Nathaniel Hawthorne entstammte einer alten Puritanerfamilie. Sein Ururgroßvater John Hathorne (erst Nathaniel fügte dem Familiennamen ein 'w' zu) war einer der Richter bei den Hexenprozessen von Salem 1692. Schon aus diesem Grund beschäftigte sich Hawthorne in seinen Romanen und Kurzgeschichten oft mit der Welt der PuritanerNeuenglands.
Sein Vater fuhr als Erster Offizier zur See und brachte 1796 zusammen mit Kapitän Jacob Crowninshield, der später Politiker wurde, aus Kalkutta den ersten Elefanten nach Amerika. Der Vater starb im Jahre 1808 auf einem Schiff vor Suriname an Gelbfieber. Hawthorne wurde daher von seiner Mutter und deren Verwandten aufgezogen, die ihn vor der Welt behüteten. Da er schon als Kind durch seine erzählerische Begabung auffiel, wurde er auf eine Privatschule geschickt. Von 1821 bis 1824 studierte er am Bowdoin College in Maine, wo er in die akademische Verbindung Phi Beta Kappa aufgenommen wurde. Hawthorne war mit dem Dichter Henry Wadsworth Longfellow und dem späteren Präsidenten Franklin Pierce befreundet. Anfängliche Misserfolge als Schriftsteller zwangen ihn, Anstellungen beim Zolldienst und in der Postverwaltung (1839–1841) anzunehmen. Später konnte er von seiner schriftstellerischen Arbeit leben, was in Amerika vor ihm nur Washington Irving und James Fenimore Cooper gelungen war.
Ab 1840 gehörte er zum Kreis der Transzendentalisten und schloss Freundschaft mit George Ripley, Henry David Thoreau und Ralph Waldo Emerson. 1841 verbrachte er ein halbes Jahr in der sozialutopischen Siedlung Brook Farm, die von George Ripley kurz zuvor gegründet worden war. Seine Zeit in der Kommune verarbeitete er später in dem Roman The Blithedale Romance. 1842 heiratete er die ebenfalls dem Transcendentalist Club zugehörige Malerin Sophia Peabody, mit der er bis zu seinem Tod eine glückliche Ehe führte und drei Kinder hatte. Sie lebten in den ersten Jahren ihrer Ehe im noch heute als Museum zu besichtigenden Haus The Old Manse. 1850 schloss er eine kurzlebige Freundschaft mit Herman Melville, dem Hawthorne ein großes Vorbild war (Moby Dick ist Hawthorne gewidmet). Von dem Briefwechsel, den die beiden führten, sind nur die Briefe Melvilles an Hawthorne erhalten geblieben.
1852 schrieb er eine Wahlkampfbiographie für seinen Schulfreund Franklin Pierce (Mitglied der Demokratischen Partei). Nachdem Pierce ein Jahr später Präsident wurde, verschaffte er Hawthorne einen Posten als amerikanischer Konsul in Liverpool. Dort blieb Hawthorne vier Jahre, verbrachte weitere anderthalb Jahre mit seiner Familie in Italien, und kehrte schließlich nach Concord zurück, wo er im Haus The Wayside lebte. Auf dem Weg zu einem Erholungsurlaub in den White Mountains starb er am 19. Mai 1864 in Plymouth, New Hampshire. Am 23. Mai 1864 wurde er auf dem Sleepy Hollow Cemetery in Concord beigesetzt.
Hawthorne wird mit Herman Melville und Edgar Allan Poe zur „dunklen“ amerikanischen Romantik gezählt. Seine Romane und Kurzgeschichten sind von einem tiefen epistemologischen und metaphysischenSkeptizismus geprägt. Seine Themen sind oftmals die dunklen Seiten der Seele wie der Gesellschaft: Sünde, Schuld, Strafe, Intoleranz und Entfremdung.
Schon zu Lebzeiten wurde Hawthorne als Begründer einer genuin amerikanischen Nationalliteratur kanonisiert.
Auch heute gilt er als einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller, und kaum ein Collegestudent kommt an The Scarlet Letter vorbei.
Wakefield, 1835. Es liegen mehrere Übersetzungen ins Deutsche vor:
Ein Mann namens Wakefield. Deutsch von Franz Blei. In: Nathaniel Hawthorne: Ein Mann namens Wakefield und andere Erzählungen. Hrsg. von Hans Hennecke. Müller & Kiepenheuer, Bergen/Obb. 1949.
