Die Paraurethraldrüse (lateinisch Glandula paraurethralis) oder Skene-Drüse (nach Alexander Skene benannt)[2] ist eine zusätzliche Geschlechtsdrüse (akzessorische Geschlechtsdrüse) der Frau.

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Die Paraurethraldrüsen (2) in der Wandung der weiblichen Harnröhre. Zwischen Harnröhre und G-Zone (4) befindet sich die Halban-Faszie (6 und 7; Skizze vorwiegend in Sagittalebene).
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Zeichnung des anatomischen Aufbaus der paraurethralen Drüsen einer erwachsenen Frau. Dargestellt sind die weibliche Urethra, auf einer Länge von ca. 3 cm, – Meatus urethrae externus unten im Bild – mit den von ventral bzw. dorsal einmündenden Drüsenausfuhrgängen.[1]

Sie hat mehrere Ausführungsgänge. Diese münden in den Endabschnitt der Harnröhre sowie (möglicherweise) rechts und links derselben. Ihr Sekret (siehe weibliche Ejakulation) ähnelt in Zusammensetzung und Enzymmustern dem männlichen Prostatasekret.[3]

Wissenschaftsgeschichte

Der Erstbeschreiber dieser Drüsen war der französische Chirurg Alphonse Guérin (1817–1895[4]). Benannt aber wurden sie nach dem schottischen Gynäkologen Alexander Skene, welcher über sie als Erster im Jahre 1880 in der medizinischen Literatur berichtete.[2]

Der endgültigen und damit in der Medizin anerkannten Beschreibung gingen etliche Beobachtungen und Publikationen voraus. So beobachtete im Jahre 1672 der niederländische Anatom Reinier de Graaf in unmittelbarer Nähe der Mündung der weiblichen Harnröhre (Meatus urethrae) gangartige Strukturen. Rudolf Virchow beschrieb 1853 pathologische Veränderungen, in ‚Kanälen‘, die den Harnröhrengang umgeben. So fand er dort im Inneren steinartige Massen und vermutete, dass die Harnröhrendrüsen und -gänge homolog zu der männlichen Prostata wären. Im Jahre 1889 beschrieb der Anatom und Histologe an der Université de Toulouse Edme Joseph Frédéric Tourneux (1852–1922) (F. Tourneux)[5] diese Drüsen auf ähnliche Weise und bestätigte diese Hypothese.[6] Gustaf Pallin (1877–1957) hingegen behauptet 1901, dass die Paraurethraldrüsen nicht in ihrer Gänze homolog zur männlichen Prostata seien, aber in ihren jeweiligen kranialen und ventralen Anteilen.[7]

Anatomische Lokalisation und Funktion

Anatomie

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Weibliches Genitale mit Eichel der Klitoris, Kleiner Schamlippe, Harnröhrenöffnung, äußere (inkonstante) Mündungsöffnung der Paraurethraldrüse, Scheideneingang und Mündungsöffnung der Bartholinschen Drüse

Die inneren Schamlippen, Labia minora, umschließen den Scheidenvorhof, in den die Harnröhre, Urethra femina, mündet. In die Urethra und gelegentlich auch neben der Mündungsöffnung, Meatus urethrae externus, der Harnröhre münden auch die Paraurethraldrüsen (auch Skene-Drüsen genannt). Nach Huffman (1948/1951) ist eine Mündung der Drüsen lateral der Urethramündung, Meatus urethrae externus, die Ausnahme. Er sah diesen Zustand nur in Verbindung mit einem nachgeburtlichen Zustand (postpartal).

Die Paraurethraldrüsen, Glandulae paraurethrales, weisen mehrere Ausführungsgänge auf und münden sowohl in den Endabschnitt der Harnröhre („intraluminär“) selbst sowie seitlich („periurethral“) derselben. Die Urethra besitzt in ihrem Anfangsteil, nahe der Blase, eine Urothelschicht, die nach distal in ein mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel übergeht. Vereinzelt finden sich muköse Drüsen, Glandulae urethrales.[8] Die Schleimhaut bildet ferner Buchten, Lacunae urethralis, sowie längsverlaufende Falten, die die verzweigten, tubulären Glandulae urethrales enthalten. Im distalen Drittel sind auch die „intraluminären“ Drüsenausführgange der Paraurethraldrüsen, Glandulae paraurethrales, nachweisbar.[9]

Eine slowakische Arbeitsgruppe veröffentlichte im Jahr 2000 auf der Grundlage von 15 Autopsien die Beobachtung verschiedener anatomischer Typen.[10]

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Paraurethraldrüse („Skene-Drüse“) mit der G-Zone (Punto G); Skizze in Sagittalebene
Weitere Informationen Typ, Formen der Paraurethraldrüsen in Bezug auf ihre Lage zur Urethra nach Zaviačič u. a. (2000) ...
Typ Formen der Paraurethraldrüsen in Bezug auf ihre Lage zur Urethra nach Zaviačič u. a. (2000)
1 distaler Typ
2 Proximaler Typ
3 Drüse über die gesamte Länge der Urethra
4 Rudimentäre Drüsen
5 Drüsen in der Mitte der Urethra
6 sogenannte hantelförmige Drüsenkonfiguration
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Funktion

