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wissenschaftliche Fachzeitschrift auf dem Gebiet der Ur- und Frühgeschichte, Ethnologie, Ethnographie und Anthropologie Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Ethnographisch-Archaeologische Zeitschrift (EAZ) ist eine der ältesten interdisziplinären Zeitschriften, die sich mit der Erforschung menschlicher Lebenswelten von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart befasst.[1] Die Zeitschrift vertieft das Verständnis vergangener menschlicher Lebenswelten, indem sie eine Brücke zwischen Archäologie, Anthropologie, Ethnographie und Philosophie schlägt und dabei kritische Themen wie soziale Ungleichheit, Klimawandel und indigene Souveränität aufgreift. Die EAZ wurde 1960 als Nachfolger der Publikationsreihe Ethnographisch-Archäologische Forschungen gegründet, die von 1953 bis 1959 erschienen ist. Die EAZ erschien 1960 zunächst an der Humboldt-Universität Berlin, zog dann 2010 nach Leipzig um und wird seit 2023 in Kiel herausgegeben.[2][3][4] Die Zeitschrift wird fortlaufend online veröffentlicht und jährlich auf Anfrage gedruckt.
Ethnographisch-Archaeologische Zeitschrift (EAZ) | |
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Beschreibung | Akademische Zeitschrift mit freiem Zugang, die online und in gedruckter Form veröffentlicht wird |
Fachgebiet | Archäologie, Sozial- und Kulturanthropologie, Ethnographie, Philosophie |
Sprache | Jede.Sprache.möglich |
Verlag | Johanna-Mestorf-Akademie (Gedruckte Ausgabe) |
Erstausgabe | 1960 |
Erscheinungsweise | Fortlaufend (digital), jährlich und auf Anfrage (gedruckt) |
Chefredakteure | Henny Piezonka, Bill Angelbeck, Jerimy Cunningham, Martin Furholt, Jens Schneeweiß, Maria Wunderlich |
Weblink | www.eaz-journal.org/index.php/eaz/ |
Artikelarchiv | www.eaz-journal.org/index.php/eaz/issue/archive |
ISSN (online) | 2751-7233 |
Obwohl die inhaltliche Schwerpunktsetzung der Zeitschrift im Laufe ihrer langen Geschichte variiert hat, war die EAZ, wie ihr Name schon sagt, immer interdisziplinär ausgerichtet. In der ersten Ausgabe erklärte der Herausgeber, K.-H. Otto:[2]
„Herausgeber und Redaktion werden bestrebt sein, darüber, hinaus der Behandlung aller sonstigen wichtigen Probleme der Ethnographie und Archäologie sowie deren Nachbarwissenschaften Platz zu geben und dabei die Methodologie des Zusammenwirkens aller beteiligten Disziplinen zu fördern. Den Beziehungen der aus diesen Forschungen gewonnenen Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Praxis wird dabei die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen sein.“
Die Wiederauflage der EAZ in Kiel seit 2023 bringt neue Aspekte ein, indem sie sich unter anderem an postkolonialen und posthumanistischen Perspektiven orientiert. Dieser Wandel soll eine kritische Auseinandersetzung mit in der heutigen Zeit fortbestehenden kolonialen Strukturen, die Erkundung der verwobenen Beziehungen zwischen Menschen und nicht-menschlichen Wesen, sowie Multivokalität durch Wiedergabe verschiedener Stimmen und interdisziplinärer Dialoge fördern. Als Forum für integrierte transdisziplinäre Ansätze zur Erforschung des Menschen und seiner Welt in dynamischen, soziokulturellen und ökologischen Kontexten hat die EAZ eine dezidiert, langfristige und globale Ausrichtung. Sie widmet sich der Forschung und wissenschaftlichen Kommunikation an der Schnittstelle von Ur- und Frühgeschichte, historischer und zeitgenössischer Archäologie, Ethnographie, Sozial- und Kulturanthropologie und philosophischer Reflexion, wobei der Schwerpunkt auf sozialen, ökologischen und kulturellen Zusammenhängen liegt. Die EAZ will zwischen diesen Disziplinen Brücken schlagen und durch die Überwindung ihrer methodischen und erkenntnistheoretischen Grenzen ein tieferes Verständnis der möglichen Realitäten und der Komplexität vergangener menschlicher Lebensweisen sowohl in antiken als auch in jüngeren Kontexten erreichen.
Durch eine kulturübergreifende und vergleichende Perspektive sollen kulturelle Ähnlichkeiten und Entsprechungen berücksichtigt werden. Die kritische Reflexion dieser Ansätze beinhaltet Forschungsfelder wie Multi-Spezies-Ansätze, Überwindung von wissenschaftlichem Kolonialismus und Ethnozentrismus, Multivokalität im Studiendesign und in der Dateninterpretation, Fragen des kulturellen Erbes, gemeinschaftsbasierte Ansätze und ethische Fragen bezüglich der Integration von indigenem Wissen, ethnographischer Arbeit und Archäologie.
