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Der Kreis Heiligenbeil war ein preußischer Landkreis in Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand. Im ersten Jahr seines Bestehens trug er den Namen Kreis Zinten.
Der Kreis Heiligenbeil lag im westlichen Teil Ostpreußens am Frischen Haff. Er hatte die Form eines spitzwinkligen Dreiecks. Von seiner 1137 km² großen Gesamtfläche waren 229 km², also ein Fünftel, Haffanteil. Der westlichste Punkt des Kreises lag westlich von Alt Passarge, der östlichste ostwärts von Robitten, die nördlichste Spitze lag nordöstlich von Dümpelkrug und der südlichste Punkt südöstlich von Schönborn. Der Kreis hatte seit 1819 die obige Form und Ausmaße. Bei der Volkszählung im Mai 1939 lebten im Kreisgebiet 53.207 Einwohner. Das waren rund 59 Menschen auf einen Quadratkilometer. Sie lebten in zwei Städten und 111 Landgemeinden.
Das Gebiet des späteren Kreises Heiligenbeil gehörte seit der ostpreußischen Kreisreform von 1752 zum damaligen Kreis Brandenburg. Dieser war nach dem Marktflecken Brandenburg benannt, dem Sitz eines alten ostpreußischen Hauptamts. Neben dem Hauptamt Brandenburg gehörten noch die Hauptämter Balga und Preußisch Eylau zum Kreis Brandenburg, der im Jahre 1800 eine Fläche von ca. 2717 km² und 68.627 Einwohner hatte.[1][2][3]
Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich mit der „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da sich die 1752 eingerichteten Kreise als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Zum 1. Februar 1818 wurde im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen aus dem westlichen Teil des Kreises Brandenburg der neue Kreis Zinten eingerichtet. Er umfasste zunächst die Kirchspiele Albrechtsdorf, Balga (Wesjoloje), Bladiau (Pjatidoroschnoje), Borken, Buchholz, Canditten, Deutsch Thierau (Iwanzowo), Eichholz, Eichhorn, Eisenberg (Żelazna Góra), Grunau (Gronowo) und Filial Passarge, Gutenfeld, Heiligenbeil (Mamonowo), Hermsdorf (Pogranitschny) und Filial Pellen (Piele), Hohenfürst (Wyszkowo), Landsberg (Górowo Iławeckie), Lindenau (Lipowina), Peisten (Piasty Wielkie) und Filial Hanshagen (Janikowo), Petershagen (Pieszkowo), Reddenau (Rodnowo), Tiefensee (Głębock), Waltersdorf (Pęciszewo) und Zinten (Kornewo).
Am 1. April 1819 wurden die Grenzen, der Name und die Kreisstadt des Kreises noch einmal geändert. Entsprechend seiner neuen Kreisstadt Heiligenbeil hieß der Kreis nun Kreis Heiligenbeil. Die Kirchspiele Brandenburg und Pörschken wechselten aus dem Kreis Preußisch Eylau in den Kreis Heiligenbeil und im Gegenzug wechselten die Kirchspiele Albrechtsdorf, Borken, Buchholz, Canditten, Eichhorn, Gutenfeld, Landsberg, Peisten, Petershagen und Reddenau aus dem Kreis Heiligenbeil in den Kreis Preußisch Eylau.
Ab dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen (nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr.
Ab dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Am 13. Oktober 1876 wurde das Landratsamt von Zinten nach Heiligenbeil verlegt, nachdem die Stadt Heiligenbeil hierfür ein Gebäude errichtet hatte. Zum 16. Februar 1878 wurde das bisher kommunalfreie Vorwerk Banditten aus dem Kreis Preußisch Eylau in den Kreis Heiligenbeil eingegliedert. Nach der Teilung der Provinz Preußen in die neuen Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurde der Kreis Heiligenbeil am 1. April 1878 Bestandteil Ostpreußens. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Heiligenbeil wie im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.
Im Februar und März 1945 wurde das Kreisgebiet Kriegsschauplatz. Es bildete sich der militärische „Heiligenbeiler Kessel“. Nach schwersten und wochenlangen Abwehrkämpfen der 4. deutschen Armee gegen mehrere sowjetische Armeen erfolgte der endgültige Untergang in den letzten Märztagen. Im Morgengrauen des 29. März 1945 schifften sich die letzten deutschen Soldaten vom Haffufer unterhalb der Burgruine Balga in Richtung Pillau ein. In den Winterwochen zuvor flüchtete der größte Teil der Bevölkerung des Kreises Heiligenbeil über das Eis des Haffs auf die Frische Nehrung und von dort auf die rettenden Schiffe in Pillau oder auf dem Landweg der Nehrung nach Danzig. Von den rund 53.000 Bewohnern des Kreises Heiligenbeil verloren ca. 20 % ihr Leben durch Krieg, Flucht, Vertreibung, Deportation, Vergewaltigungen, Hunger, Krankheiten oder unmenschliche Behandlungen in ostpreußischen Zwangslagern.
