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Form des Krieges bzw. aufständische Einheiten Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Guerilla ([[1], ; ältere Form: Guerrilla; Verkleinerungsform zu spanisch guerra „Krieg“; wörtlich etwa „Kleinkrieg“[2]) bezeichnet zum einen eine besondere Form des Krieges, die verdeutlichend als Guerillakrieg oder Guerillakampf bezeichnet wird.[3][4] Der Begriff (die) Guerilla steht heute jedoch meistens für aufständische Einheiten, die einen Guerillakrieg gegen Besatzungsmächte oder auch gegen die eigene Regierung führen.[5]
]Daneben existiert (der) Guerilla als veraltende Bezeichnung für einen einzelnen aufständischen Kämpfer (im Plural die Guerillas), wobei heute meistens andere Begriffe verwendet werden, etwa Guerillakämpfer, Widerstandskämpfer oder Partisan.[6] Die spanische Bezeichnung für einen Guerillakämpfer ist guerrillero beziehungsweise weiblich guerrillera. Im Deutschen beziehen sich die Bezeichnungen Guerillero bzw. Guerillera in der Regel auf Untergrundkämpfer in Lateinamerika.[7] Eine Sonderform der Guerilla ist die Stadtguerilla.
Kennzeichnend für den Guerillakrieg sind verschiedene Taktiken, die zusammenfassend als Guerillataktik bezeichnet werden. Die Wahl bestimmter Taktiken hängt unter anderem von den Kräfteverhältnissen und der Phase des Aufstandes ab. Die Aufstandsbekämpfung erfordert besondere Maßnahmen („Anti-Guerilla-Kriegsführung“). Auch eine reguläre Armee kann Taktiken der Guerilla anwenden, insbesondere beim verdeckten Einsatz kleinerer militärischer Einheiten hinter den Linien des Feindes (siehe dazu Jagdkampf). Der Kampf regulärer Truppen gegen irreguläre, aber auch reguläre Truppen, zumeist in Afrika, aber auch in anderen Gebieten mit geringer Infrastruktur, wird auch als Buschkrieg bezeichnet.
Das Wort Guerilla wurde Anfang des 19. Jahrhunderts über das französische guérilla aus dem spanischen guerrilla, einem Diminutivum (Verkleinerungsform) des spanischen guerra („Krieg“) entlehnt.[8] Das spanische guerra geht, wie das französische guerre, auf das germanische *werra („Streit“) zurück, mit dem auch das althochdeutsche wërra („Verwirrung“, „Streit“), das mittelniederländische warre und das neuenglische war verwandt sind.[9][8]
Historischer Hintergrund war der Spanische Unabhängigkeitskrieg von 1807 bis 1814 gegen die französische Fremdherrschaft unter Napoleon. Als Ausgangspunkt für den späteren Gebrauch des Wortes wird das spanische partida de guerrilla genannt, das ungefähr „Spähtrupp“ bedeutet.[2] In Deutschland wollte Friedrich Ludwig Jahn, der Turnvater, seine Turner als Guerilla gegen Napoleon führen.[10]
In Spanien hat das Wort guerrilla aufgrund seiner Verbindung mit dem Kampf gegen die französische Besatzungsmacht eine durchgehend positive Konnotation von Befreiung, ähnlich wie in Deutschland die Befreiungskriege oder der Begriff „Volkskrieg“, wie er in den frühen Denkschriften von Gneisenau beschrieben ist.
Bedeutung erlangten die Begriffe Guerilla und Guerillakrieg insbesondere im 20. Jahrhundert als Bezeichnung für sozial oder national begründete Befreiungs- und Unabhängigkeitskriege in weniger entwickelten Ländern, insbesondere zur Befreiung von den damaligen Kolonialmächten im Zuge der Dekolonisation.[3]
Die Bedeutung des Wortes Guerilla hängt auch vom grammatischen Geschlecht ab:
Vom Begriff abgeleitet sind unter anderem das Guerilla-Marketing in der Wirtschaft sowie „Guerilla-Aktionen“ im politischen Bereich, wozu zum Beispiel Kommunikationsguerilla oder Guerilla Gardening zählen.
