[4] veraltet,grobes Schimpfwort mit und ohne sexuellen Bezug: frevelhafter, sittenloser, lüsterner Mensch
Herkunft:
[1] Ketzer geht auf das mittelhochdeutscheketzer und kether zurück. Diese wurden aus dem mittellateinischenCathari→la ‚die Reinen‘ entlehnt, was seinerseits vom mittelgriechischenΚαθαροί(Katharoi☆)→grc abstammt. Katharó̄í ist eine Substantivbildung zu καθαρός(katharos☆)→grc ‚rein‘ und der Name einer mittelalterlichen Glaubensbewegung, die seit dem 11. Jahrhundert aus Richtung Osten, insbesondere der Balkanhalbinsel, nach Westen vordrang. Ab dem 13. Jahrhundert wurden ihre Mitglieder massenhaft verfolgt und der Name Cathari entwickelte sich zu einer Bezeichnung für alle Arten von Häretikern. Dass das mittelhochdeutsche ketzer im Neuhochdeutschen weiterexistiert, ist vermutlich dem Einfluss des Italienischen geschuldet: Das altitalienischegazaro,gaçaro oder gassaro ‚Ketzer‘ könnten hierin enthalten sein.[1] Diese Wortherkunft ist allerdings schon in früher Zeit in Vergessenheit geraten und so wurde Ketzer mit Katze durch Volksetymologie verbunden, da diese genauso falsch seien wie eine Katze. Auch die früher anzutreffende Schreibweise Kätzer mag auf diesem Umstand beruhen.[2]
[3] Diese Bedeutung entstand wahrscheinlich deshalb, weil die Ketzer den Glauben verfälschen wie die Alchemisten die Metalle.[2]
[1] „Aber bis ans Ende der Zeiten wird die Kirche auch auf der von ihr bewahrten und bewachten Reich-Gottes-Botschaft Jesu wie auf einem Pulverfaß sitzen, ständig in der Gefahr, sich selbst in die Luft zu sprengen. Und zu denen, die in der Kirche die Lunte an dieses Pulverfaß legen, gehören die Ketzer.“[3]
[1] „Zu Wien, zu Madrid, ja zu Rom wurde der kühne und kluge Ketzer in Ehren gehalten, als das Haupt der großen Verbindung gegen das Haus Bourbon, und selbst zu Versailles war der Haß, den er einflößte, reichlich mit Bewunderung gemischt.“[4]
[1] „Vergeblich ließ Papst Martin V. 1425 einen neuen Kreuzzug gegen die Hussiten predigen. Niemand zeigte Muth und Eifer, gegen die siegreichen Ketzer anzukämpfen.“[5]
[1] „Schließlich wirft er die Frage auf, warum doch die Kirche so viele Jahrhunderte bestanden habe, ohne daß Ketzer verbrannt worden wären?“[6]
[1] „In seinen Schriften sind Sätze, welche verdienen, daß deshalb 100.000 Ketzer verbrannt würden, und wenn man übrigens Luthers Sitten rühmt, so darf man nicht vergessen: daß der Teufel am liebsten durch Täuschungen solcher Art verführt.“[7]
[1] „Darum sind’s wirklich grobe Eselsköpfe, dass sie den einen Ketzer schelten, der wider der Kirche Gebräuche handelt.“[8]
[1] „In Deutschland findet Johannes Kepler gute wissenschaftliche Gründe für die Gültigkeit des heliozentrischen Systems, welches das alte geozentrische (ptolemäische) Bild ablösen sollte. Gleichzeitig ergreift in Italien – zu dicht am Zentrum der Kirche – Galileo Galilei Partei für die revolutionären Gedanken und wird dafür als Ketzer gebrandmarkt.“[9]
[1] „Abendland am Beginn des 21. Jahrhunderts heißt eben auch Aufklärung, heißt nicht nur Thomas von Aquin, sondern auch Immanuel Kant, meint nicht nur die Heerschar der Heiligen, sondern genauso die Heerschar der Ketzer, die verbrannt wurden, weil sie die herrschende Meinung und die Meinung der Herrschenden nicht teilten.“[10]
[1] Giordano Bruno wurde am 17. Februar 1600 als Ketzer verbrannt.
[2] „Im Gegenzug werden die Ketzer einer Klimakatastrophe beschuldigt, von Energiekonzernen und reaktionären Gruppen finanziert und manipuliert zu werden.“[12]
[3] „Wenn der Ketzer nach der Aufdeckung des Irrtums nicht unmittelbar umkehren und der Ketzerei abschwören will, muss er umgehend verbrannt werden, wenn er ein Laie ist. Die Fälscher des Geldes nämlich werden sofort dem Tod übergeben, um wieviel mehr die Fälscher des Glaubens!“[14]
[4] „Jedoch sagt er von keinem, daß er ein schwangere Hur, ein Kindbetterin, ein Teuffels-Verbünder, ein nach dem Contraët vom Teuffel gehohlter, ein überwiesener und von ganzen Conciliis verdammter Ketzer, Sodomit, Zauberer, Dieb, gewesen, das seynd nichts anders als erzgrobe Lästerungen eines unverschämten praedicantischen SchmähMauls.“ (1742)[15]
[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Ketzer“
[1–4] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Ketzer“
[4] Wolfgang Pfeifer et al.:Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.8.Auflage.Deutscher Taschenbuch Verlag,München2005,ISBN 3-423-32511-9, „Ketzer“, Seite 650
Wolfgang Pfeifer et al.:Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.8.Auflage.Deutscher Taschenbuch Verlag,München2005,ISBN 3-423-32511-9, „Ketzer“, Seite 650
Heinrich August Erhard: Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornehmlich in Teutschland bis zum Anfange der Reformation, Zweiter Band, 1830, S. 441