Nach der vollständigen Besetzung spätestens im Frühjahr 1945 wurde das gesamte Kreisgebiet von der sowjetischen Besatzungsmacht zunächst unter polnische Verwaltung gestellt. Die polnische Verwaltung führte für Kreis und Kreisstadt die Bezeichnung Święta Siekierka ein, die polonisierte (und in Polen auch schon zuvor gebräuchliche) Bezeichnung der Stadt Heiligenbeil.
Im Spätsommer bzw. Frühherbst des Jahres 1945 revidierte die sowjetische Besatzungsmacht die bisherige Zonenaufteilung und vorschob die Grenze der sowjetischen Verwaltungszone erheblich in südliche Richtung, so dass der größere Nordteil des Kreises einschließlich der Kreisstadt Heiligenbeil unter sowjetische Verwaltung kam. Die bereits zugewanderten polnischen Migranten, die schon mit der Verdrängung und Vertreibung der verbliebenen Deutschen begonnen hatten, wurden einschließlich der polnischen Zivilverwaltung kurzfristig aus dem nunmehr sowjetisch verwalteten Nordteil wieder ausgewiesen.[4] Der kleine Südteil des Kreises verblieb unter polnischer Verwaltung und wurde dem Powiat Braniewski (Braunsberg) angeschlossen. Die dort noch ansässige deutsche Bevölkerung wurde, sofern sie nicht bereits geflüchtet war, in der Folgezeit vertrieben.
Im Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Heiligenbeil zusammen mit dem Kreis Preußisch Eylau den Reichstagswahlkreis Königsberg 5.[11]
Der Kreis Heiligenbeil gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständigem Wegfall – in Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Neben den beiden Städten Heiligenbeil (heute russisch: Momonowo) und Zinten (Kornewo) wurden im Kreis Heiligenbeil Amtsbezirke gebildet, in denen mehrere Landgemeinden und Gutsbezirke zusammengeschlossen waren.[12] Die Orte liegen heute sowohl auf russischem (RUS) wie auch auf polnischem (PL) Staatsgebiet:
Deutscher Name | Heutiger Name | Deutscher Name | Heutiger Name | |
---|---|---|---|---|
Arnstein | Jarzeń (PL) | Karben | Prigorkino (RUS) | |
Balga | Wessjoloje (RUS) | Keimkallen ab 1929: Schirten | Krasnodonskoje (RUS) Potjomkino (RUS) | |
Bladiau | Pjatidoroschnoje (RUS) | Kukehnen | Ladoschskoje (RUS) | |
Brandenburg | Uschakowo (RUS) | Laukitten ab 1929: Ludwigsort | Bolschedoroschnoje (RUS) Laduschkin (RUS) | |
Bregden | Wawilowo (RUS) | Lindenau | Lipowina (PL) | |
Deutsch Thierau | Iwanzowo (RUS) | Maraunen | Michailowskoje (RUS) | |
Eichholz | Dębowiec (PL) | Pellen | Piele (PL) | |
Eisenberg | Żelazna Góra (PL) | Pörschken | (RUS) | |
Frisches Haff Amtssitz: Alt Passarge bzw. Pillau | Stara Pasłęka (PL) Baltijsk (RUS) | Pohren ab 1929 Windkeim | Rasdolnoje (RUS) (RUS) | |
Groß Klingbeck | (RUS) | Pokarben | (RUS) | |
Groß Rödersdorf | Nowosjolowo (RUS) | Quilitten | Schukowka (RUS) | |
Grunau | Gronowo (PL) | Rippen ab 1929 Ludwigsort | Sowchosnoje (RUS) Laduschkin (RUS) | |
Grunenfeld | Gronówko (PL) | Rossen | Rusy (PL) | |
Hermsdorf | Pogranitschny (RUS) | Stuthenen ab 1929 Wolittnick | (RUS) Primorskoje-Nowoje (RUS) | |
Hohenfürst | Wyszkowo (PL) | Waltersdorf | Pęciszewo (PL) | |
Jäcknitz | Usornoje (RUS) | Wesselshöfen | Puschkino (RUS) |
Der Kreis Heiligenbeil umfasste am Ende seines Bestehens 1945 zwei Städte, 111 weitere Gemeinden und einen unbewohnten Gutsbezirk. Die Mehrzahl der damaligen Gemeinden liegt heute in Russland; die heute in Polen liegenden Gemeinden sind mit PL gekennzeichnet.[12][8]
Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
Kleinere Namenskorrekturen fanden wie folgt statt:
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