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Dokumentation und Forschung zu den ältesten Menschen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dokumentation und Forschung zu den ältesten Menschen und deren Langlebigkeit tragen zur Ermittlung der maximalen menschlichen Lebensspanne bei und können zugleich neue Informationen über mögliche genetische und umweltbedingte Ursachen des Alterns herausarbeiten. Was in den Genen und in der Lebensführung der Hundertjährigen oder erst recht der Hundertzehnjährigen (englisch supercentenarians) das Altern verlangsamt hat, könnte, so die Hoffnung, eines Tages als altershemmende Maßnahmen für alle Menschen genutzt und weiterentwickelt werden.
Der älteste Mensch, dessen Lebensdaten dokumentiert[1] und von fachlich einschlägigen wissenschaftlichen Institutionen anerkannt sind, ist die Französin Jeanne Calment, die 122 Jahre und 164 Tage alt wurde. Sie lebte vom 21. Februar 1875 bis zum 4. August 1997.
Die wissenschaftliche Grundlagenforschung des Alterns ist ein Teilgebiet der Gerontologie mit dem Ziel, die äußersten Grenzen des menschlichen Lebens und Körpers zu vermessen, sie zu verstehen und eines Tages über das bisherige Maß hinausschieben zu können. Dabei werden auch Vergleiche mit anderen Lebewesen, wie Mäusen und Fliegen, gezogen.[2]
Aus frühester Zeit sind Berichte von Menschen überliefert, die angeblich ein besonders hohes Lebensalter erreicht haben. Viele Altersangaben aus der Bibel (besonders aus der Zeit vor der Sintflut) von Menschen, die ein sprichwörtlich biblisches Alter erreicht haben sollen, sind unrealistisch. Besondere Bekanntheit hat der biblische Methusalem (969 Jahre, Gen 5,21–27 EU) erreicht, dessen Name noch heute als Synonym für eine sehr alte Person verwendet wird. In den meisten Fällen konnten die Altersangaben nicht bewiesen werden, da keine zuverlässigen Quellen wie Geburts- und Sterbeurkunden existierten. Zudem wurden in verschiedenen Gegenden bis ins frühe 20. Jahrhundert die Jahre doppelt gezählt (Sommer und Winter getrennt), darunter die ländlichen Gegenden des zaristischen Russlands, wobei die Umstellung bei Analphabeten dazu führen konnte, dass der Betreffende einfach in der später gebräuchlichen Zählweise langsamer weiterzählte, retrospektiv mit dem Jahr der Umstellung seiner privaten Zählung durcheinanderkam und sein wahres Alter selbst nicht genau kannte. Die Unsicherheiten änderten sich langsam mit der fortschreitenden Entwicklung des Personenstandswesens, wodurch es im späten 19. Jahrhundert bereits in vielen Ländern Geburtsurkunden gab. Das erleichterte die Suche und verringerte die Chancen für Betrüger und Hochstapler, denen bis in die jüngste Vergangenheit besonders auch das in der allgemeinen Öffentlichkeit prestigeträchtige Guinness-Buch der Rekorde mit seiner Rubrik „Ältester Mensch“ mehrfach aufgesessen war.
Der erste Mensch, der nachweislich die Grenze von 110 Jahren erreicht hat, ist der Niederländer Geert Adriaans Boomgaard. Er wurde am 21. September 1788 in Groningen geboren und starb ebenda am 3. Februar 1899. Die erste Frau, die erwiesenermaßen 110 Jahre alt wurde, ist die Engländerin Margaret Ann Neve, die am 18. Mai 1792 auf der Kanalinsel Guernsey als Margaret Ann Harvey[3] zur Welt kam und am 4. April 1903 verstarb (110 Jahre, 321 Tage). Delina Filkins (4. Mai 1815 – 4. Dezember 1928) aus New York überschritt zuerst die 113 Jahre und hielt den Altersrekord mehr als 50 Jahre lang.