Guerillakrieg bezeichnet eine Kampfform irregulärer einheimischer Truppen gegen eine feindliche Armee beziehungsweise Besatzungsmacht oder aber – im Zusammenhang mit einem Bürgerkrieg – gegen die eigene Regierung.[3] Militärische Auseinandersetzungen unter Parteien, die politisch, strategisch und waffentechnisch stark unterschiedlich ausgerichtet sind, werden auch als asymmetrische Kriege bzw. Konflikte bezeichnet.
Beim Guerillakampf handelt es sich um eine „Waffe der Schwachen“ gegen einen militärisch, vor allem militärtechnologisch überlegenen Gegner. Voraussetzung für einen Guerillakampf ist die fehlende Hoffnung der Bevölkerung, ihre politischen und sozialen Forderungen mit politischen und rechtlichen Mitteln erreichen zu können, wie dies in einer Diktatur oder einem von einer fremden Macht besetzten bzw. dominierten Land der Fall ist. Entscheidend für den Erfolg der Guerilla ist der gleichzeitige, dem militärischen Kampf gleichwertige politische Kampf. In einer offenen Feldschlacht müsste die Guerillatruppe notwendig unterliegen, weil ihr die Ausrüstung einer konventionellen Armee fehlt und ihre Kämpfer meist über keine ausreichende militärische Ausbildung verfügen.
Ein entscheidendes Kennzeichen der Guerilla ist ihre hohe Mobilität und Flexibilität, oft kombiniert mit dem Fehlen der Identifizierbarkeit als „rechtmäßiger Kombattant“. Guerilla-Einheiten sind in ständiger Bewegung, um dem militärisch überlegenen Gegner auszuweichen. Ihr Erfolg ist davon abhängig, ob es ihnen gelingt, die Entscheidung darüber zu behalten, an welchem Ort, zu welcher Zeit und unter welchen Bedingungen die militärische Konfrontation mit dem Gegner stattfindet. Die klassische Landguerillatruppe operiert meist aus den Bergen oder aus Dschungelgebieten heraus, welche beide optimales Rückzugsgebiet bilden.
Die Guerillabewegung ist typischerweise auf die Unterstützung der Landbevölkerung angewiesen, die sie mit Nahrungsmitteln und Informationen versorgt. Wenn der Grund für den Kampf der Guerilla politische oder soziale Missstände sind, die einen großen Teil oder die Mehrheit der Bevölkerung betreffen, ist deren Unterstützung üblicherweise freiwillig. Mao Zedong fasste dies mit dem Satz „Der Revolutionär schwimmt im Volk wie ein Fisch im Wasser“ zusammen. In den bekannteren Guerillakriegen des 20. Jahrhunderts war dies meistens der Fall – wo die Unterstützung der Bevölkerung nicht gegeben war, war auch der Versuch eines Guerillakampfs meist schnell zum Scheitern verurteilt. So fand Che Guevara bei dem Versuch, die Revolution 1966 auch nach Bolivien zu tragen, kaum Unterstützung durch die indigene Bevölkerung. Das Vorhaben endete mit der fast vollständigen Aufreibung der Guerilla und schließlich seiner Gefangennahme und Exekution durch Regierungstruppen. Ausnahmen bilden Guerillaarmeen, die starke Unterstützung aus einem anderen Land erfahren, etwa die Nationale Front für die Befreiung Südvietnams („Vietcong“) durch Nordvietnam während des Vietnamkriegs oder die von den USA unterstützten Contra-Rebellen im Contra-Krieg gegen die linke Regierung Nicaraguas ab etwa 1980.