Wakefield. Deutsch von Günter Steinig. In: Nathaniel Hawthorne: Der große Karfunkel. Phantastische Erzählungen. Safari-Verlag, Berlin 1959.
Wakefield. Deutsch von Hannelore Neves:
in: Nathaniel Hawthorne: Des Pfarrers schwarzer Schleier: Unheimliche Geschichten. Winkler, München 1985, ISBN 3-538-06584-5.
in: Nathaniel Hawthorne: Das große Steingesicht. Hrsg. und mit einem Vorwort von Jorge Luis Borges. Edition Büchergilde, Frankfurt am Main 2007, ISBN 3-940111-09-0 (= Die Bibliothek von Babel, Bd. 9).
Wakefield. Aus dem Amerikanischen übersetzt und hrsg. von Joachim Kalka. Friedenauer Presse, Berlin 2003, ISBN 3-932109-31-7.
Earth's Holocaust, 1844, dt. „Das Brandopfer der Erde“
The Artist of the Beautiful, 1844, dt. „Der Schöpfer des Schönen“
The Old Manse, 1846, dt. „Das alte Pfarrhaus“, übersetzt und mit einem Nachwort von Karl-Heinz Ott; Hoffmann und Campe, Hamburg 2011 ISBN 978-3-455-40319-0
The Snow-Image. A Childish Miracle, 1850, dt. „Das Schneebild“
Deutsche Sammlungen der Kurzgeschichten:
Der Garten des Bösen. Deutsch von Franz Blei. Maschler, Berlin o.J.
Die Mächte des Bösen: Unheimliche Geschichten. Deutsch von Franz Blei. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2014, ISBN 978-3-423-14300-4.
Der große Karfunkel. Phantastische Erzählungen. Deutsch von Günther Steinig. Safari, Berlin 1959
Rappaccinis Tochter und andere Erzählungen. Ausgewählt, aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Ilse Krämer. Manesse, Zürich 1966.
Dr. Heideggers Experiment. Deutsch von Ingeburg Hucke. Philipp Reclam jun., Leipzig 1977
Erzählungen. Skizzen, Vorworte, Rezensionen. Deutsch von Hannelore Neves, Siegfried Schmitz und Hans-Joachim Lang. Winkler, München 1977, ISBN 3-538-05255-7
Der schwarze Schleier. Ausgewählte Erzählungen. Deutsch von Lore Krüger. Insel, Leipzig 1980
Des Pfarrers schwarzer Schleier: Unheimliche Geschichten. Deutsch von Vera Pagin. Winkler, München 1985, ISBN 3-538-06584-5
Nathaniel Hawthorne: Das alte Pfarrhaus. Aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Karl-Heinz Ott. Hoffmann und Campe, Hamburg 2011
Nathaniel Hawthorne und Sophia Hawthorne: Das Paradies der kleinen Dinge. Ein gemeinsames Tagebuch. Aus dem Amerikanischen übersetzt und herausgegeben von Alexander Pechmann. Vorwort Peter Handke. Jung und Jung, Salzburg 2014
Werkausgaben
The centenary edition of the works of Nathaniel Hawthorne. 23 Bände. Ohio State University Press, Columbus, Ohio 1962–1997[1]:
Band I: The Scarlet Letter
Band II: The House of the Seven Gables
Band III: The Blithedale Romance and Fanshawe
Band IV: The Marble Faun
Band V: Our Old Home
Band VI: True Stories from History and Biography
Band VII: A Wonder Book and Tanglewood Tales
Band VIII: The American Notebooks
Band IX: Twice-told Tales
Band X: Mosses from an Old Manse
Band XI: The Snow Image and Uncollected Tales
Band XII: The American Claimant Manuscripts
Band XIII: The Elixir of Life Manuscripts
Band XIV: The French and Italian Notebooks
Band XV: The Letters, 1813–1843
Band XVI: The Letters, 1843–1853
Band XVII: The Letters, 1853–1856
Band XVIII: The Letters, 1857–1864
Band XIX: The Consular Letters, 1853–1855
Band XX: The Consular Letters, 1856–1857
Band XXI: The English Notebooks, 1853–1856
Band XXII: The English Notebooks, 1856–1860
Band XXIII: Miscellaneous Prose and Verse
Sämmtliche Werke. 5 Bände. Bielefeld 1851–1852:
Band 1: Der Scharlach-Buchstabe
Band 2 und 3: Das Haus der sieben Giebel
Band 4 und 5: Zweimal erzählte Geschichten
Romane und Erzählungen. Herausgegeben und übersetzt von Franz Blei. 4 Bände. Müller & Co., Potsdam 1923:
Band 1: Der scharlachrote Buchstabe.
