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Satz von Eigenkapitalvorschriften Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Basel II (auch: Basler Akkord) ist im Bankwesen die Abkürzung für Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht mit Sitz in Basel im Juni 2004 veröffentlicht wurden. Basel II erweitert Basel I, Erweiterungen dieser Vorschriften erfolgten durch Basel III.
Da es sich um Empfehlungen handelt, müssen die nationalen Regierungen für eine Transformation in nationales Recht sorgen. Das geschieht in der Europäischen Union für alle EU-Mitgliedstaaten durch EU-Verordnungen oder EU-Richtlinien, die in nationales Bankenaufsichtsrecht eingreifen. „Basel I“ wurde im Juli 1988 erstellt und im Januar 1996 durch die „Änderung der Eigenkapitalvereinbarung zur Einbeziehung der Marktrisiken“ erweitert.[1]
Die Regeln müssen gemäß den EU-Richtlinien Richtlinie 2006/48/EG vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung) und Richtlinie 2006/49/EG vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung) seit dem 1. Januar 2007 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für alle Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (kurz: Institute) angewendet werden. Während in der Schweiz die Umsetzung durch die FINMA geleitet wird[2], erfolgte diese in Deutschland durch das Kreditwesengesetz, die Solvabilitätsverordnung und die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk).
Obwohl ursprünglich von den USA angeregt und initiiert[3], wurde Basel II in den Vereinigten Staaten nicht mit dem gleichen Nachdruck[4] wie in Europa umgesetzt. Die US-Regierung hatte zunächst beabsichtigt, die Regelungen ab 2008 schrittweise einzuführen. Inzwischen wurde eine Verschiebung auch aufgrund der derzeitigen finanzwirtschaftlichen Lage angekündigt (siehe auch Umsetzung weiter unten). Seit 2013 löst Basel III schrittweise die Basel II genannten Vorläuferregeln ab.
Ziele sind, wie schon bei Basel I, die Sicherung einer angemessenen Eigenkapitalausstattung von Instituten und die Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen sowohl für die Kreditvergabe als auch für den Kredithandel. Hauptziel der Änderungen von Basel II gegenüber Basel I ist es, die staatlich verlangten regulatorischen Eigenkapitalanforderungen stärker am tatsächlichen Risiko auszurichten und damit den von Instituten intern ermittelten Eigenkapitalbedarf anzunähern. Dadurch soll die sogenannte Aufsichtsarbitrage verringert werden. Bei konsequenter Umsetzung aller Regularien von Basel II ist die Vergabe von riskanten und eventuell „notleidenden Krediten“ im größeren Umfang verhältnismäßig unwahrscheinlich.
Die Kritik an Basel I stützt sich auf drei Punkte:
Basel II besteht aus drei sich gegenseitig ergänzenden Säulen:
Ziel der ersten Säule ist nun die genauere und angemessenere Berücksichtigung der Risiken einer Bank bei der Bemessung ihrer Eigenkapitalausstattung. Zur Berechnung des gesamten zu unterlegenden Eigenkapitals gilt unter Basel II:
Die Bestimmung der risikogewichteten Aktiva (und deren Unterlegung mit Eigenmitteln) erfolgt gemäß den Mindesteigenkapitalanforderungen für Kreditrisiken. Das Kreditrisiko wird anhand eines internen oder externen Ratings bestimmt. Das externe Rating (Standardansatz) wird von einer Ratingagentur (v. a. Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings) vorgenommen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, Kreditforderungen uneingestuft zu belassen. Beim internen Rating bewertet die Bank das Risiko selbst (IRB-Ansätze: „internal rating based“ – basierend auf internen Einstufungen). Dazu bedarf es aber der Abnahme und Genehmigung durch die Bankenaufsicht. Die Bank muss nachweisen können, dass sie bestimmte Auflagen in Bezug auf Methodik und Offenlegung erfüllt. Für Privatkunden gibt es ein vereinfachtes Verfahren, das Scoring. Ferner finden sich hier Vorschriften zur Forderungsverbriefung (englisch asset securitization).
