Murat Kurnaz | Türkei, aufgewachsen in Deutschland | Pakistan | Guantánamo | nach Jahren freigelassen – unschuldig |
Ibn al-Scheich al-Libi | Libyen | Pakistan | unbekannt | |
Zacarias Moussaoui | Frankreich | USA | lebenslänglich | |
Ahmed Quddus | Pakistan | Pakistan | unbekannt | |
Chalid Scheich Mohammed | Pakistan | Pakistan | unbekannt | |
John Walker Lindh | USA | Afghanistan | 20 Jahre Haft | |
Sami Al-Haj | Sudan | Pakistan | Guantánamo | entlassen |
Mohammed al Zery | Ägypten | Schweden | entlassen | |
Sulayman al Bahlul | Jemen | Guantánamo | ||
Salim Ahmed Hamdan → Hamdan v. Rumsfeld | Jemen | Afghanistan | Guantánamo | |
David Matthew Hicks | Australien | Afghanistan | Guantánamo | |
Ibrahim Ahmed Mahmud al Kosi | Sudan | Afghanistan | Guantánamo | |
Khaled al-Masri | Deutschland | Mazedonien | unschuldig | |
Jamal al Harith | Großbritannien | Afghanistan | unschuldig | |
Maher Arar | Kanada | USA | unschuldig |
Flüge von staatlichen Organisationen müssen zumindest in Europa als solche angemeldet werden. Um bei Transporten von Gefangenen nicht mit dem zeitnahen Verschwinden von Personen in Verbindung gebracht zu werden, beschloss die CIA die durchgeführten Flüge als Geschäftsflüge zu deklarieren. Die dafür verwendeten Flugzeuge wurden über die US-Marine von privaten oder Scheinfirmen gechartert und letztlich von der CIA genutzt. Auch soll die CIA eigene Fluggesellschaften als Tarnunternehmen besitzen wie „Tepper Aviation“, „Pegasus Technologies“, „Premier Executive Transport Services“, „Crestview Aerospace Corporation“ und „Aero Contractors“. Von den 41 Maschinen konnten jedoch nur vieren ohne größere Zweifel Transporte von Gefangenen zugerechnet werden.
Um den Gefangenen Rechte, die ihnen nach US-Gesetzen zustehen, vorenthalten zu können, befinden sich die Einrichtungen nicht auf US-Boden. Da es sich bei im Ausland gelegenen Militärbasen nicht um US-Boden handelt, muss man die hier festgehaltenen Personen, nach der Interpretation einiger Juristen, auch nicht nach US-Recht behandeln. Somit hält man die Gefangenen ohne Kontakt zur Außenwelt oder Zugang zu rechtlichen Mitteln unbefristet fest. Noch heute sind mehr als 280 Gefangene auf Guantánamo interniert. Früh kam auch an die Öffentlichkeit, dass sich auf Diego Garcia ein Lager befunden haben soll. Auf diversen weiteren US-Basen werden oder wurden auch Personen festgehalten. Am bekanntesten sind „salt pit“ und „dark prison“. In Europa sind die Standorte des „Szymany airports“ in Polen, der Flughafen „Mihail Kogălniceanu“ in Rumänien und das „Camp Bondsteele“ im Kosovo im Gespräch. Die Menschenrechtsorganisation Reprieve schätzt die Anzahl der in von den USA betriebenen Geheimgefängnissen festgehaltenen Personen auf 27.000.[78]
Einen ersten Einblick in den Umgang mit Gefangenen in US-Geheimgefängnissen erhielt die Weltöffentlichkeit schon mit der Aufdeckung des Abu-Ghuraib-Gefängnisses. Hierbei ist jedoch unklar, ob die berichteten Zustände der Regel entsprechen, da aufgrund unzureichender Personalkapazitäten ungeschultes Personal eingesetzt wurde. Anhand von Berichten[79] wie von dem aufgrund einer Verwechselung entführten deutschen Staatsbürger Khaled al-Masri kann man jedoch ein grobes Bild skizzieren. Den Häftlingen wird keine Möglichkeit gegeben, die Außenwelt zu kontaktieren. Abgesehen davon, dass man ihnen meist nicht mitteilt, weswegen sie festgehalten werden, sind sie von jedem Rechtsweg abgeschnitten.