Die Ausprägung der Paraurethraldrüsen ist höchst variabel und sie können gelegentlich auch ganz fehlen. Dabei ist nicht nur ihre anatomische Form variabel, sondern auch das Ausmaß ihrer – von manchen vermuteten – Beteiligung an der weiblichen Ejakulation.[11]

2009 präsentierten zwei Wissenschaftlerinnen die Hypothese, dass das Sekret der Drüse wahrscheinlich eine antibakterielle Wirkung habe. Besonders während und nach dem Koitus sei der Schutz der weiblichen Harnröhre vor Infektionen ein deutlicher evolutionsbiologischer Vorteil.[12][11]

Vergleich der Embryonalentwicklung der männlichen Prostata und den weiblichen Skene-Drüsen

Ontogenetisch geht die männliche Prostata aus den Epithelknospen der Pars pelvina (Wand des Beckenbodens) des Sinus urogenitalis hervor. Hierbei stimulieren Androgene die Entwicklung der mesenchymalen und epithelialen Anteile der entstehenden Prostata. Das primitive Prostataepithel differenziert sich unter dem Androgeneinfluss zu den drei glandulären Zellarten der Prostata: Basalzellen, Luminalzellen und neuroendokrine Zellen.

Die entwicklungsbiologischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Skene-Drüsen (teilweise bezeichnet als Prostata feminina, lateinisch für ‚weibliche Prostata‘)[13] und der männlichen Prostata sind (Stand 2022) noch ungeklärt und Gegenstand der Forschung.[14][15]

Nervliche Steuerung

Bei der männlichen Prostata wird die Sekretion des tubuloazinösen, apokrinen Drüsenepithels durch parasympathische Nervenimpulse angeregt. Hingegen wird die Kontraktion der glatten Muskelzellen und somit die konsekutive Exkretion des Prostatasekrets in das Ausführungsgangsystem durch sympathische Nervenfasern stimuliert. Über die nervliche Steuerung der zur Exkretion fähigen Typen der Skene-Drüsen ist bislang (Stand 2020) nichts bekannt. Nicht einmal über die Art des Zusammenhangs zwischen weiblichem Orgasmus und Exkretionen der Skene-Drüsen gibt es gesicherte Informationen.[16]

Pathologische Veränderungen

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Zyste seitlich am Ausführungsgang der Skene’schen Drüse

Gelegentlich kann es zu einer Entzündung der Paraurethraldrüse kommen, der sogenannte Skenitis. Der extrem seltene Harnröhrenkrebs bei Frauen (in den USA 1,5 Fälle pro 1 Million Frauen) wird – unter anderem – mit der Paraurethraldrüse in Verbindung gebracht.[17] Die Ausführungsgänge der Paraurethraldrüse können Ausgangspunkt für die Ausbildung von Urethral-Divertikeln sein oder auch zu Retentionszysten führen.

Siehe auch

Literatur

Übersichtsarbeiten

  • F. D. Rodriguez, A. Camacho, S. J. Bordes, B. Gardner, R. J. Levin, R. S. Tubbs: Female ejaculation: An update on anatomy, history, and controversies. In: Clinical anatomy. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Juli 2020, doi:10.1002/ca.23654, PMID 32681804 (Review); (Volltext als PDF, 290 kB (PDF; 0,3 MB) ).
  • Z. Pastor, R. Chmel: Differential diagnostics of female “sexual” fluids: a narrative review. In: International urogynecology journal. Band 29, Nr. 5, Mai 2018, S. 621–629 (Review); doi:10.1007/s00192-017-3527-9, PMID 29285596; Volltext (PDF; 0,7 MB).
  • Z. Pastor: Female ejaculation orgasm vs. coital incontinence: a systematic review. In: The journal of sexual medicine. Band 10, Nr. 7, Juli 2013, S. 1682–1691 (Review); doi:10.1111/jsm.12166, PMID 23634659, Volltext. (PDF).

Geschichte

  • Alexander J. C. Skene: The anatomy and pathology of two important glands of the female urethra. William Wood & Co, New York 1880 (Digitalisat).
  • John W. Huffman: The detailed anatomy of the paraurethral ducts in the adult human female. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology, 1948, Band 55, S. 86–101.
  • Ernst Gräfenberg: The Role of Urethra in Female Orgasm. In: The International Journal of Sexology, Band 3, Nr. 3, 1950, S. 145–148.
  • John W. Huffman: Clinical significance of the paraurethral ducts and glands. In: A.M.A. archives of surgery, Juni 1951, Band 62, Nr. 5, S. 615–26, doi:10.1001/archsurg.1951.01250030625002.
  • Renate Syed: Zur Kenntnis der „Gräfenberg-Zone“ und der weiblichen Ejakulation in der altindischen Sexualwissenschaft. Ein medizinhistorischer Beitrag. In: Sudhoffs Archiv. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte, Band 83, Heft 2, 1999, S. 171–190.

Ideengeschichte

  • Stephanie Haerdle: Spritzen. Geschichte der weiblichen Ejakulation. Edition Nautilus, Hamburg 2020, ISBN 978-3-96054-215-5.

Einzelnachweise

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