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deutscher evangelischer Theologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Johann Konrad Wilhelm Löhe (* 21. Februar 1808 in Fürth; † 2. Januar 1872 in Neuendettelsau) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Theologe. Wegen der Gründung eines Mutterhauses für Diakonissen wurde er als fränkischer Diakonissenvater bekannt. Durch seine Schriften hat er zur Profilierung der Lutherischen Kirche beigetragen.
Wilhelm Löhes Eltern waren der Kaufmann Johann Löhe (1764–1816) und Barbara Maria (geborene Walthelm, 1770–1853), die sich 1789 verheirateten. Aus dieser Ehe gingen dreizehn Kinder hervor, wovon sieben im Kindesalter verstarben. Bei seiner Geburt hatte er vier ältere Schwestern (Anna, Lisette, Barbara Conradina und Dorothea), nach ihm wurde noch sein Bruder Max geboren. Sein Vater starb früh, die Mutter erzog das Kind im Geist des Pietismus. Mit der Schulzeit in Nürnberg kam der als einsames Kind beschriebene Löhe erstmals in Kontakt mit dem Gedankengut der Aufklärung. 1826 studierte Löhe Evangelische Theologie in Erlangen, wo ihn vor allem Christian Krafft und Karl von Raumer beeinflussten. Anfangs war er Mitglied der Burschenschaft der Bubenreuther, wurde aber wegen häufiger Abwesenheit bald wieder ausgeschlossen.[1] In Erlangen lernte er durch David Hollaz das Luthertum kennen. Die wichtigste Lektüre jener Zeit war für Löhe Thomas von Kempens Von der Nachfolge Christi. Es ist möglich, dass er sich schon damals vom herrschenden Rationalismus abwandte.
1828 studierte Löhe ein Semester in Berlin und besuchte unter anderem die Vorlesungen von Friedrich Schleiermacher und Georg Hegel. Beide Denker blieben ihm jedoch fremd, wie er später schreibt. 1829 kehrte er aus familiären Gründen zurück nach Erlangen und bestand dort 1830 sein Examen. Bei der Ordination 1831 empfand er sich bereits als ein bekenntnistreuer Lutheraner.
In den folgenden Jahren wechselte Löhe als Vikar und Pfarrverweser mehrfach die Pfarrstelle. So war er in Nürnberg, Behringersdorf, Lauf, Altdorf, Bertholdsdorf und Merkendorf. Er beschäftigte sich vor allem mit Fragen des Abendmahls und der Kirchenverfassung und nahm Anteil am Kampf der schlesischen Altlutheraner gegen die preußische Union.
Ab 1837 war er Pfarrer in Neuendettelsau; seine spätere Frau Helene Andreae (1819–1843) hatte er vorher in Nürnberg kennengelernt und im Juli 1837 geheiratet. In Neuendettelsau war Löhe im Geiste des Neuluthertums tätig.
Die 1845 erschienenen Drei Bücher von der Kirche belebten im entstehenden Neuluthertum die Diskussion um das Wesen von Kirche. Schon 1847 veröffentlichte der Erlanger Franz Delitzsch seine Vier Bücher von der Kirche explizit in Bezug auf das Löhe-Werk. Löhe ging es, wie er Delitzsch schreibt, in seinem Buch darum, „[...] in der Zerrissenheit der Kirche denjenigen Fleck aufzuzeigen, wo die Wahrheit ihr völligstes Zeugnis gibt“ Und: „[...] in den Bekenntnissen unserer Väter [haben wir] [...] den historischen Boden wieder gefunden [...], auf welchem wir fortschreiten können.“ Die lutherische Kirche aber ist dabei die einigende „Mitte der Konfessionen“.
