Hauptachse der Straßen einer römischen Stadt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dieser Artikel behandelt ein städtebauliches Phänomen. Für weitere Verwendungen siehe Cardo (Begriffsklärung).
Der Cardo (lateinischcardo‚Pol‘ ‚Himmelsrichtung‘;[1] eingedeutschte Schreibweise auch „kardo“) bezeichnet die bei der Anlage einer römischen Stadt angelegte Hauptachse, die meist in Nord-Süd-Richtung verlief. Senkrecht zu dieser Hauptachse wurde eine meist in Ost-West-Richtung verlaufende Achse festgelegt, die Decumanus genannt wird. Der Kreuzungspunkt dieser Hauptachsen bezeichnet das Zentrum der Stadt. Alle planmäßig angelegten römischen Städte hatten ein reguläres viereckiges Straßenraster, das heißt, alle Straßen kreuzten sich im rechten Winkel (orthogonal), und bildeten Blöcke eines rechtwinkligen Grundrisses.[2]
Genauer werden die Hauptachsen als cardo maximus bzw. decumanus maximus bezeichnet, da parallel zu den Hauptachsen Nebenachsen angelegt wurden. Der sich ergebende schachbrettartige Stadtplan ist heute noch in der Anlage vieler auf römische Gründung zurückgehender Städte erkennbar.
Die Festlegung der Hauptachsen wurde als religiöser Akt betrachtet, bei dem ursprünglich stets ein Priester zugegen war. Da die Festlegung der Hauptachsen mit Hilfe einer Groma erfolgte, wird der Kreuzungspunkt der Hauptachsen auch groma (genauer: locus gromae) genannt.
Obwohl das Forum in den ersten römischen Städten am Stadtrand lag (daher der Name: Forum = außerhalb) und für kommerzielle Aktivitäten (Märkte und Messen) gedacht war, wurde es im Laufe der Zeit zu politischen und politisch-administrativen Zwecken genutzt. Damit verlagerten sich in den jüngeren römischen Städten die öffentlichen Plätze an die Kreuzung des cardo maximus mit dem decumanus maximus. In neuen römischen Städten befand sich das Forum normalerweise in oder direkt an der Kreuzung der Hauptstraßen Nord-Süd und Ost-West (Cardo und Decumanus).[3] Das Forum bildete das politische und wirtschaftliche Zentrum einer römischen Stadt mit dem Ratsgebäude (Curia) und der Basilica als Vielzweckbau für Rechtsprechung, Wirtschaft und Bildung.
Gleichermaßen findet man diese Form der Anlage bei römischen Kastellen (Castra), wo die Hauptachsen auch als via principalis (cardo maximus) bzw. via praetoria (decumanus maximus) bezeichnet werden.
Okko Behrends, Luigi Capogrossi Colognesi (Hrsg.): Die römische Feldmesskunst. Interdisziplinäre Beiträge zu ihrer Bedeutung für die Zivilisationsgeschichte Roms. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1992, ISBN 3-525-82480-7.
Oswald Ashton Wentworth Dilke: The Roman land surveyors. An introduction to the Agrimensores. Hakkert, Amsterdam 1992, ISBN 90-256-1000-5. Neudruck der Ausgabe Newton Abbot 1971.
Ursula Heimberg: Römische Landvermessung. Kleine Schriften zur Kenntnis der römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands Nr. 17. Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern / Württembergisches Landesmuseum, Stuttgart 1977.
Werner Müller: Die heilige Stadt – Roma quadrata, Jerusalem und die Mythe vom Weltnabel. Kohlhammer, Stuttgart 1961.
Charlotte Schubert: Land und Raum in der Römischen Republik – die Kunst des Teilens. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-13189-4.
Gundolf Precht, Norbert Zieling (Hrsg.): Genese, Struktur und Entwicklung römischer Städte im 1. Jahrhundert n. Chr. in Nieder- und Obergermanien. (= Band 9 Xantener Berichte), Kolloquium vom 17. bis 19. Februar 1998 im Regionalmuseum Xanten. von Zabern, Mainz 2001, ISBN 3-8053-2752-8, auf apx.lvr.de
Die orthogonale Stadtplanung der Römer. 25. August 2015
Köln um 350 n. Chr. – Römerstadt und Kastell. Heimat und Welt
Geniale Bauten der Römer: Tarragona. 17. Juli 2017, auf zdf.de
Ivo van der Graaff: The City Walls of Pompeii: Perceptions and Expressions of a Monumental Boundary. Dissertationsschrift, Graduate School of The University of Texas, Austin 2013, S. 39; 88–90; 204, abrufbar über repositories.lib.utexas.edu
9 Trier – Augusta Treverorum: Des Kaisers ewige Baustelle. In Peggy Leiverkus, Patrick Leiverkus: Die 40 bekanntesten archäologischen Stätten entlang der Via Agrippa in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Nünnerich-Asmus, Oppenheim 2017, ISBN 978-3-96176-033-6, Textauszug auf na-verlag.de S. 49
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