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völkerrechtlicher Vertrag, erster Revisionsvertrag zum EWG-Vertrag (1985) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) stellte den ersten besonderen Reformvertrag dar, auf den später die Vertragswerke Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon folgten. Sie bedeutete den vorläufigen Abschluss einer mehrjährigen Reformdebatte.
1985 beschloss der Europäische Rat von Mailand in einer Kampfabstimmung mit einer Mehrheit von sieben zu drei eine Regierungskonferenz zu den Themen Befugnisse der Institutionen, neue Zuständigkeitsbereiche der Gemeinschaft und die Schaffung eines Binnenmarktes mit dem Ziel eines Zusatzvertrages zu den Gemeinschaftsverträgen (EGKS, EWG und Euratom) und einer vertraglichen Grundlage für die bestehende Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) in Auftrag zu geben. Am 17. Februar 1986 wurde dieser Änderungsvertrag in Luxemburg von insgesamt neun der nunmehr zwölf Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich) unterzeichnet. Die drei weiteren Mitgliedstaaten (Dänemark, Griechenland, Italien) folgten am 28. Februar, nachdem zuvor in Dänemark noch ein Referendum über die Unterzeichnung stattgefunden hatte.
Mit der Einheitlichen Europäischen Akte wurden die Verträge über die EG geändert und ergänzt, es wurde keine Union geschaffen. Die Europäische Union (EU) war weiterhin als Ziel der Entwicklung genannt. Die EEA trat am 1. Juli 1987 in Kraft[1], zuvor hatte am 25. Juni 1987 mit der Republik Irland der letzte der zwölf Mitgliedstaaten die Akte ratifiziert. Mittels des Kunstbegriffes Einheitliche Europäische Akte verbindet die EEA als völkerrechtlicher Vertrag zwei verschiedene Themenkreise:
Ferner wurde erstmals ein mindestens zweimal jährliches Zusammentreffen des Europäischen Rates vereinbart (Art. 2 EEA).
Die EEA kennzeichnete demnach eine sog. Doppelfunktion. Einmal stellt sie als Revisionsvertrag das in ex Art. 236 EWGV, ex Art. 204 EAGV und ex Art. 96 EGKS-V vorgesehene Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten zur Änderung der Gründungsverträge dar. Zum anderen ist die EEA auch ein klassischer völkerrechtlicher Vertrag zwischen den Mitgliedstaaten über die Europäische Zusammenarbeit in der Außenpolitik. Die EEA besteht aus einer Präambel und aus vier Titeln – ferner enthält sie lt. Schlussakte eine Reihe von Erklärungen:
Die Vereinbarung zur näheren Zusammenarbeit in der Außenpolitik stellte sodann die entscheidende Vorstufe für die Aufnahme der GASP in den neu begründeten EU-Vertrag durch den Vertrag von Maastricht dar. Auch die EEA ist, ebenso wie später die Änderungen durch die (nachfolgenden) Reformverträge (Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon) nicht annäherungsweise lesbar, sondern bedarf der Hinzunahme einer konsolidierten Textfassung, in der die einzelnen Änderungen in die Verträge eingearbeitet sind.
Im Nachgang zum Tindemanns-Bericht über die Europäische Union (1975) mit einem Gesamtentwurf zur Konsolidierung und künftigen Ausrichtung und Entwicklung der EG entstand eine länger anhaltende Diskussions- und Vorschlagsphase. Verstärkter Problemdruck, verursacht durch interne Schwierigkeiten sowie durch externe Herausforderungen, führte ab 1980 zu intensiven Bemühungen um eine EG-Reform und damit auch zur Errichtung einer Europäischen Union.
Dieser Text, der auf der Grundlage des Plans des deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher und seines italienischen Amtskollege Emilio Colombo ausgearbeitet wurde, wird ergänzt durch Erklärungen der Mitgliedstaaten zu den zu verwirklichenden Zielen in den Bereichen interinstitutionelle Beziehungen, Zuständigkeiten der Gemeinschaft und politische Zusammenarbeit. Die Staats- und Regierungschefs verpflichten sich, die auf diesen Gebieten erzielten Fortschritte zu überprüfen und sie gegebenenfalls in einen Vertrag über die Europäische Union aufzunehmen.
Auf Initiative des italienischen Abgeordneten Altiero Spinelli wird ein parlamentarischer Ausschuss für institutionelle Angelegenheiten gebildet, mit dem Ziel der Ausarbeitung eines Vertrages, der die bestehenden Gemeinschaften durch eine Europäische Union ersetzt. Das Europäische Parlament nimmt den Vertragsentwurf am 14. Februar 1984 an.
Auf der Grundlage des Vertragsentwurfs des Parlaments prüft ein Ad-hoc-Ausschuss aus persönlichen Vertretern der Staats- und Regierungschefs unter dem Vorsitz des irischen Senators Dooge die institutionellen Fragen. Der Bericht des Dooge-Ausschusses fordert den Europäischen Rat auf, eine Regierungskonferenz einzuberufen, um einen Vertrag über die Europäische Union auszuhandeln.
Auf Initiative ihres Präsidenten Jacques Delors veröffentlicht die Kommission ein Weißbuch, in dem 300 (später reduziert auf 282) für die Verwirklichung des Binnenmarktes notwendige legislative Maßnahmen aufgeführt sind. Das Weißbuch enthält einen Zeitplan und nennt als Enddatum für die Vollendung des Binnenmarktes den 31. Dezember 1992. Dieses Programm wurde auf dem Mailänder Gipfel (1985) vom Rat der damals noch aus 10 Mitgliedstaaten bestehenden Gemeinschaft gebilligt.