Als typische Merkmale gelten in der Politikwissenschaft:[3]
Guerilla-Kriege durchlaufen in der Regel folgende Phasen:
Der Guerillakrieg gilt als Kampfform von Befreiungsbewegungen. Als erfolgreiche Beispiele werden in der Politikwissenschaft genannt:[3]
Carl von Clausewitz, aber auch schon vor ihm andere, definierten den „kleinen Krieg“ als den Einsatz leichter Truppen in den Flanken und im Rücken des Gegners – so wurden die Husaren nicht nur zur Aufklärung, sondern auch zur Störung des feindlichen Nachschubs eingesetzt. Bei der Infanterie wurden die Kroaten und die Jäger zum zerstreuten Gefecht eingesetzt. Insbesondere den aus Randvölkern der europäischen Großreiche gebildeten Verbände wie den Kroaten oder Bosniaken kam dieser ihnen vertraute Kleinkrieg als Gefechtsführung entgegen. Diese hatten insbesondere im Kampf gegen die Türken Erfahrungen gesammelt. Von der türkischen Armee wurden die Akıncı als leichte Truppe hinter den feindlichen Linie eingesetzt.
Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776–1783) entwickelte sich die Kampfesweise des „kleinen Krieges“ erstmals nicht nur als Widerstandsoperationen kleiner bewaffneter Milizen gegen überlegene konventionelle Heere, sondern als umfassende strategische Antwort einer kriegführenden Partei. Die taktisch in offener Formation kämpfenden britischen Truppen wurden in einen zermürbenden Abnutzungskrieg verwickelt, den sie schließlich verloren. Seitdem hat sich die Kleinkriegführung als asymmetrische Antwort auf die Stärke konventioneller Streitkräfte etabliert.
Als erste kriegerische Auseinandersetzung mit Guerilla-Charakter und mit diesem Namen gilt der Spanische Unabhängigkeitskrieg gegen die französischen Besatzungstruppen 1807 bis 1814, der sich zum Volkskrieg ausweitete. Die regulären spanisch-britischen Truppen entschieden zwar den Krieg, irreguläre Freischärler oder Guerrilleros trugen jedoch erheblich zur Niederlage der Franzosen bei. Dies lag vor allem an der guten Organisation des Widerstands und der für einen Kleinkrieg günstigen Topographie der Berglandschaften, die gute Unterschlupfmöglichkeiten boten. Im offenen Gelände konnte sich die Guerillatruppe gegen konventionelle Truppen dagegen nicht behaupten.
Konventionelle Truppen waren damals in erster Linie auf intensive Gefechte und Schlachten im „großen Krieg“ ausgerichtet (Linientaktik). Sie übernahmen später allerdings die Kampfesweise der Guerilla, die sich durch Überfälle, Hinterhalte und Angriffe auf die Versorgungslinien im Rücken des eigentlichen Kriegsgeschehens auszeichnete. So wurde der Guerillakampf zu einer taktischen Variante, für die auch auf Einheiten mit speziell ausgebildeten Soldaten (meist so genannte Jäger) zurückgegriffen wurde, weil diese flexibler und mobiler waren als die konventionellen Linientruppen. Charakteristisch für den kleinen Krieg waren militärische Auseinandersetzungen, bei denen zahlenmäßig kleine Abteilungen Operationen zur Schwächung des Gegners unternahmen, ohne jedoch eine Entscheidung herbeiführen zu können. Sie konnte neben großen Operationen des Hauptheeres geführt werden. Typische Beispiele sind der Einsatz der Freikorps der Koalitionstruppen 1813 und der Franc-tireurs 1870. Eine wichtige Rolle spielte auch der Rückhalt der Bevölkerung für den Widerstandskrieg irregulärer Truppen und Banden, wie sich etwa im Tiroler Aufstand unter Andreas Hofer zeigte.
Auch der polnische Aufstand 1863 und der Burenkrieg 1901 wurden mit der Guerillataktik geführt.
Im Russisch-Japanischen Krieg (1904–1905) setzten sich das Kaiserlich Russische Heer in geplanten Guerillaaktionen gegen die japanische Invasion Sachalins zur Wehr.