Band 2: Ein tragischer Sommer.
Band 3: Das Haus mit den sieben Giebeln.
Band 4: Der Garten des Bösen. Erzählungen (enthält: Die Blumen des Bösen; Ein Mann namens Wakefield; Herrn Higginbothams Katastrophe; David Swan; Die Höhle der drei Hügel; Der große Karfunkel; Die Totenhochzeit; Peter Goldthwaites Schatz; Das hölzerne Bildnis; Frau Ochsfrosch; Endicott und das rote Kreuz; Der graue Streiter; Edward Randolphs Gemälde; Lady Eleanors Schleier; Der Maskenball; Die alte Esther Dudley; Die Shakerhochzeit; John Inglefields Dankfest; Die prophetischen Bilder; Der Teufel des Schreibens; Roger Malvins Bestattung; Die alte Jungfer in Weiß; Das Auskunftsbureau)
Ausgewählte Werke in Einzelausgaben. Neubearbeitung nach der ersten deutschen Gesamtausgabe von 1851/52 unter Hinzuziehung der Original-Ausgaben. Hrsg. von R. W. Pinson. Moewig, München:
Band 1: Der Garten des Bösen und andere Erzählungen. 1977, ISBN 3-8118-0026-4.
James R. Mellow: Nathaniel Hawthorne in His Times. Houghton Mifflin Co., Boston 1980, ISBN 0-395-27602-0 Reprint: Johns Hopkins University Press, Baltimore 1998. ISBN 0-8018-5900-X
Edwin Haviland Miller: Salem is My Dwelling Place: A Life of Nathaniel Hawthorne. University of Iowa Press, Iowa City 1991, ISBN 0-87745-332-2.
Dale Salwak: The life of the author: Nathaniel Hawthorne, Chichester: Wiley-Blackwell, 2023, ISBN 978-1-119-77181-4
Randall Stewart: Nathaniel Hawthorne: A Biography. Yale University Press, New Haven 1948.
Arlin Turner: Nathaniel Hawthorne: A Biography. Oxford University Press, New York 1980, ISBN 0-19-502547-4.
Brenda Wineapple: Nathaniel Hawthorne. Alfred A. Knopf, New York 2003, ISBN 0-375-40044-3.
Sekundärliteratur auf Deutsch
Paul Gerhard Buchloh: Die Naturdarstellung in Nathaniel Hawthornes Erzählungen. In: Paul G. Buchloh etal. (Hrsg.): Amerikanische Erzählungen von Hawthorne bis Salinger · Interpretationen. Kieler Beiträge zur Anglistik und Amerikanistik Band 6. Karl Wachholtz Verlag Neumünster 1968, S. 89–111.
Bernd Engler: Fiktion und Wirklichkeit: Zur narrativen Vermittlung erkenntnisskeptischer Positionen bei Hawthorne und Melville. Duncker & Humblot, Berlin 1991. ISBN 3-428-07070-4 (= Schriften zur Literaturwissenschaft 6; zugleich Habil.schrift Universität Freiburg).
Franz H. Link: Die Erzählkunst Nathaniel Hawthornes. Eine Interpretation seiner Skizzen, Erzählungen und Romane. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1962. (= Frankfurter Arbeiten aus dem Gebiete der Anglistik und der Amerika-Studien 7).
Luise Sanders: Nationales Selbstverständnis in Historiographie und literarischer Fiktion. Nathaniel Hawthorne und das amerikanische Geschichtsbild seiner Zeit. Hoffmann, Gießen 1990, ISBN 3-88098-037-3 (= Beiträge zur Anglistik 10; zugleich Diss. Universität Gießen).
Manfred Menzel: Klatsch, Gerücht und Wirklichkeit bei Nathaniel Hawthorne. Frankfurt am Main 1996. (=Neue Studien zur Anglistik und Amerikanistik 69).
Frank Obenland: Providential Fictions. Nathaniel Hawthorne's Secular Ethics. Schöningh Verlag 2011, ISBN 978-3-506-76968-8.
Helmut Schwarztrauber: Fiktion der Fiktion. Begründung und Bewahrung des Erzählens durch theoretische Selbstreflexion im Werk Nathaniel Hawthornes und Edgar Allen Poes. Heidelberg 2000. (=Anglistische Forschungen 281)