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Kirchenlied von Martin Luther Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Aus tiefer Not schrei ich zu dir ist ein Kirchenlied von Martin Luther.[1] Er schrieb es um die Jahreswende 1523/24 als Nachdichtung des Bußpsalms 130 (Ps 130 LUT). In den frühesten Drucken erscheint es teils in einer vier-, teils in einer fünfstrophigen Fassung. Die fünfstrophige ist, fast unverändert, die Fassung des Evangelischen Gesangbuchs (Nr. 299). Das katholische Gotteslob (2013) enthält die Strophen 1, 3, 4 und 5 mit geringfügigen sprachlichen Glättungen (Nr. 277). Das Mennonitische Gesangbuch enthält fünf Strophen mit ebenfalls geringfügigen sprachlichen Anpassungen (Nr. 387). Ebenfalls von Luther stammt die meistgebrauchte Melodie des Liedes.
Die beiden 1524 im Druck erschienenen Fassungen unterscheiden sich in der Strophenzahl (4 bzw. 5) und in vielen textlichen Details. Über die Prioritätsfrage und die Gründe für die Doppelüberlieferung ist viel diskutiert worden. Lucke[2] macht glaubhaft, dass die vierstrophige Fassung des Achtliederbuchs, auf der die späteren vierstrophigen Textdrucke beruhen, eine nichtautorisierte, aus sekundären Quellen geschöpfte Version ist und eigenhändige Texteingriffe Luthers weder in der einen noch in der anderen Richtung erklärbar wären.
Am Beginn lutherischen Kirchenliedschaffens ist Aus tiefer Not, einem Briefzeugnis Luthers zufolge, als exemplarisches Psalmlied gedacht. Das biblische Bußgebet mit seinem Appell an die unverdienbare Vergebung Gottes wird von ihm im Sinn seiner Rechtfertigungslehre paraphrasiert und vertieft. Die Spitzenaussagen lauten „Es ist doch unser Tun umsonst, auch in dem besten Leben“ (Strophe 2, im Gotteslob ausgelassen) und „Darum auf Gott will hoffen ich […] und seiner Güte trauen, die mir zusagt sein wertes Wort“ (Strophe 3).
Weitet der Beter des Psalms seinen Ruf zu Gott in einen Vertrauensruf an Israel aus, bezieht Luther diesen Namen Jakobs und des Bundesvolks nach altkirchlicher Auslegungstradition auf „Israel rechter Art, der aus dem Geist erzeuget ward“, d. h. auf alle, die durch Christus zum Erlösungsglauben gekommen sind.
Aus tiefer Not war in seiner frühesten gottesdienstlichen Verwendung vorzugsweise ein Begräbnislied. In der späteren lutherischen Tradition fand es einen festen Platz bei der allgemeinen Beichte und am Buß- und Bettag.
Dem Lied waren in den frühen Drucken unterschiedliche Melodien zugeordnet. Da der Text der siebenzeiligen jambischen Barform folgt, einem der meistverwendeten Strophenschemata des protestantischen Kirchenlieds (auch Lutherstrophe genannt), sind die möglichen Melodien zahlreich. Durchgesetzt hat sich die noch 1524 von Luther selbst für sein Psalmlied geschaffene „feierliche“[3] Melodie mit ihrem charakteristischen doppelten Quintsprung zu Beginn – wobei auf den tiefen Ton in Strophe 1 das Motto-Wort „tief[er Not]“ fällt – und der folgenden „klagenden“ kleinen Sexte. Diese Melodie liegt auch den späteren Orgelbearbeitungen Johann Sebastian Bachs und seiner Kantate BWV 38 zugrunde.
Im oberdeutschen Raum (einschließlich Thüringen) war über lange Zeit die Melodie von Wolfgang Dachstein aus dem Straßburger Gesangbuch von 1525 weiter verbreitet, die Johann Sebastian Bach auch in seiner frühen Choralbearbeitung BWV 1099 (aus der Neumeister-Sammlung) verwendet. Sie ist im EG als zweite Melodie abgedruckt.
Eine dänische Übersetzung Til dig råber jeg af hjertens grund... steht im dänischen Gesangbuch, gedruckt in Rostock 1529 (vielleicht eine Erweiterung von Arvid Pedersen), und ist nachgedruckt im dänischen Gesangbuch von Ludwig Dietz, Kopenhagen 1536. Dort steht auch unter den Liedern zur Messe eine weitere Übersetzung Aff diybsens nød rober ieg til teg… Hans Tausen hat es ebenfalls in seinem Gesangbuch, En Ny Psalmebog, 1553. – In neuerer Zeit steht das Lied als Af dybsens nød, o Gud, til dig mit bange råb jeg vender…. im dänischen Gesangbuch Den Danske Salme Bog, Kopenhagen 1993, als Nr. 437 und in Den Danske Salmebog, Kopenhagen 2002, als Nr. 496. Diese Fassung wurde übernommen aus dem dänischen Gesangbuch, gedruckt in Malmö 1528 [damals dänisch], in einer Neuübersetzung von Peder Hjort, 1843.[4]
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