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Die Zinsrechnung ist ein Teilgebiet und zugleich Grundlage der klassischen Finanzmathematik. Sie stellt mathematische Formeln und Verfahren zur Berechnung von Zinsen und zur zeitlichen Entwicklung von zinstragendem Kapital bereit.
Grundsätzlich gibt es zwei Modelle zur Berechnung von Zinsen: Bei der „einfache Zinsrechnung“ werden anfallende und nicht ausgezahlte Zinsen niemals dem zinstragenden Kapital (z. B. Kredit, Darlehen oder Spareinlage) zugeschlagen. Bei der Zinseszinsrechnung hingegen werden nicht ausgezahlte Zinsen zum zinstragenden Kapital zugeschlagen und somit bei der weiteren Verzinsung berücksichtigt.
Des Weiteren kann man nach der Anzahl der Zinsperioden (Verzinsungen) im Jahr zwischen jährlicher (einmalige Verzinsung) und unterjähriger Verzinsung (mehrmalige Verzinsung), sowie dem Sonderfall stetiger Verzinsung unterscheiden. Standardfall ist die jährliche Verzinsung: Das Kapital wird einmal jährlich, üblicherweise am Jahresende, verzinst. Dabei wird die Verzinsung im Anschluss an die Zinsperiode als dekursiv, die Vorabverzinsung als antizipativ bezeichnet.
Wird innerhalb der Zinsperiode auf ein Sparkonto eingezahlt oder davon abgehoben, so wird von Finanzunternehmen im Allgemeinen die gemischte Verzinsung herangezogen. Diese Art der Verzinsung kommt deshalb auch bei allen Anlagen mit einer Laufzeit, die nicht einem Vielfachen der Zinsperiode entspricht (zum Beispiel 3,5 Jahre bei jährlicher Verzinsung), zur Anwendung. Man spricht hierbei von gebrochener Laufzeit.
Während die Zinsrechnung im Allgemeinen von einem einmalig eingezahlten beziehungsweise geliehenen Betrag bzw. Anfangskapital ausgeht, beschäftigt sich das Teilgebiet der Rentenrechnung umgekehrt vor allem mit regelmäßig wiederkehrenden Ein- und Auszahlungen, wobei beide Aspekte schließlich in Form der Tilgungsrechnung zusammenfließen, etwa, wenn auf eine einmalige Auszahlung eines Kredits anschließend einer Serie mehr oder minder regelmäßiger Einzahlungen folgt, mit denen dieser Kredit wieder „abgezahlt“, also getilgt wird.
Die in diesem Artikel aufgeführten Formeln für die Zinsrechnung verwenden folgende Symbole:
Je nach Berechnungsmethode schwankt das Jahr zwischen 360 und 366 Tagen, der Monat zwischen 28 und 30 bis 31 Tagen. Z. B. 7 % Zinssatz für die Laufzeit von 360 Tagen.
Bei jährlicher Verzinsung gilt für das Endkapital nach Jahren:
Durch Umformung erhält man Formeln zur Berechnung des für ein bestimmtes Endkapital nötigen Startkapitals, Zinssatzes oder der Laufzeit:
Ein Startkapital von 1.000 € wird zu einem jährlichen Zinssatz von 5 % über 2 Jahre angelegt. Bei einfacher Verzinsung ergibt sich ein Endkapital von
Die Formel für das Kapital nach Jahren bei jährlicher Verzinsung und Zinseszinsen lautet:
Die Formel lässt sich umstellen, um bei gegebenem Endkapital das Startkapital, den Zinssatz oder die Laufzeit zu bestimmen:
Ein Startkapital von 1.000 € wird zu einem jährlichen Zinssatz von 5 % p. a. über 2 Jahre angelegt. Mit Zinseszinsen ergibt sich ein Endkapital von
Wird die Laufzeit gesucht, nach der sich das Startkapital verdoppelt hat (Verdoppelungszeit), so gilt allgemein:
Dieser Wert lässt sich auch durch die 72er-Regel abschätzen.