Der heute verlässlich dokumentiert älteste Mensch ist Jeanne Calment (21. Februar 1875 – 4. August 1997). Die Französin wurde in der Stadt Arles in der Provence geboren. Als Kind war sie noch Vincent van Gogh begegnet. Ihre 122 Jahre und 164 Tage stellen die längste bisher zweifelsfrei dokumentierte Lebensdauer dar. Der vom Guinness-Buch der Rekorde akzeptierte männliche Altersrekordler ist Jiroemon Kimura (19. April 1897 – 12. Juni 2013),[4] der ein Alter von 116 Jahren und 54 Tagen erreichte. Eine detaillierte wissenschaftliche Untersuchung seines Alters steht jedoch noch aus.
Etwa 2000 über 110-Jährige sind in der Geschichte sicher bezeugt worden. Dabei handelt es sich zweifellos nur um einen Bruchteil derer, die wirklich gelebt haben, da die Lebensspanne der Mehrheit dieser Menschen nicht erfasst und (verlässlich) dokumentiert wurde. Ende der 2000er Jahre wurden die Forschungsergebnisse voneinander unabhängiger Forscher in einem internationalen Projekt des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock zusammengetragen und 2010 in der Monografie Supercentenarians veröffentlicht.[5]
In fast allen Teilauswertungen erreichen die ältesten Frauen ein etwas höheres Alter als die ältesten Männer. Dieser statistisch signifikante Unterschied beträgt etwa drei Jahre. Die den Weltrekord haltende Jeanne Calment wurde sogar mehr als sechs Jahre älter als der älteste Mann, Jiroemon Kimura. Für diesen Vorteil der Frauen gibt es unterschiedliche theoretische Erklärungen. Die höhere maximale Lebensspanne von Frauen wird dabei oft mit den gleichen Theorien erklärt wie ihre höhere durchschnittliche Lebenserwartung. Eine Gruppe von Theorien betrachtet den Vorteil der Frauen sozusagen als schicksals- und naturgegeben: Der männliche Hormonhaushalt oder andere spezifisch männliche Körpermerkmale würden demnach zu einem etwas schnelleren Verschleiß des Körpers führen. Eine andere Gruppe von Theorien sieht den Unterschied eher als Folge geschlechtsbedingter Rollen: Männer werden häufiger in Kriegen, gefahrgeneigter Arbeit, körperlich schädigenden Tätigkeiten eingesetzt, sie suchen bei Krankheitssymptomen seltener einen Arzt auf, rauchen mehr und trinken mehr Alkohol usw. Bei allen Säugetierarten, zum Beispiel bei Labormäusen, leben die Weibchen im Durchschnitt länger als die Männchen. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze: Männchen haben einen größeren Körper, und jeweils in einer Säugetierart leben die kleineren Exemplare im Schnitt länger als die großen: Kleine Hunderassen können 16 Jahre erreichen, während große Hunde meist schon nach neun Jahren sterben. Kleine Menschen haben eine höhere Lebenserwartung als große. Wenn die geringere Körpergröße allerdings nicht genetisch bedingt ist, sondern aus schlechter Ernährung resultiert, kehrt sich die Regel um: Dann haben größere Menschen die höhere Lebenserwartung. Dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron wird eine lebensverkürzende Wirkung zugeschrieben: Eunuchen leben im Schnitt länger als nicht kastrierte Männer, allerdings neigen sie zum Übergewicht, was das Leben wieder verkürzt. Generell haben anabole (stoffwechselanregende) Hormone wie Wachstumshormone und die männlichen Geschlechtshormone eine lebensverkürzende Wirkung, vielleicht indem sie zu stärkerem oxidativem Stress führen. Ein weiterer Erklärungsansatz für die höhere Lebensspanne von weiblichen Säugetieren und Menschenfrauen ist, dass bei der zyklischen Menstruationsblutung Schadstoffe, Schwermetalle sowie das oxidativ wirkende Eisen aus dem Körper geschwemmt werden. Noch ein Erklärungsansatz ist, dass Frauen aufgrund ihres doppelten X-Chromosoms besser vor Erbkrankheiten und vorzeitigem Tod geschützt sind.
