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Ein Artilleriegeschoss (auch Artilleriegranate genannt) ist eine Munition der Artillerie und deren Hauptwirkmittel.
Während bei Patronenmunition (Gewehr, Panzer) Zünder (sofern erforderlich), Geschoss, Treibladung und Treibladungsanzünder zusammen vorliegen, sind diese bei der Artillerie oft auch getrennt und werden erst kurz vor dem Schuss zusammengeführt. Dadurch ist die Handhabung zwar weniger einfach, aber die Flexibilität erhöht. Mittels Wahl der Treibladungsart und -menge lässt sich (neben der Rohrerhöhung) die Schussweite und durch die Wahl des Zünders die Wirkung im Ziel (Luft-, Aufschlag, Erddetonation) beeinflussen.[1]
Artilleriegeschosse verfolgen grundsätzlich eine den Gesetzen der Ballistik entsprechende Flugbahn. Mit Kurskorrekturzündern können Artilleriegeschosse, etwa GPS-gestützt, in der Flugphase gelenkt werden, was die Treffgenauigkeit erhöht, dadurch den benötigten Munitionsansatz verringert und hilft, Kollateralschäden zu vermeiden.
Je nach Ziel können unterschiedliche Artilleriegeschosse verwendet werden:
Neben den Artilleriegeschossen kann Artillerie über Raketen und Flugkörper als Wirkmittel verfügen. Der Raketenwerfer MARS kann u. a. Raketen mit Spreng-/Splitterwirkung, Bomblet-Submunition und Panzerabwehrminen verschießen.
Die Bundeswehr verfügt heute über Spreng-, SMArt-, Leucht-, Nebel-, Übungs- und Exerziergeschosse.
Beim Verschießen von Artilleriegeschossen können Probleme auftauchen, die durch eine falsche Bedienung oder fehlerhafte Behandlung der Munition verursacht werden und die Wirkung der Waffe vermindern. Die Probleme lassen sich in folgende Gruppen unterteilen.[3]:99
Zu den gefährlichsten Vorkommnissen zählt der Rohrzerspringer. Durch besondere Umstände kommt es zu einer voll- oder teilkräftigen Detonation eines Artilleriegeschosses im Rohr.
„Unter einem Rohrzerspringer versteht man die voll- oder teilkräftige Detonation eines Geschosses im Rohr. Man unterscheidet dabei: ‚Vollkräftige Rohrzerspringer‘ bei Volldetonation der Sprengladung, ‚nicht vollkräftige Rohrzerspringer‘ bei Teildetonation der Sprengladung und ‚Ausbläser‘ bei explosionsartigem Ausbrennen der Sprengladung, wie es bei Abreißen des Zünders vorkommt.“[3]:100, Pkt. 1
Eine mögliche Ursache ist beispielsweise eine zu starke Treibladung, weil zu viel Sprengstoff in die Kartusche gefüllt wurde. Das explodierende Geschoss nennt man umgangssprachlich auch Rohrkrepierer. Ein Rohrzerspringer zerstört meist die Waffe und gefährdet die Geschützbedienung.
Unter einem Rohrzerscheller oder Rohrzerbrecher versteht man das einfache Zubruchgehen der Geschosshülle im Rohr.[3]:100, Pkt. 2 Der Zünder und die Zündladung kommen nicht zur Explosion und die Sprengladung manchmal nur zum Teil. Das Geschoss zerschellt durch äußere Gewalt und nicht durch die gesamte gebundene Energie der Sprengladung. Ein Rohrzerscheller verursacht so große Beschädigung im Rohr (z. B. eine Rohraufstauchung), dass es nicht weiterverwendet werden kann. Ein so beschädigtes Rohr würde dem Geschoss zu wenig Führung bieten und zu wenig Drall geben, so dass es durch eine übermäßige Streuung wirkungslos wäre. Eine mögliche Ursache ist ein Zurückrutschen des Geschosses auf die Treibladung beim Nehmen der Rohrerhöhung, das durch ein ungenügendes oder nachlässiges Ansetzen des Geschosses verursacht wird. Um Rohrzerscheller oder sogar Rohrzerspringer zu verhindern, müssen bei Frost die Geschosse und ihre Führungsbänder vollständig vom Eis befreit werden, da ansonsten ein richtiges Ansetzen nicht möglich ist. Vereiste Geschosse tauen im heißgeschossenen Rohr auf und können beim Nehmen der