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Bodenordnungsverfahren zur Neuordnung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Flurbereinigung (auch Flurneuordnung oder ländliches/landwirtschaftliches Neuordnungssystem) nennt man in Deutschland das Bodenordnungsverfahren, das die Neuordnung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes zum Ziel hat. Das entsprechende Verfahren bei Baugebieten nennt sich Umlegung.
Gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Flurbereinigungsbehörden ist grundsätzlich das Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) vom Juli 1953. Hiernach liegt die Zuständigkeit zur Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens bei der örtlich zuständigen unteren Flurbereinigungsbehörde. Welche Behörde dies ist, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Für die vermessungstechnischen und liegenschaftsrechtlichen Arbeiten gelten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen der Vermessungs- und Katasterverwaltung.
Während der Umstrukturierung werden meist kleinere verstreute Flächen (zersplitterter Grundbesitz) zu größeren und damit effektiver nutzbaren Flächen zusammengefasst. Der Grund für die vorhergehende Zersplitterung ist die Realteilung. Zum Rahmen der Flurbereinigung gehört auch das Schaffen von Wegen, Straßen und Gewässern sowie ähnlicher öffentlicher Einrichtungen.
Flurbereinigungen werden auch zur Verwirklichung folgender Ziele eingesetzt:[1]
In der Vergangenheit brachte die Flurbereinigungen nicht immer nur positive Auswirkungen, sondern auch Monokulturen, Verödung der Landschaft und Erosion. Einhergehend mit der zunehmenden Sensibilisierung in Umweltfragen wurden auch die Verfahren der Flurneuordnung weiter entwickelt. In vielen Bundesländern stellt sich die Flurneuordnung aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten als das Instrument dar, um Eingriffe in die Landschaft oder Strukturverbesserungen umwelt- und sozialverträglich zu verwirklichen. Dies wird sichergestellt durch Beteiligung aller Grundeigentümer sowie die Beteiligung aller zuständigen Fachbehörden (Land- und Forstwirtschaft, Straßenbau, Gewässer, Bergrecht, Naturschutz, BUND, NABU, Bauern- und Weinbauverbände, Städte und Gemeinden usw.) unter Berücksichtigung von Landes-, Bundes- und Europarecht.
Für die Anordnung begünstigend sind der von einer Mehrheit der Grundeigentümer getragene Wunsch nach Strukturverbesserung (Splitterbesitz) verbunden mit ökologischem Mehrwert oder auch ökologische Projekte, Verfahren mit Unterstützung der Energiewende oder Verfahren mit der Möglichkeit einer besseren Umsetzung von gemeindeübergreifenden Entwicklungskonzepten.
Die Ausführung der Flurneuordnungen wird in Deutschland über das Flurbereinigungsgesetz geregelt, welches dann in den einzelnen Bundesländern mit gewissen Unterschieden umgesetzt wird.
Im Wesentlichen wird unterschieden:
Bei zersplittertem Besitz ist es beispielsweise das Ziel, die Streulage zu vermindern. Hat beispielsweise ein Grundeigentümer im Durchschnitt 40 Grundstücke an verschiedenen Orten soll er nach der Neuordnung nur noch ein bis fünf Grundstücke haben, die allesamt erschlossen und somit gut erreichbar sind. Die Landumverteilung im Zuge der Flurneuordnung ist von der Grunderwerbssteuer befreit.
Beteiligt am Verfahren bzw. den Maßnahmen einer Flurbereinigung sind
Die Teilnehmer bilden gemeinsam die sogenannte Teilnehmergemeinschaft, welche durch den Flurbereinigungsbeschluss als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet wird. Sie steht unter Aufsicht der Flurbereinigungsbehörde.
Teilnehmergemeinschaften können sich gem. §26 a FlurbG zu einem Verband der Teilnehmergemeinschaften zusammenschließen (z. B. Verband der Teilnehmergemeinschaften Baden-Württemberg, VLF Brandenburg), mehrere Verbände innerhalb eines Bundeslandes können sich zu einem Landesverband zusammenschließen (z. B. Landesverband für Ländliche Entwicklung Bayern). Alle diese Verbände haben sich bundesweit zum Bundesverband der Teilnehmergemeinschaften (BTG) zusammengeschlossen.
Um jeden Teilnehmer mit Land oder Geld im gleichen Wert abfinden zu können, muss der Wert der alten Grundstücke, die so genannte Einwurfsmasse, bestimmt werden. Der Wert eines Grundstücks wird dann im Verhältnis zum Gesamtwert bestimmt. Der aktuelle Wert der Einwurfsmasse wird mit Hilfe der Bodenschätzungsergebnisse ermittelt, welche beispielsweise von der Güte des Bodens und seiner Lage abhängen. Diese Bodenschätzungsergebnisse werden in Wertzahlen (Verhältniszahlen) ausgedrückt. Grundstücke mit besonderem Werteinfluss (bebaute Grundstücke usw.) werden gesondert nach ihrem Verkehrswert bestimmt, allerdings nur bei Eigentumswechsel.
Einen Sonderfall stellt die Flurneuordnung im Wald dar. Dort werden der Boden und der aufwachsende Holzbestand getrennt bewertet. Der Bodenwert richtet sich einerseits nach dem gegendüblichen Waldbodenwerten (siehe Bodenrichtwerte), andererseits nach Lage, Neigung und Exposition, Grundgestein, Boden, Wasser- und Nährstoffversorgung und Bewirtschaftbarkeit. Getrennt hiervon wird der aufwachsende Holzbestand bewertet. Dessen Wert hängt im Wesentlichen ab von den vorhandenen Baumarten, den gegendüblichen Kulturkosten und Holzpreisen der verschiedenen Holzarten, Sortimente und Holzgüten sowie deren Aufbereitungskosten. Ermittelt werden jeweils die Verkehrswerte der Kulturen (Kulturkostenwert), Stangen- und Baumhölzer (Bestandeserwartungswert) und Altbestände (Abtriebswert).
