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Seefestungen vor der englischen Küste Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Maunsell Forts oder Maunsell Sea Forts (zu Deutsch: Maunsell-Seefestungen) sind eine Gruppe künstlicher Plattformen und befestigter Türme, die während des Zweiten Weltkrieges vom britischen Militär vor der englischen Ostküste im flachen Gewässer der Flussmündungen der Themse und an der Westküste in der Mersey-Mündung (Liverpool Bay) errichtet wurden. Der Name erinnert an den Konstrukteur dieser Anlagen, den Bauingenieur Guy Maunsell.
Nicht alle Festungen sind erhalten geblieben. Heute existieren nur noch Roughs Tower (Roughs Sands)[1], Red Sands, Shivering Sands und Knock John.
Große Bekanntheit erlangte vor allem die Festung Roughs Tower, die von einer Gruppe um Paddy Roy Bates (1921–2012) besetzt gehalten wird, der sie 1967 übernommen und zum unabhängigen Fürstentum Sealand erklärt hat.
Der Architekt Guy Maunsell hatte schon sehr früh die Idee, Seefestungen zur Küstenverteidigung einzusetzen, und reichte der britischen Admiralität bereits zu Kriegsbeginn zahlreiche Entwürfe ein. Er erhielt jedoch erst im Oktober 1940 den Auftrag, konkrete Pläne zu einer neuartigen Seefestung zu entwerfen. Sie sollte sich in die Themsemündung schleppen und an gewünschter Position gezielt versenken lassen. Auf dem über die Wasseroberfläche hinausragenden Teil sollte eine dauerhafte Besatzung stationiert werden können, um die Südküste gegen See- und Luftangriffe zu schützen.
Der dazu von Maunsell erarbeitete Entwurf sah vor, einen schwimmfähigen Ponton als Basis zu verwenden und ihn mit Beton zu verstärken. Damit blieb die Konstruktion schwimmfähig. Am gewünschten Ziel sollte der Ponton dann mit Meerwasser geflutet werden, so dass die Konstruktion zum Meeresgrund absinkt. Der Beton würde dann den Stoß abmildern und gleichzeitig für eine feste Einbettung in den Meeresgrund sorgen. Die Pläne wurden aber zunächst nicht verwirklicht.
Erst mit dem deutschen Westfeldzug gegen die Niederlande, Belgien, Luxemburg und schließlich dem Erfolg gegen Frankreich kam die Admiralität auf Maunsell zurück. Vor allem nachdem dann auch deutsche Luftangriffe deutlich zunahmen und der bisherige Schutz der Schifffahrtsrouten verlustreich und nicht effektiv genug erschien, sollten permanente Abwehreinrichtungen installiert werden.
Die Arbeiten begannen zunächst unter der Bezeichnung Thames Estuary Special Defence Units (TESDU). Später bekamen die Konstruktionen dann den Codenamen Uncle (U) und wurden fortlaufend durchnummeriert. Ihre längeren Namen rühren von den Sandbänken her, auf denen die Forts platziert wurden, um die Standfestigkeit der Konstruktion und eine ausreichend geringe Wassertiefe zu gewährleisten.
Maunsell erhielt einen Auftrag für den Entwurf von fünf Verteidigungsplattformen für die Royal Navy. Sie sollten den ersten Plänen ähnlich, jedoch zusätzlich mit schweren Geschützen versehen werden und die Unterbringung von 100 Mann Besatzung mit Vorräten für mehr als einen Monat ermöglichen. Ihre Aufgabe bestand darin, die deutsche Luftwaffe am Verminen der Schifffahrtswege nach London zu hindern und alle entsprechenden Versuche zu melden.
Jede dieser Festungen ruht auf einem betonverstärkten Ponton am Meeresgrund, darüber zwei hohle Betonzylinder, die innen mit mehreren Stockwerken konstruiert wurden. Darüber eine relativ einfache Plattform, die mit jeweils zwei 3,7"-(94 mm)-MK2c-Flak-Geschützen und zwei 40-mm-Bofors-Flugabwehrgeschützen ausgerüstet war.
Von den ursprünglich geplanten fünf Forts wurden aus unbekannten Gründen insgesamt jedoch nur vier gebaut.
Im Anschluss an die Fertigstellung der Festungen für die Navy erhielt Maunsell einen weiteren Auftrag. Er sollte für die British Army sechs neue Konstruktionen entwerfen, von denen je drei für die Mündung der Themse und des Mersey vorgesehen waren. Sie sollten nun direkt zur Flugabwehr deutscher Bomber dienen, deren Angriffe die flussaufwärts gelegenen Werftanlagen von London bedrohten.
Sein Entwurf sah schließlich für jede Festung sieben zweistöckige Türme vor, die lediglich durch Laufstege aus Stahlröhren miteinander verbunden sein sollten: einen Turm mit Leitstand, der von vier Türmen mit MK6-3,7"-Kanonen umgeben war, außerdem noch einen Turm mit zwei 40-mm-Bofors-Geschützen und etwas abseits einen Turm mit Suchscheinwerfern. Die Türme konnten dadurch das Schema landgestützter Flugabwehrstellungen nachbilden. Erneut auf eine Konstruktion mit Ponton zurückzugreifen war jedoch nicht möglich, da die Sandbank sich unter dem Einfluss von Ebbe und Flut zu stark veränderte. Maunsell musste einen neuen Sockel entwerfen, der die Bewegung des Sandes zuließ, ohne dass sich dabei die Position der Türme zu stark veränderte.
Der Bau der drei neuen Festungen in der Themsemündung begann schon im August 1942, und bis Dezember 1943 waren alle Türme an ihrem Zielort installiert.
Drei weitere Forts errichtete man plangemäß in der Mündung des Mersey.
Alle Forts wurden auf der Red Lion Wharf im Trockendock gebaut. Zwischen Februar 1942 bis Dezember 1943 in relativ kurzer Folge fertiggestellt wurden sie nacheinander an ihre Zielpositionen geschleppt und versenkt. Bis einen Monat nach Kriegsende verrichteten sie vollen Dienst. Angeblich zerstörten allein die Seefestungen in der Themsemündung im Zweiten Weltkrieg ein Schnellboot, 22 Flugzeuge und 31 V1-Flügelbomben.
Nach Kriegsende wurden die Festungen jedoch nicht mehr gebraucht. Bereits am 14. Juni 1945 wurden sämtliche Stationen stillgelegt und die Besatzung auf kleinere Mannschaften zur Wartung und Instandsetzung reduziert.
Bis Ende der 1950er Jahre wurden die Stationen dann nach und nach endgültig aufgegeben, die Geschütze demontiert und die letzten Besatzungen vollständig abgezogen.
In den folgenden Jahren gingen mehrere Plattformen verloren:
Von 1964 bis 1967 besetzten mehrere Piratensender die verlassenen Plattformen:
Roughs Tower wird seit 1967 von Paddy Roy Bates bzw. dessen Nachfolgern besetzt gehalten. Bates hatte darauf das Fürstentum Sealand gegründet.
Das Projekt Seatribe versucht die anderen Plattformen, die inzwischen abgerissen werden sollen, zu retten.
Eine Gruppe unter dem Namen Project Redsands setzte sich für die Erhaltung der Red Sands Plattformen ein. Zwischen diesen wurden von dem Slackline- & Medienkollektiv One Inch Dreams 2015 Slacklines gespannt und die Aktion dokumentiert. Die Verfilmung lief unter dem Namen "In between Boundaries" von Herbst 2016 bis Ende 2017 auf UHD1 (4K-Sender).[3][4]
Informationen und Bilder:
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