Beutekunst nennt man zusammenfassend Kulturgüter, die sich eine Kriegspartei außerhalb ihres eigenen Territoriums als Kriegsbeute aneignet. Dies geschieht gewöhnlich, um sich persönlich oder den eigenen Staat zu bereichern, manchmal auch, um den Gegner zu demütigen. Oftmals ist der Kunstraub auch Ausdruck staatlicher Ideologie.
Beutekunst ist ein kulturelles Phänomen, das es als Folge von Kriegen seit jeher gegeben hat. Art. 56 der Haager Landkriegsordnung verbietet jedoch seit 1907 „jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft“ als Akt der militärischen Gewalt auf besetztem feindlichem Gebiet. Die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954 erkennt in ihrer Präambel an,
„… dass jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit bedeutet, weil jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet …“
In der Rechtswissenschaft wird von der Beutekunst der Begriff der Raubkunst abgegrenzt. Unter Raubkunst verstehen Juristen Kulturgüter, die nicht kriegs-, sondern verfolgungsbedingt entzogen werden. Der Erwerb erfolgt unrechtmäßig oder auf moralisch fragwürdige Weise ausnahmslos von den Verfolgten eines Regimes. Das gilt vor allem für die NS-Raubkunst.[2][3]
Ausstattung des Markusdoms in Venedig als Beute des vierten Kreuzzugs aus Byzanz, darunter 2600 (zumeist antike) Säulen, und vor allem die sogenannten „Pferde von San Marco“.
Der Smaragd-Buddha wurde mehrfach von laotischen Fürstentümern untereinander und zuletzt 1778 aus Vientiane durch Rama I., König von Thailand geraubt. Eine Restitution lehnt die regierende Chakri-Dynastie bis heute ab.
Napoléon Bonaparte nahm auf seinen Feldzügen zahlreiche wertvolle Kunstwerke für Frankreich in Besitz, die nach dem Ende des Kaiserreiches 1814 von den Alliierten wieder zurückgefordert wurden (siehe Chaptal-Erlass).
Französische und englische Truppen plünderten und zerstörten 1860 den Alten Sommerpalast in Beijing. Viele Kunstwerke wurden vor Ort unter den Soldaten versteigert und gelangten auf verschiedenen Wegen in europäische Sammlungen.
Französische Truppen eroberten 1892 das Königreich von Danhomè und nahmen Kunstwerke aus den Königspalästen mit in ihr Heimatland zurück.
Englische Soldaten zerstörten 1897 den Königshof von Benin und nahmen dabei einige Tausend Bronzen – Beispiele hochwertiger afrikanischer Kunst – mit, die teilweise weltweit an Sammler und Museen verkauft oder britischen Museen gestiftet wurden, teilweise aber auch in Privatbesitz verblieben.
Die Nationalsozialisten verschafften sich in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten viele bedeutende Kunstwerke.
Die Alliierten, insbesondere die Sowjetunion und Polen, aber auch die Westalliierten nahmen nach der Niederlage des Deutschen Reiches deutsche Kulturgüter in ihren Besitz. Vonseiten der Westalliierten wurden die meisten Kunstgegenstände, soweit noch auffindbar, wieder zurückgegeben. In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion bzw. in Osteuropa befinden sich noch heute umfangreiche Kunstbestände und Bestände aus deutschen Bibliotheken. Häufig sind diese der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Eines der bekanntesten Beispiele für diese Art Beutekunst ist der Schatz des Priamos (heute in Moskau).
Bénédicte Savoy: Kunstraub. Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen. Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2010, ISBN 978-3-205-78427-2. (Übersetzung von Bénédicte Savoy: Patrimoine annexé. Les biens culturels saisis par la France en Allemagne autour de 1800. Éditions de la Maison des sciences de l’homme, Paris 2003, ISBN 978-2-7351-0988-3).
Hector Feliciano: Das verlorene Museum. Vom Kunstraub der Nazis. Aus dem Englischen übertragen von Chris Hirte. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-351-02475-4.
Gilbert H. Gornig: Kulturgüterschutz – internationale und nationale Aspekte. Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-12525-8, (Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht 24).
Waldemar Ritter: Kulturerbe als Beute? Die Rückführung kriegsbedingt aus Deutschland verbrachter Kulturgüter – Notwendigkeit und Chancen für die Lösung eines historischen Problems (Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums Band 13), Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1997, ISBN 3-926982-49-7.
Merten Lagatz, Bénédicte Savoy, Philippa Sissis (Hrsg.): Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0311-3.
Isabelle Dolezalek, Bénédicte Savoy, Robert Skwirblies (Hrsg.): Beute. Eine Anthologie zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0312-0.