Die Behandlung durch die Wärter ist von Schlägen und Tritten begleitet. Nahrung und Wasser wird den Gefangenen meist verdorben oder teilweise ungenießbar vorgesetzt. Das Ausüben der Religion wird durch das Vorenthalten von Gebetbüchern[80] und durch andere Maßnahmen erschwert. Einem Häftling sei auch der Mund zugeklebt worden, weil er betete. Sanitäre Anlagen sind nicht immer Bestandteil der Käfige, in denen die Personen festgehalten werden. Demütigungen und Erniedrigungen sind Grundbestandteil der Behandlung. Nach Berichten des 5 Jahre unschuldig inhaftierten Murat Kurnaz war in dem Gefangenenlager auf Guantánamo Folter an der Tagesordnung. Auch bestand die Nahrung hauptsächlich aus Tomaten und Reis. Damit zumindest einige wenige sich satt essen konnten, fastete man in regelmäßigen Abständen; die Gefangenen wechselten sich in regelmäßigen Abständen ab. Ebenfalls seien die Zellen andauernd durch Neon-Lichter beleuchtet gewesen, um den Häftlingen den Schlaf zu erschweren.
In Camp Nama, einem ehemaligen Folterkeller Saddam Husseins, der von der DIA (Geheimdienst des US-Militärs) genutzt wurde, war die Mentalität der Agenten erkennbar. Ein Schild mit der Aufschrift „Kein Blut – kein Regelverstoß“ zeigt die Grenzen auf. So wurde hauptsächlich Folter angewendet, die keine dauerhaften physischen Folgen hat, wozu man mit stumpfen Gegenständen wie Gewehrkolben schlug. Gefangene wurden auch als Zielscheiben für Schießübungen mit Paint-Ball-Kugeln missbraucht. Die Task Force 6-26 betrieb die Einrichtung unweit des Flughafens von Bagdad auch nach dem Abu-Ghuraib-Skandal weiter und unterlag dabei nach Berichten der New York Times keiner politischen Kontrolle. Selbst CIA-Agenten wurde empfohlen, während Verhören nicht persönlich anwesend zu sein.
Einen Einblick in den Alltag und die Aufgaben eines Wärters von Internierungslagern gewährte Sean D. Baker. Der Kriegsveteran folterte und beaufsichtigte Häftlinge in Camp Delta auf Guantánamo. Wie schon bekannt, sind die Aufseher maßgeblich bei der Vorbereitung der Gefangenen auf die Verhöre beteiligt. So sei es üblich gewesen, die Gefangenen vom Schlafen abzuhalten. Dies tat man z. B. dadurch, dass zwei Gruppen von Wärtern sich jede Viertelstunde dabei abwechselten, einen Häftling auf dem Hof auf und ab zu führen. Diese Prozedur wurde über die ganze Nacht ausgedehnt, sodass der Internierte bei den Verhören erschöpft war. Auch war es üblich, Personen in Klimakammern stundenlang ohne Schutz großer Hitze oder Kälte auszusetzen. Am effektivsten sei es aber gewesen, Prostituierte auf die Häftlinge anzusetzen. Um der Beschmutzung zu entgehen, wurden hier die meisten strenggläubigen Moslems schnell redselig. Sean Baker gab an, bei diesen Maßnahmen selbst beteiligt gewesen zu sein, und dass er niemals an der Rechtmäßigkeit der Behandlungen zweifelte. Im Gegenteil, es sei eine Ehre für ihn, den Vereinigten Staaten auf diese Weise dienen zu dürfen. Zu den Verhören selbst konnte Baker keine Angaben machen, da er als Wärter die Gefangenen nur zum Verhörgebäude brachte, wo sie von CIA-Agenten übernommen wurden. Schreie von den Personen hat er während der Verhöre oft vernommen. Wenn er sie zurück in ihre Zellen bringen musste, waren sie meist völlig verstört, zitterten am ganzen Körper oder waren nicht mehr im Stande, zu gehen. In solchen Fällen habe er sie dann zurück in die Zellen getragen. Des Weiteren gehöre es zu den Aufgaben der Wärter, Selbstmorde zu verhindern. Alleine während seiner Schichten habe es mehr als 50 Selbstmordversuche gegeben, bei denen er teilweise persönlich die Internierten von den Stricken schnitt. Sean Baker spielte bei einer Übung einen Internierten. Die Wärter schlugen auf ihn ein und auch nachdem er das Codewort und seine wahre Identität kundgetan hatte, hörten sie nicht auf. Erst als durch die Tritte und Schläge sein oranger Overall zerrissen wurde und die Uniform darunter zum Vorschein kam, stellten sie die Misshandlungen ein. Aufgrund schwerer Kopfverletzungen bezieht er heute eine Invalidenrente und ist geschädigt.
