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Kac-Moody-Algebren, benannt nach Victor Kac und Robert Moody, sind in der mathematischen Theorie der Lie-Algebren untersuchte Algebren. Man geht von einer Matrix mit bestimmten Eigenschaften aus und wendet darauf ein Verfahren an, das an die klassische Konstruktion einer endlichdimensionalen halbeinfachen Lie-Algebra aus einer vorgegebenen Cartan-Matrix angelehnt ist. Man kann dann drei Typen solcher Kac-Moody-Algebren ausmachen. Die Algebren vom endlichen Typ (s. u.) sind die aus der klassischen Theorie bekannten endlichdimensionalen halbeinfachen Lie-Algebren, so dass die Theorie der Kac-Moody-Algebren als eine Verallgemeinerung der klassischen Theorie angesehen werden kann. Dazu kommen zwei weitere Typen, der affine Typ und der indefinite Typ (s. u.), die weder endlichdimensional noch halbeinfach sind.
Eine -Matrix heißt verallgemeinerte Cartan-Matrix, falls
Offenbar sind Cartan-Matrizen Beispiele für verallgemeinerte Cartan-Matrizen.
Zwei verallgemeinerte -Cartan-Matrizen und heißen äquivalent, wenn es eine Permutation auf gibt mit gibt.
Eine verallgemeinerte Cartan-Matrix heißt zerlegbar, wenn sie zu einer Matrix der Form
mit Untermatrizen und äquivalent ist, sonst unzerlegbar.
Zu einer vorgegebenen verallgemeinerten -Cartan-Matrix gibt es
so dass für alle
Die Daten nennt man eine Realisierung von . Man kann zeigen, dass die Dimension von mindestens ist, wobei der Rang der Matrix ist, dass dieses Minimum angenommen wird, und dass es zu je zwei Realisierungen und minimaler Dimension einen Vektorraumisomorphismus gibt, der auf abbildet und dessen duale Abbildung auf abbildet. Diese sogenannten minimalen Realisierungen sind also bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt.[1]
Bislang haben wir zu einer verallgemeinerten -Cartan-Matrix eine minimale Realisierung konstruiert. Diese Daten verwenden wir nun, um eine Lie-Algebra aus Erzeugern und Relationen zu definieren. Die Menge der Erzeuger ist
Die Elemente sind nur Symbole, lediglich die Matrizengröße und der Vektorraum gehen hier ein. Die Relationen sind
Bezeichnet die Menge dieser Relationen, so setzen wir
Die ersten beiden Gruppen von Relationen führen offensichtlich dazu, dass ein Lie-Algebren-Homomorphismus zwischen abelschen Lie-Algebren ist. Man kann sogar zeigen, dass dieser ein Isomorphismus ist.
Zu einer verallgemeinerten Cartan-Matrix haben wir eine Lie-Algebra mit einer darin enthaltenen abelschen Unteralgebra konstruiert. Man kann nun zeigen, dass
wieder ein Ideal mit ist. Man nennt
die Kac-Moody-Algebra zur verallgemeinerten Cartan-Matrix .
Man kann zeigen, dass die Isomorphieklasse von nur von der Äquivalenzklasse der verallgemeinerten Cartan-Matrix abhängt, insbesondere nicht von der Wahl einer minimalen Realisierung. Ist sogar eine Cartan-Matrix, so ist die Kac-Moody-Algebra zu isomorph zur endlichdimensionalen halbeinfachen Lie-Algebra mit dieser Cartan-Matrix.[2]
Die Kac-Moody-Algebren zu unzerlegbaren verallgemeinerten Cartan-Matrizen zerfallen in drei Typen. Sie werden durch Eigenschaften der zugrunde liegenden verallgemeinerten Cartan-Matrix definiert. Dazu beachte, dass solche Matrizen ganzzahlige und damit reellwertige Koeffizienten haben und daher auf dem , dem Vektorraum der Spaltenvektoren, operieren. Auf dem sei die komponentenweise Ordnung gegeben, das heißt , falls komponentenweise gilt. Wir schreiben entsprechend , falls komponentenweise gilt.
