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Die Eigenkapitalquote (englisch equity ratio) ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die das Verhältnis von Eigenkapital zum Gesamtkapital (= Bilanzsumme) eines Unternehmens wiedergibt. Komplementärbegriff ist die Fremdkapitalquote.
Die Eigenkapitalquote ist die bedeutendste vertikale Bilanzkennzahl, die Auskunft über die Kapitalstruktur eines Unternehmens gibt. Sie dient im Unternehmen selbst als Grundlage für Finanzierungsentscheidungen. Darüber hinaus interessiert sie externe Wettbewerber, Kreditinstitute, andere Gläubiger, Ratingagenturen und Gesellschafter (Aktionäre). Sie haben ein Interesse daran, die Kreditwürdigkeit jederzeit messen zu können. Dazu bedarf es der Transparenz der wirtschaftlichen Verhältnisse (Jahresabschlüsse), um aus diesen Unterlagen Informationen über das Kreditrisiko gewinnen zu können. Bei Unternehmen werden Eigenkapital und Fremdkapital miteinander ins Verhältnis gebracht, weil das Eigenkapital als Haftungsmasse für die Gläubiger zur Verfügung steht und deshalb der Anteil des Eigenkapitals am gesamten Kapital von Bedeutung ist. Je höher folglich der Eigenkapitalanteil ist, umso niedriger ist das Gläubigerrisiko einzustufen und umgekehrt.
Im Rahmen der Jahresabschlussanalyse gehört die Eigenkapitalquote zur finanzwirtschaftlichen Analyse und dort zur Finanzierungsanalyse. Bei Verhältniszahlen wie der Eigenkapitalquote werden Bilanzpositionen gegenübergestellt, und zwar konkret das bereinigte Eigenkapital und die Bilanzsumme (Gesamtkapital). Für die Ermittlung der Eigenkapitalquote ist zunächst erforderlich, die zum Eigenkapital gehörenden Bilanzpositionen zu identifizieren. Dazu sind Eigenkapital- und Fremdkapitalpositionen auf ihren Eigenkapitalcharakter und Aktiva auf ihren echten Vermögenscharakter zu untersuchen.
Wesentliche Bedeutung hat die – nicht immer leichte – Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital für Analysten. Besteht auch nur die geringste Rückzahlungsmöglichkeit, gehört die entsprechende Bilanzposition zum Fremdkapital. Deshalb bilden alle Arten von Rückstellungen (auch Pensionsrückstellungen) einen Teil des Fremdkapitals, da mindestens eine 50%ige Rückzahlungswahrscheinlichkeit vorhanden ist. Eine erfolgsunabhängige Verzinsung spricht ebenfalls für Fremdkapital. Hybride Eigenkapitalformen bilden eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital[1] und werden daher auch Mezzanine-Kapital genannt:
Internationale Ratingagenturen erkennen derartige hybride Finanzierungsformen ganz oder teilweise als wirtschaftliches Eigenkapital an, wenn eine Nachrangigkeit gewährleistet ist. Dabei wird vorausgesetzt, dass eine lange Laufzeit und/oder eine hohe Verlustbeteiligung vorliegen müssen und deshalb zu einer Anerkennung als Eigenkapital führen können.[4]
Formales Eigenkapital sind die in § 266 Abs. 3 HGB unter Position A auf der Passivseite einer Bilanz aufgezählten Bestandteile. Das sind:
National wie international sind die Unternehmen verpflichtet, alle ihnen zuzurechnenden Vermögensposten zu aktivieren. Diese Aktivierungspflicht führt zu einer Erhöhung des Eigenkapitals, bedeutet jedoch nicht, dass diese Vermögensposten auch für Analysezwecke als Eigenkapital angesehen werden können. In der betriebswirtschaftlichen Literatur stehen – teilweise heftig umstritten – insbesondere folgende Aktiva im Fokus:[6]
Die Bilanzsumme verlängert sich, wenn außerbilanziell fremdfinanzierte Vermögensgegenstände berücksichtigt werden. Dies betrifft insbesondere „geleaste“ Vermögenswerte. Banken verzichten meist auf die Bereinigung der Bilanzsumme um (nicht bilanziertes) Leasingvermögen.[7] Ratingagenturen nehmen hingegen umfangreiche Bereinigungen der Bilanzen (sowie der Gewinn- und Verlustrechnung) zur Berücksichtigung leasingfinanzierten Vermögens vor.[8]
Das wirtschaftliche Eigenkapital ergibt sich somit aus folgender Aufstellung:
Summe Eigenkapital im Jahresabschluss nach § 266 Abs. 3 HGB (Position A) + 50 % der Sonderposten mit Rücklageanteil - ausstehendes Kapital - Firmenwert + Gesellschafterdarlehen - sonstige Forderungen an Gesellschafter - sonstiges Mezzanine-Kapital[9] - eigene Aktien = wirtschaftliches Eigenkapital
Das auf diese Weise ermittelte wirtschaftliche Eigenkapital wird in der Eigenkapitalquote wie folgt berücksichtigt:[10]
Die Eigenkapitalquote gibt somit das Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Eigenkapital und Bilanzsumme wieder.
