deutsch-israelischer Fotograf Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tim N. Gidal (hebräisch טים נחום גידל), geboren als Ignatz Nachum Gidalewitsch, auch Naḥûm Tim Gidāl, (geb. 18. Mai 1909 in München; gest. 4. Oktober 1996 in Jerusalem) war ein deutsch-US-amerikanisch-israelischer Fotograf, Fotojournalist und Hochschullehrer. Er gilt als einer der Pioniere des modernen Fotojournalismus.
Tim Gidal, Sohn von Abraham und Pauline (Eibe) Gidalewitsch,[1] die aus Russland eingewandert waren, wuchs in München in einer religiös-liberalen Familie auf, die ihm ein starkes Gefühl für die jüdische und zionistische Identität einflößte. Nach seinem Abitur in München studierte er Geschichte, Kunstgeschichte und Nationalökonomie den Universitäten in München, Berlin und Basel; daneben arbeitete er bereits ab 1929 als Fotojournalist. Sein Bruder Georg, ein Pressefotograf, der dringend einen Ersatz benötigt hatte, borgte ihm seinen Apparat und gab ihm eine kurze Gebrauchsanleitung.
Seine erste Dokumentation „Servus Kumpel“ über eine Gruppe Vagabunden erschien in der Münchner Illustrierten Presse.[2] Zusammen mit seinem Bruder entstand auch eine Reportage namens „Freiwilliger Arbeitsdienst“.[3] Die Brüder veröffentlichten u. a. in der Arbeiter Illustrierte Zeitung, stellten aber die Zusammenarbeit ein, nachdem ihre Fotografien mit ihres Erachtens manipulierenden Bildunterschriften versehen worden sind.[3] 1934 dokumentierte Gidal in Luzern den 13. Internationalen Psychoanalytischen Kongress.
Nach der Beendigung seines Studiums wurde er 1935 an der Universität in Basel mit einer Arbeit „Über das Verhältnis von Bildberichterstattung und Presse“ promoviert;[4] dort besuchte er auch ein Seminar bei Edgar Salin und lernte dabei Marion Gräfin Dönhoff kennen.[5]
Gidal fotografierte vornehmlich mit einer Leica,[3] die sich durch ihre Handlichkeit besonders gut dazu eignete, unauffällig zu arbeiten. Außerdem verwandte er lichtstarke Apparate vom Typ Ermanox und ab 1930 auch eine 4 × 4 cm Rollei.[2]
Bevor er 1936 wegen seiner jüdischen Herkunft nach Palästina emigrieren musste, hatte Gidal dieses Land bereits zweimal länger besucht.[6] 1932 entstand dabei die Reportage „Araber gegen Juden - Das Problem Palästina“,[3] die zu seinen bekanntesten fotojournalistischen Werken zählt. Zur gleichen Zeit entstand dort sein Dokumentarfilm „Erez Israel im Aufbau“ im Auftrag der Palästina-Filmstelle der Zionistischen Vereinigung für Deutschland.[7] Andere Arbeiten von ihm erschienen u. a. im amerikanischen Magazin Life, für das er auch als redaktioneller Berater tätig war, sowie in den Zeitungen Münchner Illustrierte Presse, Berliner Illustrirte Zeitung, Die Woche und Jüdische Rundschau.
Nach seiner Emigration nach Palästina (1936–1938) war Gidal bis 1940 neben Felix H. Man und Kurt Hübschmann führender Fotograf bei der Londoner Picture Post. 1938 wurde seine erste Farbreportage in der Pariser Marie Claire veröffentlicht.
Im Zweiten Weltkrieg diente er ab 1942 in der Jüdischen Brigade der 8. Britischen Armee als Chief Press Officer; er berichtete aus Nordafrika und Burma und wurde auf der griechischen Insel Samos auch verwundet. 62 seiner Fotografien erschienen im offiziellen Armee-Magazin Parade.[2] In Israel lernte er Anfang der 1940er-Jahre Sonia Epstein, eine aus Berlin stammende Pressefotografin, kennen; 1944 heirateten sie.[1]
1948 wanderten beide in die Vereinigten Staaten aus, wo er 1953 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Tim Gidal war von 1955 bis 1958 Professor für Visuelle Kommunikation an der New Yorker The New School for Social Research,[1][2][8] seine Frau unterrichtete Kunsthandwerk in Mount Vernon, New York.
Beide liebten Reisen, besuchten alle Kontinente der Welt und veröffentlichten Bücher. Er verfasste und illustrierte Bücher über Fotojournalismus, während Sonia Kinderbücher schrieb, von denen die meisten mit seinen Fotografien illustriert wurden. Diese Buchreihe stellte Kinder aus verschiedenen Ländern in Wort und Bild vor. Die im Original My Village in … betitelten Bücher entstanden zwischen 1955 und 1970 und wurden bei Pantheon Books veröffentlicht. Bei Orell Füssli erschienen zehn davon zwischen 1961 und 1968 auch in deutscher Sprache.
Nach seiner Scheidung 1970 kehrte Gidal nach Israel zurück und wurde dort 1971 Dozent an der Hebräischen Universität Jerusalem. 1980 heiratete er Pia Lis.[1]
1989 übergab Gidal seinen fotografischen Vorlass von circa 3.000 Bildmedien dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte in Duisburg.[4]
Sein Grab befindet sich auf Jerusalemer Friedhof Har HaMenuchot.
Maurice Berger vergleicht in seiner Abhandlung zu dem Foto ”The Night of the Cabbalist” (Palästina 1935) die Arbeitsweise Gidals mit der von André Kertész und Henri Cartier-Bresson. Gidal sei intuitiver und weniger systematisch beim Erstellen seiner Bilder vorgegangen. Er wäre weder auf Mission gewesen, noch hätte er eine Agenda besessen. Der Fotograf äußerte sich folgendermaßen: ”I leave it to the object to express itself with the assistance of my camera.” (Ich überlasse es dem Objekt sich selbst auszudrücken, meine Kamera assistiert nur.) sowie: ”The viewer can take what he sees, if he sees, or leave it.” (Der Betrachter kann das mitnehmen, was er sieht, wenn er denn sieht, oder es auch sein lassen.)[6]
(Zusammenstellung nach den Katalogen der DNB, ZB, LoC und USM sowie Google Books)
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