Die Zeitschrift ermöglicht zeitgenössische, vielstimmige und symmetrische transdisziplinäre Reflexionen, die relevante theoretische, methodologische und historische Beiträge leisten sollen. Die EAZ will durch einen offenen Umgang mit ontologischen Möglichkeiten und variablen Lebenswelten und -wegen auch ein Forum für aktuelle, soziale und politische Diskurse bieten und somit als wissenschaftliche Zeitschrift zum progressiven, gesellschaftlichen Wandel beitragen. Gleichzeitig werden dadurch marginalisierte (indigene) kulturelle Traditionen in ihrer Resilienz gestärkt und befähigt die Zukunft mitzugestalten.[4][5]
Die Zeitschrift war zunächst am Institut für Ur- und Frühgeschichte und am Institut für Völkerkunde und deutsche Volkskunde der Humboldt-Universität zu Berlin angesiedelt und wurde vom VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften herausgegeben.[2] Bis 1967 erschien die Zeitschrift zweimal pro Jahr, dann wurde die Auflage auf drei Ausgaben pro Jahr erhöht, 1979 schließlich auf vier Ausgaben pro Jahr.[7][8]
Mit der Schließung des Lehrstuhls für Ur- und Frühgeschichte an der Humboldt-Universität im Jahr 2010 war das vierte Heft des 50. Jahrgangs der letzte in Berlin erschienene EAZ-Band. Die Zeitschrift wurde vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Leipzig weitergeführt und erschien fortan im Waxmann Verlag.[3][9]
Neben ihrer Interdisziplinarität zeichnete sich die EAZ im Laufe dieser Jahre im In- und Ausland auch durch andere Faktoren aus. Das weit gefächerte Spektrum der Zeitschrift und die breite Abdeckung der Fachbereiche Archäologie, Anthropologie, Ethnographie und Philosophie machten sie zu einer wertvollen Quelle für Forschende, die vielfältige und ausführliche Inhalte in einer einzigen Publikation vorfanden. Darüber hinaus veröffentlichte die EAZ durchweg qualitativ hochwertige Forschungsartikel mit innovativen praktischen und theoretischen Ansätzen, einschließlich Sonderausgaben, die sich mit methodischen Weiterentwicklungen befassten.[10][11] Sie diente als lebendiges Forum des akademischen Austausches, förderte den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern in benachbarten Fachbereichen und beteiligte sich aktiv an Kooperationsinitiativen mit internationalen Organisationen und Institutionen.[12][13] Die selbstgestellte Maßgabe der Zeitschrift, Beiträge von prominenten Forschern und Wissenschaftlern aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zu veröffentlichen, förderte die Vielfalt der Perspektiven und bereicherte das Verständnis der diskutierten Themen.[14][15]
Darüber hinaus spiegelte die Zeitschrift die politischen und ideologischen Veränderungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wider und repräsentierte damit wie kaum andere Medien die sich wandelnde Forschungslandschaft in Archäologie und ihren Nachbardisziplinen in Deutschland. Nach Erscheinen des 56. Bandes im Jahr 2017 wurde die Zeitschrift eingestellt.[16]
Nach einer fünfjährigen Pause wird die EAZ im Jahr 2023 mit einem neuen Redaktionsteam an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Kooperation mit dem Exzellenzcluster ROOTS[18] und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte[19] neu aufgelegt.[4] Die Entscheidung, die EAZ in Kiel neu aufzulegen, war durch mehrere Faktoren beeinflusst. Zum einen bildeten die lange Geschichte und die außerordentliche Stellung der Zeitschrift in der Wissenschaftslandschaft in Europa eine solide Grundlage für ihre Wiederbelebung. Ihre einmalige interdisziplinäre Ausrichtung machte sie von Anfang an zu einer wegweisenden Plattform für wissenschaftlichen Austausch.
Darüber hinaus bot die Verbindung der Zeitschrift mit der einzigartigen ethnoarchäologischen Professur an der Universität Kiel die Möglichkeit, diese Expertise zu nutzen und zum akademischen Diskurs beizutragen. Auch bestand der Wunsch, die anglophone Dominanz im wissenschaftlichen Schreiben und Denken anzusprechen. Durch die aktive Förderung von anderen Stimmen, insbesondere solchen, die in akademischen Räumen oft unterrepräsentiert oder marginalisiert sind, bietet die Wiederauflage die Chance ein Gegengewicht zu schaffen. Diese Inklusivität soll die Zeitschrift für ein breiteres Spektrum von Perspektiven öffnen und ein gerechteres wissenschaftliches Umfeld schaffen.[4][5]
Besonderheiten der neu aufgelegten EAZ:
Die Zeitschrift hatte im Laufe der Jahre eine Reihe von Herausgebern. Seit 2023 besteht der Lenkungsausschuss der Zeitschrift aus einer Gruppe von sechs Chefredakteuren, die sich aus der Kieler Kerngruppe und angesehenen internationalen Wissenschaftlern aus relevanten Bereichen zusammensetzen, die die Beiträge auswählen und die Qualität durch ein externes Peer-Review-Verfahren sicherstellen.
