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Art der Gattung Kornraden (Agrostemma) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kornrade (Agrostemma githago) oder Korn-Rade[1][2],[3] ist eine Pflanzenart, die zur Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae) gehört. Weitere deutsche Trivialnamen sind Ackerrade, Ackerkrone, Kornnelke und Kornrose; im Niederdeutschen wird sie Klockenblume und am Rhein Pisspöttken genannt. Die Gartenform wird auch einfach als Rade bezeichnet.[4] 2003 war die Kornrade Blume des Jahres.
Kornrade | ||||||||||||
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Kornrade (Agrostemma githago) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Agrostemma githago | ||||||||||||
L. |
Die Kornrade ist wohl ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatet.[5] Als Ackerwildkraut, das einerseits wegen seiner Giftigkeit, andererseits aufgrund der Saatgutreinigung im modernen Ackerbau in Mitteleuropa nur noch selten anzutreffen ist, gehört sie zu den stark gefährdeten Pflanzenarten.[3]
Die Kornrade ist eine einjährige, krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von meist 60 bis 90 (50 bis zu 100) Zentimetern. Die spindelförmige Pfahlwurzel kann bis zu 85 cm[6] lang werden. Die oberirdischen Pflanzenteile sind angedrückt bis zottig grau-filzig behaart. Der aufrechte Stängel besitzt kaum, wenn überhaupt, dann nur im oberen Bereich Verzweigungen, manchmal einige Seitentriebe.
Die Laubblätter sind gegenständig am Stängel angeordnet. Die einfache, sitzende, ganzrandige Blattspreite ist bei einer Länge von 4 bis 13 Zentimetern und einer Breite von 2 bis 10 Millimetern schmal-eilanzettlich mit einer etwas verwachsenen Basis und einem spitzen oberen Ende sowie einem erhabenen Mittelnerv.
Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Die endständigen Blüten erscheinen meist einzeln oder bis zu dritt. Die Blütenstiele sind sehr lang. Die meist zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf 3 bis 6 Zentimeter langen Kelchblätter sind zu einer 1,2 bis 1,5 Zentimeter langen, außen zottig behaarten, rippigen Röhre verwachsen und die 2 bis 3, selten bis zu 4 Zentimeter langen, schmal-eilanzettlichen, spitzen Kelchzipfel sind länger als die Kronblätter. Die fünf 3 bis 3,6 Zentimeter langen, genagelten Kronblätter sind weiß, purpurviolett bis rosafarben, die verkehrt-eiförmigen Platten besitzen ein leicht ausgerandetes oberes Ende. Eine Nebenkrone ist nicht vorhanden. Die zehn Staubblätter sind leicht vorstehend. Der oberständige Fruchtknoten ist einkammerig. Die fünf freien, behaarten Griffel stehen leicht vor.
Die Früchte reifen zwischen Juli und September. Die eiförmige, septizide bzw. scheidewandspaltige Kapselfrucht öffnet sich mit fünf Zähnen und enthält viele Samen. Die Kapselfrucht ist mit einer Länge von 1,2 bis 1,8 Zentimetern nur wenig länger als der beständige Kelch. Die schwärzlichen Samen sind bei einer Länge von 2,5 bis 3 Millimetern ei- bis nierenförmig mit erhabenen, spitzen Warzen.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24 oder 4n = 48.[6]
Die Kornrade ist ein winterannueller, überwinternd grüner, skleromorpher (austrocknungstoleranter), mesomorpher Therophyt. Als Ackerbeikraut im Getreide ist sie ideal an ihren Standort angepasst. Die laubigen Kelchblätter ragen mit den Blüten aus dem Getreide heraus und werden zur Photosynthese benutzt. Die Samen werden meist erst beim Dreschen frei. Die Art wurzelt bis zu 85 Zentimeter tief.[6]
Blütenökologisch handelt es sich um „Stieltellerblumen“. Die Kornrade ist gynodiözisch, selten gynomonözisch; die Blüten sind meist zwittrig, aber auch rein weibliche Exemplare kommen vor. Bestäuber sind Tagfalter. Die Blüten sind oft protandrisch, also vormännlich.[7][8]
Die Ausbreitung der Samen ist stark menschenabhängig, da sie durch den Wind oder Tiere nur wenig ausgebreitet werden. Die Kapseln öffnet sich erst wenn sie vollkommen trocken sind oder beim Dreschen zerstört werden. Vor Einführung moderner Methoden der Saatreinigung wurden die Samen kaum vom Getreide getrennt und wurden deshalb wieder ausgesät.[9]
Alle Pflanzenteile sind stark giftig.[10] Von den Samen gelten schon drei bis fünf Gramm als giftig. Wegen der giftigen Samen und der mangelhaften Reinigung des Getreides war die Kornrade lange Zeit ein „gefürchtetes Ackerunkraut“. Heute sind Vergiftungen sehr selten; außerdem ist die Kornrade durch moderne Saatgutaufbereitung als Ackerunkraut fast ausgerottet.
