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Ingenieurbauwerk, das Tieren als Hilfsmittel dient, stark befahrene Verkehrswege gefahrlos zu queren Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Grünbrücke oder Wildbrücke ist eine Brücke, die es wildlebenden Tieren ermöglicht, stark befahrene Verkehrswege wie Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnstrecken gefahrlos zu queren. Grünbrücken verbinden Lebensräume des Wildes, die durch Verkehrswege zerschnitten sind, und sollen somit die Folgen der zunehmenden Landschaftszerschneidung mildern.
Damit eine Grünbrücke ihrem Zweck entsprechend vom Wild benutzt wird, muss sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So haben Wildbrücken in der Regel eine Mindestbreite von 50 Metern, damit sie von größeren Tieren wie Hirschen angenommen werden. Der Begriff Grünbrücke wird dabei besonders bei größerer Breite und Bewuchs genutzt. Die Breite der Brücken variiert und kann mehr als 80 Meter betragen. In diesem Fall wird das Kreuzungsbauwerk als Landschaftstunnel bezeichnet.[2] Es gibt auch Kleintierbrücken, die nur wenige Meter breit sind.
Die Lage der Querungsstelle spielt ebenfalls eine besondere Rolle: Grünbrücken werden an bekannten Wildwechseln erbaut, um die Tiere möglichst unkompliziert über die Brücke zu führen. Um die Sicht auf die zu querenden Verkehrswege abzuschirmen, werden die Seitenränder der Brücke oft heckenartig bepflanzt, wobei meistens auch die übrige Fläche der Brücke bepflanzt ist. Im Allgemeinen sind dies Stauden, Gras und Büsche.
Die West Autobahn in Österreich wurde im Bereich der Stadt Salzburg (Abfahrt Salzburg-Mitte) mit einer Grünbrücke eingehaust, die dazu dient, das ursprüngliche, von der Autobahn geteilte Dorf Liefering als Siedlungsraum wiederherzustellen. Über der Autobahntrasse befindet sich ein Park.
Untersuchungen zur biologischen Wirksamkeit von Grünbrücken haben gezeigt, dass sie in großem Maße zur Verbindung von Lebensräumen beitragen. Sie werden nicht nur von größeren Wildtieren zur Querung genutzt, sondern auch von wirbellosen Tieren wie Faltern, Spinnen und Käfern. Nach einer Untersuchung der Landesforstanstalt Eberswalde, die von Mai 2005 bis April 2006 durchgeführt wurde, passierten fast 2300 Wildtiere eine Grünbrücke über die A 11 in Brandenburg. Bei Versuchsreihen auf einer Brücke in Kroatien über die Autobahn zwischen Karlovac und Rijeka haben Forscher mit Infrarotschranken die Tierwanderungen gemessen. Dabei wurden Tiere ab der Größe eines Fuchses erfasst. Innerhalb eines Jahres passierten rund 6.000 Tiere diese Brücke, darunter Bären, Wölfe und Luchse. Bei den Untersuchungen wurden Infrarot-Fotofallen genutzt.[3][4]
Grünbrücken haben eine verbindende Funktion und tragen zu einer Reduzierung von Wildunfällen bei.
Ebenfalls zur Querung von Verkehrswegen eignen sich durchführende Wildbrücken. Diese sollten aber eine Höhe von zehn Metern nicht unterschreiten, da sie sonst von einigen Arten schlecht angenommen werden. Von Huftieren werden Tunnel gemieden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Kleintieren oder Amphibien eine sichere Querung von Verkehrswegen in Form von Kleintiertunneln/Kleintierdurchlässen zu ermöglichen. Diese Röhren können von Amphibien, aber auch von kleinen Säugetieren wie Dachsen oder Ottern benutzt werden. Zu beachten ist dabei, dass für die wechselnde Tierart die gegenüberliegende Öffnung als Ausgang erkennbar ist.