Die Maxime von Basel II bei den Kreditausfallrisiken ist, dass erwartete Verluste (englisch expected loss) in Form von Risikoprämien eingepreist werden bzw. bei sich konkret abzeichnenden Verlusten als Risikovorsorge zu Lasten des vorhandenen Eigenkapitals gehen. Im Gegensatz dazu sind unerwartete Verluste (englisch unexpected loss) mit Eigenmitteln zu unterlegen. Dabei wird in den auf internen Verfahren zur Risikomessung basierenden Ansätzen ein Sicherheitsniveau von 99,9 % durch die Aufsicht vorgegeben und im Standardansatz durch die vorgenommene Kalibrierung ebenfalls angestrebt. Dieses Sicherheitsniveau korrespondierte zur Entstehungszeit von Basel II mit einem Dreifach-B-Rating (BBB). Die Bankenaufsicht entschied sich für dieses Konfidenzniveau, weil nach ihrer Ansicht kein nachhaltiges Geschäftsmodell denkbar sei, das mit einem geringeren Sicherheitsniveau auskäme.
Je fortschrittlicher und damit risikosensitiver die von der Bank verwendete Bewertungsmethode (Standardansatz, IRB-Basisansatz, fortgeschrittener IRB-Ansatz) ist, desto größer sind die möglichen Einsparungen bei der Kapitalunterlegung: Beispielsweise können zusätzliche Sicherheitenarten risikomindernd anerkannt werden. Damit soll u. a. ein Anreiz für die Banken geschaffen werden, möglichst fortschrittliche Methoden zu verwenden.
Das Marktrisiko wurde bereits 1996 den ursprünglichen Vereinbarungen hinzugefügt. An diesen Regelungen ändert sich wenig. In Deutschland etwa bestand das Marktrisiko nach der Solvabilitätsverordnung von 2006 aus dem Zins- und Aktienpreisrisiko des Handelsbuchs, dem Fremdwährungsrisiko, dem Rohwarenrisiko sowie den sonstigen Marktpreisrisiken.
Zu den Marktpreisrisiken gemäß Basel II zählen unvorhergesehene und das erwartete Ergebnis der Bank negativ beeinflussende Änderungen des Wechselkurses, Änderungen von Zinssätzen sowie alle anderen Änderungen von Preisen des Kapitalmarktes. Da es für die Bank nur eine Möglichkeit von vielen ist, sich über Geldmarktgeschäfte liquide Mittel zu beschaffen (Theorie der Geldmarktfinanzierung), kann die Bank auf Eigen- und Handelsgeschäfte mit Finanzderivaten verzichten. Es ist aber nicht praktizierbar, dass die Bank auf Transformationsleistungen verzichtet. Somit ist die Bank ständig den Preisrisiken ausgesetzt und muss diese quantifizieren und steuern, nachdem die Preisrisiken identifiziert wurden.
Neu ist die Einbeziehung des operationellen Risikos. Es stellt das Risiko direkter oder indirekter Verluste infolge unzulänglicher oder ausfallender interner Verfahren, Mitarbeiter und Systeme oder infolge bankexterner Ereignisse dar. Es wird mittels Basisindikatoransatz, Standardansatz und fortgeschrittener Messansatz berücksichtigt.
Anforderungen an die Banken
Die Säule 2 stellt zwei Anforderungen an Banken:[5]
Das interne Kapitaladäquanzverfahren umfasst alle Verfahren und Maßnahmen einer Bank, die folgende Punkte sicherstellen:
Damit soll die Säule 2 sicherstellen, dass alle wesentlichen Risiken, die eine Bank eingeht, berücksichtigt werden. Dies betrifft auch Risiken, die in Säule 1 nicht erfasst werden (z. B. die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch).
Die Bankenaufsicht (in Deutschland: BaFin gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank, in der Schweiz: FINMA, in Österreich: FMA gemeinsam mit der Oesterreichischen Nationalbank) beurteilt und überwacht die Einhaltung der Anforderungen an Methodik und Offenlegung, die notwendig sind, damit die Bank interne Ratings verwenden darf. Siehe: Sonderprüfung.
Der bankaufsichtliche Überprüfungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) fordert die Etablierung adäquater Risikomanagementsysteme – wie beispielsweise das Management-Risk-Controlling (MRC) – bei Banken und Wertpapierfirmen sowie deren Überwachung durch eine Aufsichtsbehörde.
