Loading AI tools
deutsch-amerikanischer Nationalökonom und amerikanischer Präsidentenberater Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Gerhard Colm (eigentlich: Cohn; * 30. Juni 1897 in Hannover; † 26. Dezember 1968 in Chevy Chase, Maryland, USA) war ein deutsch-amerikanischer Volkswirt und Finanzwissenschaftler.
Colm entstammte einer jüdischen Familie. Er bejahte die Weimarer Republik und engagierte sich als Demokrat. 1933 wurde er von den Nazis aus seinem Amt am Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel vertrieben und gezwungen zu emigrieren.
Colm ging in die USA und wurde amerikanischer Staatsbürger. Auch in den USA war Colm sehr erfolgreich. Unter anderem arbeitet er von 1940 bis 1946 im Budgetbüro des amerikanischen Präsidenten. Unter dem amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman wirkte er am „Colm-Dodge-Goldsmith-Plan“ für die Währungsreform von 1948 im Nachkriegsdeutschland mit.
Nach seinem Abitur 1915 meldete er sich als Freiwilliger für den Einsatz im Ersten Weltkrieg. Für seine Verdienste wurde er mit dem Eisernen Kreuz Erster und Zweiter Klasse ausgezeichnet.
Seit dem Jahr 1919 studierte er Nationalökonomie bei dem Soziologen und Nationalökonomen Franz Oppenheimer in Frankfurt am Main. Im selben Jahr trat er der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei.
Von 1922 bis 1926 arbeitete er als Referent am Statistischen Reichsamt in Berlin. Bernhard Harms, Gründer des Kieler Königlichen Institut für Seeverkehr und Weltwirtschaft (heute Institut für Weltwirtschaft) wird auf ihn aufmerksam und holt ihn als Privatdozenten an das Institut in Kiel.
1927 habilitierte er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel mit der Schrift „Volkswirtschaftlichen Theorie der Staatsausgaben“, mit der er den bisherigen engen wissenschaftlichen Rahmen sprengte, die sich bis dahin in der Analyse noch dominant auf die Einnahmenseite des Staatsbudgets konzentrierten, während öffentliche Ausgaben als Kaufkraftentzug der Volkswirtschaft deklariert wurden. Gerhard Colm wies dagegen auf die Rückwirkungen der Staatsausgaben auf den volkswirtschaftlichen Kreislauf hin.
1930 steigt er zum Abteilungsvorstand im Institut auf und wird außerordentlicher Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.[1] Er hielt Vorlesungen im Bereich „Finanzwirtschaft“. So wenig Staat wie möglich, so viel wie nötig, um dennoch die Marktwirtschaft zielorientiert politisch zu steuern, war sein Plädoyer.
Mit Adolph Löwe und Hans Neisser gehörte Gerhard Colm bald zu der sogenannten „Kieler Gruppe“, die in den Anfängen der wirtschaftlichen Kreislauf- und Konjunkturforschung Bedeutendes leistete und auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft repräsentierte.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 war die Blütezeit des Kieler Institut für Weltwirtschaft schlagartig beendet. Als ein SS-Trupp Anfang April das Institut stürmte, wurde Colm wie viele andere missliebige Wissenschaftler vertrieben. Da Colm der SPD – zeitweise auch der USPD – und dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold angehörte, wurde er am 25. April 1933 beurlaubt. Dafür wird auch seine Einstufung als Jude im Sinne des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums verantwortlich gewesen sein. Noch im August emigrierte er zusammen mit Hans Neisser in die USA. Einen Monat später wurde ihm wegen seiner Emigration deswegen Unzuverlässigkeit vorgeworfen und er wurde formal aus dem Staatsdienst entlassen.[1]
In den USA gründete er mit anderen die Exil-Universität New School for Social Research in New York City und lehrte an ihr als Professor für Nationalökonomie.[1] 1940 folgte ihm dorthin sein ehemaliger Kieler Kollege Adolph Lowe. 1938 wurde Colm vom Kollegium zum Dekan gewählt.
1940 wechselte Colm als Finanzreferent im Budget-Büro des Weißen Hauses nach Washington, D.C. und blieb dort bis 1946.[1] Zusammen mit anderen legte er im Mai 1946 einen fundierten Plan für eine Währungsreform in dem nach dem Zweiten Weltkrieg zerstörten Deutschland vor, der nach seinen Verfassern auch „Colm-Dodge-Goldsmith-Plan“ genannt wird. 1946 machte der amerikanische Präsident Harry S. Truman Gerhard Colm zu seinem persönlichen Wirtschaftsberater und arbeitete maßgeblich an den Konzeptionen von Trumanns „Fair Deal“ mit. 1952 wurde er von McCarthy und seinem „Senatsausschuss für unamerikanische Umtriebe“ aus diesem Amt herausgedrängt und wurde 1952 Chefökonom der „National Planning Association“ – ein Amt, das Gerhard Colm bis zu seinem Tode am 26. Dezember 1968 in Chevy Chase, Maryland, ausübte.
Gerhard Colm entwickelte in der „Kieler Gruppe“ die Nationalökonomie zu einem gesamtwirtschaftlichen Kreislauflehre weiter. In Amerika beeinflusste er die „funktionelle Wirtschaft“ von Abba Lerner und Neo-Keynesianer in der Nachkriegszeit. An der Währungsreform in Deutschland hat er entscheidenden Anteil. Der amerikanischen Wirtschaftspolitik empfahl er den Einsatz von Korrektiven die gesamtwirtschaftlichen Kreislauf Auswüchse selbstregulierend abmilderten und den Kreislauf an sich stabilisierten. Befürchtungen einer Staatsverschuldung hielt er entgegen, dass „eine ausgeglichene Wirtschaft wichtiger als ein ausgeglichener Staatshaushalt“ sei. Von den Keynesianern unterschied er sich dadurch, dass für ihn eine langfristige Entwicklung und Wachstum wichtiger waren als kurzfristige Erfolge.
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.