Oberlandesgericht Braunschweig
Oberlandesgericht im Land Niedersachsen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Oberlandesgericht Braunschweig (kurz OLG Braunschweig) ist neben den Oberlandesgerichten Celle und Oldenburg eines von drei Oberlandesgerichten im Land Niedersachsen. Es hat seinen Sitz in Braunschweig. Von diesen drei Oberlandesgerichten hat Braunschweig den kleinsten Bezirk.
„Das Oberlandesgericht Braunschweig führt seine Tradition auf das 1557 in der alten braunschweigischen Residenz Wolfenbüttel eingerichtete Hofgericht zurück, dessen Zuständigkeit sich teilweise mit denen der daneben existierenden Justiz-Kanzlei überschnitten.“[1] Der frühere OLG-Präsident Wassermann berichtete in der 1989 erschienenen Festschrift für das Gericht, eine Umfrage unter den OLG-Präsidenten aus dem Jahre 1986 habe ergeben, nur das Kammergericht in Berlin, das 1468 erstmals urkundlich erwähnt worden sei, könne auf eine ältere Geschichte zurückblicken.
Als Oberlandesgericht besteht es seit dem 1. Oktober 1879. An diesem Tag traten die Reichsjustizgesetze in Kraft und lösten die bis dahin eigenständige Gerichtsverfassung des Herzogtums Braunschweig ab, unter der das Obergericht für das Herzogtum seinen Sitz noch in Wolfenbüttel hatte. An dessen Stelle trat dann das Oberlandesgericht Braunschweig. Zunächst gehörten zum Bezirk des OLG Braunschweig das Landgericht Braunschweig und das Landgericht Holzminden. Das Landgericht in Holzminden wurde jedoch bereits 1890 wegen Unwirtschaftlichkeit aufgelöst. Dessen Amtsgerichte wurden zunächst in den Bezirk des Landgerichts Braunschweig überführt.
Unmittelbar nach der Machtergreifung nahm der NS-Staat leitende Beamte des Gerichts, die als nicht regimetreu galten, am 28. März 1933 in „Schutzhaft“, darunter den Oberlandesgerichtsrat Felix Kopfstein, den Justizverwaltungsdirektor Richard Hesse und den Justizregistrator Fritz Trute. Kopfstein, Mitglied der DDP und jüdischen Glaubens, gelang nach Inhaftierung in der Haftanstalt Rennelberg 1940 die Flucht nach Palästina, wo er beim tragischen Untergang des Auswandererschiffes Patria in Haifa am 25. November 1940 den Tod fand.
Oberlandesgerichtspräsident Röpcke, der wie Kopfstein Mitglied der DDP war, fürchtete, dass er ebenfalls in Haft genommen würde und floh nach Goslar, wo er sich bis Ende April 1933 versteckte. Der Landgerichtsrat Curt Staff, Mitglied der SPD, wurde auf offener Straße durch die SA verprügelt. Staff wurde vom 9. August 1933 bis 14. Oktober 1936 im KZ Dachau inhaftiert. Zu den Hauptverantwortlichen der Verfolgung gehörte der NS-Ministerpräsident des Freistaat Braunschweigs, Dietrich Klagges.