Fast alle Altersrekordler kommen aus den vergleichsweise reichen Ländern des Nordens, aus Europa, Japan, Nordamerika, dort allerdings aus allen ethnischen Gruppen. Als Grund, warum keine entsprechenden Meldungen aus der „Dritten Welt“ kommen, in der der weitaus größere Teil der Weltbevölkerung lebt, wird unter anderem angesehen, dass wegen schlechter medizinischer Versorgung, Krankheiten, Ernährungsmangels, schlechter Bildung etc. die Menschen aus ärmeren Ländern eine geringere Chance haben, überhaupt erst die ersten hundert Jahre zu überstehen und dann weniger Menschen übrig bleiben, die ihre maximale Lebensspanne ausschöpfen können. Als weiterer Grund wird angesehen, dass die Geburtenregistrierung in den besagten Ländern vor allem im 19. Jahrhundert eher lückenhaft war. Somit könnte lediglich die Statistik verzerrt sein, was bei solchen Untersuchungen häufig der Fall ist. Auch erfüllte die Geburtenregistrierung in vielen Ländern im 19. Jahrhundert noch nicht die strengen Bedingungen, die heute an einen exakten individuellen Altersnachweis von Hochbetagten und Höchstbetagten gestellt werden.[6]
Seit Jeanne Calment sehen Wissenschaftler im lebenslangen Ausbleiben ernsthafter Erkrankungen Indizien dafür, dass Langlebigkeit bzw. verlangsamtes Altern genetisch beeinflusst sein kann.[7] Viele Hundertjährige wissen von ungewöhnlich vielen Angehörigen zu berichten, die ebenfalls ein sehr hohes Alter erreicht haben. Allein scheinen diese „Methusalem-Gene“ nicht auf eine bestimmte Population oder eine Gruppe von Populationen beschränkt zu sein und treten vermutlich in der gesamten Menschheit auf. Dafür spricht, dass unter den „Supercentenarians“ Menschen der unterschiedlichsten Völker, wie Europäer, Asiaten (Japaner) und auch afrikanischstämmige US-Amerikaner gleichermaßen vertreten sind.
Die Suche nach einer Insel der Jugend hat die Menschheit seit Beginn ihrer schriftlichen Überlieferung (Gilgamesch) beschäftigt. Ponce de León hat das Land der Jugend vergeblich in Florida gesucht, und im 20. Jahrhundert schrieb James Hilton über Shangri-La. Die Altersdemographie hat dieses Land noch nicht gefunden. Es müsste ein Land sein, das die Mehrzahl aller „Supercentenarians“ stellt und dem Rest der Welt nur einen geringen Teil der Rekorde überlässt. Die urkundlich belegten Altersrekorde aber verteilen sich rund um den Globus, ohne einen einzelnen Landstrich besonders zu bevorzugen. Es gibt gewisse Indizien, dass man in der Provinz Nuoro, Sardinien, auffällig viele Hundertjährige findet und deren Alter auch urkundlich belegen kann, desgleichen in Okinawa sowie in Kyotango, Präfektur Kyoto, Japan. Es gibt weiterhin eine Reihe legendärer und meist sehr abgelegener Landstriche und Ethnien, über deren Altersrekorde berichtet wird (Abchasen, Hunzukuc). Es gibt jedoch keine ausreichenden Belege, bevor entweder das Personenstandswesen weiter fortgeschritten ist oder medizinische Methoden zur exakten objektiven Altersbestimmung entwickelt sind. Möglicherweise werden unbelegte regionale Auffälligkeiten entdeckt und so ließe sich eine Insel der Jugend bestimmen.
Diese Auflistung des ältesten Menschen erfasst Personen ab dem ersten Supercentenarian, die jeweils das höchste nachweislich erreichte Lebensalter hatten, bis ihr Nachfolger älter wurde als sie.