Wird schließlich umgekehrt von einem gegebenen Endwert auf das Startkapital zurückgerechnet, das zur Erzielung des Endwerts bei gegebener Laufzeit und gegebenem Zinssatz nötig wäre, wird dieser Wert als Barwert des Endwerts bzw. -kapitals bezeichnet:
In Worten: Um in 2 Jahren 1.100 € von einem mit 5 % p. a. verzinsten Konto abheben zu können, müssten dazu zum gegenwärtigen Zeitpunkt 997,73 € auf dieses Konto eingezahlt werden, anders gesagt, 1.100 € in 2 Jahren sind damit praktisch soviel wert wie ebendieser Betrag heute.
Bei unterjährig verzinslichen Anlagen erfolgt die Zinsgutschrift mehrmals im Jahr. Der Zeitraum der Verzinsung ist also kleiner als ein Jahr. Üblich sind beispielsweise Zeiträume von:
Die Anzahl der Zinsperioden im Jahr wird in Formeln mit dem Buchstaben bezeichnet. Bei quartalsweiser Verzinsung zum Beispiel wäre (4 Quartale pro Jahr). Oftmals wird ein sogenannter nomineller Jahreszinssatz () angegeben.
Der relative Zinssatz beträgt dann:
Die Formeln der unterjährigen Verzinsung sind dann wie oben beschrieben zu verwenden, der Zinssatz gilt lediglich nicht mehr pro Jahr, sondern pro Zinsperiode. Die Laufzeit wird ebenfalls nicht in Jahren, sondern in Zinsperioden angegeben.
Für das Endkapital nach Jahren mit je Zinsperioden sowie weiteren unterjährigen Zinsperioden gilt:
Dabei stellt die Gesamtzahl von Zinsperioden nach Jahren und Perioden dar (Laufzeit in Zinsperioden).
Ein Kapital von 1.000 € wird bei monatlicher Verzinsung () zu einem nominellen Jahreszinssatz von 6 Prozent angelegt.
Der relative Periodenzinssatz beträgt 0,5 %. Nach 2 Jahren und 4 Monaten ergibt sich mit einfachen Zinsen ein Endkapital von
Für das Endkapital nach Jahren mit je Zinsperioden sowie weiteren unterjährigen Zinsperioden gilt
Die Laufzeit in Zinsperioden berechnet sich also analog zur einfachen Zinsrechnung wieder zu .
Zusätzlich zum relativen und nominellen Zinssatz lässt sich beim Zinseszinsfall der effektive Jahreszinssatz bestimmen, bei dem eine einmalige jährliche Verzinsung zu ebendiesem Zinssatz dasselbe Endkapital liefert wie eine mehrmalige unterjährige Verzinsung zum relativen Zinssatz. Mit als dem nominellen Jahreszinssatz p. a., als der Zahl der Zinsperioden pro Jahr sowie dem relativen Periodenzinssatz gilt dann:[1]
Multipliziert man die Klammer aus und lässt die höheren Potenzen von (die für kleine fast gar nichts zu der Summe beitragen) weg, kann man den Effektivzins gut abschätzen:
Der zusätzliche Zinsgewinn bei mehrmaliger unterjähriger Verzinsung gegenüber der einmaligen jährlichen Verzinsung kann damit wie folgt abgeschätzt werden:
Ist lediglich der Effektivzins gegeben, so ergibt sich der relative Periodenzinssatz, in diesem Fall von manchen Autoren auch „konformer Zinssatz“ genannt, gemäß folgender Formel:
Was den Begriff des ebengenannten konformen Zinssatzes bzw. -fußes angeht, findet sich dieser im Schrifttum allerdings leider, wie schon der des effektiven Zinssatzes, auf mehrere nicht immer leicht voneinander unterscheidbare Weisen verwendet, was leicht zu Verwechslungen und Missverständnissen führt. Entscheidend ist dabei in allen Fällen, was als Bezugspunkt des konformen Zinssatzes gewählt wird, d. h. womit dieser Zinssatz „konform“ bzw. wozu er „äquivalent“ oder „wertgleich“ sein soll.
So wird er von einzelnen Autoren,[2] aber z. B. SAP in deren Banking-Software[3] als konformer Jahreszinssatz mit dem effektiven Jahreszinssatz gleichgesetzt, im Gros der Fälle jedoch lediglich ausgehend von diesem oder dem nominellen Jahreszinssatz definiert.