Unter den Richtern waren die jüdischen Richter wie Kopfstein besonders betroffen. Die Oberlandesgerichtsräte Rudolf Heymann und Wilhelm Mansfeld wurden zwar als „sogenannte anständige Juden“ bezeichnet, sie unterlagen aber ebenfalls beruflicher Zurücksetzungen und gesellschaftlicher Diskriminierungen. Sie selbst blieben zwar im Amt, ihre Familien wurden jedoch verfolgt und einige Familienmitglieder ermordet. Rudolf Heymann, dessen Stiefmutter und Halbschwester im KZ umkamen, wurde nach 1945 Vorsitzender des Allgemeinen Entnazifizierungsausschusses. Er starb 1947. Wilhelm Mansfeld wurde der erste Oberlandesgerichtspräsident in Oldenburg nach dem Kriege.[2]
In jedem Oberlandesgerichtsbezirk bildete der NS-Staat durch die Verordnung vom 21. März 1933 Sondergerichte, so auch in Braunschweig. Sein Vorsitzender, der am 1. Juli 1933 gleichzeitig zum Präsidenten des Landgerichts Braunschweig ernannte Friedrich Lachmund, verhängte drakonische Strafen. So verurteilte das Sondergericht im Mai 1944 französische Zwangsarbeiter zum Tode, weil sie aus einem durch Bombardierung beschädigten Schuhgeschäft Schuhe entwendet hatten. Ein weiteres Todesurteil desselben Gerichts aus diesem Monat galt der Entwendung von Kleidungsstücken, wiederum durch einen Zwangsarbeiter. Auch eine deutsche Rüstungsarbeiterin Erna Wazinski bestrafte das Sondergericht wegen der Entwendung von Kleidungsstücken und eines versilberten Schmuckkästchens beim Bergen von Gegenständen aus zerstörten Häusern unter Anwendung der NS-Verordnung gegen Volksschädlinge mit dem Tode. Mit dem rücksichtslosen Durchgreifen machte sich die Justiz zum Komplizen des NS-Terrorregimes urteilte der spätere Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig Rudolf Wassermann.[3]
Die in der Nachkriegszeit auch in der Justiz einsetzenden Entnazifizierungs-Verfahren hatten letztlich keinen durchschlagenden Erfolg, zumal die Besatzungsmächte daran alsbald das Interesse verloren. Sie räumten der Funktionstüchtigkeit des öffentlichen Dienstes den Vorrang ein. Die meisten Richter und Staatsanwälte konnten, ggfs. nach einer gewissen Übergangszeit, in den Justizdienst zurückkehren.[4]
Nach 1945 kamen Diskussionen auf, ob das OLG Braunschweig als nunmehr kleinstes niedersächsisches OLG aufgelöst werden solle. Zum Abschluss einer kontroversen Diskussion wurde zum 1. Januar 1998 der gesamte Bezirk des Landgerichts Göttingen aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Celle in den Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig überführt. Ein Versuch der Celler Anwaltschaft, das Gesetz mit einer Verfassungsbeschwerde aufzuhalten, scheiterte.
Das OLG Braunschweig befand sich von 1974 bis 2022 im Gebäudekomplex Bankplatz 6/Steinstr. 1 in Braunschweig. Vorher befand es sich im Gebäude des Landgerichts in der Münzstraße. Das Gebäude am Bankplatz hatte das Land von der Norddeutschen Landesbank für zwei Millionen DM erworben. Es handelt sich um eine Liegenschaft der ehemaligen Braunschweigischen Bank. Der Ziegelbau im Stile eines italienischen Palazzo mit Anklängen an die Renaissance wurde 1853 von dem Architekten Friedrich Louis Simon, einem Schüler Schinkels, errichtet.
Nach erfolgter Generalsanierung bis Ende 2022 zog das OLG Braunschweig in das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Bezirksregierung Braunschweig am Bohlweg, zwischen Hagenscharrn und Ruhfäutchenplatz, ein.
Mit der Neuordnung von 1998 wurde die Zahl der Gerichtseingesessenen des OLG-Bezirks um 50 % auf rund 1,5 Millionen vergrößert. Heute gehören zu ihm das Landgericht Braunschweig und das Landgericht Göttingen. Im Bezirk des Oberlandesgerichts sind 1.676 Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte zugelassen (Stand: 1. Januar 2023).[5]
Der beim OLG eingerichteten Generalstaatsanwaltschaft sind analog zum Gerichtsaufbau die Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten Braunschweig und Göttingen nachgeordnet. Zur Behörde gehörte von 1961 bis 2008 die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter.
Generalstaatsanwälte (bis 1918 Oberstaatsanwälte) waren
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