Die ältesten Nachrichten über Beginen im norddeutschen Raum sind aus Hamburg 1255 und aus Bremen von 1258 erhalten. Etwa um 1300 hatten sie in den meisten größeren Städten eigene Konvente.
Seit der zeitweisen kirchenrechtlichen Häretisierung und teilweisen Verfolgung im frühen 14. Jahrhundert gibt es wesentlich weniger erhaltene Nachrichten über Beginen. Es bestanden aber offenbar weiter Konvente von Schwestern, die nun aber meist nur noch als Hospitäler, Armenhäuser oder nach den Stiftern einzelner Häuser benannt wurden. Über Maßnahmen gegen einzelne Konvente sind in norddeutschen Städten keine Nachrichten bekannt. Von 1354 ist ein päpstlicher Schutzbrief für Beginen in Pommern erhalten, der dieses Gebiet möglicherweise auch zum Zufluchtsgebiet für andere Schwestern machte.
Im 15. Jahrhundert schlossen sich einige Konvente als Tertiarinnen formal städtischen Bettelordensklöstern an, wobei die Bezeichnungen dabei teilweise wechselten. Im 16. Jahrhundert erschienen wieder häufiger die Bezeichnungen als Beginen, offenbar war dies nach der Einführung der Reformation in den Städten unbedenklich möglich. Einige Konvente bestanden noch mehrere Jahrhunderte und führten dann meist vor allem Armenhäuser.
In den wichtigsten norddeutschen Städten bestanden mehrere Beginenkonvente. Diese lebten in jeweils einem Haus, das oft von einer Privatperson gestiftet worden war. Sie bestanden meist in der Nähe von Bettelordensklöstern oder Stadtkirchen, von denen sie geistliche und strukturelle Unterstützung erhielten.
Die Konvente waren unabhängig, sie unterstanden keinen übergeordneten Strukturen, sie wurden aber meist vom Rat der Stadt oder von geistlichen Amtsträgern wie dem Bischof kontrolliert. Sie lebten nach Regeln, die durch ein jährliches Versprechen von den Schwestern akzeptiert wurden. Dazu gehörten Ehelosigkeit und regelmäßige geistliche Übungen. Aus Stralsund (1332), Hamburg (1360), Lübeck (1438) und weiteren norddeutschen Städten sind Statuten erhalten, in denen weitere Einzelheiten festgelegt wurden.[1][2] Diese galten ähnlich auch in anderen Konventen.
Die Schwestern lebten ein Leben in Armut und mit Tätigkeiten für Arme, Kranke und Sterbende, oft in Siechenhäusern oder Hospitälern für ansteckende Krankheiten außerhalb der Städte, sie versahen auch den Totendienst. Sie erhielten einige Spenden und verrichteten Handarbeiten oder anderen praktischen Tätigkeiten für den Lebensunterhalt.
Die Beginen müssen im Mittelalter von den Schwestern vom gemeinsamen Leben unterschieden werden, die eine ähnliche Lebensweise führten (z. B. St. Michaelis in Lübeck, St. Annen in Stralsund).
Seit dem 14. Jahrhundert sind Kritiken am Leben einiger Beginen erhalten, die nicht nach den Regeln der Zurückgezogenheit und Demut lebten. Seit dem 15. Jahrhundert lockerten sich offenbar allgemein die Lebensformen in vielen Beginenkonventen, auch in norddeutschen Städten.[3]
Erhaltene Beginenhäuser
Die einzigen erhaltenen mittelalterlichen Beginenhäuser im norddeutschen Raum sind der Aegidien-, der Kranen- und der Attendornkonvent in Lübeck. Das Alte Dom-Beguinen-Haus in Havelberg stammt dazu möglicherweise aus dem 16. Jahrhundert (?).
