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Bezeichnung für Maßnahmen und Strategien, mit denen die Stärkung der Gesundheitsressourcen und -potenziale der Menschen erreicht werden sollen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Begriff Gesundheitsförderung (englisch health promotion) ist die Bezeichnung für Maßnahmen und Strategien, mit denen die Stärkung der Gesundheitsressourcen und -potenziale der Menschen erreicht werden sollen. Er wurde 1986 mit der Ottawa-Charta in die gesundheitspolitische und -wissenschaftliche Diskussion eingeführt.[1] Gesundheitsförderung bezieht sich auch auf den Prozess der Befähigung von Menschen, ihre Kontrolle über Bedingungen von Gesundheit zu erhöhen. Dabei werden das Gesundheitsverhalten und die Gesundheitsverhältnisse, also die sozialen, ökonomischen und Umweltbedingungen, mit einbezogen. Gesundheit wird in ganzheitlicher Sichtweise als körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden definiert.
Gesundheitsförderung ist laut der Bangkok-Charta der WHO aus dem Jahre 2005 der Weg zu einer höheren Lebensqualität.[2]
Während Prävention auf die Vorbeugung von Krankheit zielt und sich dabei z. B. für Impfungen, gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung ausspricht, ist der Ansatz der Gesundheitsförderung auf die Stärkung der Gesundheit gerichtet. Die zentrale Frage lautet: Was hält den Menschen gesund? Diese Verschiebung der Perspektive von Krankheit und ihrer Entstehung auf die Determinanten von Gesundheit wird als Salutogenese bezeichnet.[3] Analytisch lassen sich Gesundheitsförderung und Prävention folgendermaßen unterscheiden:[4] Sowohl Krankheitsprävention als auch Gesundheitsförderung wollen einen Gesundheitsgewinn erzielen, aber auf je unterschiedliche Weise. Bei der Krankheitsprävention soll der Gesundheitsgewinn durch das Zurückdrängen von Krankheitslast erzielt werden, bei der Gesundheitsförderung durch die Stärkung von Gesundheitsressourcen. Dementsprechend richtet die Prävention ihren Akzent vor allem auf Risikofaktoren für Krankheit, die Gesundheitsförderung vor allem auf gesund erhaltende Schutzfaktoren. Die beiden Interventionsformen können deshalb als einander ergänzend verstanden werden, wobei je nach Ausgangslage einmal die eine und einmal die andere Interventionsform die angemessene und erfolgversprechende sein kann. Eine allzu scharfe Abgrenzung zwischen Prävention und Gesundheitsförderung ist wissenschaftlich nicht unumstritten.[5][6]
Das Konzept der Gesundheitsförderung wurde bei der WHO im Vorfeld der Internationalen Konferenz in Ottawa entwickelt[7] und mit der Ottawa-Charta öffentlich bekannt gemacht. In den WHO-Nachfolgekonferenzen in Adelaide (1988), Sundsvall (1991), Jakarta (1997), Mexiko-Stadt (2000), Bangkok (2005), Nairobi (2009) und Helsinki (2013)[8] wurden einzelne Handlungsbereiche und Politikfelder spezifiziert. Die in der Ottawa-Charta formulierten Grundgedanken gelten heute als akzeptierter Orientierungsrahmen für Politik und Praxis der Gesundheitsförderung. Das Konzept enthält die wichtigsten Aktionsstrategien und Handlungsfelder der Gesundheitsförderung. Dabei wird zwischen drei grundlegenden Handlungsstrategien und fünf zentralen Handlungsfeldern unterschieden.
Als Handlungsstrategien der Gesundheitsförderung werden von der WHO benannt:
Die fünf vorrangigen Handlungsfelder und -ebenen (sog. Mehrebenenmodell der Gesundheitsförderung) sind laut WHO:
Neben den Handlungsstrategien und -feldern lassen sich mehrere Ansätze und Modelle der Gesundheitsförderung unterscheiden.[9]
Das Modell nach Caplan & Holland (1990)[12] besteht aus vier Paradigmen oder Sichtweisen der Gesundheitsförderung, welche sich aus der Art des Wissens (objektiv oder subjektiv) und aus der Art der Gesellschaft (grundlegende Veränderung oder soziale Regulierung) ergeben. Die traditionelle Sichtweise spiegelt die Ansätze der Medizin und Verhaltensänderung mit Vermittlung von Wissen wider. Die humanistische Sichtweise greift auf den Ansatz der Gesundheitsaufklärung und -erziehung zurück. Die fundamental-humanistisch Sichtweise ist mit dem Begriff „Empowerment“ zu verstehen. Die vierte fundamental-gesellschaftsbezogen Sichtweise beschäftigt sich mit dem Zusammenhang der soziale Ungleichheit und der Gesundheit.