Die Höhe der so ermittelten Eigenkapitalquote hat isoliert betrachtet wenig Aussagewert. Es hängt von Kriterien wie Wirtschaftszweig, Betriebszweck, Betriebsgröße und Rechtsform ab, ob ein Unternehmen mit angemessenem Eigenkapital ausgestattet ist.
Eindeutige betriebswirtschaftliche Grundsätze, die nach Betriebszweck und Betriebsgröße eines Unternehmens Maßstäbe für dessen Kapitalisierung abgeben könnten, stehen nicht zur Verfügung.[11] Auch allgemeine Regeln über das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital fehlen.[12] Im wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum ist allgemein anerkannt, dass sich eine Obergrenze für den Verschuldungsgrad weder theoretisch begründen noch empirisch herleiten lässt.[13] Abstrakte Normativbestimmungen über das betriebswirtschaftlich notwendige Eigenkapital bzw. die entsprechend erforderliche allgemeine Finanzausstattung haben sich bislang nicht aufzeigen lassen.[14]
„Angemessenes“ Eigenkapital ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der die Eigenmittel eines Unternehmens ins Verhältnis zu seiner Bilanzsumme setzt. Als angemessen gilt jedenfalls in steuerrechtlicher Hinsicht ein Eigenkapital, das mit der Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft im maßgebenden Zeitraum vergleichbar ist.[15] Nach den Körperschaftsteuerrichtlinien 2004[16] ist eine angemessene Eigenkapitalausstattung grundsätzlich gegeben, „wenn das Eigenkapital mindestens 30 % des Aktivvermögens beträgt“. Im Hinblick auf die BFH-Rechtsprechung ist diese 30 %-Grenze in erster Linie als Nichtaufgriffsgrenze zu verstehen, ihre Erfüllung wird deshalb bei steuerlichen Außenprüfungen nicht beanstandet. Für Besteuerungszwecke wird also vom Anlagendeckungsgrad ausgegangen und das Eigenkapital dann als angemessen eingestuft, wenn der Anlagendeckungsgrad (I) 30 % beträgt und somit 70 % des Anlagevermögens über Fremdkapital zu finanzieren sind.
Als optimaler Verschuldungsgrad wird ein Verhältnis des Eigenkapitals zum Fremdkapital angesehen, bei dem die durchschnittlichen Kapitalkosten gegenüber anderen Finanzierungsalternativen am geringsten sind.[17] Eine aus der Praxis stammende Faustregel besagt, dass der Verschuldungsgrad – branchenabhängig – bei Nichtbanken nicht höher sein soll als 2:1 (200 %),[18] also das Fremdkapital nicht mehr als das Doppelte des Eigenkapitals betragen soll. Umgerechnet darf die Fremdkapitalquote mithin nicht mehr als 67 % der Bilanzsumme betragen, was komplementär eine Eigenkapitalquote von 33 % ergibt.
In § 4h Abs. 2 Buchstabe c Satz 3 EStG ist im Rahmen der Zinsschranke die Eigenkapitalquote als das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme definiert. Außerdem gibt es Sonderregelungen für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, weil diese Wirtschaftszweige besonders hohe Risiken tragen.
