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ziviler Katastrophenschutz in der Schweiz Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der «Schutz der Bevölkerung vor natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen und anderen Notlagen»[1] in der Schweiz wird im Wesentlichen durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) und die nachgeordnete Zivilschutzorganisation geleistet. Die Zivilschutzorganisation ist dabei als Einsatzmittel der zweiten Staffel (nach Feuerwehr, Polizei und Gesundheitswesen/Rettungsdienst) vorgesehen.
Der Zivilschutz wird in der Schweiz von der Zivilschutzorganisation betrieben, welche dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport unterstellt ist. Dessen Aufgabe im Katastrophenfall umfasst Schutz, Betreuung und Unterstützung der zivilen Bevölkerung. Der Zivilschutz ist schwergewichtig als Einsatzmittel der zweiten Staffel (nach Feuerwehr, Polizei und Gesundheitswesen/Rettungsdienst, aber vor Armeeangehörigen) im Verbundsystem des Bevölkerungsschutzes positioniert. Angehörige des Zivilschutzes kümmern sich um Schutzbedürftige, aber auch um Kulturgüter. Sie unterstützen die Führungsorgane auf kommunaler und regionaler Ebene und setzen Infrastrukturen wieder instand.
Es ist die Aufgabe von Kanton und Gemeinde, ihre Risiken und Gefahren zu kennen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. So richtet sich auch die Organisation des Zivilschutzes nach der Gefährdungsanalyse sowie nach topographischen Gegebenheiten und Strukturen in einem Kanton, einer Region oder einer Gemeinde. Die Organisation kann also unterschiedlich sein. Dabei legen die Kantone und Gemeinden im Rahmen des zur Verfügung stehenden Rekrutierungspotentials den Personalbedarf fest. Die Personalbewirtschaftung und -kontrolle ist Sache des Kantons. Grundsätzlich wird von folgendem Organisationsmodell ausgegangen.
1) Die Mittel der Führungsunterstützung stehen in rechtlichen, administrativen, finanziellen und ausbildungsbezogenen Belangen in der Verantwortung des Zivilschutzkommandanten. Im Einsatz können die Mittel der Führungsunterstützung einem zivilen Führungsorgan unterstellt sein oder, wo dies gegeben ist, zugunsten eines Zivilschutzstabes wirken.
Das Zivilschutzkommando ist das Organ, welches den Zivilschutz führt. Es besteht in der Regel aus dem Zivilschutzkommandanten und seinen Stellvertretern.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Zivilschutzkommandant
Zivilschutzkommandant Stellvertreter
Ein Führungsorgan kann seine Aufgaben nur mit Hilfe der Führungsunterstützung erfüllen. Dazu stellt der Zivilschutz Personal für die Sachbereiche Lage, Telematik, ABC-Schutz und Logistische Koordination zur Verfügung.
Ohne Kenntnis der aktuellen Lage und deren Entwicklung keine Führung! Es gilt, Informationen zu beschaffen, auszuwerten und zu verbreiten. Die Informationen werden in verschiedenen Formen vermittelt, etwa durch Führungskarten, Lageberichte, Nachrichtenkarten, Einsatzjournale, Dispositive, Mittelübersichten oder mittels Lagevorträgen.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef Lage
Stabsassistent
Ohne Telematik keine Kommunikation! Die Telematik unterstützt die Führungsorgane durch Planung, Aufbau, Betrieb und Unterhalt von Telematikverbindungen. Der Zivilschutz verfügt für diese Aufgaben über geeignetes Material und ist ins Sicherheitsnetz Funk der Schweiz (POLYCOM) eingebunden, das die Kommunikation zwischen allen Partnern des Bevölkerungsschutzes ermöglicht.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef Telematik
Gruppenführer Telematik
Stabsassistent
Bei ABC-Ereignissen ist es wichtig, diese rasch zu erkennen, kompetent zu beurteilen und richtig darauf zu reagieren. Der Bereich ABC-Schutz nimmt in der Führungsunterstützung eine wichtige, beratende Stellung ein.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef ABC-Schutz
Sachkundiger Strahlenschutz
A-Spürer
Ohne Logistik kein Einsatz! Koordinationsbedarf in der Logistik des Bevölkerungsschutzes besteht, wenn mehrere Partnerorganisationen über längere Zeit im Einsatz stehen und die gleichen oder ähnlichen logistischen Bedürfnisse haben. Ziel der logistischen Koordination ist es, die Fachlogistik (Logistik der einzelnen Partnerorganisationen) der Partnerorganisationen zu unterstützen, Doppelspurigkeiten im Bereich der Logistik zu vermeiden und Kosten zu senken.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef Logistische Koordination
Bei Katastrophen und Notlagen muss in erster Linie der gefährdeten oder hilfsbedürftigen Bevölkerung geholfen werden. Unter Betreuung werden all jene Massnahmen verstanden, welche bezwecken, Menschen aufzunehmen, zu beherbergen, zu ernähren, zu kleiden, zu pflegen und für deren Wohlergehen zu sorgen. Die Selbstständigkeit und Selbstverantwortung der schutzsuchenden Menschen soll unterstützt und gefördert werden.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Zugführer Betreuung
Gruppenführer Betreuung
Gruppenführer Sanität
Sanitäter
Psychologischer Nothelfer
Betreuer
Kulturgüter sind bewegliche oder unbewegliche Güter, die für das kulturelle Erbe von grosser Bedeutung sind, wie z. B. Denkmäler, Kunstwerke, Bücher und andere Gegenstände. Der Zivilschutz hilft mit, einen wirksamen Schutz des Kulturgutes sicherzustellen. Neben kriegerischen Ereignissen sind Kulturgüter durch natur- und technikbedingte Gefahren sowie durch Diebstahl, Vandalenakte, unsachgemässe Lagerung und Unkenntnis bedroht.
