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US-amerikanische Spezialistin für den Entwurf von Anlagen für die kommerzielle Tierhaltung, Savant, Autistin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mary Temple Grandin (* 29. August 1947 in Boston) ist die führende US-amerikanische Spezialistin für den Entwurf von Anlagen für die kommerzielle Viehhaltung. Sie ist Dozentin für Tierwissenschaften an der Colorado State University in Fort Collins und Autistin.
Als Temple Grandin zwei Jahre alt war, wurde bei ihr ein „Hirnschaden“ diagnostiziert. Sie sprach bis zum Alter von dreieinhalb Jahren nicht und zeigte noch andere Verhaltensauffälligkeiten wie heftige Wutausbrüche und langes Betrachten von Details an Gegenständen. Ihre Eltern missachteten den Rat der Ärzte, sie in ein Heim zu geben, und förderten sie von da an intensiv, indem sie an ihre Interessen und Neigungen anknüpften. Grandin wurde von einem sprachheilpädagogischen Kindergarten aufgenommen. Eine Nanny sorgte für die ersten Schritte zur Kommunikation mit anderen Kindern. Danach besuchte sie eine Reihe von Privatschulen. Diese Förderung ermöglichte es ihr, experimentelle Psychologie zu studieren und an der Universität von Illinois (Urbana) eine Doktorarbeit im Fach Tierwissenschaften zu schreiben.[1]
Seit 1990 lehrt sie dieses Fach an der Colorado State University in Fort Collins. Dort betrieb sie auch die von ihr in den 1980er-Jahren entwickelten „Grandin Livestock Systems“ (Grandin-Viehhaltungsmethoden).[2] Ihr mühsam erlernter Wortschatz, den sie sich nach eigener Aussage wie eine Fremdsprache aneignen musste, ist heute so umfangreich, dass sie problemlos humorvolle, mehrstündige Vorlesungen halten kann.
Während einer Autofahrt mit ihrer Tante hatte sie zufällig eine entscheidende Beobachtung am Straßenrand gemacht: Rinder in einer Pressmaschine, damit diese geimpft werden konnten.
„Ich war völlig fasziniert von dem Anblick der in diese Maschine gepferchten Tiere. Man sollte meinen, daß die Rinder panisch reagieren, wenn sie so in die Zange genommen werden, doch das Gegenteil ist der Fall. Sie werden plötzlich ganz ruhig. Das ist gar nicht so unlogisch, wenn man bedenkt, daß starker Druck äußerst beruhigend wirkt. Aus demselben Grund empfinden wir auch Massagen als angenehm. Der Fang- und Behandlungsstand gibt den Rindern höchstwahrscheinlich das Gefühl, das sonst nur Neugeborene haben, wenn man sie wickelt. Oder Taucher unter Wasser. Sie mögen das. Noch während ich die Rinder betrachtete, wurde mir klar, daß ich auch sowas brauchte. Als ich im Herbst auf das Internat zurückkehrte, half mir ein Lehrer, für mich einen „Behandlungsstand“ zu bauen. Ich kaufte mir einen Kompressor und benutzte Sperrholzplatten für die V-Struktur. Die so entstandene squeeze machine funktionierte tadellos. Wenn ich in meine squeeze machine ging, beruhigte ich mich sofort. Ich benutze sie heute noch. Dank ihr und der Pferde überlebte ich die Pubertät.“
Da Grandin in ihrer Kindheit allzu intensive Berührungen nicht vertragen konnte, kombinierte sie diese Erfahrung mit den von ihr entwickelten Viehhaltungsmethoden und baute zunächst für sich selbst eine spezielle, bettähnliche „Berührungsmaschine“ mit seitlichen, gepolsterten Platten, deren Anpressdruck die zu therapierende Person mittels einer Steuerung durch mehrere Antriebe hinter den Platten selbst bestimmen kann. Diese Maschine half ihr zunächst selbst, die ihr unangenehme Reizüberflutung zu vermindern, und sie wird heute auch bei anderen Autisten zu diesem Zweck eingesetzt.[4][5]
Temple Grandin gilt gleichermaßen als Expertin auf dem Gebiet der Verhaltensbiologie der Nutztiere wie auf dem Gebiet des Autismus. Das Denken in Bildern und die größere sensorische Empfindsamkeit unterscheidet für sie Autisten von Nicht-Autisten. Die für Viehzüchter, Viehschlachtereien und Viehhalter oft überraschenden panischen Reaktionen von Tieren fasst sie als Hinweis darauf auf, dass auch Tiere eine vergleichbar ausgeprägte sensorische Disposition haben und möglicherweise in Bildern denken. Diese Schlussfolgerungen setzt sie u. a. durch den Bau von Viehhaltungs- und -transportanlagen um (vergl. Klauenstand). Ihre Anlagen veränderten das Verhalten der Tiere derart positiv, dass gefährliche Situationen und Unfälle mit Menschen und Tieren deutlich zurückgingen.[6]
Der Neurologe Oliver Sacks griff 1995 die Selbstbeschreibung Grandins während eines Gesprächs mit ihr auf[7] und schilderte in Eine Anthropologin auf dem Mars (im Original: An Anthropologist On Mars: Seven Paradoxical Tales.) am Beispiel von Temple Grandin das Leben mit Autismus.
Im Jahr 2010 wurde ihr Leben unter dem Titel Du gehst nicht allein (Originaltitel: Temple Grandin) mit Claire Danes in der Hauptrolle für HBO verfilmt. Diese Produktion wurde mit einer Reihe von Fernsehpreisen ausgezeichnet, darunter mehreren Emmys, zwei Satellite Awards sowie einem Golden Globe, Screen Actors Guild Award und Peabody Award.[18]
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