Den ursprünglichen Text verfasste Marx nach Aussage von Engels „im Frühjahr 1845“, jedenfalls nicht später als Anfang Juni 1845 in Brüssel. Er ist in seinem Notizbuch 1844–1847 unter der Überschrift „1. ad Feuerbach“ enthalten und wurde zwischen April und Juni 1845 datiert.[1]
Marx kritisiert Feuerbach auf der Basis der hegelschenDialektik. In seiner elften These, „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretirt, es kömmt drauf an sie zu verändern“,[2] fasst er seine Haupteinwände gegen Feuerbach zusammen. Feuerbach verbleibe bei einem anschauendenMaterialismus und könne daher die Gesellschaft nicht als materielle Wirklichkeit begreifen, die aus dem Handeln der Menschen erwachse, und vergesse, dass die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muss.
Marx betont die dialektische Spannung zwischen abstraktemIndividuum und Gesellschaft. Das Individuum kann materialistisch nur als Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse verstanden werden. Die gesellschaftlichen Verhältnisse selbst sind wiederum Ergebnis des Handelns menschlicher Individuen. Als Ausweg, der die anschauende Reproduktion der bürgerlichen Gesellschaft überwindet und zu einer menschlichen Gesellschaft oder vergesellschafteten Menschheit führt, bleibt nur ein revolutionärer Prozess der Praxis.
Archiv K. Marx und F. Engels, Bd. 1, Moskau 1924, S.203–210. (Original Entzifferung und Faksimile) (russisch)
Karl Marx: Thesen über Feuerbach. [Nach dem mit dem Marxschen Manuskript von 1845 verglichenen Text der Ausgabe von 1888] In: Karl Marx, Friedrich Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden. Band 2, Berlin 1955.
Olaf Miemiec: Ein neuer Kommentar zu den Feuerbach-Thesen von Marx. Teil I. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2020/21. Argument, Hamburg 2022. ISBN 978-3-86754-687-4, S.83–116.