Um den Willen von Personen möglichst schnell zu brechen, wird eine auf ihre Person individuell ausgerichtete Behandlung durchgeführt. Die verwendeten Techniken sind überwiegend der weißen Folter zuzuordnen.
Laut einem vertraulichen Bericht des Roten Kreuzes aus dem Jahr 2007 wurde bei der Misshandlung von Terrorverdächtigen regelmäßig medizinisches Personal eingesetzt. Die Mediziner dienten dabei als Beobachter und als Akteure zur Dosierung der Intensität der Misshandlungen.[82] Nach einem Bericht des „New England Journal of Medicine“ sind US-Ärzte an der Entwicklung effektiverer Foltertechniken beteiligt.[83]
Nach einem Artikel des „Spiegel“ weigern sich inzwischen jedoch Ärzte und Psychiater, sich weiterhin an diesen menschenverachtenden Treiben zu beteiligen. Die Lücke wird von Psychologen ausgefüllt, deren Dachverband, die „American Psychological Association“, ihre Beteiligung durch die nationale Sicherheit rechtfertigt. Manche Mitglieder haben daraufhin ihre Beitragszahlungen eingestellt, mit Austritt gedroht und eine Online-Petition zur Beendigung der Kooperation mit dem Militär gestartet.[84]
Falls man durch die in US-Gefängnissen angewendeten Methoden nicht die gewünschten Ergebnisse erhält, ist auch die Überstellung der Gefangenen in Gefängnisse befreundeter Geheimdienste, die härtere Methoden anwenden, nicht unüblich. Namentlich sind dies Länder wie Syrien, Jordanien und Usbekistan. Aussage der US-Regierung hierzu ist, dass die Personen nach den Gesetzen des Landes behandelt würden. Aus der Perspektive der Opfer sieht das so aus; „[…] er sei an den Genitalien mit Elektroschocks gefoltert und an Armen und Beinen aufgehängt worden, und in seiner Zelle habe kniehoch schmutziges Wasser gestanden. Zwei andere Verdächtige, die in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden waren, wurden hingerichtet […] Er wisse auch von zwei Fällen, in denen Häftlinge zu Tode gekocht worden seien.“.[85]
Als Reaktion auf die inhumanen und unzumutbaren Zustände innerhalb der Geheimgefängnisse protestieren die Inhaftierten überwiegend durch Hungerstreiks und Selbstmordversuche. Wenn man Nachrichtenmeldungen verfolgt, scheint die Anzahl derer, die die Nahrungsaufnahme verweigern, zwischen einem Fünftel und der Hälfte der Gefangenen zu schwanken. Einige wenige befinden sich auch schon seit Jahren im Hungerstreik. Zwangsernährung ist somit ein gängiges Mittel, um die betreffenden Personen am Leben zu halten. Auch Selbstmorde sind allgegenwärtig, bereits in den ersten sechs Monaten versuchten 32 Häftlinge, sich ihr Leben zu nehmen. Die US-Regierung versucht dies zu vertuschen, indem sie in den Statistiken die Selbstmordversuche nicht mehr als Selbstmordversuche, sondern „selbstverletzendes Verhalten“ aufführt. Teilweise werden Selbstmordversuche auch erst nach mehrjähriger Verzögerung bestätigt. Die erhöhte Suizidbereitschaft geht mit den angewandten Foltermethoden einher, die diese, genau wie Depressionen, hervorrufen. Reuters berichtete von einem Tag, an dem sich vier Personen umbringen wollten. Drei verwendeten Medikamente, die sie zuvor gehortet hatten. Der vierte versuchte, sich in einer Gemeinschaftszelle zu erhängen. Als die Wärter den Sterbenden abnehmen wollten, griffen die Zellengenossen die Aufseher mit Ventilatoren und Lampen an. Letztendlich konnte aber das Leben von allen gerettet werden. Erste erfolgreiche Selbstmordversuche kamen am 11. Juni 2006 an die Öffentlichkeit, demnach haben sich drei aus dem Jemen und Saudi-Arabien stammende Häftlinge erhängt. Das Militär interpretiert dies als „kriegerischen Akt gegen die USA“. Ein tragischer Umstand ist, dass die drei Unwissenden kurz vor der Entlassung standen. Es wurde nie Anklage erhoben. Zuvor hatten sie sich schon an Hungerstreiks beteiligt.