Rohrerhöhung auf die Treibladung zurückrutschen. Auch muss bei Feuerpausen das Rohr wieder vollständig entladen werden, um das Rohr auf Fremdkörper zu untersuchen. Auch verhindert ein Entladen, dass eindringendes Wasser bei Frost das Geschoss im Rohr festfriert. Bei heißgeschossenen Rohren können die Geschosse weiter ins durch die Wärme ausgedehnte Rohr geschoben werden. Wenn das Rohr bei einer Feuerpause wieder abkühlt und sich wieder zusammenzieht, wird auf die Führungsbänder der Geschosse ein starker Druck ausgeübt. Dies kann zu Rissen in der Geschosshülle führen, die beim Abschuss zu einem Rohrzerscheller oder Rohrzerspringer führen können.[4]
Als Frühzerspringer (auch Bahnzerspringer genannt) wird die vorzeitige und vollkräftige Detonation eines Geschosses auf irgendeinem Punkt ihrer Flugbahn bezeichnet.[3]:100, Pkt. 3 Ein Frühzerspringer kann die vor der Feuerstellung befindlichen eigenen Truppen gefährden. Häufige Ursache sind beschädigte Zünder, die durch die grobe Behandlung der Munition oder das Werfen von Munitionspackgefäßen verursacht werden. Wenn sich beispielsweise ein beschädigtes Abschussplättchen an der Zünderspitze nach dem Abschuss ablöst, genügt der Winddruck, um den Zünder nach Aufhebung der Vorrohrsicherung auszulösen. Auch können hochempfindliche Zünder beim Treffen von großen Regentropfen, Hagelkörnern, Ästen oder Stromleitungen auslösen und so zu Frühzerspringern führen.
Blindgänger nennt man eine zwar im Ziel angekommene, aber nicht zur Wirkung gekommenes Geschoss.[3]:100, Pkt. 4 Ursache können beispielsweise nass gewordene Zünder sein. Bestimmte Zünder verwenden Schwarzpulver als Zündmittel. Wenn Schwarzpulver nass wird, zündet es auch nach Trocknung nicht mehr, da ein Bestandteil, der Salpeter, auskristallisiert ist. Ebenfalls kann auch ein weicher Untergrund an der Einschlagstelle dazu führen, dass ein sonst einwandfreies Geschoss zum Blindgänger wird. In diesem Fall bietet der Untergrund genügend Widerstand, um das Geschoss zu bremsen, nicht aber ausreichend, um den Aufschlagzünder auszulösen. Auf Wasserflächen kann dies nicht geschehen, weil das Wasser bei der hohen Aufschlaggeschwindigkeit etwa so hart wie Beton ist und somit den Aufschlagzünder auslöst.
Unter einem Kurzschuss versteht man die unbeabsichtigte Verkürzung der Geschossflugbahn z. B. durch eine zu schwache Treibladung.[3]:100, Pkt. 5 Entweder wird fehlerhaft zu wenig Treibladung geladen oder diese zündet beispielsweise durch Nässe nicht vollständig. Kurzschüsse können die vor der Feuerstellung befindlichen eigenen Truppen gefährden.
Unter einem Weitschuss versteht man die unbeabsichtigte Verlängerung der Geschossflugbahn z. B. durch eine zu starke Treibladung.[3]:100, Pkt. 6 Entweder wird durch grobe Nachlässigkeit zu viel Treibladung in die Kartusche gefüllt oder die Treibladung wirkt durch unsachgemäße Lagerung stärker. Wenn Treibladungen Hitze (z. B. durch Sonneneinstrahlung oder durch längere Lagerung im heißgeschossenen Rohr) ausgesetzt werden, kann sich ihre Abbrandgeschwindigkeit erhöhen. Dadurch entsteht beim Abschuss im Rohr ein höherer Gasdruck, der das Geschoss weiter als berechnet fliegen lässt. Darum sollten Treibladungen immer im Schatten bzw. gekühlt gelagert und das Rohr bei Feuerpausen entladen werden, um Weitschüsse, Rohrzerscheller oder sogar Rohrzerspringer zu vermeiden.
Um eine gleichmäßige Abbrandgeschwindigkeit und damit eine gleichmäßige Treffgenauigkeit zu gewährleisten, werden Treibladung und Munition manchmal in Kühlcontainern gelagert, zum Beispiel beim Paris-Geschütz oder für Munition der Panzerhaubitze 2000.
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