Beattie entwickelte 1991 ein Modell, welches aus vier Strategien der Gesundheitsförderung (Information und Aufklärung, gesetzgebende Aktivitäten, persönliche Beratung, Gemeinwesenarbeit) besteht, die sich zum einen aus der Art der Intervention (autoritativ oder basierend auf der Aushandlung) ergeben und zum anderen auf den Ausgangspunkt des Denkens (objektiv oder subjektiv) beziehen.
Das Modell von Tones (1994) beinhaltet das grundlegende Ziel, Empowerment wiederzufinden. Die Gesundheitsförderung ist der Prozess der gesundheitsfördernden Gesamtpolitik multipliziert mit der Gesundheitsaufklärung und -erziehung.
Das praxisnahe Modell von Tannahill (1996, gegliedert in drei vernetzte Interventionsbereiche Gesundheitsaufklärung und -erziehung, Prävention, Gesundheitsschutz), findet breite Anerkennung innerhalb der im Gesundheitswesen tätigen Personen. Es hält das gesamte Spektrum der Gesundheitsförderung vor Augen.
Gesundheitsförderung findet auf der primären, sekundären und tertiären Ebene statt.[9] Der Setting-Ansatz zielt auf die Veränderung des Alltags durch niederschwellige systemische Interventionen in konkreten Lebenswelten wie Schule, Betrieb oder Stadtteil, die alle Beteiligten einbeziehen. Grundlegende Philosophie der Setting-Intervention ist, dass die Zielgruppen als aktiv handelnde Kompetenzen (Life Skills) zur Wahrnehmung ihrer eigenen gesundheitsbezogenen Interessen erwerben (Empowerment) und nicht Empfänger von gesundheitsförderlichen Botschaften und Angeboten sind. Elemente des Settings-Ansatzes sind die Entwicklung von Life Skills. Partizipation ist die Teilhabe beziehungsweise der Grad der Mitwirkungsmöglichkeit von Einzelnen oder Gruppen an Entscheidungsprozessen und Handlungsabläufen in übergeordneten Organisationen (z. B. Gewerkschaften, Parteien) und Strukturen (Gesellschaft, Staat).
Als Settings werden aber auch die einzelnen „Organisationen, die eine durch ihre Struktur und Aufgabe anerkannte soziale Einheit darstellen“ bezeichnet.[13] Es handelt sich also um relativ dauerhafte Sozialzusammenhänge, von denen wichtige Impulse für Gesundheit (Gesundheitsbelastungen, Gesundheitsressourcen) ausgehen.[14][15]
Die Beschäftigten in einem Betrieb sind für die Gesundheitsförderung eine in sich geschlossene Adressatengruppe. Es erhöht die Chance der Beteiligung an Gesundheitsprogrammen, da es in den Betrieben bereits etablierte Kommunikationskanäle gibt. Ein Grund zur Förderung von Gesundheit am Arbeitsplatz ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz, also der Schutz der Beschäftigten vor Schädigungen ihrer Gesundheit, die durch bestimmte berufliche Tätigkeiten hervorgerufen oder verstärkt werden können.[16] Ziel des Arbeitsschutzes ist die Vermeidung oder Minderung der vom Arbeitsumfeld ausgehenden gesundheitsschädlichen Fehlbelastungen. Die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz beschäftigt sich unter anderem mit den Bereichen Erste Hilfe und medizinische Behandlung, Einstellungsuntersuchungen, Unfallschutz, Überwachung von Gesundheits- und Infektionsgefahren, Aufklärung und Beratung zu gesünderen Lebensweisen, Verfahren und Regelungen zur Schaffung gesünderer Arbeitsbedingungen sowie Bereitstellung von Diensten.[9] Neben der Ernährung und dem Stressmanagement stellt die Bewegungsförderung eine der drei zentralen Säulen zur Verbesserung der Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dar[17] Bewegungsbezogene Interventionen gehören dabei zu den am häufigsten in Unternehmen vorgehaltenen Maßnahmen.
Schulen und Kindertagesstätten werden als wichtige Zielgruppe der Gesundheitsförderung gesehen, da durch sie ein großer Teil der Bevölkerung über viele Jahre hinweg erreichbar ist. Die besondere Bedeutung von Schule und Kindertagesstätte basiert auch auf der Erkenntnis, dass das Wissen, die Einstellungen und Verhaltensweisen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit bereits im frühen Kindesalter erworben werden. Hierbei wird Wert darauf gelegt, dass die Kinder und Jugendlichen ihr Verständnis für Gesundheit verbessern und bewusstere Entscheidungen über ihr Gesundheitsverhalten treffen.
