Johann Baptist Anzer wurde als Sohn eines Bauern und Metzgers geboren. Er besuchte das Regensburger Lyzeum und Priesterseminar, wo er vier Semester Theologie studierte. In Anzer reifte immer mehr der Gedanke, kein Diözesanpriester, sondern Missionar zu werden. Nachdem er bei der Lektüre des von Arnold Janssen herausgegebenen Kleinen Herz-Jesu-Boten von dessen Absicht erfahren hatte, ein deutsches Missionshaus zu gründen, nahm er mit Arnold Janssen Kontakt auf, was schließlich 1875 zum Eintritt in das erste deutsche katholische Missionshaus in Steyl/Holland, aus dem sich in den folgenden Jahren der Missionsorden der Gesellschaft des Göttlichen Wortes (Societas Verbi Divini/SVD) entwickeln sollte, führte. Dort empfing er 1876 die Priesterweihe und wurde 1879 von Arnold Janssen zusammen mit dem Südtiroler Priester Josef Freinademetz zur Mission nach China ausgesandt. 1882 avancierte der Oberpfälzer zum Leiter seines Missionsgebietes in Süd-Shantung.
Anfangs kümmerte sich Anzer selber um die Ausbildung des chinesischen Klerus in der Apostolischen Präfektur Süd-Shantung. Nach seiner Bischofsweihe übertrug er diese Aufgabe P. Johann Laxhuber (1858–1891). Nach Laxhubers frühem Ableben Ende 1891 ernannte Bischof Anzer seinen Mitarbeiter Eberhard Limbrock zum Leiter des Priesterseminars, das dieser bis zu seiner Abberufung als Apostolischer Präfekt nach Deutsch-Neuguinea ausübte. 1896 beauftragte Anzer seinen Pro-Vikar Josef Freinademetz mit der Leitung des Priesterseminars.[1] 1897 ernannte Anzer den 1889 nach China gekommenen Peter Röser SVD (1862–1944) zum Professor und Rektor des Priesterseminars in Yenchowfu (Yanzhou).[2]
Anzer löste 1890 auf Initiative des deutschen Gesandten in Peking, Max von Brandt, seine Mission vom Protektorat Frankreichs, das im 19. Jahrhundert den Schutz über alle Chinamissionare ausübte, unabhängig von ihrer Nationalität, und unterstellte sie dem Protektorat des Deutschen Reichs. Die deutsche Besetzung der Kiautschou-Bucht im Jahr 1897 nach der Ermordung zweier Steyler Missionare (Richard Henle und Franz Xaver Nies)– der sogenannte Juye-Vorfall– sowie die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Boxeraufstand nach der Ermordung des deutschen Gesandten in Peking, Klemens Freiherr von Ketteler, ließen Anzer zum Objekt heftigster Polemik im Deutschen Reichstag werden. Seinen Einfluss auf die Maßnahmen des Deutschen Reiches schilderte er später folgendermaßen: „[W]eil meine Mission in China unter dem Schutze des Deutschen Reiches steht, rief ich den Schutz Sr. Majestät des deutschen Kaisers an, und zum Schutze meiner Mission hat Kaiser Wilhelm den Hafen von Kiüo-Tschau besetzt und solche Maßregeln getroffen, die geeignet sind, künftig Leben und Eigenthum der deutschen Missionäre zu schützen.“[3]
Im Jahr 1897 wurde Anzer von Prinzregent Luitpold von Bayern in den Adelsstand erhoben.
Bischof Anzer verstarb während eines Aufenthaltes im Collegio Teutonico di Santa Maria dell’Anima in Rom überraschend an einem Schlaganfall.[4] Er wurde auf dem Deutschen Friedhof Campo Santo Teutonico neben dem Petersdom beigesetzt. Sein Herz sollte zuerst nach China in seine Diözese gebracht werden.[5] Da solch ein Brauch in China aber nach Meinung von Josef Freinademetz zu falschen Schlussfolgerungen bei den Chinesen geführt hätte, nahm man davon wieder Abstand und überführte das Herz des verstorbenen Bischofs Anzer auf den Friedhof beim Missionshaus St. Gabriel bei Wien.[6][7][8] Am 7. August 1904 trat Augustin Henninghaus SVD, der seit 1886 im Vikariat Süd-Shantung wirkte, die Nachfolge Anzers als Apostolischer Vikar an.
Ein Heiligtum des Hl. Geistes am Kaiserkanale in China. von J. B. Anzer (Zining, am 23. März 1896). In Kleiner Herz-Jesu-Bote, 23. Jg., Nr. 12, Steyl, September 1896, Beilage Nr. 27, September 1896, S. 107–108.
Jahresbericht an die Wohlthäter der Mission in Südschantung. Vom hochwürdigsten Herrn Bischof J. B. Anzer, in: Kleiner Herz-Jesu-Bote 23. Jg., Nr. 5 (Steyl Febr. 1896) 35–39; Nr. 6 (März 1897) 44–47.
Jahresbericht an die Wohlthäter der Mission in Südschantung. Vom hochw. Herrn Bischof J. B. Anzer, in: Kleiner Herz-Jesu-Bote 24. Jg., Nr. 5 (Steyl Febr. 1897) 37–39. Beilage zum Kleinen Herz-Jesu-Boten, Nr. 5, 1897, 17–18.