Jahre | Redakteur/in | Zugehörigkeit |
---|---|---|
1960–1969 | Karl-Heinz Otto | Institut für Ur- und Frühgeschichte und dem Institut für Völkerkunde und deutsche Volkskunde der Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland |
1970–1991 | Heinz Grünert | Institut für Ur- und Frühgeschichte und Institut für Völkerkunde und deutsche Volkskunde der Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland |
1992–1994 | Ruth Struwe | |
1996–2009 | Ruth Struwe | |
Johan Callmer | ||
2011–2018 | Ulrich Veit in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Theorien in der Archäologie | Universität Leipzig, Deutschland |
Seit 2023 | Henny Piezonka | Freie Universität Berlin, Deutschland |
Bill Angelbeck | Douglas College, Kanada | |
Jerimy Cunningham | Universität von Lethbridge, Kanada | |
Martin Furholt | Universität Kiel, Deutschland | |
Jens Schneeweiß | ||
Maria Wunderlich |
Ein internationaler wissenschaftlicher Beirat von Mitherausgebern aus der ganzen Welt und aus verschiedenen relevanten Fachgebieten ist an der Akquisition von Beiträgen für die EAZ und an der Auswahl geeigneter Gutachter beteiligt.[20]
Mitherausgeber | Zugehörigkeit |
---|---|
Engdawork Assefa | Universität Addis Abeba, Äthiopien |
Reinhard Bernbeck | Freie Universität Berlin, Deutschland |
Charlotte Damm | Universität Tromsö, Norwegen |
Alexander Gramsch | Deutsches Archäologisches Institut, Deutschland |
Hans Peter Hahn | Universität Frankfurt, Deutschland |
Andrej Golownew | Peter der Große Museum für Anthropologie und Ethnographie, Russland |
Colin Grier | Washington State University, Vereinigte Staaten von Amerika |
Tiatoshi Jamir | Nagaland Universität, Indien |
Peter Jordan | Universität Lund, Schweden |
Francesca Lugli | Italienische Gesellschaft für Ethnoarchäologie, Italien |
Johannes Müller | Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Deutschland |
Susan Pollock | Freie Universität Berlin, Deutschland |
Martin Porr | Universität von Westaustralien, Australien |
Stefanie Samida | Ruprecht-Karls-Universität, Deutschland / Universität Zürich, Schweiz |
Tracy Teslow | Universität von Cincinnati, Vereinigte Staaten von Amerika |
Ditamulü Vasa | Nagaland Universität, Indien |
Ursprünglich veröffentlichte die EAZ Artikel, Diskussionsbeiträge (insbesondere zu theoretischen Fragestellungen), Autorenzusammenfassungen von Dissertationen, Kurzberichte zu ethnographischen Feldforschungen oder archäologischen Ausgrabungen, Tagungsberichte zu interdisziplinären Kongressen sowie Rezensionen und Anmerkungen einschlägiger Literatur.
Seit der Wiederauflage in Kiel gliedert sich die Zeitschrift in drei Hauptbereiche:
Die EAZ ist auch offen für die Veröffentlichung von Beiträgen aus thematisch relevanten Workshops und Konferenzen.
Die Zeitschrift erscheint zunächst online in einer kostenfreien Open-Access-Version (Diamond Open Access). Eine Papierversion wird einmal im Jahr gedruckt und kann auf Anfrage erworben werden.
In Übereinstimmung mit der Philosophie der Zeitschrift, vielstimmige Verständnisse von Vergangenheit und Gegenwart zu berücksichtigen, steht es den Autoren frei, in jeder Sprache ihrer Wahl zu publizieren, in der sie der Meinung sind, dass ihre Ideen und Erkenntnisse am besten in Textform ausgedrückt werden können. Dies spiegelt sich auch im Zeitschriftentitel wider, der neben dem historischen deutschen Titel in jedem Heft durch Übersetzungen des Titels in verschiedene Sprachen ergänzt wird. Gleichzeitig wird die wachsende Rolle des Englischen als Lingua franca in der weltweiten wissenschaftlichen Kommunikation anerkannt, weshalb eine englische Version aller nicht-englischsprachigen Texte, die zusätzlich zur Originalversion veröffentlicht wird, gefördert wird. Unter Berücksichtigung der rasanten Entwicklung der maschinellen Übersetzungstechnologie könnte in Zukunft auch eine automatische Übersetzung der Beiträge möglich sein.
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