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Motorrad- und Rockerclub Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Hells Angels Deutschland oder Hells Angels MC Germany ist ein seit 1973 in Deutschland vertretener Motorrad- und Rockerclub. Er bildet die Gebietsvertretung des weltweit aktiven Hells Angels MC, der 1948 in Fontana (Kalifornien), San Bernardino County/USA gegründet wurde. Der Hells Angels MC Germany ist einer der vier großen Motorradclubs in Deutschland, die polizeilich bedeutsam und bundesweit organisiert sind.[1] Er gilt außerdem als „Outlaw Motorcycle Gang“, die von einigen Vertretern aus Politik, Medien und Kriminalitätsbekämpfung als kriminelle Vereinigung eingestuft wird. Bislang wurden einzelne Charter verboten. Ein bundesweites Verbot wird seit 2010 von den Innenministern geprüft.
Der Club entstand im März 1973 in Hamburg[2] aus einer Rockergruppe namens Bloody Devils, die in der Hansestadt lokal aktiv war und die 1971 in dem Kinofilm Rocker des Regisseurs Klaus Lemke mitgespielt hatte. Am 4. Dezember 1981 folgte die zweite Ortsgruppe (Charter) in Deutschland, entstanden aus dem schwäbischen Motorradclub Hammers of Hell in Stuttgart, 1990 Berlin und North-End sowie 1994 Kiel. Aktuell (Stand: März 2012) sind 51 Charter polizeilich bekannt,[3] mit geschätzten 650 Mitgliedern (Stand Juni 2008).[4] Das Charter Hannover mit seinem Präsidenten Frank Hanebuth gilt mit rund 80 Mitgliedern als das bundesweit einflussreichste und mächtigste.[5]
Ein historischer Einschnitt in der Geschichte der deutschen Hells Angels war der 14. November 1999, als der über 30 Jahre alte Bones MC als damals größter Motorradclub in Deutschland mit 16 von 21 Chartern[6] und der Hälfte der damals 500 Mitglieder fast geschlossen den deutlich kleineren Hells Angels beitrat.
Ein weiteres Datum, das für Aufsehen sorgte, war der Februar 2010, als 80 ehemalige Mitglieder des damals verfeindeten Chapters Berlin Centro des Bandidos MC Germany unter Führung von Kadir P. zu den Hells Angels überliefen. Anfangs firmierten sie in Berlin als Hells Angels – Turkey,[7] Spätestens 2012 wurde dieses Charter in Berlin City umbenannt.
Vermutlich im Zusammenhang mit einem drohenden Verbot verschiedener Charter der Hells Angels und Chapter der Bandidos kam es im Mai 2012 zum Wechsel des Bandidos-Chapters South Side (Berlin) zum Charter Potsdam der Hells Angels.[8]
Im Dezember 2012 wechselte das Bandidos-Chapter Berlin Midtown zu den Hells Angels, nachdem der damalige Präsident des Chapters mit einem versuchten Sprengstoffanschlag in Verbindung gebracht wurde.
Im Januar 2013 wurde bekannt, dass sich das Charter Westside (Bremen) neu gegründet hat, nachdem es sich ein halbes Jahr zuvor aufgelöst hatte.[9]
Die Charter[10] haben hierarchische Strukturen, in jedem gibt es einen Präsidenten, Vize-Präsidenten, Schatzmeister usw., selbst Pressesprecher.[11]
Vor der Aufnahme als Mitglied („Member“), durchläuft der Bewerber als „Hangaround“ eine Anwärterschaft auf den Prospect-Status. Der „Prospect“ oder Anwärter hat für mindestens ein Jahr eine Probezeit auf den Memberstatus. Bei Ausfahrten dürfen die Bewerber „hinterherfahren, bei Festen Bierkisten schleppen und die Motorräder der Hells Angels waschen. Haben sie alle Tests positiv abgeschlossen, werden die Unterworfenen im Weltverband der Hells Angels aufgenommen. Als Zeichen dürfen sie den Rückenaufnäher (Patch) auf ihrer Kutte tragen, der einen Totenkopf mit Flügel, den sogenannten Deadhead/Deathhead zeigt.“
Während die Hells Angels selbst keine genauen Vorgaben zu den Aufnahmevoraussetzungen machen, gibt es Hinweise, dass der Bewerber männlich, weiß, älter als 21, Besitzer einer Harley-Davidson (ab 750 Kubikzentimetern), von einem Mitglied unterstützt, vertrauenswürdig und nützlicher Spezialist sein soll. Vorstrafen sollen auch dienlich sein.[12]
Nicht-Mitglieder, die die jeweiligen oder weltweiten Charter unterstützen, werden als Supporter bezeichnet. Eine wichtige Aufgabe übernehmen in Deutschland die sogenannten Supporter Clubs, die die jeweiligen Charter unterstützen.