Grundlage ist der Grundsatz der doppelten Proportionalität, der besagt, dass sowohl die Steuerungsinstrumentarien in einer Bank als auch die Intensität der Überwachung durch die Bankenaufsicht proportional zu den eingegangenen Risiken einer Bank sein sollen. Allerdings ist es schwierig, die tatsächlichen Risiken zu erfassen. So galten lange Zeit nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr nicht als Kredit und damit risikolos. Gleiches gilt noch immer für das Forward Selling von Aktiva.
Ziel der dritten Säule ist die Stärkung der Marktdisziplin durch vermehrte Offenlegung von Informationen im Rahmen der externen Rechnungslegung der Banken (z. B. im Jahresabschluss, in Quartalsberichten oder in Lageberichten). Die Disziplinierung folgt z. B. aus zu befürchtenden Kursreaktionen der eigenen Aktie bzw. über zu zahlende Risikoprämien. So sind die möglichen Reaktionen aus der Offenlegung Anreiz für die Banken, auf eine vernünftige Eigen- und Risikokapitalstruktur zu achten.
Es bestehen umfangreiche Offenlegungspflichten über:
Um anderen Marktteilnehmern eine Beurteilung der Risikopositionen des Kreditinstituts zu ermöglichen, sind die Techniken, welche die Bank nutzt, um Risiken zu messen, zu überwachen und zu steuern, offenzulegen.
Dafür müssen Kreditinstitute in jedem einzelnen Risikobereich (z. B. Kredit-, Markt-, operationelles Risiko, Zinsänderungsrisiko des Anlagebuchs und Beteiligungspositionen) die internen Ziele und Grundsätze des Risikomanagements beschreiben. Dazu gehören:
Eine wirksame Offenlegung soll sicherstellen, dass die Marktteilnehmer einen besseren Einblick in das Risikoprofil und die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung einer Bank gewinnen. Im Detail handelt es sich um folgende Aspekte:
Zur Abschätzung der Auswirkungen von Basel II auf die deutschen Banken hat die Deutsche Bundesbank eine Reihe von Auswirkungsstudien (QIS, Quantitative Impact Study) durchgeführt. Die Ergebnisse von QIS4 liegen vor. Im Frühjahr 2006 wurde die fünfte Studie (QIS5) durchgeführt.
Danach steigen die Eigenkapitalanforderungen der Banken im Standardansatz leicht an, in den beiden IRB-Ansätzen sinkt die Eigenkapitalanforderung leicht. Interessanter ist die Betrachtung der einzelnen Kundengruppen:
Stark sinken die Eigenkapitalanforderungen an Hypothekardarlehen. Im Bereich der Unternehmenskredite, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, ist eine Entlastung festzustellen. Stark steigen die Belastungen für Kredite an Banken und insbesondere an Staaten.
Generell gilt, dass höhere Risiken höhere Zinsen bewirken. Wenn die Bank bei einem schlechten Rating mehr Eigenkapital unterlegen muss, erhöhen sich auch ihre Eigenmittelkosten. Diese erhöhten Kosten werden möglicherweise über höhere (Kredit-)Zinsen an den Kreditnehmer weitergegeben. Umgekehrt profitiert ein Kreditnehmer mit gutem Rating von niedrigeren Kreditzinsen, weil die Bank für den Kredit geringere Eigenmittel hinterlegen muss. Im Basler Regelwerk selbst finden sich jedoch keine Vorschriften zur Kreditbepreisung. Das heißt, ob die Bank entsprechend den Eigenmittelkosten Zinsen verlangt, hängt von den Ertrags- und sonstigen Überlegungen (Wettbewerbsposition etc.) der Banken ab.
Gemäß Basel I war jeder Kredit mit einheitlich 8 % Eigenmitteln zu unterlegen. An dieser Vorgehensweise hat sich mit Basel II grundsätzlich nichts geändert. Jedoch werden die ausstehenden Forderungen der Bank nunmehr, je nach Rating des Geschäftspartners, mit einem Prozentsatz zwischen 0 % (beispielsweise Forderungen gegenüber OECD-Ländern) und 1250 % gewichtet.[6] Die daraus resultierenden „risikogewichteten Aktiva“ sind mit jeweils 8 % Eigenkapital zu unterlegen. Die hier getroffenen Aussagen beziehen sich auf den Standardansatz. Die Vorgehensweise in den IRB-Ansätzen ist deutlich komplexer.