Am 30. Mai 2007 wurde der 34-jährige Saudi-Araber Abdul Rahman Maath Thafir al-Amri tot in seiner Zelle aufgefunden. Nach Angaben der Armee hatte er mutmaßlich Selbstmord begangen.
Erst zehn von den mehr als 500 in Guantánamo inhaftierten Personen wurden vor Gericht angeklagt. Ihnen wird überwiegend vorgeworfen, Mitglied der Al-Qaida oder Taliban-Kämpfer zu sein. Inzwischen sind mehrere hundert, nachdem sie über Jahre hinweg zu Unrecht festgehalten wurden, ohne Anklage freigelassen worden. Als Strafe wurden bisher lediglich Freiheitsstrafen verhängt. Der Todesstrafe stand bisher entgegen, dass das US-Militär Personen nur in Fort Leavenworth in Kansas hinrichten darf. Um Insassen von Geheimgefängnissen hinzurichten, hätte man sie also in US-Hoheitsgebiet bringen müssen, so dass ihre Exekution zu rechtlichen Komplikationen hätte führen können. Nach einem Artikel von Spiegel Online vom 24. Januar 2006 wurde diesem Problem Abhilfe geschaffen, indem die Richtlinien so geändert wurden, dass illegale Kombattanten nun an jedem beliebigen Ort hingerichtet werden können. So kommt man nicht mehr in Verlegenheit, eine außerhalb des US-Rechtes verurteilte Person in den USA hinrichten zu müssen. Zacarias Moussaoui drohte zunächst die Todesstrafe. Nach umfangreichen Geständnissen wurde er jedoch zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Urteilsspruch ging er in Berufung, da er lediglich gestanden habe, um weiterer Folter zu entgehen. Der zwei Jahre lang in Guantánamo internierte „spanische Taliban“ Hamed Abderrahman Ahmed wurde in Spanien erstinstanzlich zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt. In zweiter Instanz wurde er jedoch freigesprochen, da seine Aussagen unter Folter erzwungen wurden.
Im Jahr 2006 veröffentlichte ein Zusammenschluss von sechs Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, eine Liste mit 36 Personen, die entweder erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit von US-Behörden unter Terrorverdacht gefangen gehalten wurden, und die „verschwunden“ (engl. disappeared) seien. Sie seien weder wieder aufgetaucht, noch würden die US-Behörden Fragen zu ihrem weiteren Schicksal oder deren Verbleib beantworten.[86] Diese Situation hatte sich bis zum April 2009 noch nicht wesentlich geändert. Die US-amerikanische Juraprofessorin Margaret Satterthwaitemeinte dazu:[87]
„Bis die US-Regierung das Schicksal und den Verbleib dieser Individuen aufklärt, sind diese Menschen noch verschwunden, und Verschwindenlassen ist eine der schwerwiegendsten internationalen Menschenrechtsverletzungen. (Until the U.S. government clarifies the fate and whereabouts of these individuals, these people are still disappeared, and disappearance is one of the most grave international human rights violations.)“
Diese Umstände wären bei Verhören von ungesetzlichen Kombattanten (1), die außerhalb der USA (2) stattfinden und durch die CIA (3) erfolgen, gegeben, wenn lediglich weiße Folter (4) angewendet wird, sowie bei der Überstellung von einer Person in Länder, in denen diese 100%ig nicht (5) gefoltert wird, wenn diese ein ungesetzlicher Kombattant ist.
