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Zum Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus hielt Marcel Reich-Ranicki als Ehrengast am 27. Januar 2012 im Deutschen Bundestag in Berlin eine Rede. Dabei berichtete er von seinen eigenen Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus.[1]
Am Anfang seiner Rede betonte Marcel Reich-Ranicki, dass er nicht als Historiker, sondern als Zeitzeuge des Holocaust spreche.[1] Er selbst wurde 1938 nach kurzer Abschiebehaft im Rahmen der „Polenaktion“ aus Berlin nach Polen deportiert und war Überlebender des Warschauers Gettos.[1]
Im Folgenden erzählte Reich-Ranicki, wie SS-Sturmbannführer Hermann Höfle den Judenrat mit der sogenannten „Umsiedlung der Juden aus Warschau“, auch bekannt unter „Große Aktion“, beauftragte.[1] Reich-Ranicki war auf Auftrag Höfles gezwungen, die Sitzung zu protokollieren.[1] Nachdem die Konferenz geschlossen war und die SS-Führer mit ihren Begleitern das Haus verlassen hatten, musste sich Reich-Ranicki um die polnische Übersetzung des Protokolls kümmern.[1] Er selbst meinte, er habe damals, am 22. Juli 1942, das Todesurteil, das die SS über die Juden von Warschau gefällt hatte, seiner Mitarbeiterin Gustawa Jarecka diktiert.[1]
Auf Anraten Jareckas heiratete Reich-Ranicki kurz darauf seine Freundin Tosia.[1] Der Obmann des Judenrates Adam Czerniaków nahm sich am nächsten Tag, 23. Juli 1942, das Leben.[1] In dem Abschiedsbrief an seine Frau erklärte Czerniaków, nachdem man von ihm verlangt habe, mit eigenen Händen die Kinder seines Volkes umzubringen, wäre ihm nichts anderes übrig geblieben als zu sterben.[1] Reich-Ranicki erzählte, dass diese Tat damals als Zeichen dafür gesehen wurde, dass die Lage der Juden Warschaus hoffnungslos sei.[1] Weiters hielt Reich-Ranicki Czerniaków für einen intellektuellen Mann mit Grundsätzen, der auch in unmenschlicher Zeit an seinen Idealen festhielt.[1] Am Ende der Rede stellte Reich-Ranicki fest, dass die sogenannte „Umsiedlung“ der Juden eine bloße Aussiedlung aus Warschau war: „Sie hatte nur ein Ziel, sie hatte nur einen Zweck: den Tod.“
Nach seiner Rede erhielt Reich-Ranicki stehenden Applaus des Publikums.[1]
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