Neujahrsgruss an die Wohlthäter der Mission in Südschantung. Vom hochw. H. Bischof J. B. Anzer, in: Kleiner Herz-Jesu-Bote, 25. Jg. Nr. 2. (Nov. 1897). Beilage Nr. 3 (1898) 9–10.
Augustin Henninghaus, Apostol. Vikar von Süd-Schantung: P. Josef Freinademetz: Sein Leben und Wirken. Zugleich Beiträge zur Geschichte der Mission Süd-Schantung. 2. Auflage. Verlag der katholischen Mission, Yenchowfu (China) 1920, 648 S., 1926.
P. Horbach: Bischof von Anzers China-Mission in ihren Beziehungen zur Politik. Aktenmäßige Darlegungen nach den Aussagen des Bischofs und seiner Missionare. Moritz Spiess, Marburg 1901.
J. Beckmann: Die kath. Missionsmethode in China in neuester Zeit. 1931, S. 23–25.
K. J. Rivinius: Die katholische Mission in Süd-Shantung. Ein Bericht des Legationssekretärs Speck von Sternburg aus dem Jahr 1895 über die Steyler Mission in China (= Studia Instituti Missiologici Societatis Verbi Divini 24). Steyler Verlag, St. Augustin 1979, ISBN 3-87787-117-8.
Richard Hartwich SVD: Steyler Missionare in China I. Missionarische Erschließung Südshantungs 1879-1903. Beiträge zu einer Geschichte. (Studia Instituti Missiologici SVD 32) Steyler Verlag, St. Augustin 1983, ISBN 3-87787-166-6.
Karl Josef Rivinius: Weltlicher Schutz und Mission: Das deutsche Protektorat über die katholische Mission von Süd-Shantung. (= Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte, Bd. 14), Böhlau Verlag, Köln/Wien 1987, ISBN 3-412-00987-3.
ANZER, Johann Baptist (von). In: Horst Rzepkowski: Lexikon der Mission. Geschichte, Theologie, Ethnologie. Styria Verlag, Graz/ Köln 1992, ISBN 3-222-12052-8, S. 42.
Fritz Bornemann: Arnold Janssen der Gründer des Steyler Missionswerkes. 3. Aufl., Steyler Verl., Nettetal 1992. ISBN 3-8050-0300-5.
K. J. Rivinius: Bemühungen um ein Bischof Anzer ehrendes Gedenkmal. In Erinnerung an seine Konsekration vor 110 Jahren. In: China heute. XV (1996), S. 149–155.
Karl Müller: Anzer, Johann Baptist (von). In: Gerald H. Anderson (Hrsg.): Biographical Dictionary of Christian Missions. Simon & Schuster Macmillian, New York 1998, ISBN 0-02-864604-5, S. 24–25.
Josef Alt: Arnold Janssen. Lebensweg und Lebenswerk des Steyler Ordensgründers (= Studia Instituti Missiologici 70). Steyler Verlag, Nettetal 1999, 1085 S., ISBN 3-8050-0427-3.
Josef Alt (Hrsg.): Arnold Janssen SVD, Briefe nach China. Bd. I: 1879-1897 (= Studia Instituti Missiologici SVD 73). Steyler Verlag, Nettetal 2000, 447 S., ISBN 3-8050-0446-X.
Josef Alt (Hrsg.): Arnold Janssen SVD, Briefe nach China. Bd. II: 1897-1904 (= Studia Instituti Missiologici SVD 74). Steyler Verlag, Nettetal 2001, XXI + 374 S., ISBN 3-8050-0447-8.
Karl J. Rivinius: Das Verhältnis von Arnold Janssen und Johann Baptist Anzer in den Anfängen der Steyler Missionsgesellschaft. In: Verbum. SVD, 44:2/3 (2003), S. 221–260.
Karl J. Rivinius: Johann Baptist Anzer und Johann Baptist Mehler, ein Mosaikstein zur Biographie des ersten Bischofs der Gesellschaft des Göttlichen Wortes (= Studia Instituti Missiologici SVD 83). Steyler Verlag, Nettetal 2003, ISBN 3-8050-0496-6.
Karl J. Rivinius: Bischof J. B. Anzer im Spiegel seiner Briefe an Magdalene Leitner. Ein Beitrag zur Frömmigkeitsgeschichte. (= Studia Instituti Missiologici SVD 88). Steyler Verlag, Nettetal 2006, ISBN 978-3-8050-0537-1.
Karl J. Rivinius: Im Spannungsfeld von Mission und Politik: Johann Baptist Anzer (1851-1903) Bischof von Süd-Shandong. (= Studia Instituti Missiologici 93) Steyler Verlag, Nettetal 2010, ISBN 978-3-8050-0569-2.
Bischof Anzer †.In:Der St. Pöltner Bote. Lokalblatt von St. Pölten und dem Kreise O.W.W. / St. Pöltner Bote / St. Pöltner Zeitung. Gegründet als „St. Pöltner Bote“. (Organ des Bauernvereines für das Viertel ober dem Wienerwalde), 3. Dezember 1903, S. 4 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dsp