Loading AI tools
ein Schirm, der vor Sonneneinstrahlung schützt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Sonnenschirm (selten frz. Parasol genannt) ist ein Gebrauchsgegenstand, der zum Schutz vor Sonneneinstrahlung verwendet wird. Er ist ein Erzeugnis des Schirmmachers, wird heutzutage aber überwiegend industriell hergestellt. Es wird ganz generell zwischen zwei Grundtypen von Sonnenschirmen unterschieden:
Ebenso wie ein Regenschirm besteht ein Sonnenschirm heutzutage aus einer Bespannung aus Stoff oder Kunststoff, die über Speichen gespannt ist und von einem lotrecht aufgesetzten Stiel in die Höhe gehalten wird. Sonnenschirme, deren Standrohr sich nicht im Zentrum, sondern außerhalb der Schirmfläche befindet, werden als Ampelschirme, Freiarmschirme, Galgenschirme, Pendelschirme oder auch als Seitenmastschirme bezeichnet. Besteht das Schirmdach eines Handsonnenschirms aus Material, welches den Anwender sowohl vor Sonneneinstrahlung als auch vor Regen schützt, kann dieser auch als En-tout-Cas oder Allwetterschirm bezeichnet werden.[1]
Während in Mitteleuropa Sonnenschirme fast nur noch als große, stehende Schirme (z. B. an Badeorten, in Straßencafés und auf Balkonen) vorkommen, wurden sie bis ins frühe 20. Jahrhundert vor allem in der Hand getragen. Von Regenschirmen unterschieden sich diese Varianten hauptsächlich durch eine nicht wetterfeste Ausstattung: So wurde vor allem früher in Ostasien (z. B. in Japan, Indonesien oder Birma) Papier als Schirmmaterial über die Speichen gespannt. In anderen Regionen flochten die Menschen sich Schirme aus Stroh.
Der Sonnenschirm ist weitaus älter als der Regenschirm. Erste Darstellungen finden sich im Altertum in Ägypten, Persien und China. Ihre erste schriftliche Erwähnung finden sie in altgriechischen (z. B. Aristophanes) und altrömischen Texten (z. B. Martial).[2] Bei den frühen Formen handelt es sich für gewöhnlich um große und von Dienern gehaltene Baldachine, welche neben ihrer Funktion als Sonnenschutz auch als Statussymbol fungierten.
Auch in Indien gehörte ein reich verzierter Sonnenschirm (chhatra-ratna, Schirmjuwel) zu den Insignien eines Königs, wie die Krone und der Thron. Als Königssymbol gehört er auch zu einem der acht tibetischen Glückssymbole. In derselben Tradition sind buddhistische Tempel in Myanmar und Thailand von stilisierten Sonnenschirmen gekrönt.
Im mittelalterlichen Europa scheint der tragbare Handsonnenschirm in Vergessenheit zu geraten und ist erst im 16. Jahrhundert in Italien wieder nachweisbar.[3] Solche Schirme waren z. B. mit rotem Samt bezogen und wurden gelegentlich von Pagen getragen. Um das 17. Jahrhundert herum wurde der tragbare Sonnenschirm von Maria de Medici am französischen Hof eingeführt.[3] Von da an entwickelte er sich zu einem wichtigen Mode-Untensil der Damen, die damit ihre weiße, makellose Haut vor Sonnenschäden schützten.[4] Der Handsonnenschirm hatte einen geraden Griff aus Horn, die Streben waren aus Holz oder Fischbein.[5] Die Größe und Farbe des Schirms, die Länge des Stiels und die Anzahl der Speichen wechselten mit der Mode.
Besonders verbreitet war der Sonnenschirm anscheinend im 19. Jahrhundert, wo er auf zahlreichen Gemälden, in Mode-Journalen und später auf Fotografien erscheint; er war dabei einerseits eine nützliche Ergänzung zum Sonnenhut, andererseits auch ein ausgesprochen elegantes Mode-Utensil, manchmal zierlich klein oder mit Spitzen, Rüschen und Fransen besetzt. Um 1815 kam neben den normalen Schirmen auch der sogenannte Knicker auf: ein kleiner Sonnenschirm, dessen Griff geknickt werden konnte, damit er auch schräg einfallende Sonnenstrahlen abhalten konnte.[3][6] Es gab auch Sonnenschirme in sogenannter „Pagodenform“, bei denen die Spitze des Schirmdachs etwas höher ist als normal.[5] Um 1870 nannte man einen Allzweck-Schirm, der sowohl als Sonnen- als auch als Regenschirm benutzt werden konnte, „En tous cas“ (französisch: „für alle Fälle“).[7]
Bis in die 1920er Jahre war der Sonnenschirm ein unerlässliches Accessoire der Damen beim Aufenthalt im Freien.[8] Heutzutage werden kleinere Sonnenschirme sehr häufig zum Schutz von empfindlicher Baby-Haut an Kinderwagen angebracht.