Die Kampfesweise der Guerilla wird mit Blick auf die Genfer Konventionen und die Haager Landkriegsordnung als unkonventionelle Kriegführung bezeichnet. Diese internationalen Verträge regeln die rechtliche Basis zwischenstaatlicher bewaffneter Konflikte. Die Guerilla entspricht in ihrer Entstehungsphase eher dem Begriff der levée en masse, wie er in der Haager Landkriegsordnung definiert ist (daher auch „Volkskrieg“). Erst wenn die Guerilla den letzten Schritt zur Befreiungsarmee vollzogen hat, gelten ihre Kämpfer als Teil einer militärischen Befehlsstruktur, als Kombattanten gemäß Haager Landkriegsordnung. Solange ihr aber die Ausrichtung auf eine Staatsregierung fehlt, gelten Guerilla-Kämpfer als Nichtkombattanten und werden meist als Aufständische behandelt und/oder kriminalisiert (z. B. indem man ihnen Diebstahl, Raub oder andere Straftaten zuschreibt).
Dazu gehört die Einrichtung tatsächlicher oder scheinbarer politisch-demokratischer Strukturen (Asamblea de Guaímaro im Kubanischen Unabhängigkeitskrieg oder das Parlament der palästinensischen PLO) sowie von politischen Auslandsvertretungen in unterstützenden Staaten oder in internationalen Organisationen wie der UNO. Die Einführung von klaren Befehlsstrukturen, einer hierarchisch-militärischen Ordnung mit den dazugehörigen Rängen soll besonders in der letzten Phase, in der Entwicklung zur Revolutionsarmee, die Gleichwertigkeit der Guerilla gegenüber der konventionellen gegnerischen Armee herausstellen. Erst wenn der Gegner sich gezwungen sieht, mit der Guerilla offiziell zu verhandeln, ist die Anerkennung als kriegführende Partei hergestellt, die sogenannte „Belligerenz“. Die politische Anerkennung durch Staaten von internationaler Bedeutung oder die Anerkennung als Verhandlungspartner durch den Gegner bildet die Grundlage für die Erreichung von politischen Zielen der Guerilla (siehe die Diskussion um die Anerkennung der palästinensischen PLO). Erst als kriegführende Partei können Guerilla-Kämpfer nach einer Gefangennahme den Kriegsgefangenenstatus geltend machen.
Die „typische“ Guerillataktik besteht darin, dass kleine, selbständige Kampfeinheiten den überlegenen Gegner in seinem Hinterland mit „nadelstichartigen“ militärischen Aktionen zermürben und sich sofort nach jedem Einsatz wieder zurückziehen. Dieses Vorgehen wird auch als Hit and Run bezeichnet (englisch für „[zu]schlagen und fliehen“). Außerhalb ihrer Kampfeinsätze sind die Guerillakämpfer meist nicht als Soldaten erkennbar.
Für einen Guerillakampf sind keine ausgebildeten Truppen notwendig. Potenziell kann jede Person in der Bevölkerung dem Feind Schaden zufügen. Im Zweiten Weltkrieg beispielsweise öffneten Mitglieder der Résistance im besetzten Frankreich oft die Treibstoffventile von Zügen, sodass diese mangels Treibstoff nicht fahren konnten. Für solche Aktionen sind weder Erfahrung noch Bewaffnung notwendig. Gleichzeitig muss die gegnerische Armee einen Eroberungskrieg führen, also die Guerilla aufspüren und ausschalten. Durch Aktionen wie Hausdurchsuchungen und Ausweiskontrollen zieht sie sich dabei im für die Ziele der Guerilla günstigsten Fall den Ärger der Bevölkerung zu. Währenddessen kann die Guerilla, die sich in der Zivilbevölkerung versteckt, dort zuschlagen, wo der Feind am schwächsten ist. Attacken auf die Guerilla sind nur sehr schwer möglich, ohne die Zivilbevölkerung zu treffen.