Internationale Grundlage des Kulturgüterschutzes bildet das Haager Abkommen von 1954. Dieses fordert von den Staaten, die dem Abkommen beigetreten sind, die Sicherung der Kulturgüter in Friedenszeiten (erfassen, dokumentieren, geschützt unterbringen) und deren Respektierung durch die Armeen im Kriegsfall. Die Schweiz ist dem Abkommen 1962 beigetreten und hat 1966 ein eigenes Bundesgesetz erlassen.
Definition Kulturgüter: Kulturgüter sind bewegliche oder unbewegliche Güter, die für das kulturelle Erbe von grosser Bedeutung sind, wie z. B. Bau-, Kunst- oder geschichtliche Denkmäler kirchlicher oder weltlicher Art, archäologische Stätten, Gruppen von Bauten, die als Ganzes von historischem oder künstlerischem Interesse sind, Kunstwerke, Manuskripte, Bücher und andere Gegenstände.
Neben kriegerischen Ereignissen sind Kulturgüter durch natur- und technikbedingte Gefahren sowie durch Diebstahl, Vandalenakte, unsachgemässe Lagerung (Feuchtigkeit) und Unkenntnis bedroht.
Die wichtigsten Objekte sind im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung erfasst. Dies bildet neben den rechtlichen Grundlagen einen ersten Schritt zu deren Schutz. Dank Kenntnis von Standort und Bezeichnung können weitere Schutzmassnahmen geplant werden. Bewegliches Kulturgut wird erfasst und in Detailinventaren mit Hilfe von Fotoaufnahmen, Kurzbeschrieben und den Minimalmassen (Länge × Breite × Tiefe) der Objekte dokumentiert. Archivalien und Bibliotheksbestände werden mikroverfilmt. Dadurch kann einerseits das Original sachgerecht gelagert werden, andererseits sind die Informationen mittels Mikrofilm sichergestellt. Vielfach werden im Rahmen von Restaurierungen Gebäudedokumentationen erstellt. Diese umfassen Pläne, Beschreibungen über die verwendeten Baumaterialien, Informationen zu Innenausstattungen und zu Mobiliar sowie Fotoaufnahmen. Ziel dieser Massnahmen ist es, im Falle einer Beschädigung oder Zerstörung, Grundlagen für den Wiederaufbau eines Gebäudes zu haben. Mögliche Gefahrenquellen für das Kulturgut werden erfasst und mit entsprechenden Massnahmen ihre Auswirkungen auf das Kulturgut möglichst minimiert. Ist bei beweglichem Kulturgut mit einer Auslagerung zu rechnen, wird eine Evakuationsplanung erstellt, welche auch die Menge der Kulturgüter sowie deren Raum- und Einrichtungsbedarf einschliesst. Für bedeutende Sammlungen und Archivbestände werden spezielle Schutzräume, die Kulturgüterschutzräume, erstellt. Wird aufgrund einer Gefahrenanalyse die Evakuation des Kulturgutes beschlossen, sind geeignete Lagerungsorte (Zugang, klimatische Bedingungen) bereits erfasst und benutzerfreundlich eingerichtet. Im Schadenfall werden kurzfristig Notdepots belegt.