Die Bewertung in Flurneuordnungsverfahren wird durch anerkannte oder vereidigte Sachverständige ausgeführt. Diese sind wiederum an die gesetzlichen Bewertungsvorschriften (Bewertungsgesetze) gebunden.
Die Wertermittlungsergebnisse werden in einem Anhörungstermin den Beteiligten erläutert und nach Behebung der Widersprüche festgestellt.
Das Gebiet soll so gestaltet werden, dass es den größtmöglichen Nutzen für die Beteiligten und die Allgemeinheit bietet. Dazu werden gemeinsam zu nutzende Wege und Anlagen geschaffen, Bodenverbesserungsmaßnahmen (Melioration) durchgeführt und die Landschaft nach den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung gestaltet. Die Wege (gemeinschaftlichen Anlagen) befinden sich danach meist in Gemeindeeigentum und werden durch den Wertzuwachs oder den Wegebeitrag finanziert. Dazwischen werden die Flurstücke so geschnitten, dass nach Lage, Form und Größe möglichst einheitlicher Grundbesitz entsteht.
In den letzten Jahren wird vermehrt auch auf Umweltschutzmaßnahmen geachtet, in einigen Fällen stehen diese sogar im Vordergrund.
1. Vorbereitende Arbeiten
2. Aufklärungstermin
3. Anordnung der Flurbereinigung (Verwaltungsakt)
5. Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen (Plan nach § 41) – Verwaltungsakt
6. Wertermittlungsverfahren (Verwaltungsakt)
7. Vermessung
8. Ausführung des Plans nach § 41 FlurbG
9. Planwunschverhandlungen
10. Berechnung der Landabfindung
11. Flurbereinigungsplan (Verwaltungsakt)
12. Vorläufige Besitzeinweisung (Verwaltungsakt)
13. Ausführungsanordnung (Verwaltungsakt)
14. Berichtigung des Liegenschaftskatasters
15. Grundbuchberichtigung
16. Schlussfeststellung (Verwaltungsakt)
Nach Ansicht von Kritikern haben Flurbereinigungen auch nachteilige Auswirkungen: Verluste an Biodiversität durch Rodung von Hecken, Vernichtung von Ackerrandstreifen oder Kanalisieren von Bächen (Auwald) sowie die anschließende konventionelle Landnutzung.
Zum Beispiel verschwanden in Schleswig-Holstein durch Flurbereinigungen zwischen 1950 und 1980 mindestens 28.000 Kilometer Wallhecken (Knicks), und damit auch zahlreiche Vogel- und Insektenarten, die ihren Lebensraum verloren hatten[2].
Auch bei Flurbereinigungen von Weinanbauflächen können negative Auswirkungen auf die Natur groß sein. Während klassische Weinberge an Randstreifen und in Trockenmauern noch Lebensräume für die natürliche Flora und Fauna bieten, bleibt dafür nach einer Flurbereinigung oft nichts mehr übrig.
Mit den Römischen Verträgen 1957, die zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Vorläuferin der Europäischen Union, führten, beschlossen die sechs Mitgliedstaaten auch einen gemeinsamen Agrarmarkt. Dieser beinhaltete freien Marktzugang, Produktstandardisierungen und „Modernisierung der Agrarstrukturen“. Danach wurden in erheblichem Umfang in Frankreich und Deutschland Landschaftsbestandteile ausgeräumt, um großflächige, industrielle Landnutzung zu ermöglichen, was erhebliche Habitat-Zerstörungen bis heute zur Folge hat. Beispiel dafür ist etwa der Lebensraum des Feldhamsters, welcher heute zu den gefährdeten Arten gehört.
Der Dokumentarfilmer Dieter Wieland war ein deutlicher Kritiker der Flurbereinigung und ihrer Folgen für die Landschaft:
„Ein Kahlschlag geht durchs Land: Begradigung, Bereinigung, Erschließung, Beschleunigung, Kanalisierung, Neuordnung, Verordnung, Verödung. Das Land wird hergerichtet, abgerichtet, hingerichtet. Am Ende bleibt nur das Korsett des öden Rasters, der Triumph des rechten Winkels: Serienlandschaft. „Neuordnung im ländlichen Raum“, war das die Ordnung, die wir wollten? Eine ausgeräumte, nackte Maschinensteppe, am Reißbrett konstruiert, mit schnurgeraden asphaltierten Wegen, eine Landschaft ohne Spuren, ohne Geschichte, ohne Namen, ohne Tiere, ohne Baum und ohne jeden Strauch – international. Östliche Kolchosen sehen nicht viel anders aus.“
In neuerer Zeit wird versucht, im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen gleichzeitig Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen in betroffenen Gebieten zu verwirklichen (Eingriffsregelung, Schweiz: Ökoqualitätsverordnung). Dies kann die Schaffung von Ausgleichsflächen, Feuchtbiotopen oder ähnliches sein. Für Flurbereinigungen relevante Gesetze und Verordnungen erhalten zunehmend mehr Vorgaben für den Naturschutz[3]. Eine Zusammenstellung der Verfahren des Flurbereinigungsrechts die Belange des Umwelt- und Naturschutzes berücksichtigen ist in folgendem Artikel zu finden[4].
Verbände der Teilnehmergemeinschaften:
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