Der Historiker Hugh N. Kennedy führt in seinem Buch Mongols, Huns and Vikings das „Nomaden-Paradoxon“ als einen entscheidenden Vorteil von nomadischen Eroberern gegenüber Hochkulturen an. Er rekurriert dabei bis in die Zeit der ersten städtischen Zivilisationen in Mesopotamien zurück, die trotz ihrer militärischen Überlegenheit von nomadisch lebenden Völkern besiegt wurden. Deren Vorteil sei neben ihrer hohen Mobilität gewesen, dass alle erwachsenen Männer Kämpfer waren und sie ihre Anführer hauptsächlich aufgrund ihrer kriegerischen Fähigkeiten bestimmten, während in den Städten die Kommandanten häufig aus politischen Erwägungen heraus ausgewählt wurden. Laut dem Militärhistoriker Max Boot habe das „Nomaden-Paradoxon“ bis in die Zeiten der modernen Guerillas überdauert.[13]
Unausgebildete und nur schlecht bewaffnete Guerillakämpfer können der gegnerischen Armee bestenfalls Nadelstiche versetzen, sie jedoch nicht entscheidend schlagen. Dadurch kann sich ein Guerillakampf über Jahre und Jahrzehnte hinziehen. Reagiert der Feind mit Terror gegen die Zivilbevölkerung, so kann dies dazu führen, dass die Guerilla an Rückhalt verliert. Falls die Guerilla erfolgreich sein will, so muss sie sich ab einem bestimmten Punkt organisieren. Ist die Guerilla zu früh straff organisiert, kann sie durch Verhaftung eines Mitglieds „aufgerollt“ werden, falls dieser weitere verrät. Ist die Guerilla jedoch zu lange unorganisiert, kann sie den Kampf nicht gewinnen, weil sie nie Boden erobern und halten kann.
Johann von Ewald veröffentlichte bereits 1785 in Kassel seine Abhandlung über den kleinen Krieg, welche auf seinen Erfahrungen mit den Aufständischen in den nordamerikanischen Kolonien beruhten.
Theoretiker des Guerillakrieges gingen bei der Entwicklung ihrer Theorien zumeist von den Erfahrungen während des Guerillakrieges in ihren Heimatländern aus. Als bedeutende Theoretiker der Guerillataktik gelten:[3]
Unter dem Begriff der Stadtguerilla versuchte in der Bundesrepublik der 1960er und 1970er Jahre die linksextremistische Gruppe RAF an Terminologie und Taktik südamerikanischer Befreiungsbewegungen anzuknüpfen.
Der Guerillakampf stellt eine konventionelle Armee vor Probleme, die es bei zwischenstaatlichen Kriegen nicht gibt:
Durch den Einsatz von Kontraguerilla-Einheiten versucht die reguläre Armee, sich der flexiblen Kriegführung der Guerilla anzupassen – solche Versuche unternahm etwa die US-Armee im Vietnamkrieg. Nicht zu verwechseln ist dies mit der konterrevolutionären Guerilla, die von einer fremden Macht eingesetzt wird, um mit Mitteln der Guerilla-Taktik eine bestehende revolutionäre Regierung anzugreifen – siehe dazu etwa Contra und Contra-Krieg.
Unter dem Vorwand, dass man die Guerilla nach Guerillaart bekämpfen müsse, bestand die Antwort angegriffener konventioneller Streitkräfte immer wieder darin, selbst mit einem eigenen Kampfverhalten zu reagieren, das nicht mehr den Normen regulärer Kriegführung entsprach. Nicht nur die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg ist dafür ein Beispiel, auch in der jüngeren Geschichte gingen sogar demokratische Staaten angesichts massiver Guerillaangriffe auf die eigenen Truppen dazu über, die Zivilbevölkerung in den entsprechenden Ländern zu schädigen. Im Algerienkrieg griff die französische Regierung zur routinemäßigen Folter von Inhaftierten und summarischen Exekutionen (sogenannte Französische Doktrin), im Vietnamkrieg gehörte die Entlaubung großer Wälder durch Chemikalien („Agent Orange“), die Zerstörung von Ernten (siehe auch Verbrannte Erde), Politische Säuberungen und vereinzelte Massaker zu den Maßnahmen der US-Streitkräfte und der südvietnamesischen Armee. Darüber hinaus initiierte die CIA das sogenannte Phoenix-Programm, die gezielte Tötung kommunistischer Kader des Vietcong.