Name Lebensdaten erreichtes Alter (= Tage) |
M/F | Land | Altersrekord von – bis | Rekorddauer in Jahren und Tagen |
---|---|---|---|---|
Geert Boomgaard 21. September 1788 – 3. Februar 1899 110 Jahre und 135 Tage (40.311) | Mann | Niederlande | 21. September 1898 – 30. September 1902 | 4 Jahre und 9 Tage |
Margaret Ann Neve 18. Mai 1792 – 4. April 1903 110 Jahre und 321 Tage (40.496) | Frau | Vereinigtes Königreich | 1. Oktober 1902 – 18. August 1925 | 22 Jahre und 321 Tage |
Louisa Thiers 2. Oktober 1814 – 17. Februar 1926 111 Jahre und 138 Tage (40.680) | Frau | Vereinigte Staaten | 19. August 1925 – 19. September 1926 | 1 Jahr und 31 Tage |
Delina Filkins 4. Mai 1815 – 4. Dezember 1928 113 Jahre und 214 Tage (41.487) | Frau | Vereinigte Staaten | 20. September 1926 – 14. November 1980 | 54 Jahre und 55 Tage |
Fannie Thomas 14. April 1867 – 22. Januar 1981 113 Jahre und 283 Tage (41.556) | Frau | Vereinigte Staaten | 15. November 1980 – 13. Mai 1985 | 4 Jahre und 179 Tage |
Augusta Holtz 3. August 1871 – 21. Oktober 1986 115 Jahre und 79 Tage (42.082) | Frau | Deutschland Vereinigte Staaten | 14. Mai 1985 – 19. August 1989 | 4 Jahre und 100 Tage |
Easter Wiggins 1. Juni 1874 – 7. Juli 1990 116 Jahre und 36 Tage (42.405) | Frau | Vereinigte Staaten | 20. August 1989 – 29. März 1991 | 1 Jahr und 220 Tage |
Jeanne Calment 21. Februar 1875 – 4. August 1997 122 Jahre und 164 Tage (44.724) | Frau | Frankreich | 30. März 1991 – | 33 Jahre und 280 Tage |
Um zu den 100 ältesten Menschen der Geschichte zu gehören, deren Alter nachgewiesen werden konnte, beträgt das Mindestalter momentan 114 Jahre und 236 Tage. Diese Liste der ältesten Menschen wird derzeit von Jeanne Calment angeführt. Zu den nach Geschlechtern getrennten Auflistungen siehe die Liste der ältesten Männer und die Liste der ältesten Frauen. Als ältester lebender Mensch der Welt gilt mit einem Alter von 116 Jahren und 210 Tagen die Brasilianerin Inah Canabarro Lucas, geboren am 8. Juni 1908.[A 1].
Im Laufe der Zeit hat es immer wieder Menschen gegeben, die sich für deutlich älter ausgaben oder hielten, als sie tatsächlich waren.[20] Manche hielten sich für 125, 150 oder gar über 200 Jahre alt.
Auch noch in jüngster Zeit behaupten zahlreiche Menschen (bzw. deren Angehörige), ein außergewöhnlich hohes Alter erreicht zu haben, ohne dass diese Angaben von Gerontologen verifiziert werden könnten. Stets können keine stichhaltigen Belege wie originale Geburtsurkunden oder andere Dokumente aus den ersten 20 Lebensjahren vorgewiesen werden, die jedoch notwendig sind, um einen Nachweis über Identität und Alter der Person zu führen. Oftmals geben schon die näheren Umstände Anlass zur Skepsis, beispielsweise wenn die betreffenden Personen oder ihre Familien verhältnismäßig spät an die Öffentlichkeit gehen, obwohl sie aufgrund ihres Alters schon seit mehreren Jahren der älteste Mensch sein könnten. Der Gerontologe Robert D. Young von der Gerontology Research Group erklärte 2016, dass nach seinen Erfahrungen „Altersbehauptungen von mehr als 120 Jahren zu 100 Prozent falsch“ seien.[37]
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