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systematische Überstunden Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Crunch bezeichnet in der Computerspielentwicklung eine Projektplanung, die Mehrarbeit und auch systematische, teils unbezahlte Überstunden vorsieht. Das Phänomen tritt auch in anderen Bereichen der Unterhaltungs- und Medienindustrie auf.[1][2]
Die massive Arbeitslast wird dabei teils als Hingabe zum Job und dem geschaffenen Werk glorifiziert, die Beteiligten versprechen sich Renommee durch die Teilnahme an einem potentiell populären Projekt für weitere berufliche Stationen. Das Phänomen, das bis auf die Anfänge der elektronischen Unterhaltungsindustrie zurückgeht, spricht somit vor allem jüngere und weniger erfahrene, vor allem männliche Mitarbeiter vor der Familiengründung an.[3]
Unter jungen Mitarbeitern ist die Bereitschaft zu Crunch höher, die auch als Mentalität in die Unternehmenskultur eingebracht und verbreitet wird; auch gehören junge Entwickler und Praktikanten zur bevorzugten demografischen Bewerbergruppe.[4] Da Crunch durch die Unternehmenskultur auf der einen Seite, und durch Kollegen auf der anderen Seite vorgelebt wird, wollen andere Entwickler vermeiden, dass sie möglicherweise faul oder langsam wirken und verzichten auf einen pünktlichen Feierabend oder Urlaub.[5] Durch diesen sozialen Druck und das begünstigende Umfeld für diesen wird Crunch auch als Kultur, als Crunch Culture, bezeichnet, in welcher Crunch mehr die Norm als die Ausnahme darstellt und in der die schnelle und gute Erledigung von Arbeit wichtiger ist als eine Work-Life-Balance oder persönliches Wohlergehen.[6] In einigen Fällen ist Crunch ein solch fester Bestandteil der Unternehmenskultur, dass die Unternehmensführung bereitwillig und offen die 100-Stunden-Arbeitswoche ihrer Teams als Beweis für harte Arbeit und als Nachweis größter Anstrengungen für ein zeitig erscheinendes Produkt wirbt.[7]
Betroffen sind nicht nur die Designer und Entwickler, sondern auch die Qualitätssicherung, die teils weniger wertgeschätzt wird und oft nur befristet eingestellt ist, insbesondere zum Ende eines Entwicklungszyklus.[8]
Laut einer Untersuchung der IGDA 2019 gaben 40 % der US-amerikanischen Spielentwickler an, im vorangegangenen Jahr wenigstens einmal Crunch erlebt zu haben. Nur 8 % gaben an, für Überstunden bezahlt worden zu sein.[9]
Auch in Deutschland verbreitet sich die Praxis von Mehrarbeit und unbezahlten Überstunden, bis hin zur Umgehung von Mindestlohn-, Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetzen. Über die Hälfte der Angestellten arbeitet mehr als vertraglich vereinbart.[10] Teils wird schon an den Hochschulen das Phänomen Crunch normalisiert und entsprechende Leistung von den Studenten abgefordert.[11]
Verkürzte Entwicklungszeiten in Kombination mit Crunch erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Qualität der Computerspiele kompromittiert wird. Inhaltliche Kürzungen, gestraffte Qualitätssicherung, aber auch stressbedingter Ausfall von Mitarbeitern, deren kontinuierliche Leistungsabnahme oder Kündigungen sind hierbei Faktoren. Da alle Beteiligten sich durch kommerziellen Erfolg eines Produkts auch kreatives Renommee versprechen, sind die psychologischen Folgen eines Misserfolgs umso erheblicher, je mehr Einsatz die Mitarbeiter in der Produktion zeigen.[11]
Für die oft hochqualifizierten Arbeitnehmer ist die Belastung problematisch. Durch die Folgen von Crunch verlassen Entwickler die Industrie für gewisse Zeit oder für immer, es kommt zum Burn-out bis hin zur Suizidalität. Entwickler, die der Belastung nicht gewachsen sind, verlieren ihren Arbeitsplatz oder vernachlässigen ihr Privatleben.[12] Der Publisher Electronic Arts musste beispielsweise Schadensersatzforderungen zahlen, nachdem Ehepartner gegen die Arbeitsbedingungen vor Gericht zogen.[13]
Publisher verschieben ungern die Veröffentlichungszeitpunkte, insbesondere wenn die Einnahmen bereits verplant sind oder die Bereitschaft für Nachschüsse durch schwächere Konzernergebnisse gering ist.[14] Das finanzielle Risiko, bestehenden Mitarbeitern Mehrarbeit anzuordnen, ist geringer, als eine Entwicklergruppe nachträglich zu vergrößern und in das laufende und eventuell auch weiter fortgeschrittene Projekt einzuarbeiten.
Es gibt Bestrebungen einzelner Studios, die Arbeitssituationen ihrer Mitarbeiter dauerhaft zu verbessern.[15] Mit dem Modell Games as a Service wird Spielern ein Produkt vorgestellt, das bei entsprechender Beliebtheit durch wiederkehrende Zahlungen kontinuierlich weiterentwickelt werden kann.[16]
Eine fehlende Organisation der Mitarbeiter in Gewerkschaften wird als einer der Gründe für Crunch angeführt.[17]
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