Laut ADAC-Angaben belaufen sich die Baukosten je Grünbrücke in Deutschland auf ein bis drei Millionen Euro.[5] Wenn eine Grünbrücke zusammen mit einer Autobahn gebaut wird, ist ihre Errichtung preisgünstiger, als wenn sie nachträglich errichtet wird.[6]
Derzeit gibt es in Deutschland 107 Grünbrücken über Autobahnen oder Bundesstraßen, einschließlich Landschaftsbrücken und -tunnel, jedoch ohne bergmännisch errichtete Tunnel und ohne Kleintiertunnel (Stand: März 2021). Der ADAC, der BUND und andere Verbände sehen einen erheblich höheren Bedarf. Das Bundesamt für Naturschutz geht von 30.000 „Konfliktstellen“ im überregionalen Verkehrsnetz aus.[5] An solchen Gefahrenstellen stirbt ein Großteil der in Deutschland durch „nicht jagdliche Einwirkungen“ (Fallwild) zu Tode kommenden Tiere: jährlich sind dies 202.000 Rehe, 16.000 Wildschweine und 3.100 Hirsche.[7]
Im Rahmen des Konjunkturpakets II wurden einige Wildbrücken geplant und beschlossen, zum Beispiel im Bundesland Brandenburg[8] und vier Brücken bei Geldern. Der Landesjagdverband NRW befürwortet die Brücken, weil er hofft, dass sie die Inzucht bei einigen Wildarten verringern. Vor allem Rotwild sei davon betroffen.
An folgenden Stellen befindet sich mindestens eine Grünbrücke:
In den Artikeln der Bundesautobahnen und -straßen sind fertige und geplante Grünbrücken in den Listen der Anschlussstellen und Bauwerke aufgeführt und mit diesem grünen Symbol gekennzeichnet.
Ein Beispiel für eine Grünbrücke an einer Bahnstrecke liegt an der Weddeler Schleife auf Höhe Essehof. 52° 18′ 9,8″ N, 10° 40′ 52,5″ O
Die erste wissenschaftliche Forderung nach Wildbrücken erfolgte beim Bau der Ost Autobahn im Jahr 1987 im Zuge des Alpen-Karpaten-Korridors. Dieser Forderung wurde nicht nachgekommen. Erst im Jahr 1997 nach Herausgabe der für die den Straßenbau in Österreich verbindlichen Richtlinie Wildschutz (RVS 3.01; heute RVS 04.03.12) durch die Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr wurden weitere Untersuchungen an Autobahnen und Schnellstraßen durchgeführt. Nach diesen Berechnungen ergibt sich für die damals aktuelle Länge von 2000 Kilometern übergeordneten Straßen ein Bedarf von 84 Tunnel und Überführungen sowie 422 Unterführungen mit einer Breite größer als 30 m.[19]
In Österreich wurde von der ASFINAG im Jahr 2004 auf der Süd Autobahn in Kärnten der Bärentunnel mit einer Länge von 91 Meter Länge nachträglich errichtet, da sich das Gebiet im Natura-2000-Gebiet Schütt-Graschelitzen[20] befindet und Teil des LIFE-Natur-Projektes ‚Schütt – Dobratsch‘ ist.[21]
Weiters existieren Grünbrücken über die Donauufer-Autobahn bei Jedlesee, im Abschnitt Eibesbrunn–Schrick der Nord Autobahn, bei der Parndorfer Platte über die Ost Autobahn, über die Innkreis Autobahn (seit 2003) südlich Wels sowie über Strecken der ÖBB, z. B. im Bereich der Koralmbahn.
Die ASFINAG plant November 2015 die Fertigstellung einer Grünbrücke bei Ybbs über die A1. Mit St. Valentin und St. Georgen am Ybbsfelde (beides im Bezirk Amstetten) ist die Errichtung von 16 Grünbrücken in den Jahren 2016 bis 2027 geplant. Typischerweise werden sie 60 m breit ausgeführt, mit Büschen und Bäumen bepflanzt und mit einem Sichtschutz gegen Autoscheinwerfer ausgestattet.[22]
2021 gab es in der Schweiz 44 Wildbrücken. Die ersten wurden 1992 über die neue A7 im Thurgau erbaut.[23] Das Bundesamt für Umwelt, das Bundesamt für Strassen und die Kantone arbeiten seit 2003 an der Wiederherstellung von 51 unterbrochenen Wildtierkorridoren von überregionaler Bedeutung, von denen 41 Nationalstrassen queren. 2020 galten noch 47 Korridore als fürs Wild nicht benutzbar; 171 von insgesamt 304 Wildtierkorridoren mit überregionaler Bedeutung waren beeinträchtigt.[24][25] Auch über Eisenbahnstrecken wurden vielerorts Wildbrücken errichtet.[26]
Eine 2019 publizierte Untersuchung zeigt, dass – wie in anderen Ländern – Hirsche nur in seltenen Fällen Wildbrücken annehmen und nur die Hälfte der untersuchten Passagen von Wildschweinen genutzt wurden.[26]
In Singapur wurde mit der Eco-Link@BKE 2013 die erste Grünbrücke Asiens über den Bukit Timah Expressway errichtet, welcher seit seinem Bau 1986 die beiden vorher aneinander grenzenden Naturreservate Bukit Timah Nature Reserve und Central Catchment Nature Reserve trennte.
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