Die Hells Angels unterhalten mit dem Red Devils MC einen eigenen Motorradclub der ausschließlich Unterstützungsaufgaben für die Hells Angels wahrnimmt. Hannover, das als derzeit größtes Hells Angels Charter weltweit gilt, hat zum Beispiel Red Devils Support Clubs in Lüneburg, Salzwedel, Uelzen, Celle, Salzgitter, Nienburg, Stadthagen, Minden, Wolfenbüttel, Helmstedt, Paderborn, Hildesheim oder Göttingen.[13]
Als Supporter Clubs galten Legion 81 (der Name steht für den achten und den ersten Buchstaben im Alphabet) in Kiel[14] und in Freiburg.[15] Der Club in Kiel wurde aufgelöst.
Weitere Motorradclubs sind als Unterstützer in der sogenannten North Assossiation organisiert, an deren Spitze die Hannoveraner Hells Angels stehen und die neben den Red Devils noch 20 weitere regionale Clubs umfasst.[16] Neben den eigentlichen Clubmitgliedern oder Supportern des Clubs kann über dieses Netzwerk eine große Masse an Unterstützern mobilisiert werden, die regelmäßig auf unterschiedliche Weise aktiv sind.
Immer wieder sind die Hells Angels in Konkurrenzkämpfe mit anderen Rockerclubs verwickelt. Mit dem Bandidos, Outlaws MC und dem Gremium MC haben die Hells Angels Konflikte um Einflussbereiche.[17] Insbesondere der „Rockerkrieg“ mit den Bandidos um Gebietsansprüche und Marktanteile sorgte 2009 für Schlagzeilen.[18]
Im Mai 2010 kam es zu einem Friedensvertrag zwischen Hells-Angels-Chef Hanebuth und Peter Maczollek, Präsident der Bandidos in Deutschland und deren Vizepräsident in Europa, in der Kanzlei von Hanebuths Rechtsanwalt Götz von Fromberg in Hannover.[19] Der Frieden war nur von kurzer Dauer.[20]
Als „zornige Stiefbrüder der Hippies“ (Kuno Kruse) tituliert, verstehen sich die Hells Angels als „Motorradclub und internationale Brüderschaft“ mit den Grundwerten Ehre, Respekt, Treue und Freiheit. Werte, „die nur noch die Alten aus den damalig üblichen Großfamilien kennen“ und „die einem Grossteil der Gesellschaft abhanden gekommen sind“, und dadurch, so die Kritik der Hells Angels, die Gesellschaft nachteilig verändere.[21] Verrat, Kindesmissbrauch sowie harter Drogenkonsum gelten als Ausschlusskriterium der Hells Angels. Die Kameradschaft würde trotz stetiger Vorwürfe Drogen- und Waffenhandel ablehnen. Die Hells Angels beklagen eine einseitige Berichterstattung in den Medien, insbesondere die generelle Kriminalisierung ihrer Lebenseinstellung.[22]
Klaus Boers, Professor des kriminologischen Instituts an der Universität Münster, bewertet die Clubs als „Machokultur par excellence“, deren „alten Männerrituale eine Erscheinungsform der Vergangenheit sind.“[11] Opitz stellt fest, dass es „geradezu paradox erscheinen muss, wenn die vom Clubmitglied erstrebte Freiheit nach dem Beitritt […] durch eine Club-Satzung reglementiert und die Freiheit in eine Freiheit(s)pflicht umgeformt wird. Die individuelle Freiheit wird auf diese Weise zur kollektiven Freiheit, die jederzeit die Clubinteressen berücksichtigen muss“.[23]
Nach Sonny Barger, dem ehemaligen Präsidenten, soll der Club mit so wenig Regeln wie möglich auskommen. Die von ihm aufgestellten Vorschriften sind heute noch gültig. So muss
Die Charter der deutschen Hells Angels tragen als bottom rocker, also dem unteren Schriftzug auf ihren Kutten, nicht „Germany“, sondern Städte- und Gebietsnamen wie z. B. „Black Forest“, „West Side“, „Frankfurt“ oder „Stuttgart“. Mit dieser Maßnahme wird vermieden, dass sich das über das Hamburger Charter verhängte Clubverbot auf alle deutschen Charter anwenden ließ. Die deutschen Hells Angels holten sich hierfür eigens die Genehmigung aus den USA. In Deutschland sowie international sind die Schriftzüge, die Schriftart und Schriftform rot auf weiß, der geflügelte Totenkopf sowie diverse Umschreibungen und Kürzel wie etwa Big Red Machine und AFFA (Angels Forever Forever Angels) markenrechtlich geschützt.
