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Gedichtsammlung in 12 Büchern von Johann Wolfgang von Goethe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
West-östlicher Divan (erschienen 1819, erweitert 1827) ist die umfangreichste Gedichtsammlung von Johann Wolfgang von Goethe. Sie wurde durch die Werke des persischen Dichters Hafis inspiriert. Durch die Aufnahme des Goethe- und Schiller-Archivs der Klassik-Sammlung Weimar im Jahr 2001 ist Goethes Reinschrift des Werkes Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes.[2]
Die Gedichtsammlung ist in zwölf Bücher eingeteilt. Ein hoher Anteil der Gedichte geht auf Goethes Briefwechsel mit Marianne von Willemer zurück, von der auch einige Gedichte des Divan stammen.
Im Jahr 1814 las Goethe den von dem Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall 1812 ins Deutsche übersetzten Dīwān des Hafis’.
Das lyrische Ich bei Goethe begegnet der persischen Dichtung mit Gelassenheit und betrachtet sie als gleichberechtigt:
Wer sich selbst und andre kennt
Wird auch hier erkennen:
Orient und Occident
Sind nicht mehr zu trennen.[3]
Weiter heißt es:
Und mag die ganze Welt versinken,
Hafis, mit dir, mit dir allein
Will ich wetteifern! Lust und Pein
Sei uns, den Zwillingen, gemein!
Wie du zu lieben und zu trinken,
Das soll mein Stolz, mein Leben sein.
Im Erstdruck („Stuttgard, in der Cottaischen Buchhandlung 1819“) bestand die Sammlung aus folgenden Büchern und Abschnitten:
In Goethes Handschrift und in der Erstausgabe (Cotta, Stuttgart 1819) trägt das Werk den Titel West-östlicher Divan. Einige historische Ausgaben erschienen als West-östlicher Diwan oder Westöstlicher Divan.
Das lyrische Ich des West-östlichen Divans ist muslimisch, und in dem Werk werden muslimische Lehrmeinungen vorgestellt. Zum Beispiel:
Jesus fühlte rein und dachte
Nur den Einen Gott im Stillen;
Wer ihn selbst zum Gotte machte
kränkte seinen heil’gen Willen.
Und so muß das Rechte scheinen
Was auch Mahomet gelungen;
Nur durch den Begriff des Einen
Hat er alle Welt bezwungen.
Auch verleiht er an einigen Stellen seiner Überzeugung der göttlichen Herkunft der Worte des Korans Ausdruck, wie in einem Brief an Blumenthal vom 28. Mai 1819, in dem er sich auf den vierten Koranvers der 14. Sure bezieht: „denn es ist wahr, was Gott im Koran sagt: Wir haben keinem Volk einen Propheten geschickt, als in seiner Sprache!“ (WA IV, 31, 160)
Dieser Überzeugung entsprechend, ist in den Noten und Abhandlungen des West-östlichen Divans zu ersehen, dass Goethe beabsichtigte, „ehrfurchtsvoll jene heilige Nacht [zu] feiern, wo der Koran vollständig dem Propheten von obenher gebracht ward“. (Noten und Abhandlungen zum West-östlichen Divan, WA I, 7, 153)
Im Alter von 65 Jahren las Goethe erstmals die von Joseph von Hammer-Purgstall übersetzten Gedichte des persischen Dichters Hafis. „Er attestierte ihm eine ‚Übersicht des Weltwesens‘ und betrachtete sich fortan als dessen ‚Zwilling‘. Sein West-östlicher Divan (1819) ist eine Hommage an den persischen Dichterfürsten wie auch ein poetisches Zwiegespräch über die Länder und Jahrhunderte hinweg.“[4]
Die muslimische Positionierung des lyrischen Ichs ist, der Haltung Hafis’ entsprechend, am ehesten dem Sufismus (islamische Mystik) zuzuordnen. So wie Goethe Distanz zur christlichen Lehrmeinung hatte, bringt auch das lyrische Ich im West-östlichen Divan ironische Distanz zur orthodoxen Lehrmeinung des Islam und Nähe zur Mystik zum Ausdruck. So benutzt Goethe beispielsweise die Metapher des Weins, der auch bei den Sufis ein Symbol für die Berauschtheit eines Derwischs mit der Liebe Gottes ist:
Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Darnach frag’ ich nicht! …
Daß er das Buch der Bücher sei
Glaub’ ich aus Mosleminen-Pflicht.
