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Art von Tiefdruckgebiet Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Mittelmeertief ist ein Tiefdruckgebiet im Mittelmeerraum. Je nach Lage des Kerns wird es auch Balearentief, Genuatief oder Adriatief genannt.
Eine Vb-Wetterlage (gesprochen: „Fünf-B-Wetterlage“, V = römisch 5) ist durch die Zugbahn eines Tiefdruckgebietes von Italien über die Poebene oder Nordadria hinweg nordostwärts gekennzeichnet. Die als „Vb“ bekannte Zugbahn wurde von Wilhelm Jacob van Bebber 1891 deklariert und mit dieser Notation in das System der Großwetterlagen integriert. Der Begriff der Vb-Großwetterlage wird heute noch verwendet, weil die modernere deutsche Großwettertypologie nach Hess/Brezowsky die Aktionszentren des Mittelmeerraumes unzulänglich berücksichtigt.
Mit Va wurde nach Bebber die Zugbahn Biskaya–Spanien/Frankreich–Ligurien bezeichnet (vgl. Grafik). Eine Vc-Wetterlage entspricht einem Adriatief, das nach Osten Richtung Balkan abzieht und dort zu einem Balkantief wird. Eine Vd-Wetterlage bezeichnet ein nach Südosten abziehendes System. Die Bezeichnungen Va, Vc und Vd sind in der heutigen Meteorologie allerdings nicht mehr gebräuchlich.
Das Vb/a-Tief entsteht durch einen Kaltluftvorstoß über Frankreich in das westliche Mittelmeer, häufig in Verbindung mit einer Nordwestwetterlage, mit Bildung eines Tiefs im westlichen Mittelmeerraum, oder durch einen von England oder der Biskaya (Biscayatief) über Frankreich südwärts geschobenen Tiefkern (Va), der südlich der Alpen weiterzieht.
Liegt der Aktionskern über dem Mittelmeerraum, gleiten die dortigen feuchtwarmen oder über der Sahara überhitzten Luftmassen auf der (östlichen) Vorderseite des Tiefdruckgebietes auf die in Zentraleuropa der nördlicheren Zonen am Boden liegende Kaltluft auf (Aufgleiten von Südost). Weil eine südliche Strömung mit hohen Lufttemperaturen viel Feuchtigkeit transportieren kann, führt dies zu teils langanhaltenden Niederschlagsphasen, die in Staubereichen an den Alpen und höheren Mittelgebirgen auch recht ergiebig sein können (Stauniederschläge) und Hochwässer oder abnorme Schneemengen mit Lawinengefahr verursachen. Im Raum des östlichen Mittelmeeres wird trockene, warme Saharaluft gegen Südosteuropa gesteuert und führt dort zu übersteigerter Wärme, das Windereignis wird Scirocco (Jugo) genannt: Vor der Frontlinie des heranziehenden Mittelmeertiefs können sich Saharastaub-Ereignisse bis auf Mitteleuropa ausweiten. Nördlich der Alpen begleiten abnormale Föhnereignisse die Mittelmeertiefs, wenn die Niederschläge an der Alpensüdseite abregnen.
Das Mittelmeertief gehört zu den klassischen Aktionszentren des europäischen Wettergeschehens.[1]
Die Entstehungsfälle der Mittelmeertiefs sind:
Im östlichen Mittelmeer, das auf allen Seiten von Gebirgen gegen Strömungen abgeriegelt ist (nur gegen Ostsahara und Rotes-Meer-Region ist es offen), bilden sich keine Tiefkerne mehr.
Die V-Wetterlage wird in ihrer Frühphase meist allgemein Mittelmeertief genannt:
Mittelmeertiefs bilden nicht unbedingt eine ostwärts abziehende Bahn aus, sondern können auch im Raum um Italien herum zerfallen.
Besonders die Endphasen der Vb/c-Lagen pumpen über längeren Zeitraum große Feuchtigkeitsmengen nach Mitteleuropa:
Das moderne Österreichische Wetterlagen-Schema der ZAMG unterscheidet
Dabei hat sich aus der Typologie Bebbers in der heutigen Meteorologie nur der Begriff Fünf-B als Spezialfall etabliert.
Vb-Lagen treten gewöhnlich vom Frühjahr bis in den Herbst auf, können aber prinzipiell zu jeder Jahreszeit vorkommen und gehören mit nur einigen wenigen Ereignissen pro Jahr zu den selteneren Großwetterlagen Europas (Jährlichkeit ca. 2,3[4]). Die klimatologische Ursache für diese Ereignisse liegt in der geographischen Breite, in der die Aktionszentren vom Atlantik her Europa erreichen: Wenn sie etwa auf Höhe des Alpenbogens oder südlich davon eintreffen, können sie bei tendenziell südweisender Frontalzone die Mittelmeer-Route davon einschlagen. Diese globale Wettersituation bleibt manchmal auch über etliche Wochen in etwa gleich, sodass dann auch ganze Serien von Mittelmeertiefs auftreten. Aufgrund der eintretenden Bodensättigung führt das zu einer ganzen Serie von Hochwässern oder bei Schneemassenereignissen durch starken Anstieg der Schneehöhen ohne Setzung und Verbindung zu großräumigen hochlawinösen Lagen.