Löhe wandte sich gegen einen Unionismus in der Evangelischen Kirche; er unterschied stark zwischen reformiert und lutherisch. Einer seiner Biographen, Friedrich Wilhelm Kantzenbach, hat auf Missverständlichkeiten hingewiesen. Löhes Ekklesiologie beispielsweise mit einer an Cyprian angelehnten Forderung, dass „jeder, welcher zur unsichtbaren Kirche zu gehören wünscht, auch zur sichtbaren gehören müsse“, blieb nicht unbestritten. Schließlich geriet Löhe mit seinem Verständnis vom Amt, das er als begründenden Ausgangspunkt der Gemeinde, nicht als ihr Resultat ansah, dann mit einem Teil seiner in die USA ausgewanderten Schüler und mit Oberkonsistorialpräsident Adolf Harleß aneinander – wurde von diesem aber insgesamt verstärkt in die Kirche eingebunden.
In praktischer Konsequenz versuchte Löhe, die altlutherische Liturgie wiederzubeleben, akzentuierte den Begriff der Kirchenzucht neu und griff selbst (und auch mittels seiner zunehmenden Anhängerschar) oft in das kirchenpolitische Tagesgeschehen ein. So wird auf ihn die ab 1853 bestehende Selbstbezeichnung der evangelischen Kirche Bayerns als „evangelisch-lutherisch“ zurückgeführt (Schumann).
Sein liebendes Dienen als Diakonissenvater und die Gründung der Anstalt in Neuendettelsau sowie deren Aufbau und Erweiterung ist eines der prägendsten Projekte Löhes. Durch seine eigenen vielen Schicksalsschläge, seiner Vergangenheit und seiner Herkunft „will [er] Frauen eine Ausbildung und einen eigenständige[n] Beruf(e) geben. Dieses Anliegen ist revolutionär und emanzipatorisch“[2]. Hinzu kommt, dass der Seelsorger sich für das Erreichen seines fürsorglichen Handelns einsetzt[3]. Zunächst wird sein besonderes Verhältnis zur Frau näher betrachtet, dieses ist geprägt von seiner Ehefrau Helene. Für ihn haben Männer und Frauen, vor allem seine Diakonissenschwestern, dasselbe Ziel zum Besten zu streben[4]. Mann und Frau gehen „Hand in Hand demselben ewigen Leben entgegen“[5]. Jedoch beschreibt der Pfarrer die Beziehung von ihnen folgendermaßen: „Er ist Herr – sie ist Gehilfin des Herrn, ihres Mannes“[6]. Das bedeutet, dass die Frauen den Männern untergeordnet sind und sich dieser Rolle bewusst sein müssen. Allerdings spielt es für den Geistlichen keine Rolle, ob die Frau verheiratet oder ledig ist, da beide im „Dienst für Christus“[7] handeln. Bei der Ehefrau bezieht sich es auf ihre familiäre Position und bei der Alleinstehenden auf ihre Pflege für alte und kranke Menschen. Der Theologe wertet unverheiratete Frauen auf[7]. Aus Sicht der Diakonissenschwestern stellt Löhe eine große Bereicherung dar und sie loben sein Auftreten. Seine Besonderheit ist es jede Frau individuell zu unterstützen und ihr zu helfen. Der Diakonissenvater hat eine große Bedeutung als Seelsorger für seine Schülerinnen und ist ihr „unentbehrliche[r] Beichtvater“[8]. Manche Diakonissenschwestern stehen ihm auch kritisch gegenüber aufgrund seiner strikten, aber doch sprunghaften Art. Allerdings ist und bleibt er ihr „richtung[s]weisende[r] Vater“[9]. Positiv auf ihr Verhältnis wirkt sich seine Bereitschaft ihre Kritik anzunehmen und Verständnis gegenüber ihnen zu zeigen. Sein Ziel ist es „vorhandene Fähigkeit[en] zu weiblich-christlichem Liebesdienst“[10] der Diakonissen weiter zu prägen und den Frauen eine kirchliche und vielfältige Ausbildung zu ermöglichen. Wilhelm Löhe achtet immer darauf, dass die Bildung der Diakonissen zu den liturgischen Ansprüchen der lutherischen Kirche passt, sie Mitschriften führen und sich finanzielles Wissen und praktisches Geschick aneignen. Außerdem ist er sich sicher, dass er nur Frauen aufnehmen will, die freiwillig kommen und interessiert sind. Für ihn spielt es keine Rolle, ob die Frauen danach wieder zu ihren Familien zurückkehren oder weiter als Diakonissenschwestern arbeiten.[11]
Löhe wurde gleichzeitig mit Theodor Fliedner Begründer einer lutherischen Mission. Seit 1841 wurden dort Missionare für die Seelsorge der nach Nordamerika Auswandernden ausgebildet. So hat er Einfluss auf die kirchliche Prägung der Neuen Welt genommen.[12]
1853 wurde die Ausbildung von Frauen in der Diakonie eingeführt, um Frauen in sozial schwieriger Lage eine Möglichkeit zu eröffnen. Durch die Diakonissen konnten personell problematische (vor allem dörfliche) Regionen nun besser versorgt werden.