Neben dem Rückenaufnäher sind besondere Aufnäher vorgesehen, so Dequiallo, wenn man einen Polizisten o. ä. niedergeschlagen oder verletzt hat, oder Filthy Few, wenn ein Feind des MC durch das Mitglied getötet wurde.[24]
Es gibt viele Vorwürfe wegen Kriminalität gegen einzelne Mitglieder des Clubs und seiner Charter. Dabei umfassen die Anklagepunkte in polizeilichen Ermittlungen und späteren Gerichtsprozessen vermutete Tatbestände wie Körperverletzung, Raub, Prostitution, Waffenbesitz, Schutzgelderpressung, Drogenhandel und Mord.[11][25] 2010 waren nach Eigenangaben 18 Hells Angels inhaftiert.[26] Eine weitere Erscheinungsform sind die durch Hells Angels dominierten Gruppierungen der Organisierten Kriminalität (OK). Im Jahr 2010 richteten sich 20 OK-Verfahren gegen Mitglieder des Hells Angels Motorcycle Clubs.[27]
Auch ehemalige Mitglieder der Hells Angels Deutschland berichteten über eine kriminelle Ausrichtung des Clubs. Laut Ulrich Detrois betrifft dies aber nur die deutschen Charter.[28] Gestützt werden diese Vorwürfe durch einschlägige Gerichtsurteile gegen führende Mitglieder der Gruppierung.[29] Immer wieder waren Hells Angels auch in Auseinandersetzungen mit anderen Rockerclubs verwickelt, die zum Teil zu Todesfällen führten.
Neben den kriminellen Betätigungsfeldern werden von den Hells Angels legale Geschäftsbereiche erschlossen. „Typische Betätigungsfelder dafür sind Wach- und Sicherheitsdienste, der Gastronomiebereich sowie Tattoo-Studios, die offiziell gewerblich angemeldet sind.“[2] Die Hells Angels würden u. a. mit Sicherheitsdiensten nach folgendem Schema kooperieren: Der Club leihe den Rockern Geld für den Kauf ihres Harley-Davidson-Motorrads. Diesen Kredit würden die Mitglieder dann als Türsteher oder Bordellwirtschafter abarbeiten.[30] Nach Angaben eines Aussteigers zahlt ein Vollmitglied monatlich 400 Euro Clubbeitrag, die Kutte kostet einmalig 2500 Euro.[31]
Seit 2010 prüfen die Innenminister bzw. Innensenatoren von Bund und Ländern ein generelles Verbot von Rockerclubs wie den Hells Angels.[65]
Im April 2014 sprach das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg ein Urteil zum Kuttenverbot.[66] In den Monaten darauf beschäftigten sich die Innenministerien aller Bundesländer mit dem Thema Kuttenverbot; die meisten (außer Hessen und Sachsen-Anhalt, Stand August 2014)[67] sprachen Kuttenverbote aus,[68] z. B.:
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