Der moderne Trend der Sonnenbräune hat sich erst vor relativ kurzer Zeit (etwa seit der Mitte des 20. Jahrhunderts) in den USA und Europa entwickelt. Zuvor war jahrhunderte- bis zu jahrtausendelang ein heller Teint vor allem für Frauen ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal. Er galt vor allem als typisch weiblich, weil Frauen in historischen und traditionellen Gesellschaften die meiste Zeit im sonnengeschützten Haus verbrachten. Im Freien arbeiteten traditionell nur Männer und Frauen, welche sozial gesehen „niedere“ Tätigkeiten ausübten (wie z. B. Bauern oder Bauarbeiter). Zum Teil galt es daher für eine Frau sogar als sehr unschicklich, das Haus zu verlassen. Dies Ansicht hielt sich beispielsweise in den sudeuropäischen Ländern Spanien, Italien und Portugal noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. Selbst heute spricht man noch von einer „vornehmen Blässe“, allerdings wird dabei den Betreffenden tendenziell eine herablassende Arroganz unterstellt. Auch war die schädliche Wirkung der Sonnenstrahlen in Bezug auf eine vorzeitige Hautalterung lange bekannt, ein Sonnenschutz diente also auch dem möglichst langen Erhalt eines jugendlichen Aussehens. Sonnenschutzcremes wurden aber erst nach 1930 entwickelt. Daher wurde die weiße Haut noch bis ins 20. Jahrhundert hinein durch breite Hüte und Sonnenschirme vor Sonnenschäden geschützt.[4]
In südlicheren Ländern wie Spanien und Portugal, vor allem aber in Ostasien (Japan, China und Taiwan) werden auch heute noch tragbare Sonnenschirme verwendet, nach wie vor praktisch ausschließlich von Frauen. Gründe für die Verwendung sind vor allem Schutz vor UV-Strahlung, Hitze, Alterungseffekten und die Erhaltung eines bestimmten Teints.
Während die Verbreitung von tragbaren Handsonnenschirmen deutlich zurückgegangen ist, haben sich große Sonnenschirme immer stärker ausgebreitet. Vor allem mit der aufkommenden Diskussion über die schädigende Wirkung der UV-Strahlung hat die Entwicklung der Sonnenschirme seit ca. Mitte der 1980er-Jahre einen neuen Aufschwung genommen.
Bedingt durch die größeren Abmessungen der Schirme und das Schutzbedürfnis (gegen UV-Strahlung) sind die Anforderungen an das Material stark gestiegen, so dass heute hauptsächlich für das Gestell Aluminium und für den Schirmstoff Polyester und Acrylfasern zum Einsatz kommen.
Neben dem Material gibt es beim Aufbau eines Sonnenschirms auch noch einige zusätzliche Details in der Bauart zu beachten, die über Ästhetik, Funktionalität und Windbeständigkeit entscheiden.
Je nach Größe und Einsatzgebiet der Sonnenschirme bieten sich verschiedene Öffnungssysteme an:
Es ist das Verdienst des Membranbau-„Papstes“ Frei Otto, den Schirm vom individuell verfügbaren Gebrauchsgegenstand prinzipiell in eine entwicklungsfähige Leichtbau-Architektur überführt zu haben. In einer Schirm-Studie legte Frei Otto in den 1960er Jahren die Grundlagen für die Entwicklung platzüberspannender, wandelbarer Großschirme und baute 1971 die ersten wandelbaren Großschirme mit einem Durchmesser von 19 Metern für die Bundesgartenschau in Köln. Die Trichterform des aufgespannten Schirms erlaubt es, Regenwasser durch das Mastrohr abzuleiten und die Schirme überlappend aufzustellen.[12] Es gibt heute eine Vielzahl von Varianten (vom traditionellen Mittelmastschirm über den Trichterschirm mit kelchförmiger Membran bis hin zum Dreieckschirm für die Eckbeschattung) und Größen, als Standardschirme mit bis zu 10 m Durchmesser.
Die bislang größten wandelbaren Schirme realisierte Mahmoud Bodo Rasch mit seinem Büro SL Rasch als Schattendächer[13] für die Pilgerstätte in Medina, Saudi-Arabien (26 m × 26 m), und vor der Al-Hussein-Moschee in Kairo (29 m × 29 m). Im Sommer öffnen sich die Schirme abhängig vom Sonnenstand und schließen sich abends wieder, um die warme Luft an den Nachthimmel abzugeben. Im Winter öffnen sich die Schirme erst gegen Sonnenuntergang und halten so die Wärme des Tages in den Räumen. Moderne wandelbare Trichterschirme dienen als Schattendächer, können bei überlappender Anordnung vor Regen schützen und sind gleichzeitig klimaregulierend einsetzbar.[14]
Beim Bau wandelbarer Großschirme kommen Materialien wie Stahl und PTFE zum Einsatz.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.