Universitätsklinikum Frankfurt
Krankenhaus in Frankfurt am Main Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Universitätsklinikum Frankfurt ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und befindet sich in der Trägerschaft des Landes Hessen. Es liegt am Theodor-Stern-Kai in den Stadtteilen Niederrad und Sachsenhausen-Nord. Es firmiert unter dem Markennamen „Universitätsmedizin Frankfurt“ und betont damit die enge Verzahnung von Klinik, Forschung und Lehre.
Universitätsklinikum Frankfurt | ||
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Trägerschaft | Körperschaft des öffentlichen Rechts | |
Ort | Frankfurt am Main | |
Bundesland | Hessen | |
Staat | Deutschland | |
Koordinaten | 50° 5′ 41″ N, 8° 39′ 40″ O | |
Ärztlicher Direktor | Jürgen Graf | |
Versorgungsstufe | Maximalversorgung | |
Betten | 1300 | |
Mitarbeiter | ca. 8500 Voll- und Teilzeitbeschäftigte | |
Zugehörigkeit | Goethe-Universität Frankfurt am Main | |
Gründung | 1914 | |
Website | kgu.de | |
Lage | ||
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Die Frankfurter Pläne zur Gründung einer universitätsmedizinischen Einrichtung reichen zurück ins Ende des 19. Jahrhunderts und wurden 1899 konkreter mit der Eröffnung des Kgl. Institut für experimentelle Therapie unter der Leitung von Paul Ehrlich. Unter Oberbürgermeister Franz Adickes wurden die Pläne zur Gründung einer Akademie für praktische Medizin vorangetrieben, unter deren Dach das städtische Krankenhaus und mehrere in Frankfurt existierende Institute, unter anderem aus den Bereichen Medizin, Anatomie, Pharmazie und Hygiene, zusammengefasst werden sollten.
Die Pläne für diese Akademie scheiterten im Jahre 1905. Sie wurden aber von Adickes weiterverfolgt waren wenige Jahre später Teil des Plans zur Gründung einer Universität, die sich wesentlich auf ortsansässige Stiftungen und Frankfurter Stifterinnen und Stifter – viele davon aus dem jüdisch geprägten Bürgertum – stützte. Am 28. September 1912 wurde der Stiftungsvertrag für die künftige Königlichen Universität zu Frankfurt am Main unterschrieben, die im Jahr 1914 ihren Betrieb aufnahm. Eine Medizinische Fakultät war von Anfang an Teil des Konzepts und entsprach weitgehend den alten Akademieplänen einer Zusammenfassung der Städtischen Kliniken Sachsenhausen mit den in Frankfurt vorhandenen Instituten. Zu den Gründungsinstituten gehörte auch das 1890 gegründete Carolinum, dem die zahnmedizinische Forschung oblag.
„Die medizinische Fakultät profitierte in ihren Anfängen von der Eingliederung bedeutender, bereits bestehender Stiftungseinrichtungen und konnte so rasch hervorragende Wissenschaftler und Ärzte verschiedener Fachdisziplinen in Therapie, Forschung und Lehre vereinen.“[1]
Die Geschichte des Klinikums in den 1920er Jahren war durch eine Reihe bekannter Forscher geprägt und durch innovative Lehr- und Forschungsgebiete. Dafür stehen Namen wie Leo Gans, Karl Herxheimer, Friedrich Dessauer oder Richard Koch. Ihre Reputation schützte sie jedoch nicht vor den Verfolgungen der Nationalsozialisten nach deren Machtübernahme im Januar 1933.
1935 erfolgte die Gründung des „Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene“ und bestand bis 1945. Direktor des Instituts war Otmar Freiherr von Verschuer (1896‑1969). Einer seiner Assistenten war Josef Mengele (1911‑1979), der 1938 am Institut mit einer Arbeit über “Sippenuntersuchungen der Lippen‑Kiefer‑Gaumenspalte” zum Dr. med. promovierte. Später wurde dieser als menschenverachtender SS-KZ-Arzt in Auschwitz bekannt. Nach 1945 wurde er als Kriegsverbrecher wegen mehrfachen Mordes gesucht.
