Villa Musculus
Wohnhaus in Eisenach, Schloßberg 10 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wohnhaus in Eisenach, Schloßberg 10 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Villa Musculus ist ein Wohnhaus in Eisenach, Schloßberg 10. Es befindet sich in der Villenkolonie Südviertel, ist Bestandteil des Denkmalensembles Predigerberg und zudem als Einzeldenkmal ausgewiesen.
Das Gebäude wurde 1897–1899 nach Plänen eines Eisenacher Architekten im Stil der Neorenaissance errichtet. Der dreigeschossige Baukörper ist durch zwei Zwerchhäuser, einen Eckturm, Erker und mehrere Loggien vielfältig gegliedert. Die Wandflächen sind aus grauem, quaderartig vermauertem Werkstein hergestellt. Fenster- und Türlaibungen, Gesimse, Pilaster und andere architektonische Verzierungen sind aus rotem Sandstein gefertigt.
Das Haus steht auf einem großen, naturnah gestalteten Grundstück direkt am Waldrand.
Erstbesitzerin war eine Elise Musculus (auch Muskulus), die das Haus als Rentnerin 1920 immer noch bewohnte. Als weitere Bewohner wurden im Adressbuch von 1920 ein Herr Gerhard, Stadtrat, eine Frl. Emilie Hecht, Gesellschafterin, und Karl Kehmel, Gärtner, genannt.[1]
Später wurde das Haus von Josef Wiesen, Landesrabbiner des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach, erworben. Er bewohnte es mit seiner Familie und betrieb dort ein Erziehungsheim für schwachbefähigte, nervöse und schwer erziehbare Kinder. In der Zeit des Nationalsozialismus unterstützte er verfolgte Juden und beherbergte sie. Nach der Zerstörung der Eisenacher Synagoge führte er in seinem Haus Gottesdienste durch. Am 19. September 1942 wurde der inzwischen 77-jährige Josef Wiesen in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 15. November desselben Jahres verstarb. Als Todesursache wurde Darmkatarrh und Arteriosklerose angegeben.[2] Sein Sohn Dr. Erich Wiesen wurde mit seiner Familie am 1. März 1943 als eine der letzten jüdischen Familien Eisenachs nach Auschwitz deportiert. Seine Schwiegertochter Irma (1909–1943) und sein Enkel Kurt Peter Wiesen (1933–1943) wurden dort ermordet.[3] Lediglich Erich Wiesen überlebte und kehrte zunächst nach Eisenach zurück. Nachdem es ihm dort nicht gelang, die von der Stadt beschlagnahmte und inzwischen von anderen genutzte Villa Musculus zurückzubekommen, wanderte er in die USA aus.[4]
In den 1980er Jahren wurden nach einem Hochwasser 1981 Teile der städtischen Hilfsschule Pestalozzischule in der Villa untergebracht.[5]
1999 war die Villa stark sanierungsbedürftig und vom Hausschwamm befallen. Durch die Gruppe2 Architekten Wolfgang Liese-Grässer wurde eine Planung erstellt, das Gebäude nach kompletter Entkernung zu einem Wohnhaus mit acht Eigentumswohnungen umzubauen. Die Realisierung erfolgte im Folgejahr 2000.[6]
Zum Gedenken an Josef Wiesen und seine Familie wurden am 21. Juni 2011 vor dem Grundstück drei Stolpersteine, für ihn, für Irma und seinen Enkel Kurt Peter in den Gehweg eingelassen. Kurt Peter Wiesen war das jüngste aus Eisenach deportierte Kind und wurde nicht einmal 10 Jahre alt.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.