Demnach wäre Folter mittlerweile innerhalb der USA und auch auf US-Militärbasen, sowie generell durch Personen, die für die US-Regierung arbeiten, verboten. Tatsächlich wurde lediglich das Vokabular ausgetauscht. Statt Folter zu rechtfertigen, ordnet man nun die angewendeten Maßnahmen als „erniedrigende und entwürdigende Behandlung“ ein.
(1) Status des „ungesetzlichen“ Kombattanten
(2) Geltungsbereich von US-Recht
US-Recht verbietet aufgrund des integrierten Habeas-Corpus-Gesetzes grundsätzlich Haft ohne Gerichtsverfahren. Ein Urteil von 1950 besagt aber, dass die amerikanische Gerichtsbarkeit nicht für im Ausland inhaftierte Ausländer gilt. Nach Sicht einiger US-Juristen sind deswegen Geheimgefängnisse auf ausländischen US-Stützpunkten legal, da dort kein US-Recht gilt.[85] US-Richter billigen dort inhaftierten Personen trotzdem gewisse Rechte zu, so dürfen sie erfahren, was ihnen vorgeworfen wird und US-Gerichte anrufen. Des Weiteren wurde inzwischen festgestellt, dass die USA nicht nur auf ihrem Staatsgebiet an die von ihnen unterschriebenen Menschenrechtskonventionen gebunden sind. An Verhören beteiligte Personen sind jedoch nicht strafrechtlich zu verfolgen, wenn sie auf die Rechtmäßigkeit der Verhörmethoden vertrauen konnten, falls sie angeklagt werden, erhalten sie einen Rechtsbeistand und finanzielle Unterstützung.[96]
(3) Definitionslücke für CIA
Präsident Bush erklärte, dass man, obwohl man die Genfer Konventionen nicht anwenden müsse, Häftlinge human behandeln würde. Dies gelte aber nur für das Militär und nicht für die CIA.[85] Inzwischen wurde klargemacht, dass sämtliche Angestellten der USA an US-Recht gebunden sind, auch die CIA. Jedoch wird bei Geheimdienstagenten von der Strafverfolgung abgesehen.[96]
(4) Rechtmäßigkeit von Folter
Bei der Autorisierung von weißer Folter beruft man sich auf die Definition des US-Justizministeriums, dass bei Folter Schmerzen auftreten (müssen) „die in ihrer Intensität mit solchen Schmerzen vergleichbar sind, wie sie bei schweren körperlichen Verletzungen (Organversagen, Beeinträchtigung von körperlichen Funktionen und sogar Tod) auftreten“. Behandlungen wie die weiße Folter sind nach US-Definition keine Folter.[85] Neuerdings wird die Trennung von unmenschlicher Behandlung und Folter als nichtig angesehen.[96] Dass die USA nicht gewillt sind, von der gängigen Praxis abzuweichen, ist daran erkennbar, dass das Pentagon sich darum bemüht, das durch die Genfer Konventionen vorgegebene Verbot von „erniedrigender und entwürdigender Behandlung“ aus dem Feldhandbuch der Streitkräfte zu streichen.
(5) Auslieferungspraxis
Da laut Genfer Konventionen eine Auslieferung in ein Land nur verboten ist, wenn „substanzielle Gründe“ auf Anwendung von Folter vorliegen, sagen US-Experten: „Die Konvention ist nur anwendbar, wenn man davon ausgehen kann, dass der Betreffende gefoltert wird. Aber was, wenn man es nicht genau weiß? Das reicht nicht. Es gibt also immer Wege, dies zu umgehen.“.[85]
US-Präsident
Die Auffassung, dass Anordnungen des US-Präsidenten über dem Gesetz stehen, kommt dieser Praxis zugute. Jeder, der Anordnungen des Präsidenten befolgt, macht sich nicht strafbar, selbst wenn sie gegen US-Recht verstoßen.[85] Man könne wegen der Anordnungen aber ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.
Den Kompetenzen des US-Präsidenten wurden am 29. Juni 2006 vor dem obersten US-Gerichtshof im Verfahren Hamdan v. Rumsfeld Grenzen aufgezeigt.
Strafgesetzbuch
Völkerstrafgesetzbuch
Definitionen
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.