Der Chef Kulturgüterschutz ist je nach Gemeinde entweder ein Kompaniekommandant (Hauptmann), ein Zugführer (Leutnant) oder ein Gruppenführer (Korporal). Gelegentlich werden für diese Position externe Personen angeworben, die keine Zivilschutzgrundausbildung absolviert haben, dafür aber tief mit dem jeweiligen Einsatz- respektive Wohnort verwurzelt sind. Oft werden Kunsthistoriker, Historiker, Lehrer oder andere sachbezogene Berufe eingesetzt.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef Kulturgüterschutz
Kulturgüterschutz-Spezialist
Bei natur- und zivilisationsbedingten Katastrophen geht es in erster Linie um Personenrettung, Schadensbegrenzung und Instandstellungsarbeiten – Aufgaben, die gemeinsam mit der Feuerwehr angegangen werden.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Zugführer Unterstützung
Gruppenführer Unterstützung
Pionier
Unter Logistik versteht man die Sicherstellung des Betriebs von Standorten, das Verfügbarmachen von Versorgungsgütern, den Transportmittel- und Baugeräteeinsatz, die Wartung und Bereitstellung des Materials sowie die Verpflegung. Diese Leistungen werden nicht nur für den Zivilschutz, sondern im Bedarfsfall auch für die Partnerorganisationen und die Bevölkerung erbracht.
Kernaufgaben:
Personal und Tätigkeiten:
Chef Logistisches Element (Feldweibel)
Rechnungs- und Haushaltführer (Fourier)
Küchenchef
Fahrer
Koch
Anlagewart
Materialwart
Die Gradstruktur richtet sich nach Anhang 1 der Verordnung über den Zivilschutz vom 11. November 2020.
Sie legt die Grade gemäss Funktionen wie folgt fest:
Funktion | Grade | |
---|---|---|
Zivilschutz-Kommandant/in | Oberst, Oberstleutnant, Major oder Hauptmann | |
Zivilschutz-Kommandant Stellvertreter/in | Major, Hauptmann oder Oberleutnant | |
Chef/in Lage
Chef/in Telematik Chef/in ABC-Schutz Chef/in Logistische Koordination Chef/in Kulturgüterschutz Zugführer/in Betreuung Zugführer/in Unterstützung |
Leutnant (Beförderung zum Oberleutnant durch den Zivilschutz-Kommandant/in möglich) | |
Chef/in Logistisches Element | Feldweibel | |
Rechnungs- und Haushaltführer/in | Fourier | |
Gruppenführer/in Telematik
Gruppenführer/in Betreuung Gruppenführer/in Sanität Gruppenführer/in Unterstützung Küchenchef/in |
Korporal (Beförderung zum Wachtmeister durch den Zivilschutz-Kommandant/in möglich) | |
Zentralist/in (Spezialist/in)
Polycom-Dispatcher/in (Spezialist/in) A-Spürer/in (Spezialist/in) Sachkundige/r Strahlenschutz (Spezialist/in) Psychologische/r Nothelfer/in (Spezialist/in) Sanitäter/in (Spezialist/in) Anlagewart/in (Spezialist/in) Materialwart/in (Spezialist/in) Kulturgüterschutz-Spezialist/in (Spezialist/in) Führungsunterstützer/in Betreuer/in Pionier/in |
Zivilschutzsoldat (Beförderung zum Gefreiten durch den Zivilschutz-Kommandant/in möglich) |
Das Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz, BZG) bestimmt den Kreis der Dienstpflichtigen, die Ausnahmen und die Dauer der Dienstpflicht.
Schutzdienstpflichtige Personen sind alle Männer mit Schweizer Bürgerrecht, die für die Schutzdienstleistung tauglich sind. (Art. 29, Abs. 1). Die Rekrutierung erfolgt in einem gemeinsamen Verfahren mit Militär und Zivildienst.
Von der Schutzdienstpflicht ausgenommen sind gemäss Art. 29, Abs. 2, Personen, die:
Zur Dauer der Dienstpflicht hält das BZG fest (Art. 31):
Gemäss Art. 33 darf freiwillig Schutzdienst geleistet werden. Der Dienst steht neben bisher Zivilschutzleistenden explizit auch volljährigen Frauen und Personen ohne Schweizer Bürgerrecht offen. Personen, die eine AHV-Rente beziehen, werden von Amtes wegen aus der Schutzdienstpflicht entlassen.
Grundsätzlich sollte jedem Einwohner ein Platz in einer Zivilschutzanlage in der Nähe des Wohnorts zur Verfügung stehen. Dies gilt nicht nur bei einem bewaffneten Konflikt, sondern auch bei Katastrophen und Notlagen. In der Schweiz gibt es rund 300.000 Personenschutzräume und 2.500 Schutzanlagen, in denen über 95 Prozent der Bevölkerung untergebracht werden können.
Das einzige Zivilschutz-Museum der Schweiz befindet sich in einem dreistöckigen Rundbunker aus dem Zweiten Weltkrieg in Zürich-Wipkingen 682167 / 249583 . Das Museum zeigt neben den originalen Einrichtungen der einstigen Sanitätshilfsstelle auch die Struktur des modernen Bevölkerungsschutzes und die heutigen Arbeitsgeräte für Rettungseinsätze und technische Hilfeleistungen.
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