Erfolgt die Definition des „konformen“ Zinssatzes bzw. -fußes gemäß nachstehender Formel lediglich auf Grundlage des effektiven Jahreszinsatzes[4], ohne ihn mit diesem gleichzusetzen, erweist er sich damit in der Endkonsequenz als nichts anderes als der schon genannte relative Periodenzinssatz:
Dieser „konforme“ Zinssatz ist somit derjenige Zinssatz, der bei m-facher geometrischer bzw. exponentieller Verzinsung zum Jahresende dasselbe Ergebnis wie die einfache Anwendung des effektiven Jahreszinssatzes liefert:
Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte der so definierte „konforme“ Zinssatz daher präziser als zum effektiven Jahreszinssatz konformer (wertgleicher) unterjähriger Zinssatz[5] bezeichnet –– oder stattdessen besser von vornherein dem bedeutungsgleichen Begriff des relativen Periodenzinssatzes der Vorzug gegeben – werden.
Der andere Teil der überwiegenden Zahl von Autoren dagegen wählt als Bezugspunkt für die Definition des „konformen“ Zinssatzes statt des effektiven den nominellen Jahreszinssatz[6]
Der „konforme“ Zinssatz ist damit nun – anders als zuvor – derjenige Zinssatz, der bei m-facher geometrischer bzw. exponentieller Verzinsung zum Jahresende dasselbe Ergebnis wie die einfache Anwendung des nominellen Jahreszinssatzes liefert
weshalb er von einigen Autoren auch als – man sollte ergänzen „zum nominellen Jahreszinssatz“ – konformer (äquivalenter) unterjähriger[7][8] oder Periodenzinssatz[9][10] bezeichnet wird.
Ein Kapital von 1.000 € wird wie oben angelegt ; , .
Nach 2 Jahren und 4 Monaten und damit 28-maliger geometrischer bzw. exponentieller Verzinsung mit dem relativen Periodenzinssatz beträgt das Kapital inkl. der Zinseszinsen dann
Dasselbe Resultat erhielte man aber auch, wenn man von vornherein mit dem effektiven Jahreszinssatz, in diesem Fall
rechnen würde:
Würde dagegen in gleicher Weise, nur diesmal mit dem (zum nominellen Jahreszinssatz) konformen Periodenzinssatz verzinst, ergäbe sich nach Ablauf der 28 Monate nur noch ein Kapital inkl. Zinseszinsen von
Ein Kapital von 10.000 € wird angelegt zu jährlich.
Bei einer jährlichen Verzinsung () beträgt das Kapital mit Zinsen nach einem Jahr:
der Effektivzins ist .
Bei einer unterjährigen quartalsweisen Verzinsung () beträgt das Kapital mit Zinsen nach einem Jahr:
Der zusätzliche Zinsgewinn bei einer quartalsweisen Verzinsung gegenüber der jährlichen Verzinsung ist
und kann abgeschätzt werden mit:
Bei einer unterjährigen monatlichen Verzinsung () beträgt das Kapital mit Zinsen nach einem Jahr:
Der zusätzliche Zinsgewinn bei einer monatlichen Verzinsung gegenüber der jährlichen Verzinsung ist
und kann abgeschätzt werden mit:
Bei einer unterjährigen stetigen Verzinsung (, siehe weiter unten) beträgt das Kapital mit Zinsen nach einem Jahr:
Der zusätzliche Zinsgewinn bei einer stetigen Verzinsung gegenüber der jährlichen Verzinsung ist
und kann abgeschätzt werden mit:
Eine Geldanlage mit einer jährlichen einmaligen Verzinsung von z. B. 3,05 % ergäbe damit also stets einen höheren Zinsertrag als eine Geldanlage mit einem nominalen Zinssatz von nur 3,00 % und dafür beliebig häufiger unterjähriger Verzinsung. Viele Geldinstitute dagegen werben mit dem höheren Zinsertrag bei einer unterjährigen, z. B. quartalsweisen Verzinsung, ohne den höheren Zinsertrag genau zu beziffern. An dem obigen Beispiel ist leicht zu erkennen, dass die unterjährige quartalsweise Verzinsung bei einer Anlage von 10.000 € nur einen minimalen zusätzlichen Zinsertrag 3,39 € liefert, und selbst im Idealfall der stetigen Verzinsung wären es nicht mehr als 4,55 €.
