Phagentherapie
Behandlungsmethode durch Behandlungen der Bakterienflora z.B. des Menschen / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Liebe Wikiwand-AI, fassen wir uns kurz, indem wir einfach diese Schlüsselfragen beantworten:
Können Sie die wichtigsten Fakten und Statistiken dazu auflisten Phagentherapie?
Fass diesen Artikel für einen 10-Jährigen zusammen
Phagentherapie ist der therapeutische Gebrauch von Bakteriophagen zur Behandlung von krankheitsverursachenden bakteriellen Infektionen, insbesondere von antibiotikaresistenten Bakterienstämmen[1]. Phagen sind Viren, die auf Bakterien und Urbakterien als Wirtszellen spezialisiert sind und diese gezielt abtöten. Die Phagentherapie wurde in der Vergangenheit hauptsächlich in Ländern der früheren Sowjetunion, insbesondere Georgien, entwickelt und angewandt. Seit etwa den 1920er Jahren wurde sie dort vornehmlich bei gastroenteralen Infektionen wie Cholera und Shigellenruhr erfolgreich eingesetzt. In westlichen Ländern wurde sie bis in die 80er Jahre weiterverfolgt, z. B. in den neuen Bundesländern. In den letzten 10 Jahren wird sie als Alternative zu Antibiotika wiederentdeckt, die aufgrund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen immer wirkungsloser werden. In Deutschland allein sterben jährlich 50.000 bis 60.000 Patienten an einer Sepsis. Für eine Vielzahl dieser Todesfälle sind antibiotikaresistente Bakterienstämme verantwortlich.
Phagentherapie wird, insbesondere in ihrem Mutterland Georgien, zur Behandlung aller bakteriellen Infektionen eingesetzt. In Deutschland kommt sie vornehmlich bei multiresistenten Bakterien zum Einsatz, die auf Antibiotika nicht mehr ansprechen.[2][3][4] Phagen sind tendenziell dort erfolgreicher als Antibiotika, wo Bakterien sogenannte Cluster bilden, die von einem Biofilm umhüllt sind, den Antibiotika typischerweise nicht durchdringen können.[5] Phagen sind aber dazu in der Lage und können dafür sorgen, dass Antibiotika das Bakterium wieder erreichen. Sie kommen daher in „adjuvanter Therapie“ besonders erfolgreich zur Anwendung.
Aufgrund der oben beschriebenen, spezifischen Wirkungsweise der Phagen erfolgt die Therapie über speziell hergestellte Phagenzubereitungen, sog. Rezepturarzneimittel, die innerhalb der EU zulassungsfrei hergestellt werden dürfen. Die Therapie selber ist in Deutschland aufgrund der generellen ärztlichen Therapiefreiheit – entgegen einer verbreiteten Behauptung – ebenfalls nicht zulassungspflichtig. Ärzte und Heilpraktiker dürfen daher speziell für den Patienten hergestellte, sogenannte named-patient-Zubereitungen in Deutschland uneingeschränkt verordnen. Aufgrund einer noch geringen Studienlage (Evidenz) haben sie dabei lediglich besondere Aufklärungspflichten zu beachten und müssen die Risiko-Nutzen-Abwägung, nach bestem Wissen, selbst vornehmen. Bakteriophagen sind nicht humanpathogen, sondern greifen nur das für sie spezifische Bakterium an. Es konnten in den über 500 bislang veröffentlichten Anwendungsstudien als Nebenwirkungen entzündungsspezifische Symptome wie Fieber festgestellt werden, welche jeweils vorübergehender Natur waren. Die herkömmlichen Antibiotika zeigen mitunter Nebenwirkungen an Leber und Niere und richten einen erheblichen Schaden am gesunden Mikrobiom des Menschen an, was wiederum zu einer weiteren Besiedelung mit multiresistenten, pathologischen Keimen führen kann. Bakteriophagen sind den chemischen Antibiotika daher in Bezug auf Spezifität, Effizienz und Nebenwirkungen überlegen.
In Ländern wie Georgien gehören Bakteriophagen daher zur Grundversorgung der Bevölkerung. Herkömmliche Antibiotika dürfen dort bei Schwangeren, stillenden Müttern und Kleinkindern erst dann eingesetzt werden, wenn Bakteriophagen nicht wirksam waren. In westlichen Ländern wird es derzeit noch umgekehrt gehandhabt.
Als Fertigarzneimittel für humanmedizinische Zwecke sind Phagenzubereitungen eher in den Ländern des ehemaligen Ostblocks verbreitet; innerhalb der EU gibt es – soweit ersichtlich – noch kein zugelassenes Fertigarzneimittel. Die Anwendung von Fertigarzneimitteln aus dem Ausland erfolgt daher derzeit noch im sogenannten Off-Label-Use und im Rahmen einer Notfall-Indikation. Als relativ unspezifisches Breitband-Antibiotikum ist ihr Wirkungsspektrum gegen im Westen verbreitete Bakterienstämme zum Teil sogar erstaunlich erfolgreich.
Die Phagentherapie ist in Deutschland also erlaubt; es fehlt lediglich an einer entsprechenden Infrastruktur.