Als entscheidender Faktor bei der Gesundheitsförderung gilt, dass die Menschen ihr soziales Wohnumfeld selbst definieren und das Gefühl haben, dass sie etwas für ihre gemeinsame Zukunft, die Dienstleistungsangebote und das Erscheinungsbild ihrer Wohngegend tun. Durch eine direkte Auseinandersetzung mit dem Sozialgefüge und der Lebensqualität können die Bewohner mehr Kontrolle über ihre Lebensbedingungen erhalten, ihre Nachbarn kennenlernen, ggf. aus der Isolation treten und mitbestimmen. Die Methoden der Gesundheitsförderung im Wohnumfeld stammen zum großen Teil aus der Gemeinwesenarbeit. Anwendung findet die Theorie zum Beispiel im Quartiersmanagement, einem Instrument des Programms „Soziale Stadt“ des Bundes. Ein zweiter Ansatz, die „Gesunde Stadt“ im Sinne der WHO, ist einem ganzheitlichen Ansatz (Körper, Geist und Seele) verpflichtet und sollte sich auf allen Ebenen (Kindergärten, Schulen, Betriebe, Krankenhäuser und in der allgemeinen Gesundheitsförderung) bemühen, aktiv zu sein. Die besondere Stärke von Gesundheitsförderung im Wohnumfeld ist die Erreichbarkeit auch sozial benachteiligter Menschen und damit die Möglichkeit einen effizienten Beitrag zur Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit zu leisten.
Die primäre Gesundheitsversorgung ist die erste Stufe der lokalen Gesundheitsversorgung. Das „Gesundheit für alle“-Programm der WHO forderte eine Umorientierung der Gesundheitsdienste. Der Schwerpunkt des Gesundheitssystems sollte auf die primäre Versorgung gelegt werden, da die gesundheitsfördernden Grundsätze der Partizipation, Zusammenarbeit und Chancengleichheit integriert werden können.
Auch das Krankenhaus bietet vielfältige Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, in dem Menschen ein erhöhtes Bewusstsein für Gesundheit und Krankheit haben.[9] Sie sind daher eher motiviert, entscheidende Veränderungen in ihrer Lebensweise vorzunehmen. Gesundheitsförderung in Krankenhäusern umfasst sowohl Maßnahmen für eine ganzheitlichere Versorgung der Patienten als auch Strategien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des gesamten Krankenhauspersonals.
Für die Gesundheitsförderung gelten in Deutschland verschiedene Rechtsgrundlagen, zu denen grundsätzlichen gehören:
Der Begriff Digitale Gesundheitsförderung (engl. Digital Health promotion) vereint alle Maßnahmen und Konzepte, welche durch die Unterstützung von digitalen Medien und Anwendungen, auf die Stärkung der Gesundheit nach dem Prinzip der Salutogenese abzielen. Dabei spielt auch der immer größer werdende Markt an E-Healthcare Produkten wie beispielsweise Wearables und Gesundheits-Apps eine zunehmend wichtigere Rolle.[19][20] Diese unterstützen den Prozess der nachhaltigen Aufrechterhaltung der Gesundheit. Allerdings gehen mit den aufkommenden Produkten innerhalb der digitalen Gesundheitsförderung auch Risiken einher. Das Thema Datenschutz ist dabei stark diskutiert und erfordert eine einheitliche Gesetzgebung,[21] damit Nutzerdaten, welche Aufschluss über den Gesundheitszustand eines Nutzers geben, nicht an Dritte gelangen können.
Laut der OECD sind die Ausgaben für Prävention und öffentliche Gesundheit von 2000 bis 2005 um 6 % gestiegen und betrugen im Jahr 2005 im Durchschnitt der 20 erfassten Länder 2,5 % der nationalen Gesamtgesundheitsausgaben. Die Varianz reichte von 0,6 % (Island) bis 6,1 % (Kanada), Neuseeland (6,0 %), die USA (3,5 %) und Deutschland (3,3 %) liegen über dem Schnitt, Frankreich, Schweiz (jeweils 2,1 %), Österreich (2 %) und Italien (0,7 %) darunter.[22]
Gesundheitsförderung kann als wissenschaftliche Ausbildung in Deutschland an mehreren Hochschulen auf Bachelor- und auf Masterniveau explizit[23] und mit Schwerpunkten im Bereich Public Health[24] oder Prävention[25] studiert werden, findet sich aber auch implizit in unterschiedlichen Berufsausbildungen und Studiengängen wie z. B. Altenpflege oder Pflegewissenschaft. Mit dem Bachelorstudiengang „Gesundheitsförderung und Prävention“ an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW besteht seit 2016 auch in der Schweiz die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Gesundheitsförderin oder zum Gesundheitsförderer zu machen.[26] Das Berufsfeld ist heterogen und reicht von Tätigkeiten in wissenschaftlichen Einrichtungen über betriebliches Gesundheitsmanagement bis hin zur Selbständigkeit, z. B. in der Beratung.
Für Berufsangehörige in der Gesundheitsförderung bestehen in Deutschland zwei Berufsverbände.
Akteure in der Gesundheitsförderung sind national und international auf unterschiedlichen Ebenen vernetzt:
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