Portal:Homo- und Bisexualität/Themenliste/Politiker
Wikimedia-Liste / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Homosexualität wurde früher, wenn sie nicht verdrängt oder verheimlicht wurde, quasi automatisch zum Politikum. Die zwei bekanntesten Beispiele aus der Geschichte im deutschsprachigen Raum sind die Harden-Eulenburg-Affäre oder die Kießling-Affäre. Die meisten homosexuellen Männer und Frauen kamen nicht in relevante Positionen, wenn sie es nicht verheimlicht haben.
Allgemein sind etwa die Hälfte der Schwulen, Lesben und Bisexuellen nicht in ihrem Arbeitsumfeld geoutet. In Führungspositionen ist der Anteil höher. Offen aufzutreten (man muß nicht Aktivist sein, oder sich viel mit dem Thema beschäftigen, sondern einfach offen leben) ist eines der besten und wirksamsten Mittel gegen Homophobie.[1] Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Menschen welche LGBs aus dem näheren Umfeld persönlich kennen, den Gruppen gegenüber positiver eingestellt sind.[2] Bei den Menschen mit den größten Befürchtungen und Unbehagen handelt es sich meist um jene, die keine Menschen dieser Art persönlich kennen, manchmal auch nicht Kennenlernen wollen.[3] Je mehr verschiedene Menschen die Leute kennen, desto leichter können sie vorhandene Vorurteile über Bord werfen.
Gab es früher fast nur bei den Grünen offen schwul und lesbisch lebende Politiker, so hat sich dies in Deutschland vor allem seit Klaus Wowereits „Flucht nach vorne“ im Jahre 2001 geändert. Heute gibt es offen schwul und lesbisch lebende Politiker in allen Parteien, die im Bundestag vertreten sind. Durch die Reaktionen der Öffentlichkeit wurde es für alle folgende Politiker um einiges einfacher damit umzugehen. Politikwissenschaftler Werner Josef Patzelt sagt: „Wowereits Outing war ein Befreiungsschlag.“[4] Seit Wowereit ist klar, dass Offenheit derzeit einen kleinen Pluspunkt bedeutet, da der betreffende Politiker den Bürgern mit Ehrlichkeit begegnet. Viele andere Politiker und Führungskräfte entscheiden sich dazu ihr Schwul- oder Lesbischsein zwar nicht zu leugnen, ziehen aber eine dicke Mauer um ihr Privatleben. „Sie geben sich einen ambivalenten, fast asexuellen Anstrich und leben gut damit, dass die meisten sie für heterosexuell halten.“ Dies bleibt nicht immer ohne Probleme. Dies leistete etwa Vorschub, dass Ronald Schill daran denken konnte Bürgermeister Ole von Beust hätte ein aktuelles Verhältnis mit seinem Justitzsenator und auf die Idee kam einen Erpressungsversuch zu starten. Manche schwul oder lesbisch lebenden Politiker arbeiten auch aktiv an ihrem heterosexuellen Image, etwa durch Yellow-Press-Stories, die dem Publikum dem Eindruck vermitteln, sie seien mit einem gegengeschlechtlichen Partner liiert. Je später ein Politiker offen dazu stehen will, desto schwieriger wird es dies auf möglichst normale und einfache Weise rüber zu bringen.
Volker Beck: „Ich finde, dass ein Politiker sein Privatleben nicht offenbaren muss. Aber ob man schwul ist oder lesbisch ist, ist so privat nicht.“ Er selbst nahm mit seinem Lebenspartner Jacques Teyssier gemeinsame Termine wahr. Sein Privatleben blieb aber für die Medien Tabu und von der Politik getrennt.
Andere Politiker treten offen dafür ein, dass es geheim zu halten ist, wie etwa der ehemalige CSU-Abgeordnete Norbert Geis: „Bei aller Nächstenliebe aber darf in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, als sei diese Lebensform etwas ganz Selbstverständliches, als sei es richtig, wenn junge Menschen sich für eine solche Lebensform entscheiden. Es ist daher an der Zeit, dass diese Lebensform endlich auch in der Öffentlichkeit als das bezeichnet wird, was sie ist: die Perversion der Sexualität. Die Aufdringlichkeit, mit der sich Homosexuelle öffentlich prostituieren, ist nur noch schwer zu ertragen. Sie lassen jede Scham vermissen. Der Verlust der sexuellen Scham aber ist immer ein Zeichen von Schwachsinn, wie es Freud formuliert hat. Deshalb muss in der Öffentlichkeit Widerspruch laut werden, damit der Schwachsinn nicht zur Mode wird.“
Gegen die linksprogressive Richtung und die rechtsreaktionäre Richtung gleichermaßen wenden sich neuerdings geoutete homosexuelle Nationalkonservative. Vertreten wird diese Richtung nun politisch durch die Homosexuellen in der Alternative für Deutschland und ihren Bundessprecher (ehemals der Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis in Bremen).
In den Vereinigten Staaten sind offen homosexuelle Politiker vorrangig in den Reihen der Demokratischen Partei zu finden.
- Markus Rimmele: Verborgene Liebe - Homosexuelle Führungskräfte haben es immer noch schwer, Deutschlandradio, 26. Juni 2004
- Miriam Hollstein: Warum homosexuelle Politiker zum Outen raten, Die Welt online, 7. Juli 2007
- Miriam Hollstein: Warum sich lesbische und schwule Politiker selten outen, Die Welt, 8. Juli 2007
- Georg Renner: Homosexuelle Politiker: Die Scham, ehrlich zu sein, Die Presse, 10. Oktober 2009
- MdEP = Mittglied des Europaparlaments