Es ist neben Renate Heuer und Siegbert Wolf vor allem Udo Benzenhöfer zu verdanken, dass die Geschichte der von den Nationalsozialisten Verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler der Goethe-Universität in der NS-Zeit für die Medizinische Fakultät am weitestgehendsten erforscht ist.
International herausragende Personen der Frankfurter Universitätsmedizin waren u. a.:
Paul Ehrlich (1854–1915) entwickelte 1909 die medikamentöse Behandlung der Syphilis (Salvarsan) und gehört damit zu den Mitbegründern der modernen Chemotherapie. 1908 erhielt er den Nobelpreis für Medizin für seine immunologischen Arbeiten.[2]
Ludwig Rehn (1849–1930) war Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik (im Städtischen Krankenhaus) und führte 1894 die weltweit erste erfolgreiche Naht einer Messerstichverletzung des Herzens durch.[3]
Gustav Embden (1874–1933) war Direktor des Instituts für vegetative Physiologie und entdeckte wichtige Intermediärprodukte des Glukosestoffwechsels (Glykolyse). Für diese grundlegenden Forschungen wurde er mehrfach für den Nobelpreis für Medizin vorgeschlagen.[4]
Das Universitätsklinikum ist bis heute geprägt durch eine Vielzahl integrierter Institute, die teilweise schon vor der Gründung der Universität bestanden. Es versteht sich heute als ein Krankenhaus der „forschungsnahen Maximalversorgung“.[5] Es beherbergt insgesamt 33 medizinische Kliniken und Institute.
Das Universitätsklinikum beschäftigt ca. 8500 Mitarbeiter (Stand 2024). Jährlich werden etwa 46.000 stationäre und 480.000 ambulante Patienten versorgt. Der Casemix-Index, durchschnittliche Schweregrad der Patientenfälle, liegt bei 1,30.
4000 Studenten stehen 14 Hörsäle zur Verfügung.[6] Schulen und Weiterbildungsmöglichkeiten für Krankenpflege und technische Assistenten in der Medizin sind angeschlossen.[7] Mit einer Kapazität von 1270 Betten ist es das größte Krankenhaus in Hessen vor dem Klinikum Kassel, dem Klinikum Fulda und den Krankenhäusern des vereinigten Universitätsklinikums Gießen und Marburg.
Besondere interdisziplinäre Kompetenz besitzt das Universitätsklinikum unter anderem auf den Gebieten der Neurowissenschaften, Onkologie und kardiovaskulären Medizin. Auch als Standort für Organ- und Knochenmarktransplantationen, Dialyse sowie der Herzchirurgie und Neurochirurgie nimmt es besondere Aufgaben der überregionalen medizinischen Versorgung wahr. Das Leberzentrum ist die einzige Einrichtung für Lebertransplantation in Hessen.[8]
Die Kliniken wurden im Pavillonstil errichtet. Mit einer Fläche von rund 460.000 Quadratmetern ist das Gelände des Universitätsklinikums etwa so groß wie die Frankfurter Altstadt. In den 1970er Jahren kamen weitere Gebäude und ein langgestreckter, die Anlage dominierender Zentralbau hinzu. Kompakte, prozessoptimierte Bauten ermöglichen kurze Wege für Patienten, Personal und Material; die Gebäudetechnik hat sich weiterentwickelt.