großer Beginenkonvent beim Dominikanerkloster St. Katharinen, mit etwa 30 Plätzen, 1282 erste Begine erwähnt, 1306 erstmals der Konvent, 1332 Beginenordnung erhalten
kleiner Beginenkonvent beim Franziskanerkloster St. Johannis, etwa 12–14 Plätze, um 1350 erstmals erwähnt
Konvent in der Mühlenstraße, um 1350, möglicherweise wegen der Pest, nur kurze Zeit erwähnt[23][24]
Im Territorium des Deutschen Ordens im Baltikum sind zwei deutschsprachige Beginenkonvente in den wichtigsten Städten Riga und Reval (Tallinn) bekannt.[32][33]
Günter Peters: Norddeutsches Beginen- und Begardenwesen im Mittelalter. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. 40/41, 1969/70. S. 50–118, hier S. 67; auch Frank-Michael Reichstein: Das Beginenwesen in Deutschland, 2. Auflage, 2017
Grafen JohannI. und GerhardI., schenkten ein Grundstück im St.-Jakobi-Kirchspiel. Die Beginenordnung von 1360, die wohl im Zusammenhang damit entstand, dass das Hamburger Domkapitel den Erzbischof von Bremen um Anerkennung des Konvents zum Schutz vor Verfolgung bat. wurde im 15. Jahrhundert mehrfach ergänzt.
Günter Peters: Norddeutsches Beginen- und Begardenwesen im Mittelalter. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. 40/41, 1969/70. S. 50–118, hier S. 67 und öfter (PDF), erwähnte im 14. Jahrhundert dazu noch Terziarinnen!
Friedrich Wigger:Urkundliche Mittheilungen über die Beghinen- und Begharden-Häuser zu Rostock. In: Mitteilungen des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. 1882, S.1–26 (lbmv.de[abgerufen am 22.Juni 2022])., besonders S. 5–7, 12f.
Friedrich Wigger: Urkundliche Mittheilungen über die Beghinen- und Begharden-Häuser zu Rostock, in: Mitteilungen des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, 1882, S. 1–26, hier S. 4f., 11, mit detailreichen Angaben, Wismar hatte wahrscheinlich bedeutendere Beginenkonvente als Rostock, da es hier kein Nonnenkloster gab
Friedrich Wigger: Urkundliche Mittheilungen über die Beghinen- und Begharden-Häuser zu Rostock, in: Mitteilungen des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, 1882, S. 1–26, hier S. 11, mit Angaben aus historischen Texten
Ralf Lusiardi: Stiftung und städtische Gesellschaft, 2000, S. 89f.; mit präzisesten Angaben; dagegen ungenau Gunnar Möller: Klöster, Zisterzienserhöfe und Beginen in der einstigen Hansestadt Stralsund, in: Manfred Gläser (Hrsg.): Lübecker Kolloquien zur Stadtarchäologie im Hanseraum. IV. 2014. S. 309–332, hier S. 324f., mit Verwechslungen, vgl. richtig Lusiardi
Hermann Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern. Band 2. Stettin 1925, beschreibt Stift St. Annen, dieses waren aber wahrscheinlich Schwestern vom gemeinsamen Leben
Historische Beschreibung der Stadt Alten Stettin in Pommern. Alten Stettin 1613, Der ander Theil, S. 38; ausführlicher in Ulica Podgórna, in Encyklopedia Pomorza Zachodniego (online)
Joseph Girgensohn: Der Convent der Beguinen in Riga. In: Sitzungsberichte der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen Russlands. Riga 1890, S. 14–22 (zwei Digitalisate) ; detaillierte Geschichte
Paul Johansen, Heinz von zur Mühlen: Deutsch und Undeutsch (...). Böhlau, Köln, Wien 1973, S. 79; auch K.-R. Hahn: Revaler Testamente im 15. und 16. Jahrhundert, Lit Verlag Berlin, 2015, S. 255; mit kurzen Ergänzungen; über Revaler Beginen gibt es nur kurze Nachrichten aus dem 16. Jahrhundert
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