Üblicherweise schreiben Banken und andere Finanzunternehmen auf laufenden Konten und Sparbüchern die Zinsen am Ende der Zinsperiode gut. Bei Sparbüchern und anderen laufenden Konten ist dies meist das Ende des Jahres, bei vertraglich festgelegten Anlagen oft ein anderer Zeitpunkt.
Obwohl eigentlich nach Zinseszinsrechnung verfahren wird, wird Kapital, das nicht am letzten Zinsverrechnungszeitpunkt und damit auch nicht die gesamte Zinsperiode über angelegt war, mit einfachen Zinsen verzinst, ebenso wie an einem Auszahlungstag innerhalb der Zinsperiode die bis dahin im Jahr angefallenen.
Die folgende Grafik stellt eine übliche Anlage dar: die Anlage fällt auf einen beliebigen Tag des Jahres, das Kapital wird einige Jahre verzinst und schließlich an einem beliebigen Tag innerhalb des Jahres wieder ausgezahlt.
Der gesamte Anlagezeitraum setzt sich wie folgt zusammen:
Zunächst wird das Kapital über den Restzeitraum 1 ( Tage) mit einfachen Zinsen verzinst. Das so erhaltene Kapital verzinst sich über die Jahre nach der Zinseszins-Formel. Der Restzeitraum 2 ( Tage) wird dann wieder vom Kapital am Ende des n-ten Jahres einfach verzinst. Zusammengefasst ergibt sich folgende Formel für das Kapital am Auszahlungstag:
Bei gebrochenen Anlagelaufzeiten ist die Wertstellungspraxis der Banken zu beachten: Bei Sparguthaben wird in Deutschland üblicherweise der Anlagetag mitgerechnet, der Tag der Auszahlung wird aber nicht mehr verzinst. Ansonsten – z. B. bei Sicht- und Termineinlagen – wird umgekehrt zwar der Auszahlungstag, nicht aber der Einzahlungstag verzinst.[11]
Bei unterjähriger Verzinsung geht man analog vor und verändert entsprechend den Bezugszeitraum (z. B. in Quartalen, 90 statt 360 im Nenner).
Am 25. Juni 2008 werden 1.000 € zu einem Zinssatz von 2,5 % auf einem Sparbuch angelegt. Wie hoch ist der Auszahlungsbetrag bei Auflösung des Sparbuches am 12. April 2013?
Bis zum Ende des Jahres 2008 vergehen nach Deutscher Zinsberechnungsmethode Tage. Das Kapital liegt die gesamten Jahre 2009–2012 fest (). Im Jahr 2013 werden noch für Tage Zinsen gezahlt.
Das Kapital am Auszahlungstag beträgt also
Die Berechnung einfacher Zinsen begünstigt den Anleger: falls Zinseszinsen über die gesamte Laufzeit berechnet würden, erhielte man im vorliegenden Fall
Die stetige Verzinsung (auch Momentanverzinsung oder kontinuierliche Verzinsung) ist ein Sonderfall der unterjährigen exponentiellen Verzinsung (mit Zinseszinsen), bei der die Anzahl der Zinsperioden gegen unendlich und die Länge der einzelnen Zinsperioden gegen null strebt.
Für das Endkapital nach Jahren gilt bei einem Zinssatz :
Mit der Substitution folgt
Dabei ist die Eulersche Zahl.
Ein Startkapital von 1.000 € wird zu einem Zinssatz von 5 Prozent über 2 Jahre angelegt. Bei stetiger Verzinsung ergäbe sich ein Endkapital von
Einer der Vorteile der stetigen Verzinsung ist, dass man sich keine Gedanken über die Zinskapitalisierung machen muss, da quasi jederzeit kapitalisiert wird. Damit ist die stetige Verzinsung oft auch Grundlage von finanzmathematischen Modellen, da sich diese Verzinsungsart besonders einfach handhaben lässt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Black-Scholes-Modell.
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