Die konventionelle Armee ist durch das Kriegsrecht dazu verpflichtet, humanitäre Mindeststandards zu beachten und muss daher immer versuchen, Zivilbevölkerung und Guerillabewegung voneinander zu trennen. Das kann etwa durch Aufrufe an die Bevölkerung geschehen, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Gebiet zu verlassen. Alle nach diesem Zeitpunkt in diesem Gebiet befindlichen Personen werden dann als Guerilleros bezeichnet. Die Bevölkerung, die dieses Gebiet verlässt, muss untergebracht und versorgt werden, wozu sich das Militär meist weder personell, logistisch noch materiell in der Lage sieht. Die so entstandenen campos de reconcentración (Kubanischer Unabhängigkeitskrieg) oder concentration camps (Burenkrieg) sollten die Kämpfer von der übrigen Bevölkerung trennen und damit der konventionellen Armee ein klar umgrenztes Feindesland für den Angriff definieren. Die in den Lagern herrschende Not (Hunger, Krankheiten) führt jedoch in der Regel zur politischen Stärkung der Guerillabewegung. Eine freiwillige Aussiedlung von Zivilisten aus den von der Guerillabewegung kontrollierten Gebieten wird dadurch unwahrscheinlich.
Die Guerillabewegung setzt in manchen Fällen ihrerseits die Zivilbevölkerung gezielt unter Druck, sofern diese nicht freiwillig kooperiert, was allerdings in vielen Konflikten des 20. Jahrhunderts der Fall war. Die Nötigung der Zivilbevölkerung kann etwa durch gezielten Terror (Erschießungen, Folter und Vergewaltigungen), erzwungene Geld-, Nahrungs- und Materialabgaben und durch Zwangsrekrutierungen geschehen. Dadurch kann die Zivilbevölkerung in die Situation geraten, von beiden Seiten verdächtigt zu werden, die jeweils andere zu unterstützen. Die FNL im Vietnamkrieg operierte zum Beispiel häufig auf diese Weise. Da die Trennung und Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den genannten Gründen oft nicht möglich war, führte das zur unvermeidlichen und unterschiedslosen Bombardierung von Guerillagebieten durch die reguläre Armee, der alle in dem Gebiet befindlichen Personen zum Opfer fielen. Der Zivilbevölkerung bleibt in einer solchen Situation oft gar keine Wahl mehr, neutral zu bleiben, und sie entscheidet sich dann aus Not heraus für die eine oder andere Seite. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass die Regierungsvertreter oft selbst korrupt sind und die Kommandeure und Soldaten ihrer offiziellen Streitkräfte persönliche (kriminelle) Ziele verfolgen. Dies führt meist dazu, dass die Zivilbevölkerung sich auf die Seite der Guerillabewegung schlägt.
Erfolgreichere Anti-Guerilla-Strategien versuchen, die Guerillabewegung politisch zu isolieren. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen:
Ein Anti-Guerillakampf ist mit militärischen Mitteln nur schwer zu gewinnen, weil es aufgrund der fehlenden Unterscheidbarkeit der Guerillakämpfer von der übrigen Bevölkerung nicht möglich ist, die jedenfalls in den frühen Phasen eines Konfliktes überlegene militärische Macht einzusetzen, ohne gleichzeitig Unschuldige zu treffen. Weiter kann sich die Guerillabewegung immer wieder aus der Bevölkerung verstärken, solange sie deren Unterstützung genießt bzw. über ausreichende Mittel zur Zwangsrekrutierung verfügt.
Die meisten Guerillakämpfe wurden daher nur politisch gelöst, das heißt entweder durch teilweises oder völliges Nachgeben gegenüber den Zielen der Guerillabewegung oder durch Entfremden der Bevölkerung von der Guerilla (so geschehen bei der IRA).
Im Unterschied zu Guerilla zielen Terroristen nicht darauf ab, Gebiete zu erobern oder zu halten, sondern achten darauf, Konfrontation mit feindlichen militärischen Truppen zu meiden, und üben selten direkte Kontrolle auf ein Territorium oder dessen Bevölkerung aus.[15]
Während Terroristen hauptsächlich unbeteiligte Zivilisten zu ihren Opfern machen, attackieren Guerilla vorrangig feindliche militärische Streitkräfte.[16]
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