1854 wurde dem ein Lutherischer Verein für weibliche Diakonie zur Seite gestellt, der vor allem Mädchen und Frauen ansprechen sollte, die den radikalen Schritt zur Diakonisse nicht gehen wollten. Das Neuendettelsauer Mutterhaus entwickelte sich schnell auch zur geistigen Heimat der dort Ausgebildeten. Die Diakonie Neuendettelsau besteht bis heute.
Löhes Ansätze – Gründung eines Vereins für ein apostolisches Leben oder der Versuch, eine bischöflich-brüderliche Kirche in lutherischem Geist zu begründen – ließen sich so nicht umsetzen. Ergebnis dieser Bemühungen war aber die 1849 ins Leben gerufene und bis heute bestehende Gesellschaft für Innere und Äußere Mission. Die Gründung der „Gesellschaft“ erfolgte mit dem Ziel, entschiedene Christen zu sammeln und ihnen zu einem Leben in der Nachfolge Jesu zu verhelfen. Christen sollten auf der Grundlage der Schrift und der lutherischen Bekenntnisse „Kern, Licht und Salz“ in den Gemeinden sein.
Näherhin versteht Löhe die Mission als „die Eine Kirche Gottes in ihrer Bewegung“ und damit als „die Verwirklichung Einer allgemeinen, katholischen Kirche“. Ihr Ziel ist die Verbreitung des Evangeliums „‚soweit die Wolken gehen‘ und die Lüfte wehen“. Somit werde „eine Kirche aller Völker“ gesammelt und das „Werk Gottes in der letzten Stunde der Welt“ erfüllt.[13]
Löhe erwog zeitweilig, die Landeskirche zu verlassen und eine lutherische Freikirche zu gründen.
Als Löhe 1872 verstarb, hinterließ er ein umfangreiches Werk sowohl als Publizist wie als Gründer von Institutionen.
In Neuendettelsau dokumentiert ein Löhe-Zeit-Museum sein Wirken. In seinem Geburts- und Elternhaus in Fürth befindet sich ein Gedenkraum mit einer Ausstellung zu Wilhelm Löhe.
Von der Gründung 1901 bis zur Erweiterung des Schulgebäudes in der Rollnerstraße hieß die Schule ganz offiziell: „Höhere Mädchenschule der evangelisch-lutherischen Diakonissenanstalt Neuendettelsau mit Erziehungsinstitut zu Nürnberg“. Am 20. Februar 1932 wurde dann das Schulgebäude unter dem Namen „Wilhelm-Löhe-Schule“ feierlich eingeweiht. Primär wollte man durch diese Namensgebung den Neuendettelsauer Diakonissen ein Dankeszeichen setzen. Diese hatten ganz im Sinne Löhes auf dringende Bitten aus Nürnberg die Gründung der Schule gewagt. Doch vor allem konnte sich die Schule mit den Idealen, Gedanken und Ideen Löhes identifizieren, besonders mit seiner Auffassung von Schule und ihrem Zweck.
Wilhelm Löhe ist Namenspatron der 2012 durch die damalige Diakonie Neuendettelsau gegründeten „Wilhelm Löhe Hochschule“ in Fürth.
Folgende Kirchen erinnern am 2. Januar an Wilhelm Löhe:
Seit 2008, dem 200. Geburtsjahr von Wilhelm Löhe, wird von der Löhe-Kultur-Stiftung eine Medaille an Personen verliehen, die sich um sein Werk und seine Person verdient gemacht haben.[14]
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