Die Adria-/Vb-Tiefs wurden erstmals 2014 in einer umfassenden Studie zu Zugbahnen niederschlagsrelevanter Tiefs über Mitteleuropa für den Zeitraum 1950–2010 in einem Katalog erfasst und ausgewertet (Weather Patterns, Cyclone Tracks and related precipitation Extremes, WETRAX; ZAMG und Universität Augsburg).[5] Prognosemodelle sehen eine Abnahme von sommerlichen Mittelmeertiefs gegenüber Atlantiktiefs für die nächsten Jahrzehnte, aber eine Zunahme herausragender Extrema mit Vb-Charakteristik.[6] Durch die erwartete Erwärmung des zukünftigen Klimas wird prognostiziert, dass die Jährlichkeit der Vb-Zyklone abnehmen wird. Der Rückgang der Vb-Zyklone könnte dabei durch die Verlagerung der Zyklonenspur über Europa nach Norden verursacht werden. Modellierungen haben gezeigt, dass Niederschläge der zukünftigen Vb-Zyklonen die östlichen Küsten des Mittelmeers stärker, den Alpenraum hingegen weniger beeinflussen könnten als derzeitige Vb-Zyklone.[7]
Die Mittelmeertiefs pumpen an der Ostseite warme Luftmassen der Sahara über das Mittelmeer. Dort reichern sie sich meist stark mit Feuchtigkeit an und bilden an den Gebirgen des südlicheren Europas intensiven Stauniederschlag. Das betrifft das Kastilische Scheidegebirge und die Pyrenäen, den Apennin, die Alpen, die Dinariden, und auch die Rhodopen und anderen Gebirge Südosteuropas, bei der Vb-Zugbahn auch den Karpatenbogen. Im Alpenraum und in den nördlich angrenzenden Ländern ist die Vb/a-Wetterlage wegen der oftmals heftigen Niederschläge gefürchtet.
Diese Niederschläge können extrem werden. Beim Elbhochwasser 2002 beispielsweise kam es zu extremem Regen am Erzgebirge, etwa in Zinnwald-Georgenfeld 312 mm in 24 Stunden. Solche Regenmengen führen lokal an den Oberläufen zu teils innerhalb von Stunden ansteigenden Flutwellen, und, bei großer Ausdehnung der Regenfront, an den großen Flüssen zu enormen Wassermassen. Da die Mittelmeertiefs oft wenig schnell ziehen oder gar stillstehen und permanent weiterpumpen, bis sie zerfallen, können diese Starkniederschlagsereignisse auch etliche Tage andauern.
Der nach Norden ziehende Wind kann bei Sturmstärke Wasser der Adria nach Norden drücken und sich besonders im November mit Gezeitenhochwasser überlagern und zu Acqua alta in der Lagune von Venedig führen.[8]
Ein anderer Effekt sind die noch vor der Kaltfront im Osten nordwärts angetriebenen Luftmassen Afrikas, die sich nicht mit Feuchte anreichern, sondern heißtrockene Südost- bis Südwinde bilden, den Scirocco. Diese können so intensiv werden, dass sie enorme Staubmassen weiträumig nach Europa verfrachten (Saharastaubereignisse).
In extremer Ausformung[9][10][11] kann ein Mittelmeertief ein Hurrikan/Taifun-artiges Auge, einen wolkenfreien Bereich im Zentrum ausbilden. Sie bilden sich etwa dann im Mittelmeerraum, wenn ein polarer Kaltluftvorstoß ein austropfendes Cut Off-Tief bildet.[9] In Unterscheidung zu echten Wirbelstürmen sind diese Systeme aber keine selbsterhaltenden Großwetterlagen. Im Allgemeinen treten starke Mittelmeertiefs in der Wintersaison auf, die Freisetzung der in der Wassertemperatur gespeicherten Energie (etwa > 24 °C)[9] relativ zur Lufttemperatur, wie auch die Corioliskraft, kann zwar beitragen,[12] die Zyklone wird aber durch atlantisch-mediterrane oder afrikanisch-europäische Ausgleichswinde angetrieben. Die Augenbildung hält meist nur wenige Stunden an und zerfällt schnell, weil auch insgesamt im Mittelmeerraum nicht genügend Raum für eine konvektive Selbsterhaltung vorhanden ist. Für solche Phänomene findet sich seit den 1980ern der Ausdruck Medicane (zu mediterran mit Hurricane).[9] Ähnliche Phänomene finden sich im subtropischen Nordatlantik im Bereich Bermudas-Azoren-Kanaren[9] („Überraschungshurricanes“).
Stürme dieser Art werden im Mittelmeergebiet alle paar Jahre beobachtet, Ereignisse des Typs waren etwa:[13] September 1947, September 1969, Januar 1982, September 1983[11], 13.–17. Januar 1995, 2007, November 2011 Genuatief Rolf.[14]
Winterliche Südstaulage ist etwa verantwortlich für:
Die hydrologische Saison 2009 zeichnete sich durch eine abnorm hohe Frequenz an schweren Va/Vb-Lagen aus, von Oktober bis März waren fast ein Dutzend verschiedener wetterwirksamer Mittelmeertiefs zu verzeichnen.
Keine besonderen Vorkommnisse.
Vb-Lagen:
Spezielles:
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