2004 wurden ein neues Hörsaalgebäude und ein „Forschungsturm“ in Betrieb genommen. Darauf folgte Ende 2007 eine Erweiterung des Zentralbaus, die die zentrale Notaufnahme, bildgebende Diagnostik, die Operationsabteilung und eine Intensivstation beherbergt. Auf dem Dach ist ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet. Die Sanierung des Zentralbaus und seiner Fassade war 2011 fertiggestellt worden, weitere Baumaßnahmen folgten.[10]
Neben den oben beschriebenen, bereits fertiggestellten Um- und Neubauten verfolgt das Universitätsklinikum einen weitreichenden Umbauplan. Ziel dessen ist es, die Kliniken, klinischen Institute und klinischen Zentren räumlich näher zusammenzubringen und somit Synergieeffekte nutzen zu können. Außerdem wird im Zuge dessen eine Modernisierung und Anpassung an die Auslastung des Klinikums umgesetzt. Der Umbau wird vom Dezernat 4, Bauliche Entwicklung, der Uniklinik gemeinsam mit dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen umgesetzt.[11]
Aktuell erfolgt der Bau eines neuen Wirtschaftsgebäudes, in welchem eine Kantine, eine Küche und Seminarräume untergebracht werden sollen, und eines neuen Eltern-Kind-Zentrums. In letzterem sollen die Geburtshilfe und die Neonatologie, welche sich aktuell am anderen Ende des Klinikgeländes befinden, näher mit der Kinderklinik verbunden werden. Auch soll hier ein neonatologisches Versorgungszentrum mit Intensivstation der höchsten Klassifizierungsstufe (Level-1-Zentrum) entstehen.[12]
Des Weiteren wird aktuell an das Haupthaus (Haus 23), an der Main-abgewandten Seite, ein großer Anbau realisiert.[13] In diesem soll die Zentralisierung der Kliniken weiter vorangebracht werden (beispielsweise durch Umzug der Klinik für Neurologie) und außerdem die OP- und Intensivkapazitäten des Klinikums ausgebaut werden. Dazu entstehen mehrere neue Normalstationen, eine Intensivstation und ein weiterer OP-Bereich mit acht Sälen, inklusive eines so genannten Hybrid-OPs.[14]
Das neue Audimax mit Platz für 550 Studierende wurde 2016 fertiggestellt.[15] Zum Wintersemester 2017/18 konnten erstmals neue Erstsemester in dem Hörsaal begrüßt werden. Ebenfalls wurde 2016 das so genannte „Medicum“ fertiggestellt, in dem das Dekanat des Fachbereichs, Prüfungs- und Seminarräume sowie eine komplette Simulationsklinik (inklusive Stationsbetten, einem OP-Saal und themenspezifischen Übungsräumen, wie einem „Messie-Raum“) untergebracht sind.[16] Betrieben wird die Simulationsklinik vom Frankfurter interdisziplinären Simulationstraining, kurz „FIneST“.[17] Dieses ging 2023 im neugegründeten Frankfurter Institut für Medizindidaktik und klinische Simulation (Direktorin: Miriam Rüsseler) auf.
Theodor Stern-Stiftung zur Förderung des Universitätsklinikums Frankfurt am Main
Die Theodor-Stern-Stiftung wurde 1994 von der Frankfurter Sparkasse und Universitätsklinikum Frankfurt gegründet. Zweck der Stiftung ist die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, der öffentlichen Gesundheitspflege sowie der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre im Bereich Medizin.
Stiftung Medizinische Kinderschutzambulanz Universitätsklinikum Frankfurt
Zur besonderen Förderung des Kinderschutzes und der Sicherung des Kindeswohl wurde die Stiftung Medizinische Kinderschutzambulanz Universitätsklinikum Frankfurt gegründet und ein Stiftungsrat gewählt. Es handelt sich um eine Unterstiftung innerhalb der Theodor Stern-Stiftung.[18]
Die Zeitschrift Der Spiegel berichtete im Dezember 2018 von Unregelmäßigkeiten in der nuklearmedizinischen Therapie bei Prostatakrebsleiden.[19] Laut dem Artikel seien Patienten systematisch mit einem neuartigen Therapieansatz behandelt worden (PSMA-Therapie). Die Behandlung sei entgegen den Empfehlungen des klinikeigenen Tumorboards und nicht im Einklang mit den medizinischen Leitlinien erfolgt. Die Klinik wies die Vorwürfe zurück, außerdem sei der in dem Artikel erwähnte Oberarzt schon länger nicht mehr für das Universitätsklinikum Frankfurt am Main tätig.[20]
Siegmund Drexler, Siegmund Kalinski, Hans Mausbach: Ärztliches Schicksal unter der Verfolgung 1933–1945. Eine Denkschrift. VAS-Verlag für Akademische Schriften, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-88864-025-3.
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