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in der Biologie eine Beschleunigung der Entwicklung von Arten Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Akzeleration bezeichnet man in der Biologie zum einen eine Verstärkung von Entwicklungen im Generationenvergleich. Beschrieben wurde sie erstmals von dem Schularzt E. W. Koch, der sie als „Säkulare Akzeleration“ bezeichnete.[1] Zum Zweiten kann man im Bereich der Physiologie und Psychologie unter Akzeleration eine individuelle Entwicklungsakzeleration verstehen.
Der Begriff wird primär für die Verhältnisse beim Menschen verwendet; bei Tieren führt die Haltung in Zoos zu einer höheren Lebenserwartung, die Hortikultur bei Pflanzen mitunter zu individuellen Wuchsformen (Statur), dies wird nicht „Akzeleration“ genannt, sondern den besonderen Standortbedingungen zugeschrieben. Außerdem wird der Begriff in anderen Fachbereichen noch anders verstanden.
Unter „säkularer Akzeleration“ werden zusammengefasst:[2][3]
Als Beginn wird die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts angenommen. Inzwischen scheinen die Veränderungen zum Stillstand gekommen zu sein.
In den Industrienationen nimmt die Körpergröße der Menschen seit Mitte des 19. Jahrhunderts von Generation zu Generation zu.[5][6][7] So war z. B. ein großer Mann (95. Perzentil, d. h. 95 % aller Männer sind kleiner) im Jahr 1975 noch 184,1 cm groß, im Jahr 2000 jedoch schon 191,0 cm. Nach Untersuchungen bei der Musterung ist die durchschnittliche Körpergröße von 174 cm (Geburtsjahrgang 1938) kontinuierlich auf fast 180 cm angestiegen. Bei Frauen ist die Körpergröße von 156 cm im Jahr 1956 auf 166 cm in 1975 angestiegen. Auch die Neugeborenengröße hat zugenommen: Der Anteil der Kinder mit einer Körperlänge über 55 cm ist von 3,4 % 1986 auf 10,1 % 2001 angewachsen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die durchschnittliche Körpergröße in Mittel- und Nordeuropa um etwa 1–2 cm pro Jahrzehnt, seit den 1980er Jahren wuchs sie um etwa 1 cm oder weniger pro Jahrzehnt.[8] Offensichtlich hat sich die Akzeleration der Körpergröße zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Mittel- und Nordeuropa verringert und kann Mitte des 21. Jahrhunderts zu einem Stillstand führen.[8]
Die Größenzunahme ist aus medizinischer Sicht insofern problematisch, da die verstärkte Wachstumstendenz über eine Verlängerung des Augapfels zu einer Häufigkeitszunahme der Kurzsichtigkeit geführt hat.
Viele Normen blieben im 20. Jahrhundert unverändert, was zu ergonomischen Problemen und in der Folge beispielsweise zu Haltungsschäden führte. Im 21. Jahrhundert unterliegen die Normen des DIN und die EN ISO der Europäischen Union im Prozess ständiger Revision. Dementsprechend wurde beispielsweise 2014 die DIN EN 13402-3 Größenbezeichnung von Bekleidung[9] sowie 2017 die Standardnorm ISO 8559 für Kleidergrößen angepasst.[10]
Als problematisch erweist sich die Akzeleration in Fragen der ergonomischen Gestaltung beispielsweise von Kraftfahrzeugen. Bei der Fahrzeugauslegung werden in der Regel Personengrößen von der 5-Perzentil-Frau (nur 5 % aller Frauen sind kleiner) bis zum 95-Perzentil-Mann berücksichtigt. Die Akzeleration liegt zwischen 1,4 mm bei der 5-Perzentil-Frau und 2,3 mm pro Jahr beim 95-Perzentil-Mann. Deren Körperlängendifferenz stieg dadurch von 331 mm im Jahr 1974 auf 350 mm im Jahr 1995. Dies macht es immer schwieriger, Fahrzeuge so zu konstruieren, dass alle Menschen gleichermaßen günstig im Fahrzeug untergebracht werden können.