Im Rahmen des Konsultationsprozesses zu Basel II wurden Regelungen eingeführt, um das Risikogewicht von kleinen und mittleren Unternehmen zu reduzieren:
Die EU-rechtlichen Vorgaben zur Mindesteigenkapitalausstattung der Kreditinstitute für das Kredit- und Adressenausfallrisiko sowie das operationelle Risiko finden sich in der neu gefassten Richtlinie 2006/48/EG (Bankenrichtlinie) vom 14. Juni 2006, diejenigen zur Mindesteigenmittelausstattung von Kreditinstituten und bestimmten Finanzdienstleistungsinstituten für das Marktpreisrisiko sowie die Erweiterung der Regelungen bzgl. Adressenausfall- und operationellem Risiko für Finanzdienstleistungsinstitute in der neu gefassten Richtlinie 2006/49/EG (Kapitaladäquanzrichtlinie) vom 14. Juni 2006. Die Umsetzung in Deutschland wurde durch das „Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten Kapitaladäquanzrichtlinie“ vom 17. November 2006 geregelt, das umfassende Anpassungen des Kreditwesengesetzes festschrieb und hauptsächlich zum 1. Januar 2007 in Kraft trat.
Die gesetzlichen Änderungen werden ergänzt durch zwei Verordnungen:
Die SolvV löste den bisherigen Eigenmittelgrundsatz I ab. Dabei regelt die SolvV im Wesentlichen die näheren Bestimmungen über die angemessene Eigenmittelausstattung (Solvabilität) der Kreditinstitute sowie der Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen. Ferner regelt die Verordnung die Zusammensetzung, Führung und Verwaltung des Handelsbuchs der Kreditinstitute und enthält Regelungen zur Anwendung von Vorschriften über das Handelsbuch in Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen.
Die GroMiKV enthält nähere Regelungen
Die neue GroMiKV soll die bisherige Großkredit- und Millionenkreditverordnung ablösen.
Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens soll die Anwendung der neuen Eigenkapitalvorschriften durch alle Institute zum 1. Januar 2007 verpflichtend werden. Es beginnen die Floor-Regelungen. Die zusätzlichen Regelungsbereiche der Säule II sowie die Offenlegungspflichten treten in Kraft. Am 1. Januar 2008 trat die neue GroMiKV in Kraft.
Im September 2006[8] bemühten sich die USA um eine Verschiebung der für den 1. Januar 2007 geplanten Inkraftsetzung der Regeln auf den 1. Januar 2009. Dies wurde von verschiedenen Bankenvertretern Europas als ein kritischer Faktor für das gesamte Paket gesehen und sogar ein Scheitern von Basel II wurde nicht ausgeschlossen.
Infolge der Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise und aufgrund der gesammelten Erfahrungen wurde das aufsichtliche Rahmenwerk weiterentwickelt. Hierzu hatte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Dezember 2009 zunächst einen Entwurf (Consultative Document)[9] vorgelegt. Die vorgelegten Maßnahmen sind komplex und wechselwirkend. Um einen Überblick über die Wirkungsweisen der einzelnen Regelvorschläge zu erhalten, wurde 2010 eine Auswirkungsstudie durchgeführt.
Unter der Überschrift Basel III wurde im Dezember 2010 ein neues Regelwerk veröffentlicht, das seit Anfang 2013 als internationaler Standard gilt. Während Basel II vor allem die Risikomessung zum Gegenstand hat, geht es in den neuen Regelungen um die Definition des Eigenkapitals und die erforderlichen Mindestquoten. Die bisherigen Regelungen von Basel II werden dabei durch das neue Paket überarbeitet und ergänzt. Auch wenn mit einer Mindestanforderung zur ungewichteten Eigenmittelquote („Leverage Ratio“) und Regelungen zur Mindestliquidität neue Themenfelder aufgenommen wurden, handelt es sich bei Basel III um eine Weiterentwicklung von Basel II, das grundsätzlich weiter gültig bleibt.
In der Europäischen Union wurde Basel III durch die Kapitaladäquanzverordnung und die Eigenkapitalrichtlinie umgesetzt. Aufgrund von Verzögerungen bei der politischen Beschlussfassung trat das neue Recht erst Anfang 2014[10] in Kraft.
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