Dass aber der Wein von Ewigkeit sei,
Daran zweifl’ ich nicht;
Oder dass er vor den Engeln geschaffen sei,
Ist vielleicht auch kein Gedicht.
Der Trinkende, wie es auch immer sei,
Blickt Gott frischer ins Angesicht.
Laut Jürgen Link ist Goethes Interesse für den Islam eher philosophisch als religiös zu verstehen. Dieser Lesart zufolge seien für Goethe die monotheistischen Religionen „in ihrem jeweiligen ‚wahren‘ Kern bloß ‚symbolische‘ und insofern ‚poetische‘ Botschaften des spinozistischen Hen kai Pan [,] des Alleinen, wie es in vielen Divan-Gedichten besungen wird“.[5] So müsse auch das Buch des Paradieses im Divan „als eine Parallele zum letzten Akt des Faust II (mit seiner katholischen Symbolik) gelesen werden […]. Hier wird ‚islamisch‘ der gleiche ‚poetische‘ Kern der Natur-Religion formuliert wie ‚katholisch‘ am Ende des Faust, wobei das ‚Ewigweibliche‘ (als Kern der All-Natur) sich als auch islamisch formulierbar erweist.“[5]
Friedrich Rückert hat in seinen 1822 bei Brockhaus in Leipzig erschienenen Oestlichen Rosen auf den ersten Seiten seines Gedichtbandes direkten Bezug auf Goethes Divan genommen:
Wollt ihr kosten
Reinen Osten,
Müßt ihr gehn von hier zum selben Manne,
Der vom Westen
Auch den besten
Wein von jeher schenkt’ aus voller Kanne.
Als der West war durchgekostet,
Hat er nun den Ost entmostet;
Seht, dort schwelgt er auf der Ottomanne.[6]
Obwohl beide Werke aus der Rezeption der persischen Dichtung entstanden sind, unterscheiden sich Goethes Divan und Rückerts Rosen grundlegend.
Der persischsprachige indische Dichter Muhammad Iqbal hat im Jahre 1923 in seinem Gedichtband Botschaft des Ostens Goethes an den Osten gerichteten Gruß beantwortet.
Ein Palmström-Gedicht von Christian Morgenstern endet mit den Zeilen:
daß man mit der Erdumdrehung
schlafen müsse, mit den Pfosten
seines Körpers strikt nach Osten.
Und so scherzt er kaustisch-köstlich:
„Nein, mein Divan bleibt – westöstlich!“[7]
Walter Benjamin betitelt einen kurzen Prosatext mit einem Vers aus dem West-östlichen Divan: „Dem Staub, dem beweglichen, eingezeichnet“
Einige Gedichte wurden unter anderem vertont von
Nach dem West-östlichen Divan hat sich das West-Eastern Divan Orchestra benannt, ein Ensemble junger Musiker aus Ländern des Nahen Ostens, das sich unter der Leitung von Daniel Barenboim für die Vision eines friedlichen Nahen Ostens engagiert.
2008 gründete Klaus Gallas das gemeinnützige Festival „West Östlicher Diwan“, das den interkulturellen Dialog speziell mit Ländern des Vorderen Orients pflegt.[9]
Der Schweizer Maler Stefan Haenni hat zu den zwölf Kapiteln des Divans einen großformatigen Gemäldezyklus[10] geschaffen. Die einzelnen Bilder werden, wie die Kapitel/Bücher, als Moganni Nameh – Buch des Sängers etc. betitelt.[11] Die Werke befinden sich im Kunstmuseum Thun, in der Kunstsammlung Steffisburg sowie in diversen Privatsammlungen.
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