In den Industrienationen wurde eine Verschiebung des Eintritts der Menarche wie der Menopause in ein höheres Lebensalter der Frauen in Industrieländern berichtet. Bei der Geburtshilfe stellt sich diese Entwicklung problembehaftet dar, wenn ältere Frauen zunehmend gebären.[2] Allerdings wurde auch der gegenteilige Trend berichtet (siehe auch nebenstehende Grafik).[11]
Neuere Untersuchungen in Mitteleuropa fanden keine Akzeleration zum Eintritt der Pubertät, sondern unverändert einen Beginn der Menarche meist kurz vor dem 13. Geburtstag.[12][8]
Die Lebenserwartung steigt weltweit.[13] Die Folgen sind weitreichend und vielschichtig: Ein Teil des globalen Bevölkerungswachstums resultiert daher, dass Menschen längere Zeit auf der Erde leben. Außerdem verändert der demoskopische Wandel die soziologische Bevölkerungsstruktur, das Verhältnis von Arbeitsfähigen zu Senioren wird erheblich verändert und erfordert quantitative Anpassungen bei Rentensystemen und Pflegeaufwendungen.[14]
Im Mittelalter besaßen viele Menschen in Mitteleuropa eine geringere Körpergröße als in der Neuzeit, was an Ritterrüstungen, Türstockhöhen, Bettenlängen und Skelettteilen belegbar ist. Aus dem Vergleich der mittelalterlichen Situation mit der der Neuzeit resultierte die Idee, dass die Wachstumsakzeleration bereits über viele Jahrhunderte wirke, ob epigenetisch oder aufgrund eines gleichbleibenden Selektionsdrucks oder aus anderem Grund. Dieser Eindruck ist jedoch falsch, wie zahlreiche steinzeitliche Knochenfunde zeigen: in der Altsteinzeit war die durchschnittliche Körpergröße des Homo sapiens seit etwa 150.000 Jahren mit der heutigen vergleichbar.[15] Mit dem Neolithikum und der Einführung der Agrikultur in Mitteleuropa sank die Körpergröße vor etwa 6000 Jahren auf ein Minimum, um dann wieder zuzunehmen. Vor 2000 Jahren besaßen Bürger des Römischen Reiches Staturen, die geringfügig kleiner waren, als heutige Bewohner der Regionen. Im Mittelalter nahm die Durchschnittsgröße in Mitteleuropa ab, allerdings nicht kontinuierlich, sondern weitgehend entsprechend der Ernährungslage. Die durchschnittliche Körpergröße spiegelt also die Ernährungssituation während der Wachstumsperiode wider, das betrifft die vorgeburtliche Zeit und die ersten 18 Lebensjahre. Diese Erklärung wurde als Ernährungstheorie bezeichnet, die der Humangenetiker Widukind Lenz 1949 formulierte.[16][17][18]
Bei Einwanderern nach Deutschland wurde festgestellt, dass die in Deutschland geborenen durchschnittlich größer wurden, als die im Herkunftsland geborenen. Im Vergleich mit der deutschen Bevölkerung fiel aber auf, dass die eingewanderten Personen durchschnittlich kleiner waren. Ihre in Deutschland geborenen Nachkommen wurden größer, sie erreichten etwa die Durchschnittsgröße der deutschen Bevölkerung.[19] Auch diese Daten unterstreichen, dass Wachstumsakzeleration ein Ergebnis der Umgebungsbedingungen darstellt.
Entwicklungsakzeleration liegt vor, wenn:
vorverlagert oder beschleunigt ist. Der Zahnwechsel setzt früher ein. Eine besonders bedeutsame Entwicklungsakzeleration ist die sexuelle Akzeleration, die dazu führt, dass die Pubertät früher einsetzt.
Der Begriff „Akzeleration“ in Bezug auf die Körpergröße kann auch als Entwicklungsakzeleration, also als ein Wachstumsschub verstanden werden, ohne in einem wesentlichen Größenunterschied zwischen den Generationen zu resultieren.
Der Begriff: „Psychophysische Akzeleration“ (engl. secular trend) bezieht sich auf eine Vorverlagerung von Reifungsprozessen in der modernen Gesellschaft, ebenfalls eine Form der Entwicklungsakzeleration.[20]
In der Sportmedizin wird unter „Akzeleration“ die Befähigung zur Beschleunigung aus der Ruheposition verstanden.[21]
In der Technik versteht man unter „Akzeleration“ Beschleunigung.
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