Man verwendet die folgenden Typbezeichnungen, für die eine unzerlegbare verallgemeinerte -Cartan-Matrix sei, sowohl für als auch für die Kac-Moody-Algebra .[3]
und damit auch hat endlichen Typ, falls
und damit auch hat affinen Typ, falls
und damit auch hat indefiniten Typ, falls
Es ist nicht offensichtlich, dass dies tatsächlich eine Dreiteilung der unzerlegbaren verallgemeinerten Cartan-Matrizen darstellt. Alternativ kann man diese drei Typen für unzerlegbare verallgemeinerte Cartan-Matrizen wie folgt charakterisieren:
Man kann zeigen, dass Kac-Moody-Algebren endlichen Typs genau die endlichdimensionalen einfachen Lie-Algebren sind. Die Kac-Moody-Algebren affinen oder indefiniten Typs sind weder halbeinfach, sie haben ein nicht-triviales Zentrum, noch endlichdimensional.
Man kann, ganz ähnlich wie in der Theorie der endlich-dimensionalen halbeinfachen Lie-Algebren, jeder verallgemeinerten Cartan-Matrix ein Dynkin-Diagramm zuordnen, dies geschieht nach folgenden Regeln: Das Dynkin-Diagramm zur verallgemeinerten -Cartan-Matrix ist ein Graph aus Knoten, die mit bezeichnet werden. Für die Kanten zwischen diesen Knoten verfährt man wie folgt:
Es ist klar, dass man aus dem Dynkin-Diagramm die verallgemeinerte Cartan-Matrix zurückgewinnen kann, ebenso, dass eine verallgemeinerte Cartan-Matrix genau dann unzerlegbar ist, wenn ihr Dynkin-Diagramm zusammenhängend ist.
In der klassischen Theorie, das heißt für unzerlegbare verallgemeinerte Cartan-Matrizen endlichen Typs, erhält man die bekannte Liste der Dynkin-Diagramme , die eine vollständige Klassifikation der endlichdimensionalen einfachen Lie-Algebren darstellt. Für unzerlegbare verallgemeinerte Cartan-Matrizen affinen Typs gelingt ebenfalls eine vollständige Klassifikation, auch hier erhält man eine überschaubare Liste. Die zuletzt genannte Regel zur Erstellung des Dynkin-Diagramms findet im affinen Fall keine Anwendung, das kommt erst bei unzerlegbaren verallgemeinerten Cartan-Matrizen indefiniten Typs vor.[4]
Als Beispiel für eine verallgemeinerte Cartan-Matrix affinen Typs betrachten wir
Die Bezeichnung stammt von einer Klassifikation der unzerlegbaren Cartan-Matrizen affinen Typs. Da
liegt nach oben genannten Kriterien tatsächlich ein affiner Typ vor: Es gibt ein mit . Das zugehörige Dynkin-Diagramm wird in nebenstehender Zeichnung wiedergegeben.
Ein weiteres Beispiel für eine verallgemeinerte Cartan-Matrix affinen Typs ist
Zur Erstellung des Dynkin-Diagramms findet die vorletzte Regel Anwendung.
Hier ist die vollständige Liste aller Dynkin-Diagramme zu unzerlegbaren, verallgemeinerten Cartan-Matrizen affinen Typs:
Die angegebenen Bezeichnungen der Dynkin-Diagramme sind Standardbezeichnungen. Die verwendete Tilde weist auf eine gewisse Affinisierung hin, das heißt auf einen Prozess, mit dem man aus gegebenen Lie-Algebren weitere erzeugen kann. Die zu diesen Dynkin-Diagrammen gehörigen Kac-Moody-Algebren werden genauso bezeichnet, das heißt man spricht von Kac-Moody-Algebren , , , , , , , , , , , , , , .
Für Kac-Moody-Algebren kann man weite Teile der auf Wurzelsystemen beruhenden Theorie endlichdimensionaler halbeinfacher Lie-Algebren analog aufstellen. Als Ersatz für die Cartan-Unteralgebra dient das Bild von in der Quotientenalgebra . Man kann zeigen, dass die Abbildung injektiv ist. Man kann also als Unteralgebra von auffassen. Damit ist eine Darstellung der Form
möglich, wobei die wie üblich Gewichte heißen und sich ganzzahlig aus den linear kombinieren lassen. Die Grundlagen dieser Theorie sind im mehrfach zitierten Lehrbuch von Roger Carter ausgearbeitet.
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