Hauptwirkstoffe sind Saponine wie Githagin und dessen Aglycon Githagenin, daneben Agrostemmasäure. Die giftige Wirkung beruht nicht auf den enthaltenen Saponinen allein, sondern kommt durch einen Synergismus aus Saponin und Ribosomen inhibierenden Proteinen zu Stande.[11]
Die Kornrade gilt als ursprünglich im östlichen Mittelmeerraum beheimatet.[5] Sie ist nach anderen Autoren in Europa, in den gemäßigten Zonen Asiens und in Nordafrika beheimatet.[12] In Nord- und Südamerika, in Australien, auf den Kanaren und im südlichen Afrika ist die Kornrade ein Neophyt.[12] Die Kornrade ist auf Ausbreitung mit Saatgut angewiesen. Durch moderne Saatgutreinigung (Trieur) ist die Ausbreitungskette unterbrochen worden. In Mitteleuropa wird die Kornrade als ungefährdet eingestuft.[1] Die Art wurde 1996 in Deutschland nach der Roten Liste gefährdeter Arten als vom Aussterben bedroht bewertet; 2018 wurde sie noch als stark gefährdet geführt.[3]
Die Kornrade gedeiht am besten auf mäßig basen- und stickstoff-salzhaltigen, trockenen Böden. Sie gedeiht in Gesellschaften der Klasse Secalietea.[6]
Nachdem die Kornrade selbst in botanischen Schausammlungen als Unterrichtsmaterial für Studierende der Phytomedizin nicht mehr verfügbar war, hat man diese Art weltweit gesucht und wiedergefunden. Inzwischen ist sie sogar im Samenhandel erhältlich. Sie lässt sich leicht in einem breiten Spektrum ökophysiologischer Bedingungen kultivieren, auch im Ziergarten. Es existiert eine weiße Kulturform.
Die Erstbeschreibung von Agrostemma githago erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum Band 1, S. 435.[13] Ein Synonym für Agrostemma githago L. ist Lychnis githago (L.) Scop.[14]
Der erste Nachweis der Kornrade in Deutschland stammt aus dem trichterbecherzeitlichen (Walternienburg-Bernburger Kultur) Mauerkammergrab Kreienkopp bei Ditfurt am Harz.[15] Im Frühneolithikum ist sie als Unkraut unbekannt, wohl, weil es sich um ein Wintersaatunkraut handelt.[16] In Großbritannien wurde sie erstmals in eisenzeitlichen Schichten nachgewiesen.[17] Drei Nachweise stammen aus der Einhegung von Longstones Field, Avebury (Wiltshire);[18] da aber aus vorrömischer Zeit sonst wenig Nachweise bekannt sind, halten Ruth Pelling et al. eine Verunreinigung aus späteren Schichten für möglich.[19] In Frankreich stammen bronzezeitliche Reste (Bronze IIa) aus der Baume Layrou (Trèves, Gard) im Tal der Trèvezel im Languedoc.[20]
Die in den Kräuterbüchern der Antike, der Spätantike und des Mittelalters aufgeführten Pflanzennamen lassen sich nur sehr unsicher den uns bekannten Pflanzenarten zuordnen.[21]
Mittelalterliche und frühneuzeitliche Autoren glaubten die Kornrade in folgenden Heilpflanzen zu erkennen, die in antiken und spätantiken Quellen beschrieben wurden:
In arabischen Quellen bzw. in deren lateinischen Übersetzungen wurde den Namen melanthion und git der Name nigella hinzugefügt. Avicenna beschrieb außerdem noch ein Getreide mit dem Namen zinzania, welches später als Kornrade gedeutet wurde.[25][26][27][28]
Im 11. Jahrhundert wurde die Kornrade unter den Namen lolium und nigella erstmals sicher nachweisbar. Im Macer floridus (11. Jh.) und inhaltlich gleichlautend im Älteren Deutschen Macer (13. Jh.) wurde ausschließlich die äußerliche Anwendung der Kornrade beschrieben:
„Nigella - Von dem raten. Nigella heiſet zu dute raten. Raten geſtosen mit merretiche vnde wenic ſalzes, heilet vlechtende ſer[29] vnde cancrum. Cancer ist einerhande ſwer ane ſwlst mit vil lochern vnde ſtillet als di miſelsucht[30]. Der raten mit ſwebele vnde mit tubenmiſte vnde mit lylien ſame geſoten in ſtarchem wine, vnde alſo ein plaſter vf di boſen druſen geleit, vertribet ſi. Daſ ſelbe vf di ſwern geleit brichet ſi. Das plaſter weichet allerhand ſwlst. Der raten geſoten mit wirouche vnde mit ſidinvar[31] vnde mit mulſa[32], acht teil waſſerz, das nunde honic, vnde vf das dich[33] geleit, vertribet ſcyasim[34], di ſwlst an dem dieche. Das ſwanger wip, vnderrouchet ſi ſich mit dem raten zu rechter zit, ſi gebirt ane ſwerde[35].“
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