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grundlegender Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ein Wahrscheinlichkeitsraum, kurz W-Raum, ist ein grundlegender Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Wahrscheinlichkeitstheorie. Es handelt sich um ein mathematisches Modell zur Beschreibung von Zufallsexperimenten. Hierbei werden die verschiedenen möglichen Ausgänge des Experiments zu einer Menge zusammengefasst. Teilmengen dieser Ergebnismenge können dann unter bestimmten Voraussetzungen Zahlen zwischen 0 und 1 zugeordnet werden, die als Wahrscheinlichkeiten interpretiert werden.
Der Begriff des Wahrscheinlichkeitsraums wurde in den 1930er Jahren durch den russischen Mathematiker Andrei Kolmogorow eingeführt, dem damit die Axiomatisierung der Wahrscheinlichkeitsrechnung gelang (siehe auch: Kolmogorow-Axiome).
Die Grundidee ist folgende: wir wählen eine Grundmenge, zum Beispiel . Mit Hilfe der Elemente in bilden wir nun eine komplexere Menge , welche enthält, aber noch weitere Mengen, zum Beispiel . Als letztes definieren wir eine Funktion , welche jeder Menge in eine Wahrscheinlichkeit zuordnet, d. h. .
Ein Wahrscheinlichkeitsraum ist ein Maßraum , dessen Maß ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist.
Im Einzelnen bedeutet das:
Der Messraum wird auch Ereignisraum genannt. Ein Wahrscheinlichkeitsraum ist also ein Ereignisraum, auf dem zusätzlich ein Wahrscheinlichkeitsmaß gegeben ist.
Konkret bedeutet die Definition, dass durch dieses Modell Wahrscheinlichkeit als rein axiomatisch begründetes Konstrukt (also nicht empirisch bestimmt, wie von Mises es versuchte, und auch nicht subjektiv empfunden) messbar gemacht wird. Tragend ist hier unter anderem der Gedanke, die Menge aller möglichen Ausgänge des Zufallsexperiments als sich gegenseitig ausschließende Ergebnisse zu konstruieren. Am Beispiel des Glücksrades wird dies deutlich: Beim Drehen kann das Rad nur in einer einzigen Winkelstellung zu einer gedachten Null-Position stehen bleiben. In der Folge kann dem aber auch nur eine einzige der drei aufgemalten Zahlen 1, 2, 3 zugeordnet werden, das Rad kann nicht im Sektor 1 und gleichzeitig im Sektor 2 stehen bleiben. Ein Mechanismus verhindert, dass es genau auf der Grenze der beiden stehen bleibt. Damit ist das gleichzeitige Eintreffen zweier Elementarereignisse ausgeschlossen, sie sind disjunkt.
Der Wahrscheinlichkeitsraum ist hier das Tripel mit der Ergebnismenge , dem Ereignissystem und den Zuordnungnen und von Wahrscheinlichkeiten zu den Elementarereignissen und . Aus der Additivität der Wahrscheinlichkeit für disjunkte Ereignisse ergibt sich beispielsweise
Ein Wahrscheinlichkeitsraum heißt ein diskreter Wahrscheinlichkeitsraum, wenn die Ergebnismenge endlich oder abzählbar unendlich ist und die σ-Algebra die Potenzmenge ist, also .[1] Bei manchen Autoren wird bei Einführungen in die Thematik auf die Angabe der σ-Algebra verzichtet und stillschweigend von der Potenzmenge ausgegangen. Dann wird nur das Tupel als diskreter Wahrscheinlichkeitsraum bezeichnet.[2]
Etwas allgemeiner wird ein Wahrscheinlichkeitsraum mit beliebiger Grundmenge diskreter Wahrscheinlichkeitsraum genannt, wenn es ein endliches oder abzählbar unendliches Ereignis mit gibt ( ist dann ein fast sicheres Ereignis). heißt dann diskretes Wahrscheinlichkeitsmaß und heißt Träger von .[3]
Ein endlicher Wahrscheinlichkeitsraum ist ein Wahrscheinlichkeitsraum, dessen Grundmenge endlich ist und dessen σ-Algebra die Potenzmenge ist. Jeder endliche Wahrscheinlichkeitsraum ist ein diskreter Wahrscheinlichkeitsraum, dementsprechend wird auch hier teils auf die Angabe der σ-Algebra verzichtet.
Ist speziell , versehen mit der Bernoulli-Verteilung, also , so spricht man von einem Bernoulli-Raum.[4]
Ein symmetrischer Wahrscheinlichkeitsraum,[5] auch Laplacescher Wahrscheinlichkeitsraum oder einfach Laplace-Raum[6] genannt (nach Pierre-Simon Laplace), besteht aus einer endlichen Grundmenge . Als σ-Algebra dient die Potenzmenge und die Wahrscheinlichkeitsverteilung wird durch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion definiert als
Dies entspricht genau der diskreten Gleichverteilung. Symmetrische Wahrscheinlichkeitsräume sind immer endliche und damit auch diskrete Wahrscheinlichkeitsräume. Demnach wird auch hier gelegentlich auf die Angabe der σ-Algebra verzichtet.
Ein Wahrscheinlichkeitsraum heißt vollständig (oder ein vollständiger Wahrscheinlichkeitsraum), wenn er, aufgefasst als Maßraum, ein vollständiger Maßraum ist.[7] Der Wahrscheinlichkeitsraum ist vollständig, wenn für jedes Ereignis , das die Wahrscheinlichkeit Null hat, alle Teilmengen von Ereignisse sind, also in enthalten sind.
Ein Ereignis heißt Atom des Wahrscheinlichkeitsraums , falls gilt und falls für jedes Ereignis mit entweder oder gilt. Ein Wahrscheinlichkeitsraum heißt atomlos, wenn kein Ereignis ein Atom ist.[8]
Atomlose Wahrscheinlichkeitsräume sind von Interesse, da sie reelle Zufallsvariablen mit stetiger Verteilungsfunktion zulassen.[9] Insbesondere existiert eine Zufallsvariable mit einer stetigen Gleichverteilung auf dem Intervall .[10]
Des Weiteren existieren noch
Ein Beispiel eines diskreten Wahrscheinlichkeitsraumes ist
Dann ist ein diskreter Wahrscheinlichkeitsraum.
Ein Beispiel eines reellen Wahrscheinlichkeitsraumes ist
Dann ist ein Wahrscheinlichkeitsraum.
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