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Näherung zum Berechnen der Quadratwurzel Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Heron-Verfahren, Heronsche Näherungsverfahren oder Babylonische Wurzelziehen ist ein Rechenverfahren zur Berechnung einer Näherung der Quadratwurzel einer reellen Zahl . Hierbei wird die Zahl als Flächeninhalt eines Rechtecks aufgefasst (z. B. mit Seitenlängen und ). Dieses Rechteck wird dann schrittweise in ein flächengleiches Quadrat transformiert, indem man in jedem Rechenschritt die längere Seite des vorherigen Rechtecks verkürzt und seine kürzere Seite so verlängert, so dass der Flächeninhalt erhalten bleibt. Die verkürzte neue längere Seite berechnet sich dabei als Mittelwert der beiden Seiten des vorherigen Rechtecks (siehe Grafik rechts). Das Verfahren ist nach dem griechischen Mathematiker Heron von Alexandria benannt, der es in seinem Werk Metrika beschrieb. Allerdings wurde es schon über 1000 Jahre früher von den Babyloniern benutzt.
Im Gegensatz zum schriftlichen Wurzelziehen benötigt man keinen festgelegten, also korrekten, Ausgangswert. Zudem ist das Verfahren relativ robust gegen Rundungsfehler und konvergiert in der Regel schneller. Jedoch können Wurzeln mit dem Heronverfahren prinzipiell nur näherungsweise berechnet werden.
Dem Heron-Verfahren liegt die Idee zu Grunde, dass ein Quadrat mit Flächeninhalt eine Seitenlänge von hat. Ausgangspunkt des Verfahrens ist ein beliebiges Rechteck mit Flächeninhalt . Schritt für Schritt wird das Seitenverhältnis des Rechtecks so geändert, dass sich seine Form immer mehr der eines Quadrats annähert, während der Flächeninhalt gleich bleibt. Die Seitenlängen des Rechtecks sind die Näherungswerte für .
Im ersten Schritt wird eine beliebige Seitenlänge für das Rechteck gewählt. Damit dieses den gewünschten Flächeninhalt hat, wird die zweite Seitenlänge mit der Formel
berechnet. Als Beispiel soll die Wurzel aus 9 berechnet werden. Für die eine Seitenlänge wird der Wert 9 gewählt, sodass sich die andere Seitenlänge zu 1 berechnet. Das erste Rechteck hat deshalb die folgende Form.
Die Ähnlichkeit dieses Rechteckes mit einem Quadrat ist gering. Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Seitenlängen 1 und 9 sehr schlechte Näherungen für die Wurzel aus 9 sind.
Um eine bessere Annäherung an ein Quadrat zu erhalten, muss die lange Seite gekürzt und die kurze Seite verlängert werden. Als neue Länge der langen Seite wird der Mittelwert
der beiden bisherigen Seitenlängen genommen. Die Länge der anderen Seite berechnet sich wie oben zu
Im Beispiel ergibt sich als Mittelwert die Seitenlänge 5. Die dazugehörige kurze Seite hat eine Länge von 1,8.
Auch hier ist die Ähnlichkeit zu einem Quadrat noch gering. Allerdings ist das neue Rechteck im Vergleich zum vorhergehenden kompakter.
Der beschriebene Ablauf wird in jedem weiteren Schritt des Heron-Verfahrens wiederholt. Der Mittelwert der Seitenlängen eines Rechtecks entspricht der Länge der langen Seite des neuen Rechtecks und die Länge der kurzen Seite lässt sich daraus jeweils wie oben beschrieben berechnen. Im Beispiel entstehen so in den nächsten zwei Schritten die folgenden beiden Rechtecke.
Das letzte Rechteck ist schon annähernd quadratisch. Die Seitenlänge 3,024 liegt entsprechend nah bei 3, dem exakten Wert von .
Aus der geometrischen Grundidee erhält man ein allgemeines Iterationsverfahren zur näherungsweisen Berechnung der Wurzel einer reellen Zahl :
Man geht von einem beliebigen Startwert (idealerweise in der Nähe von ) aus und setzt . Da in jedem Iterationsschritt die eine Seite durch den Mittelwert der beiden Seiten ersetzt wird und die andere Seite so angepasst wird, dass der Flächeninhalt unverändert bleibt, lautet die Iterationsvorschrift
Häufig wird die Iteration in einer Form geschrieben, in der nur noch die Variable vorkommt. Dazu setzt man in die Gleichung für ein und erhält die Rekursionsgleichung
die eine Folge („Heron-Folge“) von immer besseren Näherungen von liefert.
Alternativ kann diese Rekursionsgleichung auch aus dem Newton-Verfahren für die Nullstelle der quadratischen Funktion hergeleitet werden.
Mithilfe des Heron-Verfahrens soll die Wurzel aus 2 angenähert werden. Als Startwert wird gewählt. Die ersten Glieder der Heron-Folge lauten
Nach drei Iterationen ist die Näherung bereits auf fünf Nachkommastellen genau und die Abweichung vom wahren Wert beträgt somit weniger als 0,0001 %.
Die Heron-Folge mit konvergiert für jeden Startwert gegen . Somit kann jede Wurzel durch das Iterationsverfahren beliebig angenähert werden.