Der Europäische Rat von Mailand am 28./29. Juni 1985 schlägt schließlich die Einberufung einer Regierungskonferenz zu folgenden Themen vor:
Die unter der luxemburgischen Präsidentschaft am 9. September 1985 eröffnete Regierungskonferenz wird in Den Haag am 28. Februar 1986 mit folgenden Ergebnissen beendet:
Eine Wirtschafts- und Währungsunion wurde (noch) nicht errichtet. Der Entscheidungsmodus (Einstimmigkeit) im Rat bleibt, mit Ausnahme der Materie Binnenmarkt, im Wesentlichen unberührt. Des Weiteren kam es zu einer Änderung der Geschäftsordnung des Rates, wobei eine Abstimmung im Rat nunmehr auf Initiative seines Präsidenten, auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaates erfolgen kann.
Mit der EEA wurden die Befugnisse des Europäischen Parlaments leicht gestärkt, da von nun an seine Zustimmung zu Erweiterungs- und Assoziierungsabkommen der Gemeinschaft erforderlich ist. Im gesetzgebenden Bereich erhielt das EP durch das Kooperationsverfahren zwischen EP und Rat eine echte, wenn auch nur begrenzte Gesetzgebungsbefugnis. Vor allem war es ein wichtiger Zwischenschritt, um aus dem Parlament ab 1993 (Vertrag von Maastricht) durch das Mitentscheidungsverfahren (ex Art. 189 b EWGV) einen gleichberechtigten Mitgesetzgeber, der mit dem Rat in der Regel auf einer Stufe steht, zu machen (Art. 251 EG-Vertrag in der Fassung des Vertrages von Nizza), siehe aktuell Art. 294 AEUV.
In Art. 1 EEA werden die Europäischen Gemeinschaften und die EPZ beide als Mittel gemeinsam zu konkreten Fortschritten auf dem Weg zur Europäischen Union beizutragen genannt. Für die EPZ gelten ausdrücklich die in den Berichten von Luxemburg (1970), Kopenhagen (1973) und London (1981) sowie in der Feierlichen Deklaration zur Europäischen Union (1983) vereinbarten Verfahren und Praktiken, die sich nach und nach zwischen den Mitgliedstaaten herausgebildet haben. Art. 2 EEA bestimmt die Zusammensetzung des Europäischen Rates, die Unterstützung durch die Außenminister und einem Kommissionsmitglied sowie die jährliche Anzahl der Zusammenkünfte. Für die Befugnisse der Institutionen/Organe verweist Art. 3 EEA je nach betreffender Kompetenz/Zuständigkeit auf die Regelungen der Gemeinschaftsverträge oder der EPZ.
Kapitel I und III enthalten wenige Änderungen (Art. 4–5, 26–27 EEA) zum Verfahren vor dem Gerichtshof für EGKS und EAG.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Kapitel II mit den Änderungen zur EWG. Abschnitt I enthält Neuerungen für die Arbeit (Kompetenzen) der Organe: Art 6 EEA bestimmt die Neuerungen zum Verfahren der Zusammenarbeit (zwischen Rat und EP), Art. 7 EEA verändert die Beschlusskompetenz des Rates. In Art. 8 und 9 EEA wird das Verfahren des Beitritts abgeändert. Art. 10 EEA erweitert die Regelung der Übertragung der Befugnisse der Kommission zur Durchführung von Rechtsakten. Art. 11 und 12 EEA enthalten gleichlautende Regelungen zur EWG, wie in Kapitel I zur EGKS und III zur EAG.
Abschnitt II erfasst sodann die entscheidenden und wegweisenden Änderungen in den Politiken der Gemeinschaft.
Diese Kompetenzerweiterungen folgten dabei (der neofunktionalistischen Integrationstheorie zufolge) meist wahrgenommenen Sachzwängen, die sich aus den vorangegangenen Integrationsschritten (sog. Spill-over-effekt) ergaben. Hiernach führt sektorale Integration zur Verflechtung immer weiterer Sektoren, im Idealfall schließlich zum Endstadium einer allgemeinpolitischen Föderation.
Seit dem Gipfel von Den Haag (1969) bestand die Vereinbarung viermaliger Treffen der Außenminister pro Jahr. Art. 30 EEA stellte die EPZ nunmehr auf eine vertragliche Grundlage. Danach verpflichteten sich die Mitgliedstaaten, gemeinsam eine europäische Außenpolitik auszuarbeiten und zu verwirklichen (Art. 30 I EEA). Bestandteil dieser Abrede waren nach Art. 30 II – XII EEA u. a.
Die EEA legte somit den Grundstein für eine beschleunigte Harmonisierung durch Rechtsangleichung mittels 282 Richtlinien, die nunmehr im Rat vereinfacht mit qualifizierter Mehrheit zustande kamen. Dieses Programm geht auf ein sog. Delors-Paket zurück, welches der damalige Kommissionspräsident acht Tage nach seiner Amtsübernahme im Januar 1985 in Straßburg vor dem EP im Rahmen seiner Antrittsrede vorstellte. Delors stellte zu Beginn in einem Satz die Frage: „Ist es vermessen, den Beschluss anzukündigen und dann auch durchzuführen, bis 1992 alle innergemeinschaftlichen Grenzen aufzuheben?“ In der Folgezeit wurde eine Vielzahl an Rechtsakten zwecks Herstellung von Binnenmarktverhältnissen erlassen:
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