Im Rahmen der EU-weit gültigen Kapitaladäquanzverordnung (englische Abkürzung CRR) hat die staatliche Bankenregulierung gesetzliche Mindestquoten (insbesondere in Bezug auf das so genannte Kernkapital) festgelegt, die eingehalten werden müssen, um ordnungsgemäß Bankgeschäfte betreiben zu können. Eigenmittel bilden die Summe aus Kernkapital und Ergänzungskapital (Art. 4 Abs. 1 Nr. 118, Art. 72 CRR), anrechenbare Eigenmittel sind nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 71 CRR das Kernkapital (Art. 25 CRR) und das Ergänzungskapital (Art. 71 CRR) in Höhe von maximal 1/3 des Kernkapitals. Ausgangspunkt ist mithin das Kernkapital, das sich nach Art. 25 CRR aus dem „harten Kernkapital“ und dem „zusätzlichen Kernkapital“ zusammensetzt.
Die Eigenkapitalquote ist in der Lebensversicherung ein Maßstab dafür, in welchem Umfang sie Risiken, die sich aufgrund unvorhersehbarer Entwicklungen des Kapitalmarktes oder der Sterblichkeit durch Eigenmittel ergeben, abdecken kann.[21] In der privaten Krankenversicherung dient sie zum Ausgleich kurzfristig auftretender Verluste. In dieser Form nähert sie sich der gesetzlich festgelegten Eigenmittelquote, der so genannten Solvabilitätskennzahl (Verhältnis zwischen Eigenkapital und Beitragseinnahmen).
Die Eigenkapitalquote ist für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens eine bedeutende Kennzahl, da sie das Rating beeinflusst.[22] Ratingagenturen wie Standard & Poor’s berücksichtigen in ihren Ratings die Tatsache, dass aus einem hohen Verschuldungsgrad (debt to equity ratio) auch ein hohes finanzielles Risiko resultiert.[23]
Eine hohe Eigenkapitalquote bedeutet eine geringe Abhängigkeit von Gläubigern und entsprechend damit einhergehenden geringen Zinsaufwands- und Tilgungszahlungen. Das führt zu günstigen Schuldenkennzahlen wie etwa dem Schuldendienstdeckungsgrad. Mit einem entsprechend niedrigen Verschuldungsgrad geht normalerweise auch ein niedriger Zinsdeckungsgrad einher, weil Schulden Zins- und Tilgungszahlungen auslösen, die aus dem Umsatzprozess zu finanzieren sind. Ein hoher Verschuldungsgrad hingegen erhöht wegen des hohen Schuldendienstes die Ertragsrisiken, weil mehr Gewinne für den Zinsaufwand verbraucht werden und damit bei zunehmender Verschuldung auch der Break-even-Point ansteigt (cost leverage). Dadurch bringt eine niedrige Eigenkapitalquote Beschäftigungsrisiken mit sich.
Mit einer hohen Eigenkapitalquote ist eine hohe Tragfähigkeit für entstehende Verluste verbunden, so dass derartige Unternehmen weniger krisenanfällig sind und das Ausfallrisiko für Gläubiger abnimmt. Eigenkapitalstarke Unternehmen können Verluste über einen längeren Zeitraum hinweg aus dem Eigenkapital auffangen und sind insolvenzfester als unterkapitalisierte Betriebe.
Eine niedrige Eigenkapitalquote führt indes aus Sicht des financial leverage zu einer hohen Eigenkapitalrendite (Leverage-Effekt). Dies ist einer der wenigen positiven Effekte einer niedrigen Eigenkapitalquote. Denn sie kann ein Krisenindikator sein, da die „Schwierigkeiten, die mit einer niedrigen Eigenkapitalquote verbunden sind, wie die Überbrückung von Liquiditätsengpässen, der Erhalt von Bankkrediten und die Durchführung von notwendigen Investitionen, erhöhen das Risiko […] erheblich, in eine Krisensituation zu geraten oder gar mit einer Insolvenz konfrontiert zu sein“.[24]
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