Beweis |
Alle Glieder der Heron-Folge sind positiv. Man kann nun zeigen, dass sie auch alle wenigstens so groß wie sind und die Heron-Folge somit nach unten beschränkt ist. Dazu zeigt man für beliebiges die Ungleichung :
Weiter zeigt man, dass die Heron-Folge monoton fallend ist:
Aufgrund der Beschränktheit und Monotonie muss die Folge nach dem Monotoniekriterium gegen einen Grenzwert konvergieren. Es bleibt noch zu zeigen, dass . Hierzu ist es zweckmäßig, die Folge zu betrachten, die gegen konvergiert. Aus folgt , also ist . Nun lässt sich der Grenzwert berechnen:
Hieraus erhält man durch elementare Termumformungen , woraus schließlich folgt. |
Der Startwert der Iteration kann sogar, solange er von Null verschieden ist, beliebig festgesetzt werden, die Iteration konvergiert immer. Zu beachten ist, dass bei negativen Startwerten die Iteration gegen die negative Quadratwurzel konvergiert. Da sich das Heron-Verfahren aus dem Newtonschen Näherungsverfahren ableiten lässt und die zu berechnende Nullstelle einfach ist, ist die Konvergenzordnung 2. Die Zahl der richtigen Stellen wird mit jedem Schritt etwa verdoppelt.
Bei einem Startwert in der Nähe von erhält man mithilfe des Heron-Verfahrens schnell gute Näherungswerte, wie das Beispiel verdeutlicht. Wenn die Anfangsnäherung jedoch schlecht ist, sind viele Schritte für eine gute Näherung nötig. Wenn zum Beispiel die Wurzel einer ganzen Zahl mit 200 Binärstellen berechnet werden soll und man als Startwert verwendet, dann wird die Näherung mit jedem Schritt um etwa eine Binärstelle kürzer, d. h. erst nach etwa 100 Schritten hat die Näherung die richtige Länge von 100 Stellen. Danach reichen sechs bis sieben weitere Schritte (), um alle 100 Stellen vor dem Komma richtig zu berechnen. Es empfiehlt sich somit, einen möglichst genauen Startwert zu bestimmen. Im Beispiel sollte man zuerst die Bitlänge von ermitteln und einen Startwert mit der halben Länge verwenden.[A 1] Eine qualifizierte Schätzung für den Startwert erhält man aus der Taylorreihen-Entwicklung der binomischen Reihe um 1, deren zwei erste Glieder die Gleichung liefern.
Das Heron-Verfahren gehört zu den Fixpunktverfahren. Setzt man , so gilt für den Fixpunkt (der die Bedingung erfüllt) mit der (positiven) Lösung .
Für die Heron-Folge gilt die Abschätzung
und für den Fehler die Abschätzung
Angewandt auf obiges Beispiel erhält man:
Für den relativen Fehler
gilt die Rekursion
Die Folge der ist also bei gegebenem relativen Fehler der Startnäherung unabhängig von .
Das Verfahren eignet sich besonders gut zur Implementierung in Software, da nur Grundrechenarten benötigt werden, s. o. Es wird heute angesichts der breiten Verfügbarkeit numerischer Prozessorhardware aber nur noch selten benötigt.
Wenn dazu noch eine Gleitkommadarstellung mit einem Zweier-Exponenten benutzt wird, wird der Ansatz relativ einfach, als Beispiel wird die Wurzel aus 5 betrachtet und der relative Fehler zum Endwert verfolgt:
Dieses Verfahren lässt sich verallgemeinern, um die k-te Wurzel einer Zahl näherungsweise zu berechnen. Dabei wird das Newton-Verfahren zur Bestimmung der positiven Nullstelle der Funktion angewandt. Mit folgt aus der Rekursionsformel des Newton-Verfahrens die Iterationsvorschrift
Beispielsweise lautet die Rekursionsformel zur Berechnung der Kubikwurzel
Hier muss die Folge mit einem geeigneten Startwert für den gesuchten Wert von gestartet werden.
Je größer ist, desto mehr Schritte werden benötigt, um die Wurzel genau zu berechnen. Für ganzzahliges positives gelten die gleichen Konvergenzaussagen wie oben für
Für erhält man ein Verfahren, mit dem (ohne Verwendung der Division!) der Kehrwert näherungsweise errechnet werden kann:
Dieses Verfahren konvergiert für alle quadratisch gegen
Die Iteration ermöglichte für erste Computer ohne eingebaute Division die Zurückführung dieser Operation auf Multiplikation und Subtraktion. Die Division von zwei Zahlen wurde so ausgeführt, dass der Kehrwert des Nenners bestimmt wurde und mit dem Zähler multipliziert wurde.
Es soll näherungsweise berechnet werden mit dem Startwert :
Für den Startwert erhält man
somit keine Konvergenz gegen den gesuchten Wert von
Das Verfahren war in Mesopotamien bereits zur Zeit des babylonischen Königs Hammurapi I. (ca. 1750 v. Chr.) bekannt.[1] Um 100 n. Chr. wurde es von Heron von Alexandria im ersten Buch seines Werkes Metrika beschrieben.[2]
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